Brügge hat einen neuen Bischof: Papst Franziskus bestimmte an diesem Mittwoch den bisherigen Stadtdekan und Domkapitular von Gent, Lodewijk Aerts, zum neuen Oberhirten der belgischen Stadt. Der 1984 zum Priester geweihte Aerts war als Philosophie- und Dogmatikprofessor in Gent tätig, wo er auch als spiritueller Rektor des dortigen Priesterseminars tätig war. Als Bischofsvikar kümmerte er sich um die Bereiche Jugendpastoral, Berufungen, Ausbildung und Weiterbildung. Seit 2002 war Aerts Domkapitular von Gent und seit 2016 Dekan der Stadt. (rv)
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Vatikan nennt Sterbehilfe in Belgien „monströs“
„Ein Verbrechen, das den Weg freimacht für weitere Attentate auf das Leben“: So urteilen die belgischen Bischöfe über die aktive Sterbehilfe für Kinder. Das Parlament in Brüssel hat sie am Donnerstag für legal erklärt; das belgische Gesetz geht damit noch weiter als das niederländische, das aktive Sterbehilfe für Minderjährige erst ab 12 Jahren erlaubt. Kardinal Elio Sgreccia ist einer der namhaftesten Lebensschützer im Vatikan; er leitete lange die Päpstliche Akademie für das Leben. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagte er:
„Kinder sind mittlerweile Opfer von Angriffen aus mehreren Richtungen geworden. Vor ein paar Monaten, Sie erinnern sich sicher, haben zwei Wissenschaftler sogar die Abtreibung nach der Geburt vorgeschlagen; nach ihrer Argumentation müssen die Gründe, aus denen in der Gesellschaft heute Abtreibungen gerechtfertigt werden, juristisch gesehen doch auch noch nach der Geburt gelten: bei Kindern, die krank sind oder Missbildungen haben. Es ist monströs, was mit Kindern geschieht, nicht nur vor, sondern auch nach der Geburt. In Belgien erleben wir, dass die Euthanasie für alte und kranke Menschen jetzt vorgezogen wird, für die Kinder, und zwar ohne Altersgrenze: Hier laufen also Abtreibung und Euthanasie im Bereich der Kinder zusammen. Das ist grausam! Schrecklich, wenn man nur daran denkt, was da geschieht! Wirklich, in der Welt fehlt es an Liebe, denn ein bißchen Mitleid und menschliches Mitgefühl würde doch schon genügen, um bestimmte Dinge auszuschließen.“
Doch trotz der katholischen Tradition Belgiens haben sich in den Umfragen mehr als siebzig Prozent für das neue Sterbehilfe-Gesetz ausgesprochen. Wie kann die Kirche diese Menschen erreichen?
„Ich glaube, es gibt schon erste Anzeichen für einen Umschwung. Das fängt damit an, dass diese Käseglocke über der westlichen Welt, die „Wohlstand, Lust, Nutzen“ hieß, zerbrochen ist. Sie hatte bislang dazu geführt, dass man das Glas des Glücks schnell hinunterkippt und dann, mit dem Leben selbst, hinter sich wirft.“ (rv)
Belgien: Kardinal Ries verstorben
Der emeritierte Professor der Universität von Löwen (Belgien) ist am heutigen Samstag in Tournai verstorben. Julien Kardinal Ries war 92 Jahre alt und gilt als der Begründer der Religionsanthropologie. Papst Benedikt XVI. hatte ihn erst vor einem Jahr in den Kardinalsstand erhoben mit dem Titel „S. Antonio di Padova a Circonvallazione Appia“. Mit seinem Tot hat das Kardinalskollegium insgesamt 208 Kardinäle und von diesen sind mit heutigem Stand 118 Eminenzen wahlberechtigt im Konklave 2013. (vh)
Bischof von Lüttich bestürzt über Anschlag
Nach dem Amoklauf in der belgischen Stadt Lüttich hat Ortsbischof Aloys Jousten zum Gebet für die Opfer und ihre Hinterbliebenen aufgerufen. Blinde und unmenschliche Gewalt hätten im Zentrum der Stadt Tod und Schrecken verbreitet, beklagte der Bischof. Damit sei unnötiges und nicht hinnehmbares Leid verursacht worden. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagt Bischof Jousten:
„Die Gewalt ist eine unberechenbare Eigenschaft des Menschen. Es wundert uns immer wieder, wie unberechenbar Menschen sein können. Diese Gewalttat ist wirklich sehr abscheulich und andererseits müssen wir uns doch immer wieder die Frage stellen, ob nicht unsere Gesellschaft mit dazu beiträgt. Ich finde es u.a. problematisch, wie Gewalt in Filmen, im Fernsehen und bei Videospielen verherrlicht wird."
