Vor 35 Jahren: Wahl Johannes Paul I.

An diesem Montag vor 35 Jahren wurde der Patriarch von Venedig, Albino Luciani, zum Papst gewählt. Er sollte nur 33 Tage auf dem Papstthron bleiben, bevor er an Herzversagen starb. Als der „lächelnde Papst" – „Papa del sorriso" – bleibt er im Gedächtnis. Er sei zur Wahl in die Sixtinische Kapelle gegangen, ohne sich vorstellen zu können, was passieren würde, gestand er bei einer Ansprache an die Kardinäle am Tag nach der Wahl – eine Ansprache, die der Papst frei hielt, was vorher noch nie vorgekommen war.

„Es ging dann darum, einen Namen zu wählen. Darüber hatte ich gar nicht nachgedacht. Ich habe mir deswegen folgendes gedacht: Papst Johannes hat mich geweiht, hier in Sankt Peter. Außerdem komme ich vom Bischofsstuhl von Venedig hierher, und Venedig ist immer noch voll von Papst Johannes (…). Papst Paul dagegen hat mich nicht nur zum Kardinal erhoben, sondern mich vor einigen Monaten auf dem Markusplatz erröten lassen, vor 20.000 Menschen. Er hat seine Stola genommen und sie mir umgelegt. Nie war ich so rot wie da. Außerdem hat dieser Papst in fünfzehn Jahren Pontifikat der Welt gezeigt, wie man liebt, wie man dient und wie man arbeitet für die Kirche Christi. Deswegen habe ich gesagt: Ich nenne mich Johannes Paul."

Er habe weder die Weisheit des Herzens Papst Johannes‘ noch die Vorbereitung oder Bildung Papst Pauls, sei aber nun an ihre Stelle gewählt worden, so Luciani; er bat um Gebet und die Hilfe aller. Bei der Ansprache nannte er sechs Schwerpunkte seines Pontifikates: die kontinuierliche Umsetzung der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils, die Bewahrung der „großen Disziplin der Kirche für das Leben der Priester und der Gläubigen", die Evangelisierung als erste Pflicht der Kirche, die Fortsetzung der ökumenischen Bestrebungen, die Weiterführung des von seinem Vorgänger zum Prinzip des pastoralen Wirkens erhobenen Dialogs und die Unterstützung aller aufrichtigen Initiativen zur Erhaltung und Förderung des Friedens in der Welt.

In seinem Geburtsort Canale d'Agordo in den Dolomiten finden aktuell am 25./26. August, aus Anlass des Wahltags-Jubiläums, große Gedenkfeiern mit einem Konzert, einer Buchpräsentation und einem Pontifikalamt statt. Den Gottesdienst am Wahltag, 26. August, auf der zentralen Piazza leitet der Diözesanbischof von Vicenza, Beniamino Pizziol.

Hintergrund

Albino Luciani wurde 1912 in einer armen Familie in Forno di Canale (heute Canale d'Agordo) in der Provinz Belluno geboren; sein Vater war ein überzeugter Sozialist. Von Kindheit an war Albino kränklich. Im Alter von elf Jahren trat er 1923 in das Knabenseminar in Feltre ein. Schon 1935 wurde Albino Luciani zum Priester geweiht. Er promovierte 1947 mit einer Arbeit über den Philosophen und Ordensgründer Antonio Rosmini (1797-1855), der inzwischen selig gesprochen worden ist. Obwohl er keine Ämter anstrebte, wurde er bald mit verantwortungsvollen Funktionen betraut. U.a. war er in seiner Heimatdiözese stellvertretender Regens des Priesterseminars, Direktor des Katechetischen Büros und Generalvikar. Am 27. Dezember 1958 wurde Luciani von Johannes XXIII. zum Bischof von Vittorio Veneto ernannt. Paul VI. ernannte ihn 1969 zum Patriarchen von Venedig und nahm ihn 1973 in das Kardinalskollegium auf. 1971 machte der Patriarch Schlagzeilen, als er den reichen Kirchen des „Westens" vorschlug, ein Prozent ihrer Einkünfte an die mittellosen Kirchen im „Süden" abzuführen.

Italienweit bekannt wurde Luciani durch seine humorvollen und tiefgehenden fiktiven Briefe an historische Gestalten, die in der Zeitschrift „Messaggero di Sant'Antonio" erschienen. 1976 kamen sie unter dem Titel „Illustrissimi" in Buchform heraus, auf Deutsch 1978 unter dem Titel „Ihr ergebener…Albino Luciani".

Nach dem Tod von Paul VI. wurde Albino Luciani am 26. August 1978 nach einem nur eintägigen Konklave, an dem 111 Kardinäle teilnahmen, zum Papst gewählt. Dieses Konklave war das erste, an dem die Kardinäle über 80 nicht mehr teilnehmen durften. Die Wahl Lucianis stellte für die Weltöffentlichkeit und vermutlich auch für ihn selbst eine Überraschung dar. Joseph Ratzinger, der spätere Papst, sage in einem „Trenta giorni"-Interview in den 1980er-Jahren, der Name Lucianis sei bei einer Begegnung von brasilianischen und deutschsprachigen Kardinälen – unter ihnen auch Kardinal König – beim Konklave „ins Gespräch" gekommen.

Am 3. September 1978 wurde der neue Papst feierlich in sein Amt eingeführt. Auf die traditionelle prunkvolle Krönung mit der Tiara verzichtete er, stattdessen fand seine Amtseinführung bei einer Messfeier auf dem Petersplatz statt.

