Vatikan verurteilt die Anschläge von Nigeria und Kenia

 Der Heilige Stuhl verurteilt die jüngsten Terror-Attacken auf christliche Kirchen in Kenia und Nigeria. Vatikansprecher Pater Federico Lombardi bezeichnete die Attacken in einer Stellungnahme von diesem Montag als „fürchterlich und verdammenswert: sie sind mit größter Entschiedenheit zu verurteilen."

Bei einem christlichen Freiluftgottesdienst in Kano in Nordnigeria waren am Sonntag mehr als zwanzig Personen durch Gewehrfeuer und Bomben gestorben, in der kenianischen Hauptstadt Nairobi forderte eine ähnliche Attacke ein Menschenleben. Beide Anschläge haben ersten Erhebungen zufolge einen islamistischen Hintergrund. Gegenüber Radio Vatikan rief Lombardi dazu auf, der Logik des Terrors nicht nachzugeben:

„Unsere Nähe gilt den Opfern und den Gemeinschaften – sie leiden unter dieser verhassten Gewalt, die sich unter ihnen ereignete, als sie friedlich ihren Glauben feierten, einen Glauben, der Liebe und Frieden für alle verkündet. Wir müssen die gesamte Bevölkerung ermutigen, jenseits aller religiösen Unterschiede nicht der Versuchung nachzugeben und in den Teufelskreis mörderischen Hasses zu verfallen."

Auch Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone zeigte sich besorgt über die Attentate in Nigeria und Kenia. „Obwohl man versucht hat, das Recht auf Religionsfreiheit zu stärken, auch in den Verfassungstexten aller Staaten und internationalen Organisationen, sieht man das grundlegende Recht auf Religionsfreiheit nicht angewendet", sagte der „Zweite Mann" im Vatikan nach dem Papst am Rand einer Konferenz in Rimini. Er nehme eine „wachsende, mitunter gewalttätige Intoleranz" wahr, sagte Kardinal Bertone. Er sorge sich auch deshalb, weil die Christen in den Krisennationen in Afrika und dem Nahen Osten „ein Faktor des Gleichgewichts und der Versöhnung" inmitten der Konflikte seien. Es sei schon merkwürdig, dass sich ausgerechnet gegen sie eine so starke Intoleranz und Aggressivität richte.

Nigeria
Der Gottesdienst in Kano fand in einem Freilufttheater in Nigerias zweitgrößter Stadt statt. Insgesamt starben seit Januar mehrere hundert Menschen in ganz Nigeria bei Bombenanschlägen und Angriffen. Oft waren Kirchen das Ziel der Attentäter. Die Attentate gehen auf das Konto der islamistischen Gruppe „Boko-Haram", die Kontakte zu al-Qaida haben soll. Erst am Samstag hatte ein Selbstmordattentäter einen Sprengsatz vor dem Gebäude einer Zeitung in Nigerias Hauptstadt Abuja gezündet. Der christliche Staatspräsident Goodluck Jonathan, dem viele Christen vorwerfen, nicht genug für ihre Sicherheit zu tun, besuchte den Ort des Attentats.

Kenia
Ein christlicher Gottesdienst war ebenfalls Schauplatz des Terrors in Nairobi. Seit Kenia im vergangenen Jahr Truppen ins benachbarte Somalia schickte, kommt es in Nairobi immer wieder zu Anschlägen. Kenia vermutet ebenfalls al-Qaida-nahe Gruppen dahinter, die von Somalia aus operieren. Im März starben bei einem dieser Anschläge neun Menschen in einem Busbahnhof, vierzig wurden verletzt. (rv)

