Das Zweite Vatikanum und die Ostkirchen: Eine Bilanz

Vingt_TroisAn diesem Dienstagnachmittag beginnt die Vollversammlung der Ostkirchenkongregation im Vatikan. Bis zum 22. November treffen sich alle katholischen Patriarchen und leitenden Bischöfe der mit Rom unierten Ostkirchen sowie die Kardinäle, die Mitglieder der Ostkirchenkongregation sind – unter ihnen auch Kardinal Christoph Schönborn aus Österreich, Kardinal Reinhard Marx aus Deutschland sowie Kardinal André Vingt-Trois aus Frankreich. Die Versammlung steht unter dem Titel „Die katholischen Ostkirchen 50 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil". Im Gespräch mit Radio Vatikan erklärt Dominikanerpater Max Cappabianca, der seit 2009 Mitarbeiter der Ostkirchenkongregation in Rom ist, welche Bedeutung das Konzil für die Ostkirchen hat:

„Im zweiten vatikanischen Konzil hat sich die Wertschätzung verändert. Es ist deutlich gemacht worden, dass die Ostkirchen wirklich Kirchen im eigentlichen Sinn sind, mit ihrer eigenen Tradition. 50 Jahre danach will man jetzt eine Art Resümee ziehen. Es sind ja auch einige Dinge passiert: Zum Beispiel ist vor 20 Jahren das Ostkirchenrecht verabschiedet worden, es sind in der Diaspora neue Bistümer geschaffen worden… Da steht jetzt eine Evaluation an und das wird in diesen Tagen geschehen."

Bei der Versammlung im Vatikan treffen sich Vertreter byzantinischer, koptischer, armenischer und maronitischer Kirchen, die in Einheit mit der katholischen Kirche stehen, also unter anderem den Papst als Oberhaupt anerkennen. Die Ökumene sei deshalb ebenfalls ein wichtiges Thema, da diese katholischen Ostkirchen quasi eine „Brücke" zu den orthodoxen Kirchen seien, so Pater Max. Er geht davon aus, dass aber auch die Schwierigkeiten und Herausforderungen, welche die Ostkirchen in den verschiedenen Teilen der Welt haben, eine Rolle spielen werden:

„Wenn wir jetzt an den Nahen Osten denken ist das natürlich die Emigration und die schwierige Lage dort. In Osteuropa gibt es jetzt 20 Jahre nach dem Fall der Mauer Veränderungen. In Indien stehen die Ostkirchen vor den Herausforderungen, dort vor Ort. Allen gemeinsam ist die Diaspora: Immer mehr dieser Gläubigen leben in Gebieten die traditionell lateinisch sind. Auch in Deutschland gibt es immer mehr orientalische Katholiken. Das sind neue Herausforderungen: Wie kann die pastoral da geleistet werden? Das sind alles Fragen, die spannende Diskussionen versprechen."

Die Patriarchen und Mitglieder der Ostkirchen-Kongregation treffen Papst Franziskus am Donnerstag. Außerdem feiern die Ostkirchen-Bischöfe den Abschlussgottesdienst des „Jahres des Glaubens" am Sonntag als Konzelebranten gemeinsam mit Franziskus. (rv)

Kardinal Marx: „Wir sind auf einem gemeinsamen Weg“

„Das ist nicht eine Sache, die ein Bistum alleine regeln kann, das sind Dinge, die wir gemeinsam tun wollen. Und wir sind in der Bischofskonferenz auf einem gemeinsamen Weg."

