Kolumbien/Vatikan: Bedauern über die angerichtete Verwirrung

Pater Lombardi PressekonferenzDer Verband Lateinamerikanischer Ordensleute, abgekürzt CLAR, bedauert, dass Aufzeichnungen über eine Audienz beim Papst an die Öffentlichkeit gelangt sind. Papst Franziskus hatte die Leitung des CLAR am 6. Juni zu einem ausführlichen Gespräch im Vatikan empfangen; eine chilenische Internetseite hat am Montag Einzelheiten aus dem Gespräch veröffentlicht. In einem Statement vom Dienstag weist die CLAR von ihrem Generalsekretariat im kolumbianischen Bogotà aus darauf hin, dass die Unterredung mit Franziskus „nicht aufgezeichnet worden" sei. Stattdessen hätten Teilnehmer hinterher eine „Zusammenfassung zu ihrer persönlichen Erinnerung" geschrieben, die „keineswegs zur Veröffentlichung bestimmt" gewesen sei. Die von der Internetseite zitierten Äußerungen dürften dem Papst nicht zugeschrieben werden, „lediglich der allgemeine Sinn" dieser Äußerungen. Wörtlich heißt es in dem Statement: „Die Führung des CLAR bedauert das Geschehene und die dadurch womöglich angerichtete Verwirrung zutiefst."

Die von der Italienischen Bischofskonferenz herausgegebene katholische Tageszeitung „Avvenire" hat an diesem Mittwoch ausführlich Auszüge aus den Aufzeichnungen nach der Audienz wiedergegeben. Danach hat Papst Franziskus die Ordensleute ermutigt, „zu neuen Horizonten aufzubrechen", ohne Angst vor „Risiken" oder vor einer Mahnung durch die vatikanische Glaubenskongregation zu haben. Er sei besorgt über restaurative wie über gnostisch-pantheistische Gruppierungen in der Kirche. Eine Kurienreform, wie fast alle Kardinäle sie vor dem letzten Konklave gefordert hätten, sei vor allem die Aufgabe der von ihm berufenen acht Kardinäle. Die CLAR wies am Dienstag darauf hin, Franziskus habe auf Fragen der anwesenden Ordensleute geantwortet. Vatikansprecher Federico Lombardi wollte die Indiskretionen Journalisten gegenüber nicht kommentieren, weil es sich nicht um öffentliche Äußerungen des Papstes handle. (rv)

Kardinal Pell: „Wir sind kein Kabinett“

Kardinal PellAcht Kardinäle sollen den Papst beraten, im Oktober geht es los – jetzt ist erstmals einer dieser Kardinäle, der Australier George Pell, mit Franziskus zusammengetroffen. Wir fragten den Erzbischof von Sydney, wie er sich die Beratungen des neuen Gremiums vorstellt.

„Ich kann Ihnen ja zunächst mal erklären, was wir nicht sind: Wir sind kein Kabinett. Der Papst ist uns in keiner Weise verantwortlich. Wir sind keine Gruppe, die eine Politik entwirft; wir sind keine Exekutive. Wir sind als Berater des Heiligen Vaters da. Wie das funktionieren wird, da bin ich noch nicht so sicher: Es könnte sein, dass er für unsere Treffen bestimmte Themen vorgibt und wir die vorher etwas vorbereiten, damit wir dann darüber sprechen können. Oder es könnte sein, dass er sagt: Wir haben jetzt einen halben Tag zur freien Verfügung, sagt ihr mir doch bitte, worüber wir mal sprechen sollen. Aber in jedem Fall ist es sehr wichtig, die Vorrechte des Nachfolgers Petri zu beachten: Der Papst ist der Bischof von Rom. Er entscheidet – wir sind nur dazu da, ihm zu helfen, da wo wir nützlich sein können. Wir sind nicht mehr als das."

Die acht Kardinäle sollen sich vor allem mit einer Reform der römischen Kurie beschäftigen; unter ihnen ist auch der Münchner Erzbischof Reinhard Marx. Was kann der Australier Pell in den Gesprächen einbringen?

„Ich glaube, wir Englischsprachigen sind ziemlich praktisch veranlagt, wir können Sachen organisieren. Ich glaube, wir haben bestimmte Gaben, die wir der Weltkirche anbieten können; aber wir haben nicht viele Mystiker, und zum Beispiel im ehemals protestantischen, jetzt säkularisierten Australien oder den USA ist der Geist des heiligen Franz von Assisi bei weitem nicht so stark. Worüber wir mit dem Papst reden werden? Ich denke, über die Haupt-Herausforderungen: Wie geben wir jungen Leuten den Glauben weiter? Zu seiner Zeit hat der Herr Wunder gewirkt und damit Interesse geweckt – was können wir tun, was haben wir anzubieten?"
(rv)

D/Vatikan: Kardinal Marx über seine neue Rolle im Vatikan

Kardinal MarxAcht Kardinäle sollen den Papst beraten: Aus den Gesprächen beim Vorkonklave nahm Papst Franziskus die Anregung einer solchen Gruppe auf, die unter anderem zu Fragen um die Reform der vatikanischen Kurie tagen soll. Die acht Kardinäle vertreten die Weltkirche, einer arbeitet im Vatikan, die übrigen sind Bischöfe in den Ortskirchen.
Unter ihnen ist der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx. Unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord hat ihn zu seiner neuen Rolle im Vatikan befragt.

Herr Kardinal, waren Sie überrascht über die Einberufung dieser Gruppe?