Übersicht: Reaktionen auf Anschlag von Ägypten

Politiker und Islam-Vertreter in der arabischen und islamischen Welt haben das Attentat von Alexandria einhellig und mit scharfen Worten verurteilt. Auch die Kommentare in ägyptischen Zeitungen äußern große Sorge. Die regierungsnahe „Ruz al Yusuf" vermutet, die Extremisten wollten das Land in einen Bürgerkrieg treiben. Die fundamentalistisch orientieren Muslimbrüder, die den Anschlag schon am Samstag klar verurteilt hatten, wollen nun für mehr Rechte für Kopten eintreten. Sie kündigten an, dass sie künftig wohl einen Kopten im Amt des Staatspräsidenten akzeptieren würden. Das ist bislang von der ägyptischen Verfassung nicht erlaubt.
US-Präsident Barack Obama hat den Anschlag als „barbarische Tat" gebrandmarkt. Nach der Analyse eines US-Korrespondenten fürchtet man im Weißen Haus, dass es zu weiteren Massakern an Christen im Nahen Osten kommen könnte – konkret an Christen in Nord- und Südsudan nach der Volksabstimmung über eine mögliche Unabhängigkeit des Südsudan. Das Referendum ist auf den 9. Januar angesetzt.
Die jüdische Gemeinde von Rom zeigt sich in einem Statement beunruhigt über „das Vorgehen gegen Christen in Ländern wie Sudan, Nigeria, Irak bis hin zu Gaza". Sie stellen sich hinter eine Initiative des römischen Bürgermeisters Gianni Alemanno. Dieser bietet die Schirmherrschaft der Stadt Rom für alle Initiativen an, die sich von Rom aus für Religionsfreiheit einsetzen. Italiens Außenminister Franco Frattini fordert von der EU, ihre Hilfen für Länder, die die Sicherheit von Christen nicht genügend gewährleisten, zurückzufahren.
Die deutsche Bundesregierung sprach von einem Akt der Brutalität. „Das zynische Vorgehen der Attentäter zeigt, wie notwendig es ist, entschlossen gegen Terrorismus und religiöse Intoleranz vorzugehen", betonte Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Zugleich forderten Vertreter aus Politik und Kirche, christliche Minderheiten in islamischen Ländern besser zu schützen. CDU-Politiker riefen muslimische Würdenträger in aller Welt auf, sich von Gewalt gegen andere Religionen zu distanzieren. „Muslimische Autoritäten in Kairo und anderswo müssen eindeutig Stellung beziehen gegen jede Form von Gewalt im Namen ihrer Religion", sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan dem „Hamburger Abendblatt". Es könne keinen Frieden der Völker ohne einen Frieden der Religionen geben. Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), beklagte gegenüber der Zeitung eine zunehmende Gewalt gegen Christen. Diese würden vor allem in Ländern verfolgt, „in denen Muslime die Mehrheit haben".
Der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, forderte die ägyptische Regierung auf, aktiv für die Religionsfreiheit Partei zu ergreifen und Anfeindungen religiöser Minderheiten im Namen des Islam zurückzuweisen. Das gelte für Christen ebenso wie für Bahai oder auch ehemalige Muslime.
Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn bekundete seine tiefe Betroffenheit über den Bombenanschlag. „Die katholische Kirche in Österreich ist solidarisch mit dem Schmerz und der Trauer der koptischen Kirche. Dies um so mehr, als es zwischen unseren Kirchen seit mehreren Jahrzehnten dank der Stiftung ‚Pro Oriente‘ eine tiefe innere Verbundenheit gibt", so der Kardinal wörtlich. Der Wiener Erzbischof betonte zugleich, dass ihn nicht nur der Schmerz über das Schicksal der neuen Märtyrer von Alexandrien bewege, er sei auch in tiefer Sorge über die Situation der Christen im ganzen nahöstlichen Raum. Christen dürften nicht als Bürger zweiter Klasse behandelt werden, so Kardinal Schönborn: „Niemand soll irgendwo als Bürger zweiter Klasse angesehen werden".
Auch der Weltrat der Kirchen verurteilt das Attentat von Alexandria. Sein Generalsekretär Olav Fykse Tveit fordert die ägyptische Regierung auf, für die Achtung der religiösen Rechte der Angehörigen aller Glaubensrichtungen zu sorgen. Der Leiter der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Kairo, Pfarrer Joachim Schroedel, ruft zu stärkerer Solidarität der Kirchen in Europa mit den christlichen Gemeinden in Ägypten auf. So sollten auch deutsche Bischöfe nicht nur zu Christen in Israel oder Palästina reisen, sondern auch einmal Gemeinden in Ägypten besuchen, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur in Kairo. Bei einem solchen Besuch könnten die Bischöfe zudem in offiziellen Gesprächen die Problematik der christlichen Minderheit im Land thematisieren. Die ägyptische Regierung müsse mehr zu deren Schutz tun. Der Seelsorger berichtete, seit dem Anschlag hätten sich einige Muslime bei ihm gemeldet und ihre Betroffenheit und Trauer über die Tat bekundet. Die Mitglieder der deutschsprachigen Gemeinde seien nicht stärker verängstigt als bislang.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker fordert den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak auf, sich für ein Ende der Diskriminierung der Kopten im öffentlichen Leben einzusetzen. Mubarak könne so ein deutliches Zeichen gegen die zunehmende Gewalt setzen, unter der die religiöse Minderheit leidet. „Mit leeren Worten der Anteilnahme werden die Kopten sich nicht beruhigen lassen", meint ein Experte des von Göttingen aus operierenden Verbandes. „Nach Jahren staatlicher Schikanierung und stillschweigender Duldung von Übergriffen wollen die Christen nun endlich konkrete Taten zur Verbesserung ihrer schwierigen Lage in Ägypten sehen." So sollten nicht nur der Bau und die Modernisierung von Kirchen erleichtert werden, auch die Religionszugehörigkeit sollte nicht länger in amtlichen Papieren ausgewiesen werden. Außerdem sollten anti-christliche Kampagnen in Schulen sowie Medien unterbunden werden, und die Kopten müssten angemessen im Parlament vertreten sein.
Bislang ist die christliche Minderheit im Abgeordnetenhaus durch Vertreter repräsentiert, die von der Regierung handverlesen sind. Präsident Mubarak hatte nach den Wahlen vom Herbst 2010 sieben Kopten als Parlamentarier ausgewählt. Ihre Ernennung wurde jedoch von führenden Vertretern der Kopten kritisiert, da sie sich nicht engagiert für die Rechte der Minderheit einsetzten.
(rv)

