Irak: Lehrerin ermordet

IrakDie Ermordung einer Lehrerin im nordirakischen Mosul lässt die Ängste der christlichen Minderheit wieder hochkommen. Die chaldäische Christin ist das jüngste Opfer einer ganzen Reihe gezielter Anschläge gegen die schrumpfende christliche Gemeinde. Der prominenteste Fall war die Ermordung des chaldäisch-katholischen Erzbischofs von Mosul, Faraj Rahho, im Jahr 2008. Mosul ist als Hochburg des Wahhabismus bekannt, einer besonders extremen Auslegung des sunnitischen Islam, der vor allem von Saudi-Arabien gefördert wird. Der Terror hat zur massiven Flucht und Beeinträchtigung der christlichen Bevölkerung im Irak geführt. Die Regierung kann die Sicherheit der Christen nicht mehr garantieren. (rv)

Vatikan/Irak: Kardinal Leonardo Sandri setzt seine Solidaritäts-Reise fort

Kardinal SandriAn diesem Nachmittag besuchte der Präfekt der vatikanischen Ostkirchen-Kongregation das Priesterseminar von Erbil im weitgehend autonomen nordirakischen Kurdengebiet. Dabei rief er die Katholiken dazu auf, sich nicht in ihrem Ritus und ihrer jeweiligen Gruppe abzuschotten, sondern sich „stärker gegenüber der kulturellen Vielfalt eurer Kirchen zu öffnen“. Dazu gehöre auch das Lernen der „Sprache und der Kultur des anderen“. Am Sonntag hatte der Kardinal Kirkuk besucht. Während seiner Messe in der dortigen chaldäischen Kathedrale explodierten eine Autobombe und mehrere Sprengsätze an schiitischen Moscheen in der Nähe. Die Anschläge kosteten neun Menschen das Leben, über fünfzig wurden verletzt. (rv)

Vatikan/Irak: Kardinal Sandri in Bagdad

Der Präfekt der vatikanischen Ostkirchenkongregation ist zu einer fünftägigen Solidaritätsreise in den Irak gereist. Der Besuch von Kardinal Leonardo Sandri in Bagdad, Erbil und Kirkuk gilt den Christen im Land, die nach wie vor massiv unter Gewalt und Unsicherheit leiden. Ein Höhepunkt der Reise ist am kommenden Samstag die Segnung der restaurierten syrisch-katholischen Kathedrale „Unserer Lieben Frau von der immerwährenden Hilfe". Sie wurde am 31. Oktober 2010 durch einen Terroranschlag von Al Kaida verwüstet. Dabei starben damals über 50 Gläubige. (rv)

Irak: Neue Gewalt gegen Christen

Neue Gewalt gegen Christen im Irak: Bei einem Anschlag auf eine syrisch-orthodoxen Kirche in der nordirakischen Stadt Kirkuk am frühen Dienstagmorgen wurden bis zu 23 Personen verletzt, darunter viele Frauen und Kinder. Bis zu 30 umstehende Häuser wurden beschädigt. Die Polizei habe weitere zwei Sprengsätze in Autos entdeckt, die vor der anglikanischen und der Mar-Gourgis-Kirche geparkt waren, berichteten Medien vor Ort weiter. Immer wieder kommt es im Irak zu Anschlägen auf christliche Einrichtungen und Übergriffen auf Christen. Nach dem Anschlag im Irak erreichte Radio Vatikan telefonisch den chaldäischen Erzbischof von Kirkuk, Louis Sako:

„Diese syrisch-orthodoxe Kirche befindet sich in einem sehr armen Viertel. Heute Morgen um 5.30 Uhr explodierte die Autobombe neben der Kirchenmauer, doch zwischen Kirche und Häusern ist nicht viel Platz. So wurden viele Häuser zerstört, und viele Autos gingen in Flammen auf. Ich habe mir die Kirche angeschaut und habe die Verletzten in den Krankenhäusern besucht, darunter waren Christen und Muslime. Es ist schrecklich."