Dies betont der Münchner Kardinal Reinhard Marx mit Blick auf den Freiburger Vorstoß zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Das Seelsorgeamt Freiburg hatte Anfang der Woche ein neues Papier zum Thema vorgestellt, das in der deutschen Kirche hohe Wellen schlägt – Wellen auch bis nach Rom: So hatte Vatikansprecher Federico Lombardi am Dienstag vor Sonderwegen bei der Familienpastoral gewarnt und ein einheitliches Vorgehen der Kirche angemahnt. Marx sieht das Papier von Freiburg als „work in progress":

„Ich denke, dass viele Überlegungen da richtig und gut sind, die wir weiter diskutieren werden. Ich sehe das als einen Diskussionsbeitrag, der jetzt in einem Prozess ist, der auch mit Rom natürlich weiter besprochen werden muss und in der Bischofskonferenz."

Deshalb werde es ja auch im Januar einen Bericht der deutschen Bischöfe zum Thema geben, so der Kardinal im Gespräch mit den Münchner Kirchennachrichten. „Ich glaube, dass wir Wege finden können", so Marx auch mit Verweis auf die Synode zur Familienpastoral, die in einem Jahr im Vatikan stattfinden soll. Bis dahin müsse man gründlich diskutieren und – ja – auch ein wenig Vertrauen haben, ist aus Marx’ Kommentar herauszuhören. Die Freiburger Handreichung sei schließlich „noch keine Veränderung des kirchlichen Gesetzes":

„Ich glaube, dass wir hier auf einem guten Weg sind, und auch, dass die Pfarrer die pastorale Situation vor Ort sehr gut beurteilen können. Es wird keine generellen Regelungen geben, indem man sagt: ,alle’, sondern es muss auch die pastorale Beziehung zum einzelnen Fall sein. Dazu gehört – das steht übrigens in dem Freiburger Papier – nicht nur einfach die Zulassung, sondern da stehen Kriterien drin: die Aufarbeitung der Lebensgeschichte, die Versöhnung mit dem Partner vorher, eine ganze Reihe von Elementen, die ja immer wieder diskutiert werden, und die auch wichtig sind."

Marx spielt hier auf den Ausschluss von wiederverheirateten Geschiedenen vom Sakrament der Kommunion an. Auch Papst Franziskus hatte in einem Interview mit der Jesuitenzeitschrift „La Civiltà Cattolica" jüngst betont, dass man den Umgang mit den Geschiedenen in der katholischen Kirche mitnichten nur auf die Frage der Kommunion verengen dürfe. (rv)

D/Vatikan: Kardinal Marx über seine neue Rolle im Vatikan

Kardinal MarxAcht Kardinäle sollen den Papst beraten: Aus den Gesprächen beim Vorkonklave nahm Papst Franziskus die Anregung einer solchen Gruppe auf, die unter anderem zu Fragen um die Reform der vatikanischen Kurie tagen soll. Die acht Kardinäle vertreten die Weltkirche, einer arbeitet im Vatikan, die übrigen sind Bischöfe in den Ortskirchen.
Unter ihnen ist der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx. Unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord hat ihn zu seiner neuen Rolle im Vatikan befragt.

Herr Kardinal, waren Sie überrascht über die Einberufung dieser Gruppe?

„Grundsätzlich hat es mich nicht überrascht, weil wir das tatsächlich im Vorkonklave gehört und auch selber zum Ausdruck gebracht haben, dass es eine Beratung aus den Ortskirchen geben müsse und man darüber neu nachdenken müsse. Das Thema Kurienreform war natürlich bei vielen Stellungnahmen ebenfalls ein Thema, so dass die Sache an sich jetzt nicht so überraschend ist. Aber dass es mich getroffen hat und dass es so schnell kommt, das hat mich etwas überrascht."

Was hat den Papst dazu gebracht, Sie zu ernennen? Ist das Ihrem Engagement in der Bischofskonferenz der EU geschuldet?

