D: Bischöfe planen Dialog-Offensive

Die Deutsche Bischofskonferenz plant angesichts der Missbrauchsskandale eine Dialoginitiative, „die sowohl sich selbst als auch die Bistümer und die Gemeinden einbezieht". Das sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz am Freitag in Fulda nach Abschluß der Herbst-Vollversammlung. Die Bischöfe wollten „das selbstkritische Gespräch in der Bischofskonferenz vermehrt pflegen", so Erzbischof Robert Zollitsch wörtlich. Erstmals hatten die Bischöfe bei ihrer Vollversammlung einen Reflexions-Tag eingelegt – dabei ging es um Lehren aus den Missbrauchs-Skandalen.
„Wir stimmten überein in der Einschätzung, dass die Aufdeckung von Fällen sexuellen Missbrauchs eine Erschütterung bewirkt hat, in deren Folge aber noch tiefere Verwerfungen zutage traten, die schon längere Zeit bestanden. So war die Frage des priesterlichen Lebens und des persönlichen geistlichen und sakramentalen Lebens unserer Geistlichen schon längere Zeit drängend."
Ein anderes Thema sei das „Spannungsfeld zwischen einerseits Macht und andererseits Bescheidenheit oder auch Demut" gewesen, so Erzbischof Zollitsch. Die Bischöfe suchten nach Wegen, um „die kirchliche Botschaft kommunikativ nach innen und in die Gesellschaft zu vermitteln" und „sprach- sowie auskunftsfähig zu bleiben".
„Dazu gehören auch Wege, den Dialog über sperrige Themen etwa aus den Bereichen der Sexualität, der Zölibatsverpflichtung oder des Sakramentenempfangs wiederverheirateter Geschiedener zu führen."
Am Ende des Reflektionstags einigten sich die deutschen Bischöfe, wie Erzbischof Zollitsch bekanntgab, darauf, in die Offensive zu gehen:
„Die Bischofskonferenz ergreift eine Dialoginitiative, die sowohl sich selbst als auch die Bistümer und die Gemeinden einbezieht. Die Bischöfe werden – auf der Grundlage der guten Erfahrungen des Reflektionstages – das selbstkritische Gespräch in der Bischofskonferenz vermehrt pflegen. Ein weiterer Teil diese Initiative ist ein strukturierter Dialog auf der Ebene der Bistümer über das Bezeugen, Weitergeben und praktische Bekräftigen des Glaubens. Schließlich gehört die praktische Erschließung von Brennpunkten der Gegenwartsgesellschaft zur dialogischen Initiative."
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken sei in diesem Zusammenhang „ein von vielen Bischöfen geschätzter Kooperationspartner", so Zollitsch ausdrücklich. Die Bischöfe wollten auch noch in diesem Jahr einen gemeinsamen Brief an die Gemeinden schreiben.
„Überhaupt wollen die deutschen Bischöfe künftig stärker als bislang öffentlich wirksame Gesten und Symbole der Ausrichtung auf Gott nutzen, um den Gegebenheiten der Mediengesellschaft besser zu entsprechen."
Den Rufen nach einer Neuauflage der Würzburger Synode der katholischen Kirche erteilte Erzbischof Zollitsch allerdings auf die Nachfrage von Journalisten eine klare Absage:
„Ich darf vielleicht sagen, dass gerade Kardinal Lehmann, der bei der damaligen deutschen Synode als Theologieprofessor bei der Vorbereitung sehr intensiv mit dabei war, mich darauf hingewiesen hat, welch großen Aufwand eine Synode bedeuten würde – und dass auch das Ergebnis etwas lange auf sich warten lassen würde. Deswegen haben wir gesagt: Wir wollen einen offeneren Prozess, einen Gesprächsprozess – um dann zu schauen, in welcher Weise wir dann das Ganze zusammenführen. Jedenfalls ist im Augenblick keine Synode konkret im Blick…"
Zollitsch lobte den Ökumenischen Kirchentag von München und warnte ziemlich deutlich vor einer Neuübersetzung des Messbuchs: Die Bischöfe seien „der Auffassung, dass das bisherige Deutsche Messbuch (2. Auflage) weithin den Anforderungen einer textgetreuen Übersetzung entspricht"; seine religiöse Sprache habe sich „in der liturgischen Praxis der letzten Jahrzehnte bewährt". Dieser „hohe Wert" dürfe „durch eine grundständig neue Übersetzung nicht gefährdet werden".
Zum Sparpaket der Bundesregierung meinte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der nächsten Montag zu Gesprächen mit der CDU nach Berlin reisen will, das Paket weise „grundsätzlich in die richtige Richtung".
„Endlich wird auf breiter politischer Ebene über eine Eingrenzung der Staatsverschuldung diskutiert, deren Notwendigkeit seit längerer Zeit offen liegt. Die Bundesregierung vollzieht damit einen Paradigmenwechsel und kommt nach den bisherigen Diskussionen über Steuersenkungen endlich in der Realität an. Eine grundsätzliche Ablehnung der Sparvorschläge ist völlig unverantwortlich."
Aus sozialethischer Sicht seien jedoch einzelne Vorhaben kritisch zu bewerten, etwa die Streichung des Elterngeldes für Hartz IV-Empfänger oder die Streichung des Beitrags zur Rentenversicherung für Hartz IV-Empfänger.
„Angesichts dieser Kritikpunkte ist die soziale Ausgewogenheit der Sparvorschläge in Frage zu stellen. Insgesamt kann zwar nicht von einem sozialen Kahlschlag gesprochen werden, dennoch wäre es sinnvoll und wünschenswert, auch im Bereich der höheren Einkommen nach einer Beteiligung an der Schuldeneingrenzung zu suchen." (rv)

