MADRID – Es ist ein Klischee: Das angeblich gute Zusammenleben verschiedener Kulturen im muslimisch beherrschten Spanien vor der Reconquista, der Rückeroberung der iberischen Halbinsel. Ein neues Buch enthüllt, was an diesem Mythos dran ist – und leistet damit einen Beitrag zur Differenzierung über ein Kapitel der Geschichte Europas, das vor dem Hintergrund der aktuellen Migrationskrise besonders brisant ist.
„Al-Andalus und das Kreuz. Eine Enthüllung der Mythen über die muslimische Invasion Hispaniens“ wurde von Rafael Sánchez Saus geschrieben, Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Universität von Cádiz (Spanien).
Das Werk beschreibt, wie die arabische Expansion zur Entstehung von Al-Andalus führte. Gleichzeitig möchte der Autor die „wirkliche Lage der Christen“ darstellen, um sie den „gezielten Fälschungen“ entgegen zu stellen, die von Ideologen der vergangenen Jahrzehnte gerne in Umlauf gebracht wurden.
Mit Fakten gegen eine historische Fälschung
Das Buch ist ein historisches Essay, das die reale Lage Spaniens im 7. Jahrhundert aufzeigen möchte, als die maurischen Truppen mit der Eroberung der Iberischen Halbinseln begannen. Es schildert auch, wie die Muslime die dortige jüdische, muslimische und christliche Kultur erlebten.
Im Gespräch mit CNA erläutert Sánchez Saus, als Professor für Mittelalterliche Geschichte Spaniens habe er insbesondere feststellen können, „wie manche Klischees über Al-Andalus und die maurische Zivilisation, die sich über sehr lange Zeit hindurch in der spanischen Kultur festgesetzt haben, im Laufe der Zeit unwirkliche Züge angenommen haben. Es handelt sich um eine historische Fälschung, die bewirkt, dass die Studenten bereits von dieser Ideologie geprägt sind, wenn sie auf die Universität kommen.“
Mehrheitlich christliche Bevölkerung unterdrückt
Der Professor bestreitet, dass es ein angeblich gutes Zusammenleben der drei Kulturen in Al-Andalus gegeben hat. „Die damals unterdruckte Bevölkerung war die christliche, die sehr lange Zeit hindurch die Mehrheit der Bevölkerung von Al-Andalus darstellte.“
Deshalb sei es falsch, diese Epoche als Modell der Toleranz zwischen den Kulturen darzustellen. Denn, so schreibt Sánchez Faus, „das System gründete in der ständigen Unterwerfung dieser Gruppen, denen im Gegenzug eine relative Toleranz zur Ausübung ihres Glaubens gewährt wurde.“
Der Autor präzisiert, dass sie „gleichzeitig einer extremen Ungleichheit und dem Verlust ihrer Würde ausgesetzt waren“.
Der Professor für Mittelalterliche Geschichte bemerkt dazu, dass in der Zeit des Kalifats der Umayyaden die Christen als Bürger zweiter Klasse behandelt wurden.
Diese Ungleichheit vor dem Gesetz wird in der Tatsache deutlich, dass ein Christ so viel Wert besaß wie eine muslimische Frau, die ihrerseits die Hälfte des Wertes eines muslimischen Mannes hatte.
Sieben Jahrhunderte „Al-Andalus“
Der Begriff Al-Andalus bezeichnet das Gebiet der Iberischen Halbinsel, das in den Jahren zwischen 711 und 1492 unter muslimischer Herrschaft stand.
Nachdem die Araber im 8. Jahrhundert dieses Gebiet erobert hatten, wurde dieses heute zu Spanien gehörende Territorium in das Kalifat der Umayyaden integriert, das später zum Emirat von Córdoba wurde.
Nachdem die Königreiche, die das Emirat bildeten, verschiedene Teilungen erfahren hatten, endete schließlich am 2. Januar 1492 die sogenannte „Reconquista“ mit der Eroberung Granadas durch die Katholischen Könige, Isabella und Ferdinand. Damit endete die islamische Vorherrschaft auf der Iberischen Halbinsel.
„Al-Andalus y la cruz. Mitos al descubrimiento sobre la invasión musulmana de Hispania“ ist im Stella-Maris Verlag erschienen. Weitere Information über das Buch können Sie hier erhalten. (CNA Deutsch)