Lombardi in Mexiko: „Religiosität des Herzens“

Es war ein fulminanter Auftakt mit ganz viel „Herz": Hunderttausende Menschen haben Papst Benedikt XVI. am Freitag bei seiner Ankunft im zentralmexikanischen Bundesstaat Guanajuato jubelnd empfangen.

Die Herzlichkeit und Begeisterung, mit denen die mexikanischen Gläubigen den Papst empfingen, zeugten von einer „Religiosität des Herzens", sagte Vatikansprecher Pater Federico Lombardi im Interview mit unserem Kollegen vor Ort:

„Ich erinnere mich, dass auch bei den Reisen Papst Johannes Paul II. diese Mauern aus stetig feiernden Menschen entlang der Straßen standen. Das erzählt uns etwas von der herzlichen Teilnahme dieses großen Volkes am Papstbesuch. Der Heilige Vater hat im Flugzeug vom ,Herzen‘ gesprochen und gesagt, dass in einer echten Religiosität immer auch ein Bereich des Herzens da sein muss, nicht nur der des Geistes. Das ist sicher die marianische und volkstümliche Dimension der mexikanischen Religiosität, die es zu schützen und zu reinigen gilt – es ist eine Religiosität des Herzens, und das sieht man."

Der Papst war in seiner Begrüßungsrede am Flughafen auch auf das Problem des organisierten Verbrechens in Mexiko zu sprechen gekommen. Seit 2006 sollen laut Angaben von Menschenrechtsorganisationen über 50.000 Menschen dem Drogenkrieg zum Opfer gefallen sein. Gerade vor diesem Hintergrund kommt Benedikt XVI. als „Pilger des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe" – die päpstliche Botschaft falle in den mexikanischen Herzen auf fruchtbaren Boden, so Pater Lombardi:

„Der Papst kennt gut die Umstände, unter denen das mexikanische Volk lebt. Es gibt hier die Gewalt, das tägliche Blutvergießen unzähliger Menschen, das sehr betroffen macht. Es gibt viele Menschen, die ihre Angehörigen, Kinder und Lieben verloren haben. Dieses Thema betrifft jeden. Der Papst will die Menschen zum Glauben ermutigen, dass sie etwas tun können, um ihre eigene Situation zu verändern."

Auch die Religionsfreiheit in Mexiko war in der ersten Papstansprache am Samstag Thema. Die Katholiken müssten „Sauerteig" in der Gesellschaft sein, zu den grundlegenden Menschenrechten gehöre das Recht auf umfassende Religionsfreiheit, erinnerte der Papst. Erst Anfang der 90er Jahre war der katholischen Kirche in Mexiko dank einer Verfassungsreform der Status einer Rechtspersönlichkeit und damit mehr gesellschaftliche Wirkungsmacht zugesprochen worden. Pater Lombardi geht auch auf den aggressiven Antiklerikalismus in der Zeit des Bürgerkrieges von 1926 bis 1929 ein; Papst Pius XI. hatte der Christenverfolgung in dieser Zeit allein drei Enzykliken gewidmet, in denen er die Gewalt gegen Priester und die Unterdrückung der katholischen Kirche in Mexiko anprangerte.

„Mexikos Kirche hat graduell an Wirkungsspielraum zurück gewonnen, in einem Land, dass laizistisch, doch zugleich demokratisch sein will. Religionsfreiheit heißt nicht nur Kultfreiheit, sondern auch Ausdrucksmöglichkeiten in öffentlicher und gemeinnütziger Form. Das Land hat ja hinsichtlich dieses Themas eine konfliktreiche und spannungsgeladene Geschichte: Es gab Moment großer Unterdrückung und auch des Martyriums der Gläubigen. Man hat jedoch einen langen Weg der Versöhnung beschritten, und Johannes Paul II. hat hier in den vergangenen Jahrzehnten einen großen Beitrag geleistet! Er hat dabei geholfen, die diplomatischen Beziehungen zwischen Mexiko und dem Heiligen Stuhl wieder aufzunehmen."