Neue Leitlinien zu Missbrauch: Eine Zusammenfassung

Die Deutsche Bischofskonferenz hat an diesem Dienstag in Trier die neuen Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche vorgestellt. DBK-Missbrauchsbeauftragter Bischof Stephan Ackermann stellte die Regelungen in Trier der Presse vor. Die Leitlinien treten an diesem Mittwoch, dem 1. September 2010, in Kraft.
Die Neuerungen wurden von den Bischöfen als „Fortschreibung" der Leitlinien von 2002 ausgewiesen. Sie zielen auf eine abgestimmtere Vorgehensweise und klären genauer Zuständigkeiten im Falle sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen durch Geistliche und kirchliche Mitarbeiter. Dabei wird auch katholischen Rechtsträgern, die nicht in diözesaner Zuständigkeit stehen – also vor allem Ordensgemeinschaften – empfohlen, die Leitlinien zu übernehmen.
Zuständiger für Verdachtsfälle und Meldepflicht
Erste große Neuerung ist die Vorschrift einer Ernennung eines oder mehrerer Zuständiger für Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch, die nicht der Bistumsleitung angehören. Diese Zuständigen nehmen Hinweise auf Missbrauchsfälle entgegen und machen eine erste Bewertung. Weiterhin informieren sie den zuständigen Diözesanbischof bzw. bei Ordensangehörigen den Ordensoberen. Zusätzlich dazu soll vom jeweiligen Diözesanbischof, dessen Verantwortung insgesamt unberührt bliebt, ein ständiger Beraterstab eingerichtet werden. Diesem Stab sollen Fachleute aus dem Bereich der Pychiatrie, Pychotherapie und Juristen angehören. Anders als im Fall des Missbrauchszuständigen können dieser Gruppe auch Kirchenvertreter angehören.
Eine zweite große Neuerung betrifft die aktive Prävention: Mitarbeiter im kirchlichen Dienst sind verpflichtet, dem Beauftragten Hinweise auf mögliche Missbrauchsfälle unverzüglich zu melden.
Meldung bei Staatsanwaltschaft und dem Heiligen Stuhl
Erhärtet sich nach Gesprächen mit dem mutmaßlichen Opfer und Täter der Missbrauchsverdacht, werden die Informationen an die staatliche Strafverfolgungsbehörde bzw. andere zuständige Behörden weitergegeben. Rechtliche Verpflichtungen anderer kirchlicher Organe bleiben unberührt. Die Meldepflicht bei der Staatsanwaltschaft entfällt nur, wenn dies das Opfer ausdrücklich wünscht.
Parallel dazu wird ein kirchenrechtliches Verfahren eingeleitet; bei bestätigtem Missbrauchsverdacht informiert der Diözesanbischof den Apostolischen Stuhl, der über das weitere Vorgehen entscheidet. Der Diözesanbischof kann den mutmaßlichen Täter bis dahin vom Dienst frei stellen und leitet andere Maßnahmen ein, um weitere Missbrauchsfälle zu verhindern.
Opferhilfen und Konsequenzen für den Täter
In dem Papier ist von seelsorglichen und therapeutischen Opferhilfen, allerdings nicht von finanziellen Entschädigungen die Rede, diese sollen laut Bischof Ackermann weiterhin Gegenstand des Runden Tisches sein. Angebot und Vermittlung der Hilfen erfolgen in enger Mitarbeit mit dem zuständigen Jugendamt oder anderen Fachstellen. Erwiesene Missbrauchstäter sollen nicht mehr in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in der kirchlichen Arbeit eingesetzt werden. Das gilt auch, so eine weitere Neuerung, für alle ehrenamtlich tätigen Personen im Bereich der Kirche.
Es wird in dieser Neufassung also zuerst der Anwendungsbereich der Leitlinien ausgeweitet: Alle Mitarbeiter im kirchlichen Dienst, nicht nur Priester, sind von ihnen erfasst. Die Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden wurde präzisiert, ebenfalls die strukturelle Zuordnung der Ansprechpersonen in den Bistümern. (rv)

