Italien: Ehemaliger Papst-Butler gibt erstmals Interview

Der 83jährige Italiener Angelo Gugel war unter drei Päpsten Kammerdiener. Bisher gab er nie ein Interview, nun sprach er über seine Vergangenheit im Vatikan mit der Tageszeitung „Corriere della Sera“.

Mario Galgano – Vatikanstadt

Er kam unter Pius XII. in den Vatikan und diente zunächst in der vatikanischen Gendarmerie. Später wurde er unter Johannes Paul I. der Kammerdiener des Papstes, weil Albino Luciani – also Johannes Paul I. – sowohl die Mutter als auch die Ehefrau von Gugel persönlich gut kannte und deshalb Vertrauen in ihn hatte, wie Gugel im Interview mit der römischen Zeitung sagt. Später habe er auch Johannes Paul II. und Benedikt XVI. gedient.

Er habe Johannes Paul II. in seinen Händen gehabt, als am 13. Mai 1981 das Attentat auf dem Petersplatz auf ihn verübt wurde; auch war Gugel einer der letzten, der den lebenden „lächelnden Papst Luciani“ gesehen und mit ihm gesprochen hat. Viele Spekulationen und Verschwörungstheorien geisterten herum, doch er halte nichts davon.

Auch zum Fall der entführten Vatikan-Bürgerin Emanuela Orlandi oder zur angeblichen Beziehung von Vatikan-Mitarbeitern zu Freimauern will Gugel nicht viel sagen. Dies sei alles „böse Sprüche“ gegen den Vatikan und die Kirche. Über seinen Nachfolger Paolo Gabriele, der in den Fall Vatileaks – also den Raub und die illegale Verbreitung von vatikaninternen Dokumenten – verwickelt war und dafür verurteilt wurde, sagt Gugel, dass er „von vornherein gewusst habe“, dass mit diesem Mann „etwas nicht stimmte“, weil sich Gabriele kaum für die Tätigkeit von Gugel interessiert habe, als dieser ihn auf die Arbeitsabläufe eines päpstlichen Kammerdieners hinweisen wollte.

In dem langen Gespräch mit dem „Messaggero“ geht Gugel auch auf die vielen Inkognito-Ausflüge von Johannes Paul II. ein. Einmal habe er bei einem Ausflug an einen römischen Strand die Schlüssel des Aufzugs zur Papstwohnung verloren, doch eine Woche später habe er sie wiedergefunden. Stolz sei er darauf, dass ihm Benedikt XVI. einmal gesagt habe, dass er zur „päpstlichen Familie“ gehöre. In der Tat wurde Angelo Gugel lange Jahre im vatikanischen Jahrbuch unter dem Stichwort „Päpstliche Familie“ aufgeführt. (vatican news)

Vor 35 Jahren: Wahl Johannes Paul I.

An diesem Montag vor 35 Jahren wurde der Patriarch von Venedig, Albino Luciani, zum Papst gewählt. Er sollte nur 33 Tage auf dem Papstthron bleiben, bevor er an Herzversagen starb. Als der „lächelnde Papst" – „Papa del sorriso" – bleibt er im Gedächtnis. Er sei zur Wahl in die Sixtinische Kapelle gegangen, ohne sich vorstellen zu können, was passieren würde, gestand er bei einer Ansprache an die Kardinäle am Tag nach der Wahl – eine Ansprache, die der Papst frei hielt, was vorher noch nie vorgekommen war.

„Es ging dann darum, einen Namen zu wählen. Darüber hatte ich gar nicht nachgedacht. Ich habe mir deswegen folgendes gedacht: Papst Johannes hat mich geweiht, hier in Sankt Peter. Außerdem komme ich vom Bischofsstuhl von Venedig hierher, und Venedig ist immer noch voll von Papst Johannes (…). Papst Paul dagegen hat mich nicht nur zum Kardinal erhoben, sondern mich vor einigen Monaten auf dem Markusplatz erröten lassen, vor 20.000 Menschen. Er hat seine Stola genommen und sie mir umgelegt. Nie war ich so rot wie da. Außerdem hat dieser Papst in fünfzehn Jahren Pontifikat der Welt gezeigt, wie man liebt, wie man dient und wie man arbeitet für die Kirche Christi. Deswegen habe ich gesagt: Ich nenne mich Johannes Paul."