Kardinal Turkson: Anschläge von Bagdad als Reaktion auf Nahost-Synode?

In seiner Friedensbotschaft hat sich Papst Benedikt besorgt über die Lage der Christen im Irak geäußert. Wir haben Kardinal Peter Turkson, den Präsidenten des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, zu diesem Thema befragt. Der Kardinal stellte die Friedensbotschaft von Benedikt XVI. am Mittag der Presse vor. Sich einzuigeln, um sich zu schützen – das sei der falsche Weg, sagte uns der Kardinal mit Blick auf den Schutz christlicher Einrichtungen durch Betonmauern in Bagdad und Mossul.
 „Wir müssen vielmehr nicht mehr Mauern aufbauen, sondern versuchen mit den Leuten zu reden. Sie sind im Grundprinzip Iraker, im Irak geboren, sie haben die irakische Staatsbürgerschaft. Aber wegen des Glaubens darf man nicht seine staatsbürgerlichen Rechte verlieren! Also keine Mauern bauen, sondern die Leute sollen verstehen, dass man nicht staatsbürgerliche Rechte wegen des Glaubens verlieren darf."
Turkson drängt auf mehr Einsatz europäischer Politiker für die Christen im Irak. Sie müssten mit der irakischen Regierung verhandeln, damit vor Ort Sicherheit geschaffen werde. Obwohl die Christen voll im Irak integriert seien, würden ihre Rechte dort nicht geachtet – sie würden als Fremdkörper gesehen, ihre Bürgerrechte würden missachtet. Und dann geht der aus Ghana stammende Kardinal auch auf das Attentat vom 31. Oktober in Bagdad ein, das zwei Priestern und über 50 Gläubigen das Leben kostete. Er sieht den Vorfall in Zusammenhang mit der Nahostsynode im Vatikan. Turkson:
„Das Attentat, das wir im Irak gehabt haben, wurde von einigen Leuten als Antwort für diese Synode ausgedrückt. Es gibt Leute, die das sozusagen als Strafe sehen." (rv)