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D: Keine Rede von „Durchregieren“ der Bischöfe

Eine „handstreichartige Übernahme" der katholischen Journalistenschule ifp in München durch die deutschen Bischöfe befürchtet der Deutsche Journalistenverband laut seinem Sprecher Hendrik Zörner. Am vergangenen Freitag ist der geistliche Rektor des ifp, Pfarrer Michael Broch, von seinem Amt zurück getreten. Er zog damit die Konsequenzen aus seinen kritischen Äußerungen zu Papst Benedikt und den deutschen Bischöfen. Seitdem wird die Befürchtung laut, kritischer Journalismus sei in der Kirche nicht erwünscht. Elvira Steppacher ist journalistische Direktorin des ifp. Ihr haben wir die Frage gestellt, ob es sich wirklich um eine „handstreichartige Übernahme" handelt.
 „Ich halte diese Aussage für zugespitzt, obwohl ich die Lage sehr ernst einschätze. Man muss klar unterscheiden zwischen zwei Dingen: zum einen dem, was der geistliche Direktor durch eine wirkliche Ungeschicklichkeit an Folgen aushält – daraus hat er ja auch für sich Konsequenzen gezogen. Ich bedaure das und wünschte mir, dass es für ihn einen Weg zurück geben könnte. Das andere ist, dass der Vertrauensentzug genau auf diese Profilierungsfunktion zielt, die dem geistlichen Direktor zugebilligt wurde. Diese Funktion hat eine Erschütterung erfahren. Daraus aber abzuleiten, dass die Bischöfe hier nun unmittelbar durchregieren würden, halte ich für völlig an der Realität vorbei. Ich habe in meinen acht Jahren hier noch nicht einmal erlebt, dass ein Bischof sich zu einem Kurrikulum geäußert hätte."
Das ifp sei bestürzt, so Steppacher, auch wenn die Ausbildung der Nachwuchsjournalisten weitergehe. Die Schule lege großen Wert auf die Einbindung des geistlichen Direktors in die Ausbildung. Man sei zwar eine Ausbildungsstätte für Journalisten,
„gleichzeitig aber – und das ist das Proprium des ifp – kann man das nicht trennen von dem besonderen katholischen Geist, der hier herrscht. Der geistliche Direktors ist deshalb eigens eingeführt worden, nicht nur um Seelsorger für Mitarbeiter und Auszubildende zu sein, sondern er sollte darüber hinaus deutlich die Vermittlung des katholischen Profils in die kirchliche und säkulare Öffentlichkeitsarbeit leisten."
Das ifp wurde 1968 von der Deutschen Bischofskonferenz gegründet, es ist – wenn man so will – die katholische Journalistenschule. Dort wird Nachwuchs für alle Medienbereiche ausgebildet, nicht nur für konfessionelle Medien.
„Zunächst steht das ifp für eine handwerklich solide Ausbildung. Weiters ist es eine Besonderheit des ifp, dass wir in erster Linie katholische Studierende ausbilden beziehungsweise Volontäre, die in der konfessionellen Presse arbeiten. Insofern ist es eine Versammlung von Christen, die sich hier treffen. Und das hat Einfluss auf die Arbeit. Nicht zuletzt deswegen, weil der Journalismus als Beruf für Christen auch eine Berufungsdimension hat. Das merkt man auch in der Art und Weise, wie Leute, auch Anfänger, ihre Arbeit hier ausüben, wie sie sich einlassen auf die Themen, die ihnen wichtig sind." (rv)

D: Erzbischof Zollitsch würdigt Zentralrat der Juden

Die deutschen Bischöfe haben den Zentralrat der Juden zu seinem 60. Gründungstag als „unverzichtbare Institution“ innerhalb der Gesellschaft gewürdigt. Er schätze den Zentralrat „als Partner des Dialogs und der öffentlichen Mahnung“, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, in einem am Montag in Bonn veröffentlichten Brief an Zentralrats-Präsidentin Charlotte Knobloch. Er sei dankbar, dass die Beziehungen zwischen Bischofskonferenz und Zentralrat so gut seien, schreibt Zollitsch. Zugleich erteilte Zollitsch jeder Form von Judenfeindlichkeit eine klare Absage.
 Der am 19. Juli 1950 gegründete Zentralrat der Juden in Deutschland ist die Spitzenorganisation der jüdischen Gemeinden in der Bundesrepublik. Er vertritt heute nach eigenen Angaben etwa 105.000 Mitglieder in 108 Gemeinden. (rv)