„Da müsste man den Papst natürlich selber fragen. Es ist jedenfalls der Wunsch offensichtlich, die ganze Welt darzustellen, die verschiedenen Kontinente und auch die Repräsentanten aus verschiedenen Organisationen. Aber das ist nicht strikt auf die Bischofskonferenzen oder deren Vorsitzende bezogen; der Papst ist frei und hat frei ausgewählt. Möglicherweise kommt die europäische Komponente hinzu, aber wohl auch andere Dinge. Es sind jedenfalls Bischöfe aus großen Diözesen berufen worden, die also eine gewisse Verwaltungserfahrung haben. Das ist sicherlich ebenfalls ein Element: Die Vielfältigkeit der Ortskirchen und der Kontinente zu repräsentieren und auch Bischöfe einzuberufen, die vielleicht durch ihre eigene Leitungsverantwortung schon eine gewisse Erfahrung haben."

Es sind ja nicht nur Bischöfe aus verschiedenen Kontinenten, sondern wir haben ja eine auffällige Symmetrie, die Kardinäle kommen aus jedem Erdteil – Lateinamerika, Zentralamerika, Nordamerika, Afrika, Australien, Europa, Asien und Vatikan. Das ist schon sehr symbolisch; wird hier noch einmal deutlich gesagt, dass die Weltkirche den Vatikan berät?

„Das glaube ich schon. Wir haben ja ein wenig das Gefühl gehabt – jedenfalls habe ich es gehabt und so habe ich es auch im Gespräch mit einigen gesagt – als wir nun den Papst hatten und wir uns wieder von Rom verabschieden konnten: Wir fahren jetzt wieder zurück in unsere Diözesen und lassen den Papst hier allein. Allein ist natürlich nicht ganz richtig, weil er natürlich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat und durchaus beraten wird und ihm geholfen wird. Aber ich hatte das Gefühl: Wir sind Kardinäle, wir haben ihn gewählt, jetzt müssen wir auch bereit sein, ihm zu helfen. Ich habe aber nicht daran gedacht, dass das so konkret werden würde. Das gehört aber mit dazu, wenn man in ein solches Amt als Kardinal hinein berufen wird und dann auch am Konklave teilnimmt, nämlich dass man bereit ist, dem Papst zu helfen, wenn er es wünscht und dass man ihn berät, wenn er es wünscht. Da fühle ich mich natürlich in gewisser Weise geehrt. Es ist aber auch ein Zeichen dafür, dass er diese Beratung universalkirchlich will. Das finde ich ist ein positives Zeichen."

Kennen Sie sich in der Gruppe der acht Kardinäle untereinander schon?

„Nicht alle in gleicher Intensität, aber den Kardinal von Kinshasa kenne ich schon sehr lange, andere Kardinäle habe ich jetzt beim Konklave kennen gelernt, Kardinal Maradiaga kenne ich auch schon von vielen Begegnungen von Iustitia et Pax her. Es ist eine gewisse Kenntnis der Personen da, aber unterschiedlich. Wir sind jetzt kein Kreis, der sich schon lange vorher getroffen hat oder schon lange vorher in Kontakt war. Durch das Konklave sind wir, glaube ich, in neuer Weise zusammen gekommen."

Von den Inhalten der Beratungen einmal abgesehen, wie geht es jetzt formal weiter? Passiert irgendetwas bis zum 1. Oktober, dem ersten Treffen? Gibt es schon Papiere oder warten Sie erst einmal darauf, was der Papst Ihnen vorgibt?

„Ja, ich muss warten. Ich habe noch keine weiteren Informationen, ob bis dahin was passiert. Man wird sicher überlegen müssen, das Projekt noch genauer zu definieren, aber das ist noch nicht erfolgt. Jetzt ist erst einmal deutlich vom Papst in die Weltkirche hinein gesagt: ‚Ich will diese Beratungen, ich möchte, dass eine Kurienreform passiert, ich wünsche, dass die Weltkirche eingebunden wird’. Und damit wird in gewisser Weise auch das Miteinander von Kurie in Rom und Ortskirchen in neuer Weise angeschaut. Das nehme ich als Signal auf, aber weitere Schritte sind noch nicht überlegt."