Nach einem Pontifikat von nur 33 Tagen starb Johannes Paul I. in der Nacht vom 28. zum 29. September 1978 und wurde in der Krypta des Petersdoms bestattet. (rv)

Paul VI. – der erste „moderne“ Papst

„Der große Paul VI. sagte, dass man das Evangelium nicht mit traurigen, entmutigten Christen weitertragen kann. Manchmal machen die Christen ein Gesicht, das mehr zu einem Friedhof passt als zum Gotteslob, stimmt`s?" So Papst Franziskus am vergangenen 1. Juni bei der Frühmesse in der Casa Santa Marta im Vatikan. Sein Vorgänger Paul VI. gilt als der „moderne" Papst, er war der erste, der auf Weltreise ging. Er war der erste, der durch das Fernsehen und Radio in mehreren Sprachen an die Gläubigen der Weltkirche sprach.

Paul VI. starb vor genau 35 Jahren, am 6. August 1978. Geboren wurde er als Giovanni Battista Enrico Antonio Maria Montini am 26. September 1897 in dem kleinen Ort Concesio, nahe der norditalienischen Bischofsstadt Brescia, als Sohn des Journalisten, Verlegers und späteren Abgeordneten Giorgio Montini (1861 – 1943) und Giuditta Alghisi (1874 – 1949). Seine Beziehung zu den Medien war zwar nicht immer positiv während seines Pontifikates, bei einem Besuch bei Radio Vatikan betonte er jedoch, wie wichtig die Medien für die Verkündung der Frohen Botschaft seien. Es gibt auch Ansprachen auf Deutsch des Papstes, der das Zweite Vatikanische Konzil abschloss. So sagte er 19. Oktober 1963 an die nach Afrika abreisenden Missionare:

„Bei allen Ihren Mühen, Leiden und Enttäuschungen sollen Sie stets wissen, dass der Statthalter Christi an Sie denkt und für Sie betet. Wir versichern Sie Unserer väterlichen Liebe und Unser besonderes Wohlwollen begleitet all jene, die alles verlassen und dem Herrn folgen. Wir flehen zu ihm, Ihre Kräfte zu verdoppeln, Ihnen heilige Beredsamkeit zu schenken, großen Seeleneifer und wahre Heiligkeit, auf dass jeder ein anderer Christus sei, der viele Seelen zu Gott führt durch sein Beispiel."

Paul VI. veröffentlichte sieben Enzykliken. Seine Schreiben sorgten damals für Diskussionen auch innerhalb der katholischen Kirche. Man denke an die Debatte rund um „Humanae vitae" und die Frage nach dem Verbot von Verhütungsmittel. Dass es Paul VI. vor allem um das Gesamtbild christlicher Liebe und Ehe ging, nicht nur um „repressive Sexualmoral", das hatten Johannes Paul II. und auch Benedikt XVI. mit „Deus caritas est" weiter fortgeführt.

Paul VI. führte auch die großen Gesten seines Vorgängers Johannes XXIII. weiter: Während des Konzils reiste er ins Heilige Land und nach New York an den Sitz der Vereinten Nationen sowie nach Bombay in Indien, um die Absichten der Bischofsversammlung durch päpstliche Gesten zu unterstreichen. Die wohl wichtigste Auslandsreise des Konzilspapstes war wohl die erste. In Jerusalem traf er sich mit Athenagoras, dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel. In einer historischen Geste hoben die Oberhäupter der katholischen und der orthodoxen Christen das gegenseitige Anathema des Jahres 1054 auf und begannen so erste Schritte des ökumenischen Dialogs, der beim Papstbesuch 1967 fortgesetzt wurde.

Im Blick auf den 30. Todestag des Vorgängers formulierte Papst Benedikt XVI. beim Angelus in Brixen am 3. August 2008 auf Italienisch einen Dank, dass die göttliche Vorsehung Paul VI. berufen und befähigt habe, zu der fast übermenschlichen Leistung, die das Pontifikat auszeichne.

„Liebe Freunde, ich lade euch nun ein, zusammen mit mir in kindlicher Ehrerbietung des Dieners Gottes Papst Paul VI. zu gedenken, dessen 30. Todestag wir in wenigen Tagen begehen werden. Es war am Abend des 6. August 1978, als sein Geist zu Gott heimkehrte; am Abend des Festes der Verklärung des Herrn, Geheimnis des göttlichen Lichtes, das von je her eine einzigartige Faszination auf seine Seele ausgeübt hatte. Als oberster Hirte der Kirche führte Paul VI. das Volk Gottes hin zur Betrachtung des Antlitzes Christi, des Erlösers des Menschen und Herrn der Geschichte. Und gerade die liebevolle Hinführung des Geistes und des Herzens zu Christus war einer der Angelpunkte des Zweiten Vatikanischen Konzils, eine grundlegende Haltung, die mein verehrter Vorgänger Johannes Paul II. übernommen und im Jubeljahr 2000 mit neuem Leben erfüllt hat. Im Mittelpunkt von allem steht immer Christus allein: im Mittelpunkt der Heiligen Schrift und der Tradition, im Herzen der Kirche, der Welt und des ganzen Universums."

Papst Benedikt XVI. erkannte Paul VI. am 20. Dezember 2012 den heroischen Tugendgrad zu. Damit ist der Weg für eine Seligsprechung des Konzilpapstes frei. (rv)