D: Zollitsch würdigt Kasper

Papst Benedikt XVI. hat an diesem Donnerstag das altersbedingte Rücktrittsgesuch von Kurienkardinal Walter Kasper angenommen. Neun Jahre war Kardinal Kasper Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen. Anlässlich des Rücktritts würdigt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, Kardinal Kasper mit einer langen Erklärung. (rv)

Hier finden Sie den vollen Wortlaut des Textes.

„Für Walter Kardinal Kasper ist der Begriff Dialog weder eine leere Worthülse noch eine realitätsferne Utopie. Dialog ist bei ihm lebendige Wirklichkeit. Wie kaum ein anderer hat sich Kardinal Kasper in den vergangenen Jahren um den Dialog der Kirche in der Ökumene und mit den Juden verdient gemacht. Ja, Walter Kardinal Kasper ist Garant eines gelebten Dialogs.
Wer Kardinal Kasper kennt, weiß, dass es ihm aus seinem Glauben heraus ganz zentral um die Menschen geht. Der große Gelehrte der Katholischen Theologie hatte gerade in seiner Zeit als Universitätsprofessor stets den Anspruch, die ganze Glaubenswahrheit den Studierenden verständlich zu vermitteln. Seine eindringliche und einfühlsame Sprache, sein stetes Suchen nach einer Antwort auf aktuelle theologische Fragen, sein Mut, komplexe Zusammenhänge der Theologie Stück für Stück nachvollziehbar aufzuschlüsseln, zeichnen Kardinal Kasper aus. Als er 1989 Nachfolger von Bischof Georg Moser im Bistum Rottenburg-Stuttgart wurde, erlebte die Diözese einen sehr weltverbundenen Professor auf dem Bischofsstuhl. Das hat viele Menschen beeindruckt, den Walter Kasper ist immer sich selbst treu geblieben, ganz nach seinem Wahlspruch: „Wahrheit in Nächstenliebe" (Veritatem in caritate).
Das theologische Wirken und umsichtige Handeln in seiner Diözese Rottenburg-Stuttgart war selbstverständlich auch dem Heiligen Stuhl nicht verborgen geblieben. So war es verständlich, dass Papst Johannes Paul II. gerade Walter Kasper zu sich rief, um ihm dort 1999 die wichtige Aufgabe des Sekretärs des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen zu übertragen. Mit Walter Kasper kam ein Dogmatiker aus dem Stammland der Reformation in den Vatikan, der seine vielfältigen Erfahrungen – auch auf dem Gebiet der Ökumene in Deutschland – in die Arbeit der Universalkirche einfließen lassen konnte. Nur zwei Jahre nach seiner Ernennung übertrug der Papst Walter Kasper die Leitung des Päpstlichen Rates und zeichnete ihn mit der Kardinalswürde aus. Papst Benedikt XVI. hat Kardinal Kasper schon wenige Tage nach seiner Wahl im Amt bestätigt.
Mit Kardinal Kasper hat die Ökumene der Weltkirche über viele Jahre ein geschätztes Gesicht erhalten. Es war eindrucksvoll, wenn er von den nicht an zwei Händen abzuzählenden aktuellen Dialogen des Heiligen Stuhls mit anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften berichtete. So wie er sich bei diesen Gemeinschaften als Bruder unter Brüdern aufgehoben fühlte, so war er in der Welt unterwegs. Kardinal Kasper hat in den Jahren seines römischen Wirkens mehrfach die Welt umrundet, im Dienste der Ökumene. Seine Gesprächspartner würdigen ihn als eine Person, der eine „Ökumene des Herzens" ausstrahle. Ich möchte hinzufügen: Das ökumenische Gespräch, die Versöhnung zwischen den Konfessionen ist Walter Kaspers Herzensanliegen. Gerade für Papst Johannes Paul II. hat er viele Wege bereitet, die Papst Benedikt XVI. in Kontinuität übernommen hat. Dabei denke ich vor allem an seine äußerst erfolgreichen Annnäherungen an die griechisch-orthodoxe Kirche, an die Patriarchate der Armenier in Etchmiadzin und Sis und nicht zuletzt an seinen vorsichtigen, mutigen und von tiefer Überzeugung der notwendigen Aussöhnung getragenen Dialog mit der russisch-orthodoxen Kirche von Moskau. Bei aller Internationalität hielt Walter Kasper immer die Erinnerung an die Reformation wach. Bei der Evangelischen Kirche in Deutschland war und ist er ein gern gesehener Gesprächspartner dem gegenüber man den Mut hat, ihm Sorgen anzuvertrauen.
Der Name Walter Kasper ist aber auch unverbrüchlich mit der Aussöhnung mit dem Judentum verbunden. Die Beziehungen zum Judentum sind im Vatikan dem Päpstlichen Rat für die Einheit der Christen zugeordnet. Kardinal Kasper hat das Wort geprägt, dass es im Aussöhnungsprozess, den die katholische Kirche mit dem Judentum durch das Zweite Vatikanische Konzil angestoßen hat, keine Wende von der Wende geben dürfe. Die katholische Kirche ist – und daran hat Walter Kasper in seinen römischen Jahren unermüdlich und äußerst verdienstvoll, ja selbstlos gearbeitet – unwiderruflich zum Dialog mit dem Judentum verpflichtet. So wurde Kardinal Kasper für den Vatikan der wichtigste Vermittler auf diesem manchmal nicht einfachen Weg. Rabbinerkonferenzen weltweit, Jüdische Gesellschaften und Stiftungen und vor allem das Oberrabbinat von Jerusalem sehen in Kardinal Kasper die lebendige Brücke in den Vatikan. Das Wirken von Kardinal Kasper kann man nur so zusammenfassen: Er war und ist Brückenbauer im besten Sinne des Wortes. Dialog ist für Walter Kasper zur Lebensaufgabe geworden.
Die Kirche in Deutschland und die Weltkirche sind Walter Kardinal Kasper zu tiefem Dank und hohem Respekt für seine Arbeit verpflichtet. Mit seinem heutigen Rücktritt hinterlässt er eine Lücke und ein Erbe. Dieses Erbe ist der Mutterboden für die weiteren theologischen Dialoggespräche in der Ökumene und mit dem Judentum. Ich wünsche mir sehr, dass dieser Boden weiter gut bestellt wird. Wahrheit in Nächstenliebe hat Walter Kasper tatsächlich und in tiefster Überzeugung gelebt."
(dbk)