Abschließende Frage: Was ist ihr erster Eindruck von diesem Papst?

„Ich bin immer mehr der Überzeugung, dass uns Gott diesen Papst geschenkt hat. Wir waren, als die Wahl dann vorbei war, vielleicht selber überrascht davon, was wir in den zwei Tagen alles erlebt haben. Und dann haben wir uns gefragt, was das jetzt werden wird. Aber wir waren alle überzeugt, dass es ein Fingerzeig des Heiligen Geistes ist. Ich würde nach den ersten vier bis acht Wochen auch sagen, dass sich das bestätigt hat und richtig so gewesen ist. Das empfinden wir alle so, auch in den Begegnungen in den Pfarreien, da herrscht ein großer Zuspruch und eine große Erwartung – manchmal auch eine zu große Erwartung, ein Papst kann auch nicht die Kirche neu erfinden – aber es ist eine positive Grundstimmung da und das macht mir natürlich große Freude."
(rv)

Kardinal Marx: Papst steht für transatlantische Verbindungen

Kardinal MarxSeit 1.272 Jahren ist erstmals ein Nicht-Europäer auf den Stuhl Petri gewählt worden – eine außerordentliche Neuerung, die ein wichtiges Signal für Europa darstellt. Das sagt der Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (COMECE), Kardinal Reinhard Marx, im Radio- Vatikan-Interview. Auf die Frage, was die Einsetzung eines Lateinamerikaners als Bischof von Rom für Europa bedeute, antwortete er:

„Für Europa bedeutet das erst einmal, wir sind nicht allein Kirche in Europa, sondern die Weltkirche ist größer als Europa. Das ist sehr wichtig, und es ist auch wichtig, dass wir von Europa aus auf die anderen Kontinente blicken. Da ist Lateinamerika von außerordentlicher Bedeutung. Auch Nordamerika, aber es gibt viele europäisch-amerikanische Verbindungen – auch durch die nicht immer leichte Geschichte der Eroberungen, die bitter war; es gibt auch eine Leidensgeschichte zwischen Amerika und Europa, und es gibt eine Einwanderungsgeschichte, für die der neue Papst auch steht. Er stammt ja aus Italien, bzw. die Eltern stammen aus Italien. Also, es gibt viele Beziehungen zwischen Lateinamerika und Europa, und das wird vielleicht auch noch einmal deutlich, wenn ein Papst aus Lateinamerika hier iBischof von Rom wird. Ich finde das wunderbar, großartig!“

Der neue Papst sei sicherlich für Überraschungen gut, aber ihm müsse nun erst einmal die Zeit eingeräumt werden, seine eigenen Akzente zu setzen. Das Kardinalskollegium stehe ihm jedenfalls bei seiner Aufgabe zur Seite:

„Ich glaube, dass dieser Papst sich Gedanken gemacht hat, wie er sein Pontifikat gestaltet, dass er Akzente setzen wird. Aber man kann jetzt nicht erwarten, dass das alles auf einmal passiert. Ich möchte mit großer Offenheit abwarten, er wird das ganze Feld der Aufgaben Schritt für Schritt angehen, und dabei möchten wir ihm helfen. Das kann ein Papst nicht alleine, ein Papst steht nicht allein für die Kirche, sondern die Bischöfe stehen ihm zu Seite, auch die Kardinäle. Ich glaube, er wird ein sehr kollegialer Papst sein, der mit seinen Mitarbeitern und vor allem auch mit den Bischöfen zusammenarbeitet. Das ist jedenfalls meine Hoffnung.“ (rv)

D: „Nicht immer nur Nein sagen“

Die Präimplantationsdiagnostik PID wird wieder Thema der politischen Debatte: Das Bundeskabinett und der Bundesrat werden in den kommenden Wochen eine Rechtsverordnung beraten, die der deutsche Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr im Sommer erstellt hatte. Der Bundestag hatte nach langer Debatte ein Gesetz erlassen, dessen Ausführung nun ansteht, die PID kommt also Anfang 2013 in Gang.