Papst Johannes Paul II. Besuch in Mexiko im Jahr 1979 – der erste von Benedikts Vorgänger – hatte eine Wende im mexikanischen Staat-Kirche-Verhältnis in Mexiko eingeleitet: Dem jungen Papst aus Polen gelang es, hunderttausende Mexikaner zu mobilisieren, was die katholische Kirche bis heute selbstbewusster und mutiger werden ließ, zum Beispiel beim Ansprechen sozialer Missstände und auch politischer Maßnahmen, um diese zu lösen. So ist zum Beispiel das harsche Vorgehen des mexikanischen Präsidenten Felipe Calderon gegen die Drogenmafia im eigenen Land bei der Kirche nicht unumstritten. Erst in diesen Tagen noch hatte der Bischof von Saltillo, Raul Vera Lopez, schwere Rechtsverstöße und Menschenrechtsverletzungen beim Kampf der Regierung gegen das organisierte Verbrechen beklagt. (rv)

Anti-Geldwäsche-Experten im Vatikan

Erneut haben Fachleute des Europarats für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Gespräche im Vatikan geführt. Das bestätigte Vatikansprecher Federico Lombardi an diesem Sonntag. Die Mitglieder des Expertenausschusses Moneyval kamen in der vergangenen Woche mit Sachverständigen des Heiligen Stuhl und des Vatikanstaats zusammen. Ziel sei die Erstellung eines Berichts, der im Juli von der Vollversammlung von „Moneyval" geprüft werden soll, heißt es. Der 1997 gegründete Expertenausschuss „Moneyval" überprüft Maßnahmen zur Vorbeugung von Geldwäsche in den Mitgliedsstaaten. Dem Zusammenschluss gehören gegenwärtig 28 der 47 Länder des Europarats an. Die meisten EU-Staaten, unter ihnen Deutschland, sind nicht Mitglied. Nach einer Anpassung der vatikanischen Vorschriften im Dezember 2010 hatte der Vatikan um eine Begutachtung durch den Expertenausschuss gebeten. Im November gab es erste Gespräche mit Vertretern des Staatssekretariats, der Finanzaufsichtsbehörde AIF sowie der „Vatikanbank" IOR. „Moneyval" will im Juli entscheiden, ob der Vatikan auf die Weiße Liste jener Länder kommt, die internationale Standards im Kampf gegen Geldwäsche und dubiose Finanzgeschäfte einhalten. (rv)

Lombardi: „Aufnahme in Geldwäsche-Liste ist normal“

So seltsam das zunächst auch klingt: Die Aufnahme des Heiligen Stuhls in die Liste der Staaten, die wegen des Verdachts auf Geldwäsche von der US-Regierung beobachtet werden, ist nach den Worten von Vatikansprecher Federico Lombardi eine „gute Nachricht". Der Vorgang sei keineswegs Anlass zur Besorgnis, sagte Lombardi in einem Interview mit Radio Vatikan.

„Der Bericht spiegelt vielmehr die Bemühungen des Heiligen Stuhls um eine vollständige Transparenz seiner wirtschaftlichen und finanziellen Angelegenheiten wieder. Man muss das Dokument nur richtig lesen. Dann ist es gar nicht erstaunlich, dass der Heilige Stuhl in diesem Jahr erstmals in dem Verzeichnis auftaucht."

Dies ergebe sich nämlich automatisch aus dem Beitritt des Heiligen Stuhls im Jahr 2011 als Beobachter bei „Moneyval", dem Expertenkomitee für die Bewertung von Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Zugleich weist Lombardi darauf hin, dass der Vatikan anders als etwa Frankreich, Deutschland, Italien oder Großbritannien nicht in der Kategorie jener Länder aufgelistet sei, die mit „vordringlicher Sorge" beobachtet würden.

„Allerdings hat die Bewertungskommission leider nicht berücksichtigt, dass der Heilige Stuhl im Januar einigen internationalen Abkommen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung beigetreten ist. Doch ich glaube, dass das Einreihen des Heiligen Stuhls in die Kategorie „Sorge" die angemessene Kategorie für Staaten ist, die wie der Heilige Stuhl gegenwärtig von Moneyval begutachtet werden."

