Ein Bischof sollte heutzutage „Mut zum Widerspruch gegen die herrschenden Orientierungen“ haben. Das sagte Papst Benedikt XVI. an diesem Sonntag, dem Hochfest der Erscheinung des Herrn. „Wer den Glauben der Kirche lebt und verkündet, steht in vielen Punkten quer zu den herrschenden Meinungen gerade auch in unserer Zeit“, so der Papst. „Gottesfurcht befreit von der Menschenfurcht. Sie macht frei.“ Im Petersdom feierte er eine Heilige Messe und erteilte dabei vier Priestern die Bischofsweihe. Unter ihnen ist auch sein Privatsekretär Georg Gänswein, neuer Präfekt des Päpstlichen Hauses. Auch in diesem neuen Amt bleibt Erzbischof Gänswein aber Privatsekretär von Benedikt XVI.
„Tu es Petrus“, singt der Chor, als der Papst in die Basilika einzieht. Auch italienische Politiker sind unter den Teilnehmern an der Messfeier, darunter Ministerpräsident Mario Monti, der nach den Wahlen Ende Februar wieder Regierungschef werden will. Mit dem Papst konzelebriert unter anderem sein Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Das Evangelium berichtet an diesem Sonntag von den „Sterndeutern aus dem Osten“, die sich auf die Suche nach dem „neugeborenen König der Juden“ machen; feierlich wird die Allerheiligenlitanei gesungen, bevor der Papst wie einst zu Zeiten der Apostel vier Kurienmitarbeitern die Hände auflegt. Zu Bischöfen geweiht werden damit Angelo Vincenzo Zani, neuer Sekretär der Bildungskongregation; Fortunatus Nwachukwu, neuer Nuntius in Nicaragua; Nicolas Henry Marie Denis Thevenin, neuer Nuntius in Guatemala; und der aus dem Erzbistum Freiburg stammende Georg Gänswein, Privatsekretär des Papstes. Alle vier werfen sich, wie der Ritus es vorschreibt, vor dem Hochaltar zu Boden – ab diesem Sonntag sind sie Erzbischöfe.
Papst-Sekretär Gänswein wird Erzbischof
Gänswein ist 56 Jahre alt, promovierter Kirchenrechtler, seit 1995 in Diensten des Vatikans. Zu seiner Weihe sind auch der Erzbischof seines Heimatbistums Freiburg, Robert Zollitsch, sowie Verwandte und Freunde angereist. Viele kommen aus Riedern, seinem Heimatdorf im südlichen Schwarzwald; auch der Bürgermeister ist da. Seit 2003 steht Gänswein dem heutigen Papst als Privatsekretär zur Seite. In sein Bischofswappen hat auch er, wie Papst Benedikt, den Korbiniansbären und den Freisinger Moor aufgenommen: ein Zeichen der Nähe.
In seiner Predigt geht Benedikt XVI. von den Sterndeutern aus: den Weisen aus dem Morgenland, die ein Stern bis zum göttlichen Kind in der Krippe führt. „Die Männer, die da ins Unbekannte ausgezogen sind, waren auf jeden Fall Menschen des unruhigen Herzens. Menschen, die die Unruhe nach Gott und nach dem Heil der Welt umtrieb. Wartende Menschen, die sich nicht begnügten mit ihrem gesicherten Einkommen und ihrer wohl ansehnlichen sozialen Stellung. Sie hielten Ausschau nach dem Größeren. Es waren wohl gelehrte Männer, die vieles von den Gestirnen wußten und wohl auch über philosophische Bildung verfügten. Aber sie wollten nicht einfach nur vieles wissen. Sie wollten vor allem das Wesentliche wissen. Sie wollten wissen, wie man es macht, ein Mensch zu sein. Und deshalb wollten sie wissen, ob es Gott gibt, wo und wie er ist.“
Aber sie wollten nicht nur wissen, so fährt der Papst fort: „Sie wollten die Wahrheit über uns und über Gott und die Welt erkennen. Ihre äußere Pilgerschaft ist Ausdruck ihres inneren Unterwegsseins, der inneren Pilgerschaft ihres Herzens. Es waren Menschen, die Gott suchten und letztlich auf dem Weg zu ihm hin waren. Es waren Gottsucher.“ Und genauso sollte auch ein Bischof sein: „ein Mensch, dem es um Gott geht, denn nur dann geht es ihm auch wirklich um die Menschen“. Ein „Mensch für die anderen“. Und das sei er „nur dann wirklich, wenn er ein von Gott ergriffener Mensch ist“.