Erst am Tag zuvor hatte Sako der Zivilverwaltung eine umfangreiche Medikamentenspende für die Krankenhäuser der Stadt übergeben – als Geste der Solidarität der christlichen Gemeinde zum Beginn des islamischen Fastenmonats. Der Ramadan hatte im Irak wie in vielen arabischen Ländern am Montag begonnen:

„Der Ramadan ist für unsere Brüder ein Heiliger Monat. Es ist umso mehr eine Sünde, während dieser Zeit Unschuldige zu töten. Warum geschieht so etwas? Man weiß es nicht. Es gibt doch andere Möglichkeiten als Bomben und Gewalt, Rechte einzufordern oder etwas zu verlangen!"

Anlässlich des Ramadan hatte der Sekretär des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog, Erzbischof Pier Luigi Celata, Muslimen weltweit christliche Solidarität und Nähe versichert. „Wir wissen, dass die christlichen Gemeinschaften in der arabischen Welt voll und ganz die Wünsche, Sorgen und den Einsatz der Bürger dieser Länder teilen", sagte der Erzbischof gegenüber Radio Vatikan. Zugleich hofften die Christen in arabischen Ländern auf Religionsfreiheit, so der vatikanische Erzbischof weiter. (rv)

Irak: „Für Christen weiter lebensgefährlich“

Die Lage in der Stadt Mossul hat sich „in den letzten Monaten leicht verbessert". Das sagt der chaldäische Erzbischof der Millionenstadt im Norden des Irak, Amil Shamaaoun Nona. Im Gespräch mit „Kirche in Not" räumte er allerdings ein, dass es für Christen in Mossul weiterhin lebensgefährlich sei, das Haus zu verlassen.

„In den vergangenen Jahren war Mossul eine sehr gefährliche Stadt – ganz besonders für uns Christen. Mein Vorgänger, Erzbischof Faraj Raho, wurde entführt und ermordet. Ebenso wurden viele unserer Gläubigen getötet, darunter auch ein Priester. Darum haben die meisten Christen Mossul inzwischen verlassen. Im Zentrum der Stadt hatten wir früher acht Pfarreien, jetzt sind es nur noch drei. Die meisten Pfarreien sind heutzutage außerhalb Mossuls angesiedelt, in den Dörfern Karamess, Karakosh und Telkef. In den letzten Monaten hat sich die allgemeine Situation in Mossul aber leicht verbessert und wir hoffen, dass es so weiter geht."

Seit dem Einmarsch der US-Truppen im Jahr 2003 war Mossul immer ein Brennpunkt des Terrors. Sunnitische und schiitische Milizen kämpfen hier um die Vorherrschaft; die Stadt am Tigris ist strategisch wichtig, weil sie gleich an der Grenze zum autonomen Kurdengebiet liegt.

„Die Lage hat sich ein bisschen verbessert, aber nicht sehr. 2008, 2009 und auch noch im vergangenen Jahr wurden viele Christen getötet. Ihre Häuser wurden von Terroristen gestürmt, ganze Familien wurden ermordet oder gezwungen, die Stadt zu verlassen. Das war noch bis vor einem halben Jahr so. Jetzt ist es ruhiger, aber es ist schwer zu sagen, ob es so bleibt. Denn in der Vergangenheit hat es immer wieder Zeiten gegeben, in denen die Lage sich beruhigte. Doch dann haben die Angriffe wieder begonnen."

In Mossul geblieben sind nur noch die Christen, die sich keine Flucht leisten können: arme Leute vor allem aus der Altstadt. Große Probleme in und um Mossul bereiten die Arbeitslosigkeit und eine schlecht funktionierende Stadtverwaltung. Ob sich da mal etwas bessern wird, weiß Erzbischof Nona nicht:

„Das hängt von der Entwicklung der politischen Lage im Irak ab. Denn alle unsere Probleme sind politischer Natur. Wenn die politische Lage so bleibt, werden Mossul und die ganze Region nie zur Ruhe kommen. Wenn allerdings die politischen Gruppen untereinander Frieden finden, sieht die Sache anders aus. Ich bete darum, dass das geschieht, denn dann würde sich Vieles zum Guten wenden."