Bei dem Anschlag mit Granaten und Schusswaffen hatte ein wegen Drogen- und Waffenhandels verurteilte 33-jähriger Mann am Dienstagmittag nach jüngsten belgischen Medienberichten fünf Personen getötet und 123 verletzt. Mehrere der Verletzten schweben noch in Lebensgefahr. In einer dem Täter gehörenden Lagerhalle wurde zudem der Leichnam einer 45-jährigen Frau entdeckt, die er laut Medienberichten am Morgen getötet haben soll. Über die Motive des Täter bestehe noch Unklarheit.
Den Opfern, ihren Familien und der Bevölkerung Lüttichs sagte Bischof Jousten moralische Unterstützung zu. Ausdrücklich dankte er den Sicherheitskräften und den Behörden für ihren Mut und ihren Einsatz.
„Wir Christen müssen gerade jetzt in der Weihnachtszeit die Botschaft Christi bezeugen, nämlich dass unser Gott ein Gott des Friedens und der Gewaltlosigkeit ist. Und ich hoffe, dass die Hinterbliebenen auch spüren, dass wir durch das Gebet mit ihnen verbunden sind."
Der belgische König Albert II. und seine Frau Paola sowie Ministerpräsident Elio di Rupo besuchten am Dienstagabend den Tatort. Die Bluttat wurde von allen belgischen Spitzenpolitikern und den Repräsentanten der EU-Institutionen verurteilt. An diesem Mittwochmittag ist in Lüttich eine Schweigeminute angesetzt worden. (rv)
Belgien: „Mich hat noch keiner um Entschädigung gebeten“
Kommt die belgische Kirche bald wegen der Entschädigungen für Missbrauchsopfer in finanzielle Schwierigkeiten? Am Montag haben die Bischöfe und Ordensoberen im Land allen Missbrauchsopfern, die dies wünschen, Entschädigungen angekündigt. Es gehe darum, „die Würde der Opfer wiederherzustellen", so das Statement, in dem aber keine konkreten Summen genannt werden. Die Bischöfe gehen damit auf den Vorschlag einer Parlamentskommission ein. Sie wollen auch, wie von der Kommission gewünscht, eine Art Schiedsgericht einsetzen, das sich mit verjährten Missbrauchsfällen beschäftigen soll. Wir fragten den Missbrauchsbeauftragten der belgischen Bischofskonferenz, Bischof Guy de Harpigny von Tournai, wie genau diese „Schiedsrichter" vorgehen sollen.
„Das wissen wir im Moment noch nicht. Wir haben vier Experten, die uns Bischöfe und Ordensoberen beraten; sie haben sich schon mit den zwei Experten des Abgeordnetenhauses getroffen, und da ist eine gemeinsame Abmachung in Arbeit. Das wird ziemlich schnell gehen!"
In den USA haben die Entschädigungen für Missbrauchsopfer mehr als ein Bistum in den finanziellen Ruin getrieben. Zeichnet sich jetzt auch in Belgien dasselbe Szenario ab?
„Nicht unbedingt. Einige Opfer von Missbrauch wollen keine Entschädigung – wir haben ja dann doch ziemlich viele von ihnen getroffen –, sondern sie wollen vor allem ein Eingeständnis des Vorgefallenen von seiten der Kirche."
Der Bischof wird ein wenig ungehalten, wenn man ihn fragt, wie weit er bei schon gekommen ist in seinen Begegnungen mit Opfern:
„Wie meinen Sie das: Wie weit sind Sie? Jeder Bischof empfängt Missbrauchsopfer, die um eine Begegnung bitten – das tun wir schon seit einigen Monaten! Da wird über das gesprochen, was geschehen ist, vor langer Zeit oder auch vor kurzem… und wenn es vor kurzem war, lenken wir das sofort auch in Richtung Justiz. Ich frage die Missbrauchsopfer auch jedes Mal bei solchen Begegnungen, was sie konkret von mir jetzt erwarten, und da antworten mir viele: Eine geistliche Heilung. Bis jetzt hat mich niemand um Entschädigung gebeten!"