Im jährlichen Strategiebericht des US-Außenministeriums zum Kampf gegen Drogenkriminalität war der Heilige Stuhl erstmals unter die in diesem Jahr insgesamt 68 Staaten aufgenommen worden, die wegen des Verdachts auf Geldwäsche beobachtet werden. Der Bericht bemängelt, dass der Heilige Stuhl sich an bestimmten internationalen Abkommen nicht oder nur unter Vorbehalt beteilige.

Vatikanbank unter Beobachtung
Im Mittelpunkt der Prüfung durch Moneyval steht die sogenannte Vatikanbank, das „Institut für die religiösen Werke" – kurz IOR. Moneyval will im Juni entscheiden, ob der Vatikan auf die Weiße Liste jener Länder kommt, die internationale Standards im Kampf gegen Geldwäsche und dubiose Finanzgeschäfte einhalten. Ende 2010 hatte Papst Benedikt XVI. eine vatikanische Finanzaufsichtsbehörde geschaffen, die über das Einhalten der entsprechenden Normen wachen soll. (rv)

Vatileaks: „Man merkt, wie wichtig die Sache ist“

„Vatileaks" – so nennt Papstsprecher Pater Federico Lombardi die Tatsache, dass in letzter Zeit immer mehr interne Dokumente aus dem Vatikan an die Öffentlichkeit gelangen und dort einerseits zu aufgeregter Berichterstattung, andererseits zu großer Verwirrung führen und den Vatikan in ein schlechtes Licht rücken. Die Verantwortung dafür liegt auf beiden Seiten. Das betont Pater Lombardi an diesem Dienstag gegenüber Radio Vatikan: bei jenen, die solche internen Informationen „auf illoyale Weise" nach außen tragen, und bei den Medien, die sie „für Zwecke benutzen, die sicher nicht die reine Liebe zur Wahrheit sind".

Lombardi nennt drei jüngere Fälle: Zum einen ging es um das Finanzgebaren am Governatorat, das viele der weltlichen Güter des Vatikans verwaltet. Der „Zweite Mann" des Governatorats, der für mehr Transparenz eingetreten sein soll, wurde vor kurzem als Nuntius auf den wichtigsten diplomatischen Posten des Heiligen Stuhles, nach Washington, berufen; einige Beobachter sahen darin aber eine Art Strafversetzung. Eine weitere vorgebliche „Aufdeckung" betraf die Vatikanbank IOR, der mangelnde Transparenz und Kooperation mit italienischen Behörden vorgeworfen wurde, obwohl Papst Benedikt vor einem Jahr strenge Richtlinien gegen Geldwäsche erlassen hatte. Der letzte Fall von „Vatileaks" schließlich handelte mit Blick auf das nächste Konklave von einem angeblichen „Mordkomplott" gegen Papst Benedikt – eine „Wahnvorstellung", wie Lombardi damals umgehend klarstellte.

Alles zusammen schafft Verwirrung, so Lombardi. Eine seriöse Berichterstattung müsste zumindest die einzelnen Fragen auseinanderhalten und die jeweilige Bedeutung ermessen. Der Vatikansprecher rät zu Gelassenheit: „Wir müssen der Versuchung widerstehen, uns in den Strudel der Verwirrung hineinziehen zu lassen, denn das ist es, was die Übelwollenden sich wünschen, und wir müssen fähig bleiben, vernünftig nachzudenken."

In gewisser Hinsicht sei das Auftreten starker Attacken „ein Zeichen dafür, dass etwas Wichtiges auf dem Spiel steht", sagt Lombardi. Die Angriffe auf die Kirche wegen der Missbrauchsskandale etwa hätten zu einem „ernsthaften Engagement für eine langfristige Erneuerung" geführt. Hier habe die Kirche inzwischen eine Strategie der Heilung, Erneuerung und Vorbeugung zum Wohl der ganzen Gesellschaft entwickelt. Gleichzeitig habe der Vatikan sich selbst den Auftrag zu großer Transparenz in wirtschaftlichen Vorgängen erteilt und neue Normen veröffentlicht. „Wenn das viele verbittert, merkt man, dass es wichtig ist", so Lombardi. „Wer denkt, er könne den Papst und seine Mitarbeiter in diesem Engagement entmutigen, täuscht sich."