„Da geht es ja darum, dass Gendefekte menschlicher Embryonen selektiert und verworfen werden. Es wird niemanden in Deutschland überraschen, dass die katholische Kirche das ablehnt", so kommentiert der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, die aktuelle Gesetzgebungsdebatte zur PID. Die Herbstvollversammlung der bayrischen Bischöfe hatte dieses Thema beraten, Kardinal Marx fasste bei einer Pressekonferenz am Donnerstag die Überzeugung der Bischöfe zusammen. Man lehne die gesamte PID samt den geplanten Beratungszentren und Ethik-Kommissionen ab.

„Das ist eine eindeutige und klare Ablehnung, und deswegen werden wir uns auch nicht an den Ethik-Kommissionen beteiligen. Das geht nicht! Wir sind der Meinung, dass dies nicht akzeptabel ist, dass der Gedanke der Selektion jetzt sozusagen voranschreitet. Wir lehnen jegliche Tötung menschlicher Embryonen ab und wenden uns deshalb auch gegen eine Ausweitung der Zahl von Zentren in den Bundesländern, deren Beratung die Voraussetzung einer Anwendung von PID ist."

Die Gefahr liege aber nicht nur im Gedanken der Selektion menschlichen Lebens, in der Gesetzgebung lauere eine weitere Gefahr. Die Bischöfe glauben nämlich nicht, dass es bei Einzelfällen bleiben wird, sondern sehen eine Ausweitung: Wenn erst einmal die Infrastruktur dafür da sei, würden sicherlich marktwirtschaftliche Dynamiken greifen.

„Das Bundesgesetz hat ja ausdrücklich von Einzelfällen gesprochen. Durch eine solche Ausweitung sehen wir die Gefahr der Multiplizierung von Fällen und eines Wettbewerbs um Kunden für künftige PID-Beratung in diesen Ethik-Zentren."

Aber damit nicht genug: Die PID ist nicht das einzige gesellschaftlich-ethische Thema, zu dem sich die bayrischen Bischöfe in ihrer Versammlung positioniert haben. Sie wenden sich ebenfalls klar gegen die gewerbsmäßige Suizidbeihilfe, ebenfalls ein Thema, bei dem Marktwirtschaft und Ethik kollidieren.
Seit Mitte Oktober beräte der deusche Bundesrat ein Gesetz, das wegen mangelnder gesetzlicher Regelung in dieser Frage in die Kritik gekommen ist. So hatte der Deutsche Hospiz- und Palliativverband darauf hingewiesen, dass der Gesetzentwurf befördert, was er eigentlich verhindern will – weil durch die „völlig unzureichenden Regelungen" Anreize geschaffen würden für andere Formen der organisierten oder geschäftsmäßigen Beihilfe zum Suizid. Ähnlich sehen das auch die bayrischen Bischöfe. Kardinal Marx:

„Wir haben begrüßt, dass der Gesetzentwurf die gewerbsmäßige Suizidbeihilfe verbieten soll, aber wir kritisieren, dass das Verbot eines ärztlich assistierten Suizids in dem Entwurf nicht hinreichend geregelt ist."

Hier sehe er auch eine Gemeinsamkeit mit Ärzten, welche die Sterbehilfe nicht als Aufgabe eines Arztes ansähe. Die Kirche wende sich gegen jede Form von aktiver Sterbehilfe. Die Kirche sei aber nicht nur dagegen, sie setze sich gleichzeitig auch aktiv für einen anderen, menschlichen Umgang mit dem Sterben ein.