D: Mixa spekuliert über Rückkehr nach Augsburg

Es will nicht ruhig werden um den zurückgetretenen Augsburger Bischof Walter Mixa. Nachdem er am 22. April Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt angeboten hatte, den der Papst am 8. Mai angenommen hat, will Mixa nun den Vorgang wieder rückgängig machen.
Es war ein Interview in der Online-Version der Zeitung ‚Die Welt’, in der Bischof emeritus Walter Mixa seine Sicht der Dinge klarzustellen versucht. Er sei in Wirklichkeit Opfer einer Intrige, nicht Täter, heißt es in dem Interview. An Prügeleien könne er sich „beim besten Willen“ nicht erinnern, außerdem seien sie üblich und bis 1980 auch rechtens gewesen. Und dann wiederholt er den Vorwurf, deutsche Bischöfe seien mit falschen Vorwürfen, nämlich mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs, nach Rom gefahren, um Druck auf ihn aufzubauen und ihn zum Rücktritt zu zwingen.
Dazu erklärt der Diözesanadministrator des Bistums Augsburg, Weihbischof Josef Grünwald, an diesem Mittwoch: „Der an die Staatsanwaltschaft gegebene Anfangsverdacht war zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Rücktrittserklärung durch Bischof em. Dr. Walter Mixa der Diözese Augsburg noch nicht bekannt.“
In dem Interview erhebt Mixa ebenfalls gegen seinen ehemaligen Generalvikar Karlheinz Knebel und gegen Weihbischof Anton Losinger den Vorwurf, an einer Intrige gegen ihn beteiligt gewesen zu sein, indem sie Vorwürfe an die Öffentlichkeit gegeben hätten. Auch hierzu stellt Diözesanadministrator Grünwald fest: „Die Diözese Augsburg dementiert ausdrücklich, dass sie den Missbrauchsvorwurf an die Öffentlichkeit gegeben hat.“
Mixa sieht sich als Opfer, denn er sei Vertreter einer ‚kultiviert-konservativen’ Richtung im Bistum, die nicht allen gefallen habe. Ferner spekuliert Mixa im Interview, das Kirchenrecht könne ihm zu Hilfe kommen: Canon 125 sehe vor, dass unter Druck vorgenommene Handlungen als nicht geschehen gelten könnten. So könne er – über den päpstlichen Gerichtshof – vielleicht wieder als Bischof zurück nach Augsburg, er würde dies „erwägen und bedenken“. Er kündigte an, im Juli selbst mit Papst Benedikt XVI. darüber sprechen zu wollen, schließlich habe er drei Tage nach der Unterschrift den Rücktritt selber wieder zurückgenommen.
Vatikansprecher Pater Federico Lombardi bestätigt gegenüber Radio Vatikan, dass der Papst Bischof Mixa in den nächsten Wochen in Audienz empfangen werde. Es sei aber „nicht anzunehmen, dass die Entscheidung des Papstes noch einmal geändert werde“, so Lombardi weiter.
Die bayerische Bischofskonferenz unter Erzbischof Reinhard Marx weist die Vorwürfe ebenfalls scharf zurück. Sprecher Bernhard Kellner fasst die Stellungnahme im Münchner Kirchenradio folgendermaßen zusammen:
„Es ist alles rechtmäßig gelaufen, darüber hinaus gibt es nichts zu sagen. Nicht zuletzt zum Schutz von Bischof emeritus Mixa sehen wir davon ab, Einzelheiten öffentlich auszubreiten. Wir wünschen Bischof emeritus Mixa weiterhin gute Genesung, sein Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik war ein wichtiger erster Schritt.“ (rv)