Was das nächste Konklave anlangt, erinnert der Vatikansprecher daran, dass „alle Päpste" des letzten Jahrhunderts „Persönlichkeiten von höchster und unzweifelhafter moralischer Qualität" waren. Eine Sichtweise auf das Konklave in der Lesart eines „internen Machtkampfes hängt großteils von der moralischen Rohheit" des Beobachters ab, „der oft nicht dazu imstande ist, anderes zu sehen". Wer an Jesus Christus glaube, wisse glücklicherweise, dass „die echten Sorgen jener, die in der Kirche Verantwortung tragen, eher die großen Probleme der Menschheit von heute und von morgen sind." (rv)

Vatikanstaat: Vatikan im Finanzkrieg?

Der Pressesprecher des Papstes, Jesuitenpater Federico Lombardi, widerspricht der Darstellung eines italienischen Fernsehprogramms, dass es im Stadtstaat Vatikan eine Art Finanzkrieg gegeben habe. Die Lage im Governatorat der Vatikanstadt sei „bei weitem nicht so negativ, wie sie gezeichnet wurde", und die „Desinformation" könne nicht „das tägliche Arbeiten an immer größerer Transparenz bei allen vatikanischen Einrichtungen verdunkeln", so Lombardi in einem Statement an diesem Donnerstag. Dass der zweite Mann im Governatorat, Carlo Maria Viganò, zum Päpstlichen Nuntius in den USA ernannt wurde, sei „ein Beweis für seine nicht zu leugnende Wertschätzung und das Vertrauen des Papstes in ihn". Die Fernsehsendung „Gli intoccabili", zu deutsch „Die Unberührbaren", hatte Viganòs Berufung nach Washington als Ergebnis einer Intrige hingestellt. Das vatikanische Staatssekretariat behält sich nach Auskunft Lombardis rechtliche Schritte gegen die Autoren der Fernsehsendung vor. (rv)

Vatikan: Neuevangelisierung und Ökumene

Die Neuevangelisierung wird auch der Ökumene gut tun. Das sagt Vatikansprecher Federico Lombardi in seinem wöchentlichen Editorial für Radio Vatikan an diesem Samstag. Der Jesuitenpater fügte an, dass der Papst mit der Förderung der Neuevangelisierung auch die Einheit aller Christen unterstützen wolle. Das von Benedikt XVI. einberufene „Glaubensjahr" sei ebenfalls ein starkes ökumenisches Zeichen, so Lombardi weiter. (rv)

Lombardi: „In Mexiko will der Papst ganz Lateinamerika umarmen“

Ziel und Zweck der Papstreise nach Mexiko im Frühjahr wird die Feier zum 200. Jahrestag der Unabhängigkeiten der lateinamerikanischen Staaten sein. Daran erinnert Vatikansprecher Federico Lombardi in seinem wöchentlichen Editorial für Radio Vatikan an diesem Samstag. Der Besuch in Kuba scheine selbstverständlicher zu sein, so Lombardi, da der Marienwallfahrtsort in Cobre auf der Karibikinsel ein bedeutendes Jubiläum feiere.

„Der Papst hat hingegen Mexiko ausgewählt, weil es das bevölkerungsreichste Land Lateinamerikas ist. Dort möchte er mit allen Bischöfen des Kontinents das 200-Jahre-Jubiläum feiern. Im geografischen Zentrum Mexikos befindet sich seit Kurzem der „Park der 200-Jahre-Feiern" und dort befindet sich auch das nationale Pilgerzentrum Christkönig."

Gerade die Mexikaner seien im Vatikan bekannt als fröhliche und enthusiastische Pilger, die den Papst in Rom in großer Zahl besuchen. Die Beziehungen des Vatikans zu dem Land seien hervorragend, fügt Lombardi an.

