Seit diesem Samstag können Besucher der päpstlichen Sommerresidenz in Castel Gandolfo nicht nur die Gärten, sondern gleich den gesamten Apostolischen Palast anschauen. Die Vatikanischen Museen bieten auf Wunsch von Papst Franziskus einen Rundgang durch die (bisherigen) privaten Zimmer der Päpste in den Albaner Bergen.
Eine Führung durch die privaten Gemächer einer Papstwohnung ist eine Besonderheit: Kunstwerke, aber auch bescheidene Ecken finden sich im Palazzo auf Schritt und Tritt. Von den Konferenzräumen geht es zur Bibliothek, von der Privatkapelle und dem Arbeitszimmer der Päpste zum Schlafzimmer; der Besucher kann schön geschmückte und gleichzeitig schlichte Ausstattungen bestaunen. Am spannendsten ist wohl fast am Ende des Rundgangs der Blick ins päpstliche Schlafzimmer. Der eine oder andere mag dies als „Eingriff in die Privatsphäre“ betrachten; jedenfalls lässt sich feststellen, wie schlicht Papst Benedikt XVI. sein Zimmer hielt. Man sieht noch seinen Bleistift und sein Radiergummi auf dem Schreibtisch liegen. „Alles original“, versichert der Museumswärter.
Maximal 1,20 Meter breit ist das schlichte goldene Messingbett. Wie in einem guten Dreisternehotel liegt eine gesteppte Tagesdecke darüber. Die Härte der Matratze kann der Besucher jedoch nicht testen; eine gewisse Distanz zu den Objekten wird durch eine Seilabsperrung garantiert.
Und was sagen die Bewohner Castel Gandolfos? Sie sind enttäuscht, dass Papst Franziskus während seines Pontifikats nur ein einziges Mal in ihre Ortschaft gekommen ist und vermutlich kein zweites Mal kommen wird. Die Bürgermeisterin der kleinen Ortschaft über dem Albaner See, Milvia Monachesi, spricht das aus, was die meisten der Einwohner denken: „Die Öffnung des Apostolischen Palastes in Castel Gandolfo ist eine positive Sache, denn seitdem Papst Franziskus den Zugang zu den päpstlichen Villen bei uns ermöglicht hat, ist die Zahl der Besucher enorm gestiegen. Dafür sind wir dem Papst sehr dankbar. Auf der anderen Seite sind wir aber traurig, denn mit diesem Beschluss der Öffnung der Privatgemächer sieht es so aus, dass er nicht mehr hierher zum Urlaub kommen wird. Ich muss gestehen, dass sich unsere Ortschaft ohne den Papst wie seelenlos fühlt.“
Für den Direktor der Vatikanischen Museen, Antonio Paolucci, hingegen hat der Papst mit der Entscheidung, die Gemächer für alle zugänglich zu machen, eine große Geste getan: „Das waren Räume, die für viele unzugänglich waren, selbst für Vatikanmitarbeiter – und nun hat dieser Papst beschlossen, sie allen zugänglich zu machen. Er sagte: ,Ich brauche die Sommerresidenz nicht und ich muss stattdessen die Welt bereisen, mögen die Besucher diese Räume genießen können.‘ Das ist also ein Geschenk an alle Gläubigen. Es wäre aber zu übertrieben zu behaupten, dass diese Öffnung ein historisches Ereignis wäre. Vielmehr handelt es sich um eine große symbolische Geste.“
Der Kurator der Päpstlichen Villen, Sandro Barbagallo, pflichtet dem Museumsdirektor bei und betont vor allem eine historische Tatsache: Die Sommerresidenz ist im Laufe der Jahrhunderte nie durchwegs von Päpsten besucht oder bewohnt worden. Von den insgesamt 33 Päpsten, die es seit dem Bau der Sommerresidenz gab, hielt sich knapp die Hälfte mindestens einmal in Castel Gandolfo auf. Es gab sogar Zeitspannen, in denen sich Jahrzehnte lang kein Papst in Castel Gandolfo blicken ließ.
Für den Vatikan haben die Einrichtungen südlich von Rom auch eine praktische Rolle, wie der Präsident des vatikanischen Governatorats, Kardinal Giuseppe Bertello, sagt. Auf dem Areal der päpstlichen Residenz befindet sich auch ein Bauernhof, der die Ortschaft mit frischer Milch und anderen Bauernprodukten beliefert. Und auch der Papst sowie etliche Vatikanmitarbeiter profitieren davon: Die Produkte werden auch in den Vatikan geliefert.
Als eine besondere Geste des Austauschs wurde bei der feierlichen Eröffnung des Apostolischen Palastes für das Publikum ein Konzert mit chinesischer Volksmusik dargeboten. Damit wollte der Vatikan aufzeigen, wie durch Kultur Nähe geschaffen werden kann. Bekanntlich gibt es zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China seit Jahrzehnten keine diplomatischen Beziehungen. Das Konzert mit dem chinesischen Orchester war deshalb ein diplomatischer Erfolg und ein weiterer Schritt der Annäherung.
Info: Die päpstlichen Gemächer sowie die Gärten sind montags bis freitags von 9–13 Uhr und samstags von 9–16.30 Uhr geöffnet. Tickets können online bestellt oder vor Ort gekauft werden. Weiterführende Literatur: Castel Gandolfo, Wo Päpste Urlaub machen. Josef Fink-Verlag, Preis ca. 5 Euro. (rv)
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