Er habe weder die Weisheit des Herzens Papst Johannes‘ noch die Vorbereitung oder Bildung Papst Pauls, sei aber nun an ihre Stelle gewählt worden, so Luciani; er bat um Gebet und die Hilfe aller. Bei der Ansprache nannte er sechs Schwerpunkte seines Pontifikates: die kontinuierliche Umsetzung der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils, die Bewahrung der „großen Disziplin der Kirche für das Leben der Priester und der Gläubigen", die Evangelisierung als erste Pflicht der Kirche, die Fortsetzung der ökumenischen Bestrebungen, die Weiterführung des von seinem Vorgänger zum Prinzip des pastoralen Wirkens erhobenen Dialogs und die Unterstützung aller aufrichtigen Initiativen zur Erhaltung und Förderung des Friedens in der Welt.

In seinem Geburtsort Canale d'Agordo in den Dolomiten finden aktuell am 25./26. August, aus Anlass des Wahltags-Jubiläums, große Gedenkfeiern mit einem Konzert, einer Buchpräsentation und einem Pontifikalamt statt. Den Gottesdienst am Wahltag, 26. August, auf der zentralen Piazza leitet der Diözesanbischof von Vicenza, Beniamino Pizziol.

Hintergrund

Albino Luciani wurde 1912 in einer armen Familie in Forno di Canale (heute Canale d'Agordo) in der Provinz Belluno geboren; sein Vater war ein überzeugter Sozialist. Von Kindheit an war Albino kränklich. Im Alter von elf Jahren trat er 1923 in das Knabenseminar in Feltre ein. Schon 1935 wurde Albino Luciani zum Priester geweiht. Er promovierte 1947 mit einer Arbeit über den Philosophen und Ordensgründer Antonio Rosmini (1797-1855), der inzwischen selig gesprochen worden ist. Obwohl er keine Ämter anstrebte, wurde er bald mit verantwortungsvollen Funktionen betraut. U.a. war er in seiner Heimatdiözese stellvertretender Regens des Priesterseminars, Direktor des Katechetischen Büros und Generalvikar. Am 27. Dezember 1958 wurde Luciani von Johannes XXIII. zum Bischof von Vittorio Veneto ernannt. Paul VI. ernannte ihn 1969 zum Patriarchen von Venedig und nahm ihn 1973 in das Kardinalskollegium auf. 1971 machte der Patriarch Schlagzeilen, als er den reichen Kirchen des „Westens" vorschlug, ein Prozent ihrer Einkünfte an die mittellosen Kirchen im „Süden" abzuführen.

Italienweit bekannt wurde Luciani durch seine humorvollen und tiefgehenden fiktiven Briefe an historische Gestalten, die in der Zeitschrift „Messaggero di Sant'Antonio" erschienen. 1976 kamen sie unter dem Titel „Illustrissimi" in Buchform heraus, auf Deutsch 1978 unter dem Titel „Ihr ergebener…Albino Luciani".

Nach dem Tod von Paul VI. wurde Albino Luciani am 26. August 1978 nach einem nur eintägigen Konklave, an dem 111 Kardinäle teilnahmen, zum Papst gewählt. Dieses Konklave war das erste, an dem die Kardinäle über 80 nicht mehr teilnehmen durften. Die Wahl Lucianis stellte für die Weltöffentlichkeit und vermutlich auch für ihn selbst eine Überraschung dar. Joseph Ratzinger, der spätere Papst, sage in einem „Trenta giorni"-Interview in den 1980er-Jahren, der Name Lucianis sei bei einer Begegnung von brasilianischen und deutschsprachigen Kardinälen – unter ihnen auch Kardinal König – beim Konklave „ins Gespräch" gekommen.

Am 3. September 1978 wurde der neue Papst feierlich in sein Amt eingeführt. Auf die traditionelle prunkvolle Krönung mit der Tiara verzichtete er, stattdessen fand seine Amtseinführung bei einer Messfeier auf dem Petersplatz statt.

Nach einem Pontifikat von nur 33 Tagen starb Johannes Paul I. in der Nacht vom 28. zum 29. September 1978 und wurde in der Krypta des Petersdoms bestattet. (rv)

Vatikan: Papst Johannes Paul I. könnte schon bald seliggesprochen werden

Das sagt der Postulator im entsprechenden Seligsprechungsverfahren, Bischof Enrico dal Covolo. Er werde der Seligenkongregation am Mittwoch das Dossier über den „lächelnden Papst" überreichen; die zusammengetragenen Dokumente machten aus seiner Sicht eine baldige Seligsprechung von Albino Luciani – so der bürgerliche Name Johannes Pauls – möglich. In einem Interview erklärte der Bischof, dass sich aus dem Dossier auch „zweifelsfrei ergibt, dass Johannes Paul I. eines natürlichen Todes gestorben ist". Der Papst war im September 1978, nur 33 Tage nach seiner Wahl, tot aufgefunden worden. Dal Covolo gibt an, dass Benedikt XVI. eine baldige Seligsprechung seines Vor-Vorgängers „stark unterstützt, mit Zuneigung und Aufmerksamkeit". (rv)