„Vor 20 Jahren wurden die diplomatischen Beziehungen zwischen Mexiko und dem Heiligen Stuhl offiziell unterzeichnet. Das lateinamerikanische Land hat damit auch seine tiefe katholische Seele anerkannt. Es war für Benedikt XVI. deshalb selbstverständlich, Mexiko zu besuchen. Er wollte aber ein Ort bereisen, wo sein Vorgänger nicht hingehen konnte. Benedikt wird somit nicht dieselben Ortschaften besuchen, wie Johannes Paul II. Möge die Reise im Frühjahr für Mexiko und ganz Lateinamerika ein Impuls zur Überwindung der Armut und Gewalt sowie Förderung der Hoffnung und Friedens sein." (rv)

Lombardi: Papst besucht 2012 womöglich den Libanon

Der Jesuitenpater Lombardi sprach gegenüber dem italienischen Fernsehen von einer Möglichkeit, dass Papst Benedikt im neuen Jahr „den Nahen Osten und konkret den Libanon" besuchen wird. Das sei allerdings im Moment „mehr eine Hoffnung und noch keine Gewissheit", so der Leiter des Vatikanischen Pressesaales. Benedikt XVI. wird wohl 2012 das Schlussdokument der Sonderbischofssynode zum Nahen Osten vorstellen. Die Synode hatte im Oktober 2010 im Vatikan getagt, kurz vor dem Ausbruch des arabischen Frühlings. Eine der Fürbitten in St. Peter wurde an diesem Sonntag übrigens auch in arabischer Sprache vorgetragen. (rv)

Lombardi: „Deutschlandreise war eine Mahnung“

Letzte Tage im Jahr: Zeit, um Bilanz zu ziehen. 2011 war für den Papst „ein intensives Jahr", meint im Gespräch mit Radio Vatikan der Sprecher von Benedikt XVI., Jesuitenpater Federico Lombardi. Und er hat damit besonders die Papstreise nach Deutschland von Ende September im Auge.

„In Deutschland wurde besonders die Sorge des Papstes deutlich, von Gott zu sprechen und vom Primat Gottes in der Gesellschaft, auch in einem Kontext der Säkularisierung. Es war eine ausgesprochen intensive und wichtige Reise, die schon mit Spannung erwartet worden war. Ich glaube, die Rede des Papstes im Deutschen Bundestag in Berlin wird zu den großen Reden dieses Pontifikats gezählt werden. Er machte darin einem sehr breiten Zuhörerkreis klar, wie wichtig der Gottesbezug für das menschliche Zusammenleben ist, für die fundamentalen Werte der Gesellschaft und für die Menschenwürde. Dieses Thema, Gottes Vorrang, hat die Reise nach Deutschland ein bisschen dominiert, wenn auch im Kontext der Säkularisierung."

Eine zweite Auslandsreise des Papstes, die aus der Sicht von Pater Lombardi besonders wichtig war: Spanien. Da hatte Benedikt Mitte August am kirchlichen Weltjugendtag teilgenommen, der mehr als eine Million von Jugendlichen in der Hauptstadt Madrid versammelte.

„Das war eine große Erfahrung von der Lebendigkeit des Glaubens, von seiner Zukunftskraft. Der Papst hat vor kurzem in seiner Ansprache an die römische Kurie deutlich gemacht, wie wichtig ihm diese Erfahrung war. Und er hat gezeigt, dass er von diesem Weltjugendtag ausgehen will, um über die Art und Weise einer Neuevangelisierung der Welt nachzudenken. Es geht um eine neue und lebenskräftige Art, das Christsein zu leben. Zum Vergleich: Die Deutschlandreise war eher eine Mahnung, die grundlegenden Werte zu bewahren in einer Zeit und einer Welt, die sich weiter säkularisiert. Der Weltjugendtag und Spanien hingegen haben die positive Seite der verkündenden und lebendigen Anwesenheit gezeigt, die die Kirche in der Welt von heute hat."

Afrikareise: „Möglichkeiten einer einheimischen Kirche"

Im Gespräch mit uns ging Federico Lombardi SJ auch auf die Papstreise nach Benin von diesem Herbst ein. Es war schon die zweite Afrikatour dieses Papstes; Benedikt stellte auf ihr ein Grundlagendokument zur Kirche in Afrika vor. Das Dokument ist Frucht einer vatikanischen Bischofssynode; Lombardi nennt es „sehr schön, klar und einfach":