Aber das könnte sich jetzt ändern, das weiß auch der Bischof von Tournai: Womöglich ermutigt das Statement der Bischöfe vom Montag manches Opfer nunmehr dazu, finanzielle Forderungen zu stellen. Und dann könnte es in manchen belgischen Bistümern finanziell etwas enger werden. Aber de Harpigny findet:
„Das ist egal. Das Leiden der Opfer ist unendlich wichtiger als alles Nachdenken über Geld oder Immobilien. Jetzt geht es wirklich vor allem darum, dem Leiden der Opfer zu begegnen, zuzuhören, um was sie uns bitten – und ansonsten wird man sehen…" (rv)
Vatikan: P. Lombardi widerspricht Adriaenssens
Papstsprecher Federico Lombardi widerspricht dem früheren Leiter der belgischen Untersuchungskommission zu kirchlichen Missbrauchsfällen. Der Kinderpsychiater Peter Adriaenssens hatte geäußert, dass aus seiner Sicht auch der Papst angesichts der Missbrauchsskandale zurücktreten müsse. Schließlich seien in Belgien auch zwei Minister zurückgetreten, als der Kinderschänder Marc Dutroux einmal aus der Haft geflohen sei. Der Jesuit Lombardi entgegnet darauf, dass er großen Respekt vor der Arbeit Adriaenssens habe. Die Äußerungen des Belgiers hätten ihn aber „überrascht", so Lombardi. Man könne doch „Verantwortungen und Autorität in der Weltkirche und bei Behörden, die ihrer Natur und Organisation nach völlig verschieden sind", nicht vermengen: „Dieser Vergleich funktioniert aus unserer Sicht nicht". Lombardi wörtlich: „Der Papst sollte nicht zurücktreten, sondern er sollte weiterarbeiten, um die Kirche zu leiten und uns die Orientierung zu geben, die wir dann auch in die Praxis umsetzen müssen!" Der Vatikansprecher verweist darauf, dass sich Papst Benedikt mutig „zu seiner Verantwortung als Hirte der Weltkirche bekannt" habe, und zwar „nicht nur mit Worten des Bedauerns, sondern auch mit Gesten wie etwa der Begegnung mit Opfern, und nicht zuletzt mit seinem Eintreten für Gerechtigkeit, für eine Erneuerung der Normen des kanonischen Rechts und konkreter Ermutigung für Präventionsarbeit". (rv)
Belgien: Vangheluwe wird laisiert
Der Vatikan wird bald eine Entscheidung zur Zukunft von Bischof Roger Vangheluwe treffen. Dieser hatte den sexuellen Missbrauch seines Neffen gestanden. Dies teilte an diesem Montag der Vorsitzende der Belgischen Bischofskonferenz, Erzbischof Andre-Joseph Leonard, in Brüssel mit. Er rechne damit, dass Rom sich sehr bald äußern werde, so der Bischof in einer Pressemitteilung. Vangheluwe war im April als Bischof von Brügge zurückgetreten. Danach hatte es immer wieder Forderungen gegeben, er solle sich in den Laienstand zurück versetzen lassen oder der Vatikan solle dies tun. Leonard bestätigte jetzt, in Rom sei ein Verfahren zu Vangheluwe im Gange. Diese Prozedur werde nach Angaben der Apostolischen Nuntiatur bald zum Abschluss kommen. (rv)
Belgien: Aufhebung der Beschlagnahme der Akten von Kardinal Daneels
Das Brüsseler Berufungsgericht hat die Beschlagnahme von den Akten im Haus des Kardinals Daneels für ungültig erklärt. Damit werden die Akten nicht für die gerichtliche Untersuchung benutzt werden können. Der Erzbischof von Brüssel, André-Joseph Léonard, merkte dazu an, dass nach den irregulären Untersuchungen jetzt wieder andere Dinge im Vordergrund stünden: „Die Aufmerksamkeit soll jetzt auf die Opfer der sexuellen Missbräuche in Rahmen einer Pastoralbeziehung ausgerichtet werden", so der Bischof. Er wünscht sich aber auch, dass die Daneels-Affäre von den belgischen Autoritäten besser behandelt wird, da man eine solche Situation klären müsse. (rv)
Belgien: Kardinal klagt wegen Verletzung des Justizgeheimnisses
Die katholische Kirche in Belgien kommt nicht zur Ruhe: Der ehemalige Erzbischof von Mechelen-Brüssel, Kardinal Godfried Danneels, hat Anzeige wegen Verletzung des Justizgeheimnisses erstattet. Was in den vergangenen Stunden über ihn in den Medien veröffentlicht wurde, schädige den Ruf des Kardinals auf irreparable Weise. Das teilte der Kardinal mit. Belgische Medien berichteten von angeblich pädophilen Bildern auf seinem PC. Es stellte sich hingegen heraus, dass es sich um ein einziges Bild handelt und zwar ein Kunstwerk, das von einer Webseite des öffentlich-rechtlichen flämischen Fernsehsenders VRT automatisch und ohne Wissen des Kardinals auf dessen Computer geladen worden ist. Der Pressesprecher der belgischen Bischofskonferenz, Eric de Beukelaer, glaubt aber nicht, dass eine Verschwörung gegen die Kirche im Gang ist.