Nonas Vorgänger, Erzbischof Faraj Raho, war von Terroristen entführt und getötet worden. Kein Wunder, dass er „ein wenig besorgt" war, als der Papst dann ihn, Nona, zum neuen chaldäischen Erzbischof von Mossul ernannte. Angst habe er aber nicht gehabt:

„Denn irgendjemand musste schließlich kommen und den Menschen hier dienen. Ich habe viele Gläubige in meiner Diözese. Und selbst wenn nur noch wenige in der Stadt Mossul übrig geblieben sind, brauchen sie dennoch einen Hirten, der ihnen dient. Dieser Ruf, diese Pflicht, die mir Gott auferlegt hat, wischte meine Besorgnis weg."

Seine Gläubigen in der Stadt könne er allerdings nur sehr selten besuchen, sagt Erzbischof Nona: Vor allem innerhalb Mossuls sei sein „Bewegungsradius sehr begrenzt".

„Es ist dort immer noch lebensgefährlich für uns Christen, und auch ich muss sehr vorsichtig sein, wenn ich mich auf den Straßen bewege. Wenn es also nichts Unaufschiebbares gibt, bleibe ich außerhalb der Stadt."

Einen Leibwächter hat Nona nicht. Sparsamkeit ist nicht der Grund dafür:

„Es ist besser für die Sicherheit, sich ohne Leibwächter zu bewegen. Wenn mich immer jemand begleiten würde, zöge das nur Aufmerksamkeit auf sich. Ohne Leibwächter kann ich mich unauffälliger bewegen. Ich wechsle oft meine Autos und nehme immer unterschiedliche Wege. Im Grunde bewege ich mich wie ein Geheimagent."

Ein Geheimagent, der immerhin häufig Messe mit den Gläubigen feiert. Wenn sie sich dann um den Altar versammeln, lassen sie ihre Sorgen einmal draußen:

„Wir reden über den Glauben. Wir wollen gläubig bleiben gemäß unserer christlichen Prinzipien und Wurzeln. Es ist sehr schwierig über die Zukunft zu reden, weil niemand weiß, was passieren wird. Wir reden über die Gegenwart. Wir fragen uns, wie wir heute als Christen in Mossul leben können, wie wir in einer derartigen Situation zu unserem Recht kommen. Darüber reden wir mehr als über alles andere."

Er lerne „viel von unseren Gläubigen", sagt der Erzbischof: „Vor allem, dass der Glaube umso stärker wird, je schwieriger die Situation ist." Wahrscheinlich lerne er sogar mehr von ihnen als sie von ihm. Denn sie seien es, „die wahrhaft ihren christlichen Glauben leben" und die zum Beispiel trotz Ausgangssperre den lebensgefährlichen Weg zur Kirche zurücklegen. „Das nenne ich lebendigen Glauben!"

„Das Wichtigste ist, das Leben selbst zu kennen. Als ich nach Mossul kam, war für mich nicht die Frage wichtig, wie ich mich verteidigen oder mein Leben retten kann. Ich wollte vielmehr herausfinden, wie ich unter diesen Umständen überhaupt leben kann. Die ständige Angst vor dem Tod und der Verfolgung führt dazu, dass der Mensch seine Menschlichkeit verliert. Es ist darum besser, an das Leben heute in diesem Moment zu denken. Ich führe die Menschen zu einem innerlichen, christlichen Leben, damit sie die christlichen Prinzipien und Werte in sich bewahren. Das ist das einzige Heilmittel für unsere Angst vor der Zukunft und dem Tod." (rv)

Proteste im Irak: „Nordafrikas Umbruch hat Auswirkungen auf den ganzen Nahen Osten“