„Mehrere Kommentatoren – darunter auch nicht-katholische – haben es einen der schönsten Texte genannt, die es heute für den afrikanischen Kontinent gibt: Er stellt seine Probleme in einen breiten Horizont und zeigt Motive für eine realistische Hoffnung für die Zukunft, wobei die Würde der Afrikaner anerkannt wird. Das war ja auch das Klima, in dem die Reise stattfand; der Papst war sehr bewegt von der Freude und Vitalität des Volkes, das ihn empfangen hat. Eines Volkes, das Probleme durchmacht, große Leiden und Schwierigkeiten, das aber auch eine Fähigkeit zeigt, nach vorne zu schauen und Lebensfreude zu versprühen. Die Reise hat die Möglichkeiten einer in Afrika einheimischen Kirche gezeigt: einer Kirche, die nicht von Europa aus zu Afrika spricht, sondern von Afrika selbst aus. Das macht Hoffnung für die Zukunft der Kirche in Afrika, für den Dienst, den sie auf dem Kontinent leistet."

Assisi: „Ein Schritt nach vorn, nicht zurück"

Ein herausragender Moment des Papstjahres 2011 war auch eine Reise, die den Heiligen Vater nur knappe zweihundert Kilometer von Rom entfernt nach Umbrien führte: in das Bergstädtchen Assisi. Dort traf er sich mit Religions- und Kirchenführern, aber auch mit Atheisten zu einer Pilgerfahrt für den Frieden auf der Welt.

„An diese Begegnung von Assisi knüpften sich schon vorher viele Erwartungen. Wir wissen ja, dass es lange Zeit Zweifel gab, ob Papst Benedikt XVI. die Assisi-Botschaften seines Vorgängers aufgreifen würde oder ob er da nicht einen Schritt zurückgehen würde… In Wirklichkeit war das dann ja auch keine einfache Kopie der früheren Assisi-Gebetstreffen, sondern ein weiterer Schritt nach vorn, das Öffnen auf einen neuen Horizont hin. Der Papst hat – ganz auf seiner Linie, zu den grundlegenden Punkten zurückzukehren – das Thema der Wahrheitssuche als gemeinsamen Nenner vorgegeben, und dadurch konnte er eben ehrliche Sucher der Wahrheit nach Assisi einladen, auch wenn sie an keinen Gott glauben."

Ein „sehr wichtiges Element", findet Pater Lombardi: Dadurch sei einerseits spürbar geworden, „welche Gemeinschaft es schon gibt zwischen denen, die sich auf einen personalen Gott beziehen". Andererseits aber habe es „auch denen das Kommen leicht gemacht, die ehrlich die Wahrheit suchen".

„Das war eine außerordentlich schöne Botschaft – eine Fortschreibung auch des Themas Vorhof der Völker, das der Papst zuvor lanciert hatte und das jetzt mit Engagement auch in der Kirche vorangetragen wird. Wenn wir hier einmal nicht nur auf die Termine des Papstes schauen, sondern auch auf die kirchlichen allgemein, dann sehen wir, dass das Thema des Vorhofs der Völker mitsamt seinen Events einer der wichtigen Momente im Leben der Kirche 2011 war. In diesen Zusammenhang gehören natürlich auch wichtige ökumenische und interreligiöse Begegnungen des Papstes in diesem Jahr: mit den Lutheranern in Deutschland, wo es um den Vorrang Gottes ging; oder mit den Behörden in Benin, wo der Papst das Thema interreligiöser Dialog sehr tiefgehend und direkt angesprochen hat."

„Viele glauben an eine Heiligsprechung Johannes Pauls II."

Vieles aus dem Jahr 2011 weist schon ins kommende Jahr voraus, so Pater Lombardi: Er meint vor allem das vom Papst für nächsten Herbst angesetzte Jahr des Glaubens. Oder die ebenfalls im Herbst stattfindende Bischofssynode zum Thema Neuevangelisierung. Oder die Messe, die Benedikt XVI. zu Monatsbeginn für Lateinamerika gefeiert hat: Vorgriff auf seine zweite große Lateinamerika-Reise, die ihn im Frühjahr nach Mexiko und Kuba führen wird.

Zur Bilanz 2011 gehört ansonsten auch der 1. Mai des Jahres: Da sprach Benedikt seinen Vorgänger Johannes Paul II. selig, eine Premiere in der neueren Kirchengeschichte.