Zum Artikel  >>>Die Welt<<<

ÖKT: Ackermann kritisiert Missbrauchsdiskussion

Mit engagierter Beteiligung des Publikums wurde beim 2. Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) in München über die Ursachen und Folgen von Missbrauch diskutiert. Bischof Stephan Ackermann zeigte sich „sehr erschrocken“ über den verengten Blick der auf dem ÖKT geführten Missbrauchdiskussion. Seiner Meinung nach seien die Debatten zum Thema zu sehr auf die Kritik an der Institution Kirche konzentriert. Die Opfer gingen stattdessen aus dem Blick verloren, so Ackermann.
Die deutschen Bischöfe wollen die Opferarbeit stärker bedenken. Die Oberhirten arbeiten mit Hochdruck an neuen Leitlinien, die bis zur Herbstvollversammlung überarbeitet werden sollen. Das kündigte Ackermann an.
„Und insofern werden wir bei den Leitlinien – und das kann man bereits jetzt sagen – auch stärker empfehlen, dass die Beauftragten in den Bistümern die Zugänge zu ihnen erleichtern. Frauen tun sich vielleicht selbst schon schwer bei einem männlichen Gesprächspartner. Das sehen wir beispielsweise bei der Hotline. Es muss auch jemand sein, der nicht amtlich mit der Kirche verbunden ist.“
Die Podiumsdiskussion am Freitagvormittag war aufgrund des großen Andrangs trotz der größten Messehalle, die man gewählt hatte schon eine Stunde vor Beginn überfüllt. Es wurde kritisiert, dass kein Opfer offiziell vertreten wurde.
„Den Vorwurf gab es bereits beim Runden Tisch. Hier bei der Podiumsdiskussion ist das Präsidium des Ökumenischen Kirchentages zuständig. Ich will nochmals betonen, dass wir beim Runden Tisch Experten eingeladen. Das sind Leute, die jahrzehntelang mit Opfern arbeiten. Sie bringen die Perspektive der Opfer ein. Daher ist so, auch wenn die Opfer nicht am Tisch sitzen, sie doch dabei sind.
Das Thema sexueller Missbrauch führte zu sehr emotional geladenen Statements. Zwischenrufe störten immer wieder die Redner.
„[Zwischenrufe: Es stimmt nicht, das ist eine Lüge!] Das schwierige ist, wie wir die Opfer gut an den Tisch bekommen. Es gibt jene, die lautstark artikulieren und möglicherweise auch zu Lasten anderer. Da ist es in der Tat schwierig, ein gutes Mittel zu finden. Ich selber habe angekündigt, dass ich mich mit Opfern aus meinem Bistum Trier treffen werde. Ich bin deshalb im Gespräch mit Psychologen, die mit Opfern arbeiten. Sie sagen mir, dass ein solches Treffen sehr sorgfältig geplant sein soll. Es kann ja nicht sein, dass sich Opfern gegenseitig versuchen zu übertrumpfen.“ (rv)