„Bischof muss Mensch für die anderen sein“
„Wie die Weisen aus dem Morgenland, so darf auch ein Bischof nicht jemand sein, der bloß seinen Job ausübt und es dabei bewenden läßt. Nein, er muß von der Unruhe Gottes für die Menschen ergriffen sein. Er muß gleichsam mit Gott mitdenken und mitfühlen. Nicht nur dem Menschen ist die Unruhe für Gott eingeschaffen, sondern diese Unruhe ist Mitbeteiligung an der Unruhe Gottes für uns. Weil Gott nach uns unruhig ist, darum geht er uns nach bis in die Krippe, bis an das Kreuz.“
Glaube – das sei „nichts anderes als das innere Berührtsein von Gott, das uns auf den Weg des Lebens führt“, meditierte der Papst. „Glaube zieht uns in das Ergriffensein von Gottes Unruhe hinein und macht uns zu Pilgern, die innerlich unterwegs sind zum wahren König der Welt und zu seiner Verheißung der Gerechtigkeit, der Wahrheit, der Liebe. Der Bischof muß in dieser Pilgerschaft vorausgehen, den Menschen Wegweiser zu Glaube, Hoffnung und Liebe hin sein.“
Die „innere Pilgerschaft des Glaubens zu Gott hin“ vollziehe sich „vor allem im Gebet“, meinte Benedikt XVI.: Darum müsse ein Bischof „vor allem ein betender Mensch sein“. Und dann sollte er – wie die Sterndeuter aus dem Osten – auch einen gewissen Mut mitbringen, denn: „Wir können uns vorstellen, dass der Entscheid dieser Männer Spott hervorrief: den Spott der Realisten, die die Träumerei dieser Menschen nur belachen konnten. Wer auf so ungewisse Verheißungen hin aufbrach und alles riskierte, der konnte nur lächerlich erscheinen. Aber für diese von Gott innerlich angerührten Menschen war der Weg nach seiner Weisung wichtiger als die Meinung der Menschen. Die Suche nach der Wahrheit war ihnen wichtiger als der Spott der scheinbar gescheiten Welt.“
„Tapferkeit heißt nicht Dreinschlagen“
Das lasse ihn daran denken, wie verquer ein Bischof heute zu den dominierenden Zeitströmungen stehe. „Die Demut des Glaubens, des Mitglaubens mit dem Glauben der Kirche aller Zeiten wird immer wieder in Konflikt geraten mit der herrschenden Klugheit derer, die sich ans scheinbar Sichere halten. Wer den Glauben der Kirche lebt und verkündet, steht in vielen Punkten quer zu den herrschenden Meinungen gerade auch in unserer Zeit. Der heute weithin bestimmende Agnostizismus hat seine Dogmen und ist höchst intolerant gegenüber all dem, was ihn und seine Maßstäbe in Frage stellt. Deshalb ist der Mut zum Widerspruch gegen die herrschenden Orientierungen für einen Bischof heute besonders vordringlich. Er muß tapfer sein. Und Tapferkeit besteht nicht im Dreinschlagen, in der Aggressivität, sondern im Sich-schlagen-Lassen und im Standhalten gegenüber den Maßstäben der herrschenden Meinungen.“
Auch die Nachfolger der Apostel müssten „damit rechnen, daß sie immer wieder verprügelt werden, wenn sie nicht aufhören, das Evangelium hörbar und verständlich zu verkündigen“, so Papst Benedikt. „Natürlich wollen wir wie die Apostel die Menschen überzeugen und in diesem Sinn Zustimmung gewinnen. Natürlich provozieren wir nicht, sondern ganz im Gegenteil laden wir alle ein in die Freude der Wahrheit, die den Weg zeigt. Aber die Zustimmung der herrschenden Meinungen ist nicht der Maßstab, dem wir uns unterwerfen. Der Maßstab ist ER selbst: der Herr. Wenn wir für ihn eintreten, werden wir gottlob immer wieder Menschen für den Weg des Evangeliums gewinnen. Aber unweigerlich werden wir auch von denen, die mit ihrem Leben dem Evangelium entgegenstehen, verprügelt, und dann dürfen wir dankbar sein, dass wir gewürdigt werden, am Leiden Christi teilzuhaben.“ (rv)
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