„Grundsätzlich hat es mich nicht überrascht, weil wir das tatsächlich im Vorkonklave gehört und auch selber zum Ausdruck gebracht haben, dass es eine Beratung aus den Ortskirchen geben müsse und man darüber neu nachdenken müsse. Das Thema Kurienreform war natürlich bei vielen Stellungnahmen ebenfalls ein Thema, so dass die Sache an sich jetzt nicht so überraschend ist. Aber dass es mich getroffen hat und dass es so schnell kommt, das hat mich etwas überrascht."

Was hat den Papst dazu gebracht, Sie zu ernennen? Ist das Ihrem Engagement in der Bischofskonferenz der EU geschuldet?

„Da müsste man den Papst natürlich selber fragen. Es ist jedenfalls der Wunsch offensichtlich, die ganze Welt darzustellen, die verschiedenen Kontinente und auch die Repräsentanten aus verschiedenen Organisationen. Aber das ist nicht strikt auf die Bischofskonferenzen oder deren Vorsitzende bezogen; der Papst ist frei und hat frei ausgewählt. Möglicherweise kommt die europäische Komponente hinzu, aber wohl auch andere Dinge. Es sind jedenfalls Bischöfe aus großen Diözesen berufen worden, die also eine gewisse Verwaltungserfahrung haben. Das ist sicherlich ebenfalls ein Element: Die Vielfältigkeit der Ortskirchen und der Kontinente zu repräsentieren und auch Bischöfe einzuberufen, die vielleicht durch ihre eigene Leitungsverantwortung schon eine gewisse Erfahrung haben."

Es sind ja nicht nur Bischöfe aus verschiedenen Kontinenten, sondern wir haben ja eine auffällige Symmetrie, die Kardinäle kommen aus jedem Erdteil – Lateinamerika, Zentralamerika, Nordamerika, Afrika, Australien, Europa, Asien und Vatikan. Das ist schon sehr symbolisch; wird hier noch einmal deutlich gesagt, dass die Weltkirche den Vatikan berät?

„Das glaube ich schon. Wir haben ja ein wenig das Gefühl gehabt – jedenfalls habe ich es gehabt und so habe ich es auch im Gespräch mit einigen gesagt – als wir nun den Papst hatten und wir uns wieder von Rom verabschieden konnten: Wir fahren jetzt wieder zurück in unsere Diözesen und lassen den Papst hier allein. Allein ist natürlich nicht ganz richtig, weil er natürlich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat und durchaus beraten wird und ihm geholfen wird. Aber ich hatte das Gefühl: Wir sind Kardinäle, wir haben ihn gewählt, jetzt müssen wir auch bereit sein, ihm zu helfen. Ich habe aber nicht daran gedacht, dass das so konkret werden würde. Das gehört aber mit dazu, wenn man in ein solches Amt als Kardinal hinein berufen wird und dann auch am Konklave teilnimmt, nämlich dass man bereit ist, dem Papst zu helfen, wenn er es wünscht und dass man ihn berät, wenn er es wünscht. Da fühle ich mich natürlich in gewisser Weise geehrt. Es ist aber auch ein Zeichen dafür, dass er diese Beratung universalkirchlich will. Das finde ich ist ein positives Zeichen."

Kennen Sie sich in der Gruppe der acht Kardinäle untereinander schon?

„Nicht alle in gleicher Intensität, aber den Kardinal von Kinshasa kenne ich schon sehr lange, andere Kardinäle habe ich jetzt beim Konklave kennen gelernt, Kardinal Maradiaga kenne ich auch schon von vielen Begegnungen von Iustitia et Pax her. Es ist eine gewisse Kenntnis der Personen da, aber unterschiedlich. Wir sind jetzt kein Kreis, der sich schon lange vorher getroffen hat oder schon lange vorher in Kontakt war. Durch das Konklave sind wir, glaube ich, in neuer Weise zusammen gekommen."

Von den Inhalten der Beratungen einmal abgesehen, wie geht es jetzt formal weiter? Passiert irgendetwas bis zum 1. Oktober, dem ersten Treffen? Gibt es schon Papiere oder warten Sie erst einmal darauf, was der Papst Ihnen vorgibt?

„Ja, ich muss warten. Ich habe noch keine weiteren Informationen, ob bis dahin was passiert. Man wird sicher überlegen müssen, das Projekt noch genauer zu definieren, aber das ist noch nicht erfolgt. Jetzt ist erst einmal deutlich vom Papst in die Weltkirche hinein gesagt: ‚Ich will diese Beratungen, ich möchte, dass eine Kurienreform passiert, ich wünsche, dass die Weltkirche eingebunden wird’. Und damit wird in gewisser Weise auch das Miteinander von Kurie in Rom und Ortskirchen in neuer Weise angeschaut. Das nehme ich als Signal auf, aber weitere Schritte sind noch nicht überlegt."

Abschließende Frage: Was ist ihr erster Eindruck von diesem Papst?

„Ich bin immer mehr der Überzeugung, dass uns Gott diesen Papst geschenkt hat. Wir waren, als die Wahl dann vorbei war, vielleicht selber überrascht davon, was wir in den zwei Tagen alles erlebt haben. Und dann haben wir uns gefragt, was das jetzt werden wird. Aber wir waren alle überzeugt, dass es ein Fingerzeig des Heiligen Geistes ist. Ich würde nach den ersten vier bis acht Wochen auch sagen, dass sich das bestätigt hat und richtig so gewesen ist. Das empfinden wir alle so, auch in den Begegnungen in den Pfarreien, da herrscht ein großer Zuspruch und eine große Erwartung – manchmal auch eine zu große Erwartung, ein Papst kann auch nicht die Kirche neu erfinden – aber es ist eine positive Grundstimmung da und das macht mir natürlich große Freude."
(rv)