 Auch im Irak wurde in diesen Tagen protestiert. Der Weihbischof von Bagdad sagte uns, hier mache sich die Enttäuschung der Menschen Luft, die seit acht Jahren in immer dramatischeren Bedingungen lebten. In der Hauptstadt, aber auch an anderen Orten nahmen die Kundgebungen gewalttätige Formen an. Nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP starben landesweit insgesamt sieben Menschen. Der chaldäische Patriachalvikar von Bagdad, Shlemon Warduni, erklärt im Gespräch mit Radio Vatikan, was aus Sicht der Kirche der Hintergrund der Proteste im Irak ist:
„Die Menschen protestieren wegen fehlender Arbeitsplätze, des Mangels an Elektrizität und Wasser. Und dann ist auch noch das Programm 'Oil for Food’, das uns wenigstens ein wenig Essen im Tausch für Erdöl garantierte, nun beendet worden. Seit acht Jahren machen sie uns nun Versprechungen, aber bis heute ist nicht viel getan worden, im Gegenteil: Die Situation verschlechtert sich. In diesem Moment fehlt uns am meisten Frieden. Wenn es keinen Frieden gibt, wird das Leben immer schwerer. Die Leute tun recht, zu protestieren und den Respekt vor eigenen Rechten einzufordern."
Stehen die Proteste im Irak in Zusammenhang mit denen in Libyen? Die Proteste in Nordafrika hätten jedenfalls im gesamten Nahen Osten Spuren hinterlassen, meint Warduni. Sie zeigten eine grundsätzliche Krise in arabischen Diktaturen auf.
„Die Situation ist in allen arabischen Nationen ähnlich: das, was derzeit passiert, wirft ja auf viele Diktatoren in der Welt ein Schlaglicht. Wir hoffen jetzt, dass sie aus dieser Situation etwas lernen und sich entscheiden, dem eigenen Volk Freiheit zu gewähren!"
Und was rät Warduni vom krisengeschüttelten Irak aus den umbrechenden Ländern Nordafrikas?
„Vor allem muss man das Gemeinwohl aller Bürger verteidigen, man muss eine Wirtschaft fördern, die die Rechte aller garantiert und nicht durch persönliche Interessen oder politische Interessen gekennzeichnet ist. Man kann doch nicht annehmen, dass Bürger Sklaven sind! Man muss alles für den Frieden tun und die Sicherheit aller garantieren." (rv)

