Moneyval: Vatikanisches Finanzsystem arbeitet transparent

MoneyvalDas Expertenkomitee des Europarates für die Bekämpfung von Geldwäsche „Moneyval" hat im jüngsten Bericht über den Vatikan bescheinigt, dass der Heilige Stuhl „transparenter" geworden ist. Das bestätigt gegenüber Radio Vatikan der Direktor der vatikanischen Finanzaufsichtsbehörde AIF, René Brülhart. In Straßburg hat er den so genannten Fortschrittsbericht von „Moneyval" mitdiskutiert.

„Mit der Verabschiedung dieses zweiten Berichts, der vollumfänglich von der Plenarversammlung von ,Moneyval´ angenommen wurde, erfüllt der Heilige Stuhl die relevanten internationalen Standardvorgaben in Sachen Geldwäschebekämpfung. Natürlich ist die Arbeit noch nicht zu Ende, doch insbesondere im Bereich der Transparenz hat der Heilige Stuhl sehr große Fortschritte gemacht."

Das heißt also auch, dass der sogenannte Fortschrittsbericht auch veröffentlicht wurde?

„Der Bericht als solcher wird voraussichtlich am Donnerstag veröffentlicht. Dort wird man dann auch im Detail sehen, wie und in welchem Umfang der Vatikan in den vergangenen Monaten gearbeitet hat und welche Fortschritte konkret erreicht wurden. Wir sehen aber den Bericht jetzt positiv entgegen, denn was heute (Montag, Anm. d. Red.) geschehen ist, ist dass die Plenarversammlung den Bericht angenommen und beschlossen hat und das in seinem vollen Umfang."

2012 hatte „Moneyval" einige Schlüsselkriterien kritisiert. Der Vatikan hatte damals neun von insgesamt 16 erfüllt. Gab es auch diesmal wieder konkrete Zahlen?

„Der Fortschrittsbericht ist eigentlich eine Berichterstattung über die Umsetzung der Empfehlungen, die gemacht worden sind, wie es der Bericht von 2012 vorsieht. Eine neue Beurteilung der Schlüsselkriterien – also neue Noten – wird es in diesem Fortschrittsbericht nicht geben."

Und wie geht es jetzt für den Heiligen Stuhl weiter? Hat „Moneyval" auch konkrete Verbesserungsmaßnahmen angemahnt?

„Es ist selbstverständlich ein andauernder Prozess, bei der es darum geht, konkrete Maßnahmen zu implementieren. Ein wichtiger Punkt diesbezüglich ist die ganze Arbeit im aufsichtsrechtlichen Bereich. Dort hat man weiterhin noch gewisse Empfehlungen gemacht. Das ist auch gut so. Das ist eine Arbeit, die wir jetzt schon gestartet haben und die wir auch zielgerichtet in den kommenden Monaten weiterführen werden."

Kam auch das vatikanische Finanzinstitut IOR zur Sprache? Hat „Moneyval" auch Maßnahmen für das IOR gefordert?

„Der ganze ,Moneyval-Prozess´ ist ein Prozess über die Funktionalität des Geldwäschebekämpfungssystems einer bestimmten Jurisdiktion und nicht eines einzelnen Instituts. In einem Nebensatz sind sehr wohl auch die Bemühungen des IOR zur Kenntnis genommen worden, doch wie gesagt: es geht in erster Linie um die Funktionalität auf staatlicher Ebene."

Wie geht es nun für den AIF weiter? Welche sind die nächsten Schritte?

„Von Seiten des AIF haben wir seit einigen Wochen neue Statuten, in der die Funktionen deutlich dargelegt werden. Es geht einerseits darum, dass wir als Geldwäschemeldestelle definiert werden und andererseits aber auch eine Aufsichtsbehörde sind. Es geht jetzt darum, diese Doppelfunktion vollumfänglich zu implementieren, also von Ausruhen wird nicht die Rede sein."