„Johannes Paul II. erweist sich wirklich als lebendig und präsent auf dem Weg der Kirche. Das fühlen und erleben viele, viele Gläubige spontan, und sie kommen ihn dann auch symbolisch besuchen an seinem Grab in Sankt Peter… das ist eine Sache, die weitergeht. Die Seligsprechung Johannes Pauls war kein Endpunkt, sondern gewissermaßen nur eine Etappe auf einem Weg: Viele schauen schon nach vorne auf die Heiligsprechung, von der sie natürlich glauben, dass es dazu kommen wird!"

„Wir warten auf den dritten Band des Jesus-Buchs"

Benedikt XVI. habe sich im ablaufenden Jahr erneut „als nicht nur theologischer, sondern auch spiritueller Lehrer" erwiesen, urteilt Vatikansprecher Lombardi.

„Er hat auch einen weiteren Schritt nach vorn gemacht in diesem großen Werk über Jesus, das er uns hinterlassen will und das ein wenig das Testament seiner Liebe zu Christus ist, seiner persönlichen Suche nach dem Antlitz Jesu. Das Buch, das dieses Jahr von Benedikt XVI. erschien, beschäftigt sich mit Jesu Leiden und Auferstehung – offensichtlich der zentrale Band des großen Werks. Wir warten jetzt noch auf den dritten, den über die Kindheit Jesu, als Ergänzung dieser tiefgehenden Jesus-Darstellung für uns heute."

Alles in allem – ein wichtiges Pontifikats-Jahr, dieses 2011. Und eines in einem etwas ruhigeren Fahrwasser.

„Frühere Jahre waren schon etwas durchschüttelt von Krisen- oder Spannungsphänomenen. Dieses Jahr hingegen war sehr schön und positiv – mit großen Botschaften, die uns nach vorne schauen lassen." (rv)

Pater Lombardi: Gemeinsame Zukunft mit Migranten

Zusammen mit den Migranten und Flüchtlingen muss eine gemeinsame Zukunft aufgebaut werden. Das hat Vatikansprecher Pater Federico Lombardi in seinem wöchentlichen Editorial für Radio Vatikan an diesem Samstag betont. Besonders die Wirtschaftskrise habe die Probleme der Flüchtlinge verschärft, so Lombardi:

„Laut der Vorhersagen werden in diesem Jahrhundert weitere 200 Millionen Menschen in der gesamten Welt als Flüchtlinge ihr Land verlassen. Die Wirtschaftskrise verringert nicht, sondern verschärft unter gewissen Gesichtspunkten die Probleme der Migration. Und so fließen die Ströme der Männer und Frauen, die ihr Land wegen Armut, Naturkatastrophen oder Unterdrückung über das Mittelmeer, das Rote Meer, die Sinai-Wüste oder die Grenze zwischen Mexiko und den USA auch unter Lebensbedrohung verlassen, ständig weiter."

Weiter ging Pater Lombardi auf den Beitritt des Heiligen Stuhls zur Internationalen Migrantenorganisation ein. Schon Pius XII. und Paul VI. hatten sich mit der Frage beschäftigt, gibt er an. Mit dem Beitritt intensivere der Heilige Stuhl sein bisheriges Engagement und seine Beteiligung an der Völkergemeinschaft, so der Jesuit:

„Der Heilige Stuhl trägt die Verteidigung der Menschenrechte mit, und zwar auf der Grundlage der festen Überzeugung der Würde jedes Menschen. Und er tritt zugleich auch für das Wirken der vielen katholischen Organisationen ein, die sich in diesem Bereich auf jedem Kontinent betätigen. Sie geben den Worten und Vorschlägen des Heiligen Stuhls Inhalt und Glaubwürdigkeit."

Laut Pater Lombardi sollten Migranten und Flüchtlinge nicht als Gefahr, sondern als Vorreiter und Brückenbauer einer besseren Zukunft wahrgenommen werden:

„Indem wir ihnen die Möglichkeit geben, zu leben und zu wachsen, müssen wir mit ihnen zusammen eine gemeinsame Zukunft aufbauen." (rv)