Nahost-Synode: „Im Irak auch Zeichen der Hoffnung“

Vom Leben der Christen im Irak gibt es nicht nur alarmierende Nachrichten, sondern durchaus auch Zeichen der Hoffnung. Das machte der chaldäische Weihbischof von Bagdad, Jacques Ishaq, deutlich: Er berichtete den Synodenvätern am Freitag Abend vom „Babel College", dessen Rektor er ist. Das „Babel College" ist eine theologisch-philosophische Fakultät im Irak, die mit der vatikanischen Missions-Universität Urbania zusammenarbeitet. „Diese Fakultät wird von Seminaristen aller Kirchen im Irak besucht, auch von den orthodoxen", so Ishaq; seit 1991 hätten fast vierhundert Studenten dort ihr Diplom in Theologie oder Philosophie gemacht; dazu kämen fast 350, die eine dreijährige Ausbildung in Religionswissenschaften durchlaufen hätten. „Babel College hat also 735 Arbeiter für den Weinberg des Herrn ausgebildet." Er wolle mit „dieser kleinen Statistik" zeigen, dass „die Schwierigkeiten und Massaker" die Kirche im Irak nicht zerstört hätten, so der Weihbischof. „Stellen Sie sich vor, dass wir allein dieses Jahr 12 Priesterweihen von Absolventen des Babel College haben! Ich würde sogar sagen, dass die Schwierigkeiten und Massaker ein Stimulus für Berufungen sind, denn die Zahl der chaldäischen Priesteramtskandidaten ist dieses Jahr gestiegen." Einige Anwärter seien auch aus dem Ausland gekommen, darunter auch einer aus Deutschland.
 Hier ist ein Überblick über weitere wichtige Wortmeldungen auf der Nahost-Synode der Bischöfe im Vatikan am Freitag Abend:
Kardinal William Levada von der Glaubenskongregation: „Mehrere Synodenväter haben sich auf die Enzyklika Ut unum sint bezogen, in der dieser 1985 zum Nachdenken über eine neue und ökumenisch akzeptable Form der Ausübung des Petrusdienstes einlud… Wir denken über die Einberufung der Kommissionen zu Glaubensfragen der Synoden und Bischofskonferenzen der östlichen und orientalischen Kirchen eigenen Rechts nach – dabei denke ich auch an ein Studium und einen Gedankenaustausch über das Petrusamt in dieser Hinsicht…"
Patriarchalvikar Mikael Moradian aus dem Libanon: „Wir haben im Nahen Osten eine Berufungskrise; der können wir nur über neue Anstrengungen in der Familienpastoral begegnen."
Der melkitische Weihbischof Joseph Absi aus Damaskus: „Die Bischofskonferenzen der einzelnen Länder sollten sich von Zeit zu Zeit gemeinsam treffen. Man sollte den Bi-Ritualismus erlauben, so dass keine Pfarrei ohne Gottesdienst bleibt, ganz gleich zu welcher Kirche sie gehört."
Der melkitische Weihbischof Georges Bakar aus Ägypten: „Ich wünsche mir die Einberufung eines panarabischen Generalkongresses: Dazu sollten Patriarchen, Erzbischöfe und Bischöfe aller Kirchen des Nahen Ostens kommen und über die Ausbildung der künftigen christlichen Generationen beraten."
Der libanesische Bischof Simon Atallah, ein Maronit: „Christus hat uns nicht gesagt: Ihr seid eine Minderheit!, sondern: Ihr seid Sauerteig."
Der melkitische Erzbischof Jean-Clément Jeanbart aus Aleppo in Syrien: „Ich schlage (angesichts der Emigration von Christen) vor, Optimismus unter unseren Gläubigen zu verbreiten, was ihre Zukunft im Land betrifft. Unsere Länder sind doch auch nicht ganz ohne Ressourcen und Werte! Lernen wir doch, Freunde unserer muslimischen Brüder zu sein; helfen wir ihnen, sich uns gegenüber zu öffnen!"
Der melkitische Erzbischof Michel Abrass aus Syrien: „Sind wir überhaupt dazu in der Lage, die Probleme all unserer Kirchen zu lösen? Ich bezweifle es! Nehmen wir doch zum Beispiel die Probleme der christlichen Kirchen im Irak – die sind doch politischer Natur und können daher nur politisch gelöst werden… Viele Laien fragen sich, wie man sie behandeln wird, wenn sie sich als Christen bekennen – darum geben sie sich einen Schuss Laizität, je nachdem wie emanzipiert ihr (häufig muslimischer) Gesprächspartner ist. Wir sollten diesen Laien einen gewissen Liberalismus zugestehen…"
Der Schweizer Erzbischof Kurt Koch, neuer Leiter des Päpstlichen Einheitsrates: „Die Ostkirchen sind besonders dazu aufgerufen, mit zwei Lungen zu atmen… Helft uns und der ganzen Weltkirche, so zu atmen – auf ökumenische Weise!"
Der armenische Erzbischof von Bagdad im Irak, Emmanuel Dabbaghian: „Das Heilige Land ist ein Pilgerziel – der Herr will, dass man ihn besucht. Im Vatikan gibt es ja auch keine Einwohner, und trotzdem sind das ganze Jahr über Pilger da. (Lachen im Auditorium, darunter Papst Benedikt.) Umso mehr sollte auch das Heilige Land immer von Pilgern übervölkert sein! Die Synode sollte über den Papst alle Bischöfe in West und Ost auffordern, jedes Jahr zu einer genau festgesetzen Zeit auf Wallfahrt ins Heilige Land zu kommen: So wären dann alle Tage im Jahr mit Pilgerfahrten besetzt… und das würde auch die Emigrierten davon überzeugen, wieder in ihr Land zurückzukommen!"
Der syrisch-katholische Erzbischof Denys Antoine Chahda aus Aleppo: „Ich glaube, was uns von unseren orthodoxen Brüdern trennt, ist der Primat des Petrus. Da sollten die Theologen bald eine neue Interpretation finden! Warum nicht zu einer Einheit im Glauben, aber in der Verschiedenheit kommen?"
Der maronitische Bischof Michel Aoun aus dem Libanon (diese und die folgenden drei Stellungnahmen stammen noch vom Freitag Vormittag: „Ich hoffe, dass diese Synode die Kirchen im Nahen Osten ermutigt, die neuen geistlichen Bewegungen als einen neuen Frühling der Kirche willkommen zu heißen!"
Der Leiter der neuen „Domus Galilaeae" auf dem Berg der Seligpreisungen in Israel, Rino Rossi: „Seit der Eröffnung unseres Zentrums kommen viele Juden zu uns – allein im letzten Jahr mehr als 100.000! Sie werden angezogen von der Aufnahmebereitschaft und der Ästhetik des Hauses. Viele von ihnen kennen weder die Kirche noch Jesus Christus. Sie stellen uns viele Fragen über unseren Glauben."
Der Palästinenser Husan Wahhab: „Wir sollten nicht nur auf Kirchenspaltung und Emigration achten, sondern auch auf die Gefahr, dass die Christen in der palästinensischen Gesellschaft immer mehr an den Rand gedrängt werden!" (rv)

