Der brasilianische Kardinal Odilo Scherer erwartet sich vom neuen Papst Änderungen an der Kurie. „Es ist ja auch in der Kurie gewünscht, dass sich vieles ändert“, sagte der deutschstämmige Kardinal, der vielen Beobachtern vor dem Konklave als papabel gegolten hatte, am Freitag bei einem Besuch in Radio Vatikan. Er hoffe auf „neue Ausdrucksformen der Kollegialität in der Kirche“ schon „in den nächsten Monaten“.
Stefan v. Kempis fragte den Erzbischof von Sao Paolo, wie er über den neuen Papst Franziskus denke.
„Ich denke, wir haben wirklich einen neuen Papst vor uns – das merkt man sofort, wenn er sich präsentiert. Er hat schon Hinweise gegeben, dass er auch Neues in der Kirche tun wird, wir freuen uns sehr auf ihn! Er hat sich uns Kardinälen heute Morgen mit einer Ansprache zugewendet, und da hat man merken können, dass er wirklich von Herzen spricht. Es liegt ihm wirklich am Herzen, die Kirche vorwärtszubringen, Neues in der Kirche einzulassen und auch der Kirche ein neues Gesicht zu geben, damit die Kirche auch das Licht des Evangeliums in neuer Weise der Welt weitergeben kann.“
Was ist das Neue an ihm? Was ist das Lateinamerikanische, was das Jesuitische an ihm?
„Das ist nicht so einfach zu sagen, das wird man merken, allmählich. Da muss man ein bisschen warten, das ist noch etwas zu früh. Aber er ist ein sehr, sehr einfacher Mann, ein kluger Mann, ein Mystiker ist er auch, ein wirklicher Kirchenhirte, sehr beliebt bei seinen Leuten. Er wird auch von den Leuten hier in Rom sofort geliebt werden, von allen, die ihn bei Audienzen usw. treffen werden. Was das Neue betrifft: Hinweise sind ja schon gegeben von seinem Namen her. Neu wird irgendwie sein, dass wir uns auf das Wichtige, auf das einzig Wichtige der Kirche wieder konzentrieren sollen. Das ist die Bekehrung, von der schon länger in Lateinamerika die Rede ist; man hat es klar ausgesprochen in Aparecida, in der großen Versammlung der Bischöfe Lateinamerikas im Jahr 2007. Also, eine Bekehrung der Kirche zu Christus und zum Evangelium: Von dem einen, wirklichen Wahren, was gilt in der Kirche, davon soll man sich wieder leiten lassen!
Und da hat der heilige Franziskus uns ein Vorbild gegeben; er hat sich ganz Gott zugewandt, seine Bekehrung war vor allem eine völlige Bekehrung zu Gott. „Mio Dio è mio tutto“, Mein Gott ist mein Alles, das war sein Wort. Und von da an hat er ganz anders auf die Welt und auf die Menschen geschaut: die Würde des Menschen, der Armen, der Kranken, derer, die nichts gelten vor der Welt… Ich denke, das ist der Hinweis, von dem wir jetzt auch schon etwas merken können von Papst Franziskus.“
Muss jetzt die Kurie zittern vor einem Papst, der jetzt mal richtig aufräumt nach dem ganzen Durcheinander der letzten Jahre?
„Ich würde nicht sagen: zittern. Nein, die Kurie soll sich ja freuen! Es ist ja auch in der Kurie gewünscht, dass sich vieles ändert, damit die Kurie selbst dem Papst besser dient als ein Instrument, damit wiederum der Papst besser der Weltkirche dienen kann – mithilfe der Kurie. Ich sage: Dies wird auch in der Kurie gewünscht! Da wird sich schon etwas ändern, und es ist auch möglich, dass neue Ausdrucksformen dieser Kollegialität in der Kirche gebildet werden können in den nächsten Monaten oder Jahren! Wir hoffen: in den nächsten Monaten. Es geht darum, dass diese Art der wichtigen Zusammenarbeit der Bischöfe, die mitverantwortlich sind für die ganze Kirche, mit dem Papst, der vor der ganzen Kirche steht, besser ausgedrückt und wahrgenommen wird.“ (rv)