„Deswegen bemühen wir uns nach unseren Kräften, im Bereich der Palliativ- und Hospizarbeit unseren Beitrag zu leisten. Ich bin ziemlich froh, dass das in den letzten Jahren, ja Jahrzehnten ein ganz entscheidender Bereich geworden ist und dass sich die Kirchen – beide Kirchen – intensiv bemühen. Denn es geht darum, nicht immer nur Nein zu sagen und zu sagen, was man nicht will; man muss auch zeigen, was man positiv beitragen will. Da sind die Hospizbewegung und die Palliativversorgung ein ganz entscheidender Bereich, und da wollen wir auch weiterhin mithelfen. (rv)

Kardinal Marx: „Kirche und Staat sind füreinander offen“

Die Bilder und die Worte Papst Benedikts bei seiner Deutschlandreise werden „positiv ankommen". Davon ist der Münchener Erzbischofs Reinhard Marx überzeugt. Die Papstvisite hat aus der Sicht des Kardinals eine gesamtgesellschaftliche Tragweite. Man dürfe sich, so Marx wörtlich im Gespräch mit Radio Vatikan, nicht nur auf „gute Predigten und ein ökumenisches Zeichen freuen", sondern auch auf:

„ein Zeichen, dass wir in unserem Land bei all den Tendenzen der Säkularisierung immer noch ein Land sind, wo Staat und Kirche füreinander offen sind, und positiv offen sind. Es ist wichtig für die gesamte Entwicklung Deutschlands, dass man die Stimme des christlichen Glaubens in dieser authentischen und klaren Weise, wie sie der Papst vermitteln kann, hören wird. Es werden über die katholische Kirche hinaus viele Menschen einfach mitbekommen, was der Papst sagt. Das ist eine riesige Chance zur Evangelisierung, zur Weitergabe dessen, was uns wichtig ist, das muss man in einer Gesellschaft, die so stark auf Medien konzentriert ist, sagen. Die Bilder und Worte werden, glaube ich, positiv ankommen."

Bei einigen deutschen Politikern sorgt indes ein besonderer Punkt im Programm des Papstes für erzürnte Reaktionen: Benedikts Rede vor dem Deutschen Bundestag. Kardinal Marx denkt, dass der Papst „über die positiven Grundlagen unseres Gemeinwesens und über den Weg Deutschlands in den letzten Jahren" sprechen wird.

„Aber er wird, denke ich, auch etwas sagen zur großen christlichen Tradition Europas und unseres Landes. Dass diese Tradition nicht einfach Vergangenheit ist, sondern ewas beizutragen hat. Und dass ein modernes säkulares Gemeinwesen sich der Quellen vergewissern muss, aus denen es lebt und die nicht selber vom Staat produziert werden." (rv)

Vatikan: Was Bischöfe lernen können

Es ist mittlerweile eine gute Tradition geworden: Neu ernannte Bischöfe aus aller Welt kommen nach Rom, um zu lernen, um Erfahrungen auszutauschen und nicht zuletzt auch um mit „älteren" Amtsbrüdern zu sprechen. Unter den zum diesjährigen Kurs als Refernt Eingeladenen ist der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx. Sein Thema an diesem Donnerstag war die Leitungsaufgabe des Bischofs. Dabei geht es zwar auch um die Theorie, so Marx im Interview mit Radio Vatikan. Ihm geht es aber vor allem um Berichte aus der persönlichen Praxis.

„Ich finde, dass es sehr wichtig ist, dass man bei aller guten Theorie auch davon erzählt, wie man es selber macht und wie man von dem, was vielleicht nicht gelungen ist, lernen kann. Ich möchte jedenfalls den Bischöfen auch sagen, dass man als Bischof noch viel zu lernen hat."