Irak: Kirche kritisiert US-Truppenabzug

Unter großem Medienaufgebot hat am vergangenen Donnerstag der letzte Kampfverband der USA den Irak verlassen. Zwar sind immer noch 50.000 Soldaten im Zweistromland, um die irakische Armee zu beraten, aber auch die sollen bis Ende 2011 abgezogen werden. So wie die Invasion seinerzeit auf harsche Kritik der katholischen Kirche stieß – der kranke Papst Johannes Paul II. selber appellierte zu Gewaltverzicht – so kritisiert die katholische Kirche im Irak jetzt den Abzug der amerikanischen Truppen. Chorbischof Philipp Najim ist Statthalter des chaldäischen Patriarchen beim Papst in Rom und Apostolischer Visitator in Europa. Gegenüber Radio Vatikan sagte er:
„Ich glaube, dass zum jetzigen Zeitpunkt der Truppenabzug nicht gut für die Zukunft des Landes ist und nichts bringt. Wir haben keine stabile Regierung, die ihre Verantwortung gegenüber dem irakischen Volk wahrnehmen könnte, und wir haben keine Armee, die das Land und seine Souveränität schützen könnte. Daher ist diese Entscheidung nicht zum Wohl des irakischen Volkes."
Najim beklagt die Folgen der völkerrechtswidrigen Invasion.
„Der Schaden ist durch die ausländischen Truppen angerichtet worden, die in das Land eingefallen sind: Die Stabilität des Landes ist dahin, und daher haben die Länder, die hier eingedrungen sind, die hohe Pflicht und Verantwortung, die Sicherheit wiederherzustellen und zu helfen, ein starkes nationales Heer aufzubauen. Dann kann man auch wieder für eine bessere Zukunft kämpfen. Das irakische Volk muss Vertrauen in seinen Staat haben. Aber nach all dem, was geschehen ist, fehlt dieses Vertrauen. Und so verlassen viele das Land. Es fehlen Ärzte, Ingenieure und Fachleute."
Es müsse leider eine düstere Bilanz gezogen werden:
„Nein, der Krieg ist nicht zu Ende. Der Krieg hat die Menschen zu Flüchtlingen gemacht, er hat Leid und Chaos verursacht; er hat Tod, Blut, Schmerzen hervorgebracht und er hat vor allem das irakische Volk seines Vertrauen in die internationale Gemeinschaft beraubt." (rv)

Vatikan/Irak: Papst bestätigt neuen Bischof im Irak

Papst Benedikt XVI. hat die Ernennung von Bashar Warda zum chaldäischen Erzbischof der Stadt Arbil im Nordirak bestätigt. Er stimmte damit der Wahl des früheren Leiters des Priesterseminars durch die Synode zu. Dies teilte der Vatikan an diesem Montag mit. Der Redemptoristenpater wurde 1969 in Bagdad geboren und hat unter anderem an der Katholischen Universität Louvain Theologie studiert. Bis zuletzt war er Professor für Moraltheologie am örtlichen Institut für Religionswissenschaft. (rv)