Herzlichen Dank für das Gespräch. (rv)

Finanzaufsicht im Vatikan: „Ein positives Zeichen und ein Vertrauensbeweis“

IORDie Finanzaufsicht des Vatikan – AIF – hat mit den jüngsten Anordnungen von Papst Franziskus die „notwenigen Instrumente" in der Hand, um wirkungsvoll agieren zu können. Das sagt im Interview mit Radio Vatikan der Leiter der AIF, der Schweizer René Brülhart. Man habe jetzt die Grundlage, nun folge die Implementierung. Mit Blick auf den Vatikan ist er zuversichtlich: Die Aufklärung und Transparenz werde gewollt. In dem Motu Proprio, mit dem der Papst in der vergangenen Woche die Finanzaufsicht ausgeweitet hatte, sieht er auch einen Vertrauensbeweis für die bisher geleistete Arbeit.

Herr Brülhart, Sie sind Leiter der AIF, der Finanzaufsichsbehörde des Vatikan. In der vergangenen Woche hat Papst Franziskus mit einem Motu Proprio die Aufgabenbereiche und die Struktur geändert; was genau hat sich geändert?

„Es hat sich eigentlich nichts geändert, sondern es hat eine Ergänzung gegeben in dem Sinne, dass der Aufgabenkatalog des AIF um die so genannte ‚prudentielle Aufsicht’ erweitert worden ist. In anderen Worten: AIF ist jetzt schon zuständig als so genannte Geldwäsche-Meldestelle und hat zum jetzigen Zeitpunkt eine entsprechende Aufsichtsfunktion. Diese Aufsichtsfunktion ist ausgedehnt worden."

Also in Richtung einer allgemeinen Bankenaufsicht wie etwa der Bafin in Deutschland?

„Genau. Das, was wir mit dem Motu Proprio und den damit verbundenen Konsequenzen jetzt haben bedeutet eine umfassende Aufsichtsfunktion für AIF."

Kontrolle aller Finanzaktivitäten des Vatikans

Wen und was genau kontrollieren Sie? Natürlich die so genannte Vatikanbank IOR, aber auch andere Werke?

„Ob das IOR wirklich eine Bank ist, sei dahin gestellt, in meinen Augen ist es das nicht, sondern wirklich ein Finanzinstitut sui generis im Dienste des Heiligen Stuhls. Was AIF kontrolliert sind sämtliche Finanzaktivitäten die durch entsprechende zuständige Institutionen innerhalb des Vatikans durchgeführt werden."

Wer ist das noch außer dem IOR?

„In erster Linie ist es natürlich das IOR, wenn man auf den Moneyval- Bericht von 2012 zurück greift wird da unter anderem auch APSA erwähnt, das ist etwas, was wir momentan prüfen, inwieweit das eine Ausdehnung mit sich bringt …"

… nur zur Ergänzung: APSA ist die Güterverwaltung des Vatikan …

„… Genau. Und wir werden weiter sehen, wo weitere Finanzaktivitäten stattfinden und dort dann auch entsprechende Schritte einleiten."

Die Grundlagen sind geschaffen

Sie haben die Moneyval-Kommission erwähnt, die Ausweitung der Bankenaufsicht ist ja eine Empfehlung der Kommission gewesen. Das Ganze ist ein Prozess, was heißt, dass es noch weitere Schritte geben wird. In welche Richtung wird sich das weiter entwickeln?

„Ich denke, dass an dieser Stelle ein kleiner Rückblick dient. Mit dem ersten Motu Proprio von [Dezember] 2010 von Papst Benedikt hat man Ende 2010, Anfang 2012 begonnen, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Das ist eine relativ kurze Zeitspanne, über die wir hier sprechen, wo man doch in den letzten Monaten und Wochen doch sehr aktive Schritte hat einleiten können. Jetzt mit dem neuen Motu Proprio ist eine wie ich meine ganz zentrale Empfehlung seitens von Moneyval umgesetzt worden, zumindest ist die Grundlage für die entsprechende Umsetzung geschaffen worden. Was jetzt als Nächstes folgen wird ist die ganze Implementierung. Einen rechtlichen Rahmen zu setzen ist immer gut und schön, aber dann auch konkret Fakten schaffen zu können, die Implementierungen vorzunehmen, das ist eine andere Geschichte."

Vielleicht kurz noch zur Ergänzung: Die AIF – wie viele sind Sie denn eigentlich, wie groß habe ich mir Ihr Büro vorzustellen?

„[lacht] Keine Sorge, wir sind keine Monsterbehörde, zum jetzigen Zeitpunkt sind wir sieben Personen, da wird man in der nächsten Zeit sehen, wie sich das entsprechend entwickeln wird."