„Ich spreche auch nicht von einem Streit zwischen der Kirche und der Justiz. Das Ganze wird sehr dramatisch und personalisiert dargestellt. Die Bischöfe möchten aber eine ruhige Atmosphäre. Wie der Heilige Vater bereits gesagt hat, soll die Justiz in solchen Angelegenheiten ihre Arbeit verrichten aber nicht im Sinne eines Streits. Die Oberhirten möchten einzig, dass die Wahrheit ans Tageslicht kommt."
Die Brüsseler Staatsanwaltschaft hatte am Donnerstag ausdrücklich klargestellt, dass gegen Kardinal Danneels nicht wegen Besitz von Kinderpornografie ermittelt werde. Die Staatsanwaltschaft werde nun selbst Ermittlungen einleiten, um das Leck für die Veröffentlichungen von Ermittlungs-Details zu schließen.
„Es wurden vertrauliche und vor allem falsche Informationen in den Medien veröffentlicht. Es war für uns peinlich, als man den Bischöfen vorwarf, sie hätten irgendetwas mit dem Fall Dutroux zu tun gehabt. Das war ja eine sehr schlimme Angelegenheit in Belgien. Die Sachlage war ganz anders und wir haben das auch erklären können. Dann kam diese Geschichte mit dem bizarren Photo auf dem Computer von Kardinal Danneels. Daraufhin hat eben der Kardinal eine Klage eingereicht, aber nicht gegen die Justizbehörde sondern gegen diejenigen, die solche Informationen in die Welt gesetzt haben. Wir wissen aber nicht, wer diese falsche Informationen den Medien zugespielt hat." (rv)
Belgien und die Macht
Ein Kommentar zu den staatlichen Ermittlungen gegen die belgische Kirche von unserem Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord:
Die Staatsanwaltschaft hat in Belgien Bischofsräume durchsucht, Bischöfe festgehalten, Mobiltelefone und Computer eingezogen und – um dem ganzen eine symbolische Macht zu geben – Gräber aufgebohrt. Weiß der Himmel, was sie da zu finden glaubte.
Gestern fiel dann von den Befürwortern der Aktion das Wort, das den Schlüssel liefert: Es war eine Machtdemonstration. Die Staatsanwaltschaft wollte und hat Macht ausgeübt über die Kirche, und sie wollte, dass alle Welt das sieht.
Bei mir bleiben da eine ganze Menge Fragen zurück. Aber zunächst klingt mir ein Name in den Ohren: Marc Dutroux. Erinnern Sie Sich noch? 1995 verhaftet wegen Versklavung und Missbrauchs und Mordes an Kindern, unendliche Ermittlungspannen, Kinder verhungerten, weil die Polizei das Haus nicht gründlich genug durchsucht hatte, ein bedrohter Opferanwalt, eine Flucht des Täters, ein abgesetzter Ermittlungsrichter. Warum man jetzt ausgerechnet dem belgischen Staat vertrauen soll, diese Fälle aufzuklären, erschließt sich mir nicht wirklich. Ich will nicht mit dem Finger zeigen, aber gerade Belgien sollte wissen, wie schwer es ist, mit diesen Fällen umzugehen.
Papst Benedikt XVI. hat immer und immer wieder betont, wie wichtig es ist, mit staatlichen Stellen zusammen zu arbeiten. Aber wie soll das hier noch gehen?
Warum eine Machtdemonstration? Warum Macht? Was bringt Macht in diesem Fall?
Es ist doch genau das – die Macht über andere Menschen – was uns im Angesicht der Missbrauchsfälle zweimal nachdenken lassen sollte. Die Opfer jedenfalls wurden wieder einmal zu etwas gezwungen, was sie vielleicht gar nicht wollten, nämlich zum Gang zur Staatsanwaltschaft. Hier war die Macht jedenfalls völlig fehl am Platz. Den Opfern oder der Wahrheit geholfen hat das nicht. (rv)