Deutschland: Zollitsch stärkt Priestern den Rücken

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, ruft angesichts des Missbrauchsskandals Priester und Gläubige dazu auf, ihr Leben immer wieder neu an der Botschaft Jesu auszurichten. Bei einer Priesterweihe in Freiburg bedauerte der Erzbischof, dass „gerade im Jahr des Priesters die schrecklichen Verfehlungen sichtbar wurden, die auch in der Kirche und von Priestern verübt wurden“. Dies mache deutlich: „Es gibt für uns alle mit der Weihe keinen Automatismus, der von alleine alles in die rechten Bahnen lenkt. Wir haben uns stets neu auszurichten am Evangelium Jesu Christi…“ Auch Zollitschs Vorgänger im Amt des Bischofskonferenz-Vorsitzenden, Kardinal Karl Lehmann von Mainz, sprach am Wochenende von einem Ansehensverlust, unter dem die katholische Kirche in Deutschland zu leiden habe. Zugleich bedauerte Lehman im „heute journal“, dass die Diskussion über den Zölibat im Zusammenhang mit der Missbrauchsdebatte geführt werde. Er sei allerdings sicher, dass Papst Benedikt XVI. auch über den Zölibat nachdenke.

Der Tübinger Theologe Hans Küng erneuerte am Sonntag seine grundsätzliche Kritik an der priesterlichen Ehelosigkeit. Im Zwangszölibat kulminiere „die verklemmte Haltung der Kirche zur Sexualität“, so der Theologe, dem Rom 1979 die kirchliche Lehrerlaubnis entzogen hatte.

Der Kölner Kardinal Joachim Meisner überlegt unterdessen, sich mit einem eigenen Hirtenbrief speziell an Kinder zu wenden. Vor der Vollversammlung des Diözesanrats der Katholiken im Erzbistum Köln äußerte Meisner erneut Fassungslosigkeit und Scham über die Vergehen von Priestern. Zum Umgang mit den Tätern meinte der Kardinal, der erste Weg zur Therapie führe über eine Anzeige des Geschehens. Es dürfe nichts mehr unter den Teppich gekehrt und keine „fromme Soße“ über verbrecherische Taten gegossen werden. Der Kardinal appellierte an die Täter, ihre Opfer um Vergebung zu bitten. Engagierte Katholiken sollten aber angesichts der jetzigen Skandale nicht resignieren. Meisner wörtlich: „Wir dürfen jetzt nicht hocken bleiben und uns selbst bedauern.“ (rv)

D: Hotline für Missbrauchsopfer

 

Ab diesem Dienstag gibt es eine Beratungshotline für Opfer sexuellen Missbrauchs in katholischen Einrichtungen. Die Deutsche Bischofskonferenz hat sie an diesem Morgen vorgestellt. Bischof Stephan Ackermann, ihr Missbrauchs-Beauftragter, sagte in seiner Bischofsstadt Trier: „Wir wollen mit diesem Angebot die Opfer ermutigen, sich bei uns zu melden, gleich ob es sich um verjährte oder um aktuelle Fälle handelt. Wir wollen ansprechbar sein, wollen wissen, was erlitten wurde und den Betroffenen bei der Aufarbeitung beistehen. Das Thema sexueller Missbrauch darf nicht länger als gesellschaftliches Tabu behandelt werden – wir alle müssen lernen, offener darüber zu sprechen und die Opfer in den Mittelpunkt zu stellen." Die Hotline wird in Trägerschaft der Deutschen Bischofskonferenz in Zusammenarbeit mit der Lebensberatung im Bistum Trier realisiert.
Bischof Ackermann dankte den Opfern, die bisher den Mut gefunden haben, zu erzählen, was ihnen angetan wurde: „Sie tragen damit wesentlich dazu bei, dass wir als Kirche in Zukunft aufmerksamer hinschauen werden, was in unseren Einrichtungen, in unseren Schulen, Jugendgruppen und Kindergärten passiert. Ich sage ganz deutlich: Wir werden alles uns Mögliche dafür tun, dass sich sexueller Missbrauch in Einrichtungen der katholischen Kirche nicht wiederholen wird!"
Weiter appellierte der Bischof an „diejenigen, die als Täter schuldig geworden sind, sich zu ihren Taten zu bekennen. Nur so öffnet sich der Weg zu Wahrheit und Versöhnung."
Andreas Zimmer ist der Leiter des Arbeitsbereichs Beratungsdienste beim Bistum Trier. Er betonte vor den Journalisten: „Die Beratungen folgen dem Grundsatz, dass die Kontrolle über das Vorgehen bei den Anrufern bleibt. Wem sexuelle Gewalt durch sexuellen Missbrauch zugefügt wurde, der musste erleben, dass ein anderer ihm die Kontrolle genommen hat, als er ihn zum Opfer machte. Unsere Berater werden darauf achten, dass nur die Anrufer entscheiden, wie die weiteren Schritte aussehen. Wir wollen Türöffner sein und die Anrufer ermutigen, den nächsten Schritt zu gehen."
Die kostenlose Hotline ist dienstags, mittwochs und donnerstags von 13.00 Uhr bis 20.30 Uhr unter 0800-120 1000 erreichbar. (rv)