Viele Neubischöfe kommen mit Leitungserfahrungen in ihr Amt, die eine Pfarrei betreffen, keine größeren Einheiten. Marx weist aber darauf hin, dass der Kern ähnlich ist: Es ist der Umgang mit Menschen. Man müsse mit vielen Menschen zusammen arbeiten können, mit Konflikten umgehen können und sie auf ein Ziel hin orientieren. Gleichzeitig bringe das Amt aber tatsächlich auch völlig neue Elemente mit sich …

„weil ein Bischof viel stärker in der Gesamtöffentlichkeit des Bistums steht und auch in der Öffentlichkeit der Gesellschaft. Da braucht es eine Zeit, sich einzuarbeiten, erst recht, wenn man als Fremder in eine Diözese kommt. Ich selber habe das ja zweimal erlebt und weiß, was es heißt, in einer großen Diözese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, die miteinander auch den Weg gehen, mit dem Bischof zusammen. Denn alleine kann man ein Bistum nicht leiten."

Es brauche immer die Mitarbeit anderer, vor allem der Priester. Insgesamt sei viel Engagement des Gespräches, des Zuhörens und des gemeinsamen Suchens nach Zielen nötig. Was das Bischofsamt im letzten Jahr vor allem geprägt hat, war die Diskussion und der Umgang mit dem Missbrauch. Auch hieraus hat Kardinal Marx einiges an Erfahrungen gezogen, Dinge, die er auch den neuen Bischöfen weitergeben will:

„Auf jeden Fall aktiv zu handeln, authentisch und deutlich die klare Linie der Aufklärung zu fahren; ein offenes Verhältnis zu den Medien haben, die sehr aufmerksam sind, manchmal natürlich auch nicht wohlwollend, das ist klar, aber das muss man eben wissen. Da ist einiges, was man auch den Bischöfen weitergeben kann, denn natürlich wird es immer Konflikte und Probleme mit Priestern geben – nicht nur in der Frage des Missbrauchs –, da sollte man im Gespräch und in der Vereinbarung, was man von einem Priester erwartet, sehr deutlich und konsequent handeln und nicht diffus." (rv)

D: Kardinal Reinhard Marx wird den Papst in Werl vertreten

Das bestätigte der Vatikan an diesem Samstag. Der Erzbischof von München und Freising wird somit Benedikt XVI. bei den 350-Jahrfeiern des westfälischen Wallfahrtsorts am 2. Juli besuchen. Der Vatikan veröffentlichte hierzu ein auf Lateinisch verfasstes Schreiben von Benedikt XVI., in dem er den Erzbischof von München und Freising mit der außerordentlichen Mission beauftragt. Begleitet wird Marx von den Paderborner Domkapitularen Wilhelm Hentze und Theodor Ahrens. (rv)

Vatikan/D: Marx nimmt St. Korbinian in Besitz

Kardinal Reinhard Marx von München nimmt am Sonntag offiziell seine Titelkirche in Besitz: Eine solche Kirche bekommt jeder Kardinal im Moment seiner „Erhebung" durch den Papst in Rom zugewiesen. Marx wird also in der neuen Kirche Sankt Korbinian im Südosten Roms zum ersten Mal die Messe feiern. Schon am 20. März hatte er die Kirche besucht, als sie von Papst Benedikt feierlich eingeweiht wurde. (rv)

Eine Magna Charta der Kommunikation – Vierzig Jahre Communio et Progressio

In dieser Woche wird Communio et Progressio 40 Jahre alt, ein Schreiben Papst Pauls VI. im Anschluss an das Konzil. Es geht um das Kommunikationsverständnis der Kirche, es ist eine Art Magna Charta, Das Ideal einer Welt, in der Medien eine wesentliche Rolle spielen. Diese Beschreibung stammt von Claudia Nothelle, Programmdirektorin des Rundfunks Berlin Brandenburg. Sie hat anlässlich des Jahrestages in der katholischen Journalistenschule ifp in München mit Kardinal Reinhard Marx über die Kirche und die Medien heute gesprochen und das päpstliche Schreiben als „prophetisch" charakterisiert, es habe auch heute noch, trotz veränderter Mediennutzung, seine Aussage behalten. Nach Selbstaussage des Textes soll er ein Anfang sein, kein Ende. (rv)