Umgang mit den Skandalen

Die Öffentlichkeit bekommt von den Finanzen des Vatikans meistens nur die Skandale mit, auch in der jüngeren Vergangenheit noch einmal. Sie werden in einer italienischen Zeitung zitiert damit, dass es eine „Zunahme von Verdachtsmomenten" gäbe, die Sie feststellen könnten. Was für ein Zeichen setzt das Motu Proprio hier? Haben wir hier eine Skandalgeschichte, die weiter geht, oder was für ein Zeichen sehen Sie hier?

„Ich finde, dass das ein sehr positives Zeichen ist und ein großer Vertrauensbeweis, dass man mit den Arbeiten, die man in den vergangenen Monaten eingeleitet hat, auf dem richtigen Weg ist. Wir haben den richtigen Weg gefunden, da sind aber noch einige Schritte zu gehen, da darf man keine falsche Erwartungshaltung haben. Entscheidend diesbezüglich ist, dass man entsprechende Instrumente geschaffen hat, sollten – was wir alle nicht hoffen – solche Geschichten wieder geschehen, diese aktiv anzugehen um ein Umfeld zu schaffen, das wir alle vorfinden möchten."

Also sagen Sie, dass ein Stoßen auf solche Fälle ein Zeichen der Erfolgsgeschichte ist.

„Ich glaube, dass wir ehrlich sein müssen. Überall dort, wo Finanzaktivitäten stattfinden, geschieht manchmal etwas, was nicht stattfinden sollte – wir sind halt Menschen. Nochmals: Entscheidend ist dann, dass man die entsprechenden Instrumente hat, um solche Vorfälle aufarbeiten zu können und die notwendigen Maßnahmen ergreifen zu können. Da sind wir auf einem sehr, sehr guten Weg.
Entscheidend in diesem Zusammenhang ist auch, dass man viel Aufklärungsarbeit betreibt, dass wir einen sehr präventiven Ansatz fahren möchten, um dort im Sinn einer Sensibilisierung die notwendigen Maßnahmen ergreifen zu können, dass in der Zukunft solche Vorfälle nicht mehr geschehen."

Kultur der Transparenz

Wie sehen Sie für die Zukunft eine Kultur der Transparenz und Aufklärung im Vatikan?

„Sehr positiv, weil das mit dem Geist, den man hier vorfindet, in Einklang geht. Ich glaube, dass alle ein Bedürfnis nach Transparenz haben, alle haben ein Bedürfnis nach Offenheit, insbesondere nach interner Offenheit. Wenn wir etwas dazu beitragen können, dass auch im Finanzbereich wie wir das in den vergangenen Monaten getan haben weiter vorwärts zu bringen, dann sind wir alle auf dem richtigen Weg."

Hintergrund
Im Juli 2012 attestierte der Expertenausschuss des Europarates, Moneyval, dem Vatikan Fortschritte bei der Bekämpfung der Möglichkeit von Geldwäsche, listete zugleich aber noch bestehende Mängel auf. Einer diese Mängel hing mit der Frage nach Finanzaufsicht zusammen.

Die normale Prozedur von der Moneyval-Kommission des Europarates sieht vor, dass ein Staat, der auf die „weiße Liste" der Staaten gelangen will, die nach Bewertung von Moneyval ausreichende Maßnahmen gegen Terrorfinanzierung und Geldwäsche eingeführt haben, im weiteren Verlauf der Untersuchungen Fortschrittsberiche erstellt, in dem nach einer ersten Prüfung die Umsetzung der einzelnen durch Moneyval ausgesprochenen Empfehlungen dokumentiert ist. Der nächste Bericht zum Vatikan ist für den Dezember dieses Jahres vorgesehen.

Mitte Mai hatte die AIF das erste mal einen Jahresbericht vorgelegt und darunter auch Verdachtsfälle aufgelistet, denen man nachgehe. Verdachtsmomente seien beispielsweise eine Nichtübereinstimmung von Kundenprofil und Finanzgebaren, plötzliche überhöhte Transaktionen oder Ähnliches.
Seit Anfang Juli ist die AIF Mitglied der Egmont-Gruppe, eines Anti-Geldwäsche-Verbandes von Finanzaufsichtsbehörden von 130 Ländern an. (rv)