DBK Zollitsch: „Klare Weisungen für die gesamte Kirche“

Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz von Erzbischof Robert Zollitsch:

„Papst Benedikt XVI. wendet sich durch seinen Hirtenbrief mit eindringlichen Worten an die Katholiken in Irland. Was er ihnen sagt, hat Geltung für die ganze Kirche und ist eindeutig eine Botschaft auch an uns in Deutschland. Ohne Wenn und Aber verurteilt der Papst die schrecklichen Verbrechen, die an jungen Menschen begangen wurden, als Mitglieder der Kirche, besonders Priester und Ordensleute, sie sexuell missbrauchten. Seine schonungslose Analyse zeigt, dass sich der Heilige Vater dem Problem sexuellen Missbrauchs mit Ernst und mit großer Sorge stellt. Dabei beklagt er, dass häufig auf die ‚ausreichende menschliche, moralische, intellektuelle und geistliche Ausbildung in Seminarien’ viel zu wenig Wert gelegt wurde. Vorrang hat für den Papst die Perspektive der Opfer. Deshalb kritisiert er den zum Teil übermäßigen Täterschutz, den die Kirche häufig praktiziert habe. Wieder und wieder drängt er darauf, dass die Vorgaben der Justiz und des staatlichen Rechts einzuhalten seien. Vor allem aber müsse es, soweit das möglich ist, Heilung für die Opfer geben. Es sind ergreifende Worte, die Papst Benedikt XVI. findet, wenn er sich an die Opfer wendet und sie um Vergebung bittet: ‚Im Namen der Kirche drücke ich offen die Schande und die Reue aus, die wir alle fühlen.’
Besonders bewegen mich die deutlichen Worte des Papstes an die Priester und Ordensleute, die sich versündigt haben. Sie haben das Vertrauen junger Menschen aufs Schlimmste verletzt und müssen sich vor Gott und den Gerichten verantworten. Auch die Kritik des Papstes an den kirchlichen Autoritäten lässt keine Fragen offen. Wenn die bittere Wahrheit offen ausgesprochen wird, wirkt dies schmerzlich, aber auch befreiend. Ich bin für diese Worte dankbar. Wir wissen, dass auch bei uns in Deutschland Fehler gemacht wurden. Wir deutschen Bischöfe haben solche Fehler bei unserer Frühjahrsvollversammlung in Freiburg deutlich erkannt und eingestanden. Wir dürfen Fehler nicht wiederholen und brauchen auch in Deutschland eine lückenlose Aufklärung und uneingeschränkte Transparenz. Daran arbeiten wir in allen Bistümern. Deshalb verstehe ich die Mahnung des Papstes an die Bischöfe in Irland zugleich auch als Mahnung an uns. Der Skandal sexuellen Missbrauchs ist kein bloß irisches Problem, er ist ein Skandal der Kirche an vielen Orten und er ist der Skandal der Kirche in Deutschland.
Der Brief des Papstes ist auch ein geistliches Dokument, das geistige und moralische Entwicklungen begreifen und aus dem Glauben deuten will. Der Papst ist geprägt von der Hoffnung, dass Gottes Liebe im Leben von Opfern und Tätern neue Anfänge möglich macht. Der Glaube motiviert vor allem dazu, die Wunden zu heilen, soweit dies menschlich möglich ist. Mit herzlichen Worten wendet sich der Papst an die junge Generation Irlands und bittet sie eindringlich, trotz aller tragischen Erfahrungen nicht an der Kirche zu verzweifeln, sondern an ihrer Erneuerung mitzuwirken. Dazu trägt auch eine große Geste des Papstes bei: Er fügt seinem Brief ein Gebet der Hoffnung auf einen neuen Anfang bei, das er der Kirche in Irland widmet. Ich bitte die Gläubigen in Deutschland, sich dieses Gebet als Gebet auch für unser Land anzueignen. Wir gehen den Weg der Aufklärung und Aufarbeitung, den Weg des aufmerksamen Hinschauens und der Prävention. Es ist ein langer Weg, der Zeit braucht und Mühe kostet, den wir in Manchem noch lernen müssen, aber wir werden keine Zeit verstreichen lassen. Der Heilige Vater ruft auch uns zu, dass wir diesen Weg der Heilung, Erneuerung und Wiedergutmachung ohne Angst und gläubigen Mutes gehen sollen.“ (Deutsche Bischofskonferenz)