Irak: Christen gehen gegen Gewalt auf die Straße

Gegen die anhaltende Gewalt sind in Bagdad und Mossul am Sonntag Christen, darunter Priester und Bischöfe, auf die Straße gegangen. An den spontanen Kundgebungen nahmen über eintausend Menschen teil. Auf Transparenten verlangten die Demonstranten, das „Gemetzel an Christen“ zu beenden. Zudem forderten sie ein entschlossenes Eintreten der Regierung für den Schutz der Minderheiten im Land.
Hintergrund der Kundgebung ist die neue Gewaltserie gegen christliche Kirchen im Irak. Bei verschiedenen Angriffen kamen allein im nordirakischen Mossul in den vergangenen zwei Wochen neun Christen ums Leben. Papst Benedikt XVI. hatte am Sonntag seine Sorge über die Gewalt gegen Christen und andere nichtmuslimische Minderheiten im Irak bekundet und die Behörden des Landes zu einem wirksameren Schutz aufgefordert. Der Papst sagte nach dem Angelusgebet am Sonntag auf dem Petersplatz:
„Heute möchte ich mich besonders dem Gebet anschließen, der vom Bischofsrat in Ninive ersucht wird. Ich bin allen Christen in dem Land nahe. Sie sollen nie aufgeben, sich für das Gute in ihrem Vaterland einzusetzen. Sie sind schon seit Jahrhunderten ein vollwertiger Teil dieses Landes. Und schließlich grüsse ich die Iraker auf dem Petersplatz. Ich rufe die internationale Staatengemeinschaft auf, den Irakern eine Zukunft der Versöhnung und Gerechtigkeit zu ermöglichen. Auch wünsche ich in der Hoffnung auf Gottes Hilfe, dass alles getan wird, damit dort wieder Frieden herrscht.“
Am kommenden Sonntag wird im Irak gewählt, doch die Situation der Christen und Minderheiten im Land hat sich vor den Wahlen eher verschlechtert. Fatal für ein Land, in dem gerade Christen einen wichtigen Beitrag zur Friedensarbeit leisten. Das meint Herr Berthold Pelster, Irak-Länderexperte des katholischen Hilfswerkes „Kirche in Not“. Im Gespräch mit uns sagte er:
„Es gab vor 20, 30 Jahren noch mehr 1,4 Millionen im Irak, heute ist diese Zahl drastisch zusammengeschrumpft auf vielleicht 300 oder 400.000 Christen. Das ist eine traurige und drastische Entwicklung, zumal die christliche Gemeinschaft im Irak zu eine den ältesten christlichen Gemeinschaft zählt, die es überhaupt gibt. Der Irak ist ja im ersten Jahrhundert bereits christianisiert worden.“
Nach den Aggressionen seien zahlreiche Christen in den Norden des Landes, die Nachbarländer Syrien und Jordanien, oder – wer es sich leisten konnte – in den Westen geflohen, gibt Pelster an. Damit verliere das Land mit seiner brodelnden Vielfalt an ethnischen und religiösen Gruppen an moderaten Kräften. Pelster:
„Der Irak ist ja im Grunde genommen ein künstlichen Staatengebilde, er ist ein Produkt der europäischen Kolonialmächte. Das Land muss lernen, mit dieser Vielfalt an ethnischen und religiösen Gruppen zurechtzukommen. Die Christen könnten da ein ganz wichtiges Element sein, da Christen häufig eine Brückenfunktion haben. Aufgrund ihrer Religion sind die Christen dazu aufgerufen, friedlich zusammenzuleben und alle gleich zu behandeln. Sie könnten also gerade im Irak eine versöhnende Rolle spielen. Für die Gesellschaft im Irak ist es ein großer Verlust, wenn so viele Christen das Land verlassen.“
Die christliche Gemeinschaft im Irak bemüht sich generell um Dialog. Ein gutes Beispiel dafür ist Erzbischof Louis Sako von Kirkuk, mit dem Pelster in Kontakt steht.
„Erzbischof Louis Sako von Kirkuk ruft immer dazu auf, dass die internationale Staatengemeinschaft stärker aktiv werden muss, dass Politiker und Diplomaten die irakische Regierung noch stärker unter Druck setzen müssen, dass sie für Sicherheit sorgt und sich stärker um die Minderheiten kümmert. Erzbischof Sako ist ein gutes Beispiel für den Dialog mit muslimischen gemäßigten Führern im Land. Er hat guten Kontakt zu ihnen, macht gemeinsame Veranstaltungen und Projekte, denn nur so kann es ja gehen.“ (rv)