Extra Omnes: Das Wahlprozedere beim Konklave

Sixtina_KonklaveFerner bestimme ich, dass die anwesenden wahlberechtigten Kardinäle nach Eintritt der rechtmäßigen Vakanz des Apostolischen Stuhles fünfzehn volle Tage auf die abwesenden warten müssen; allerdings überlasse ich es dem Kardinalskollegium, den Beginn der Wahl, wenn schwerwiegende Gründe vorhanden sind, noch um einige Tage hinauszuschieben.“ (UDG 37) In den letzten Tagen des Pontifikates von Papst Benedikt XVI. ist diese Formulierung aus der apostolischen Konstitution Universi Dominici Gregis (UDG) zu einiger Berühmtheit gelangt. Es geht um den Beginn des Konklaves, für das eventuell der Papst noch eine eigene Partikularvorschrift erlassen wird. Aber insgesamt ist diese Konstitution Universi Dominici Gregis die – mit kleineren Veränderungen – gültige Bestimmung zur Wahl eines neuen Papstes. Das Prozedere soll an dieser Stelle vorgestellt werden.

Das eigentliche Wahlprozedere beginnt mit einer öffentlichen Messe Pro eligendo Papa. Auch das Konklave ist eher mit einer Liturgie zu vergleichen denn mit einer politischen Veranstaltung, auch wenn ein demokratischer Wahl-Prozess im Zentrum steht. Es werden keine Reden gehalten und keine Parteien gebildet. Stattdessen beginnt die Wahl mit einer Prozession: von der Capella Paolina im Apostolischen Palast in die Capella Sixtina, unter Singen des Veni Creator Spiritus. Die Sixtina ist dann streng abgeschlossen, nichts darf herausdringen.

Wähler

„Das Recht, den Römischen Papst zu wählen, steht einzig und allein den Kardinälen der Heiligen Römischen Kirche zu mit Ausnahme derer, die vor dem Todestag des Papstes oder vor dem Tag der Vakanz des Apostolischen Stuhles schon das 80. Lebensjahr überschritten haben. Die Höchstzahl der wahlberechtigten Kardinäle darf nicht mehr als 120 betragen. Unbedingt ausgeschlossen ist das aktive Wahlrecht eines anderen kirchlichen Würdenträgers oder die Einmischung einer weltlichen Macht, gleich welchen Ranges und welcher Ordnung sie sein mag.“ (UDG 33)

Geheimhaltung

Alles um die Wahl des Papstes herum wird mit strengen Vorschriften zur Geheimhaltung belegt. Immer und immer wieder erläutert die Verfahrensordnung Grund und Praxis für diese Vertraulichkeit, man kann sie neben dem geistlichen Charakter als das Hauptmerkmal der Papstwahl bezeichnen. Alle Kardinäle legen einen Eid ab:

Ich, N. N., verspreche und schwöre absolute Geheimhaltung gegenüber allen, die nicht zum Kollegium der wahlberechtigten Kardinäle gehören, und zwar auf ewig, (…) Ich verspreche und schwöre überdies, dass ich keinerlei Aufnahmegeräte benütze, sei es zur Registrierung von Stimmen oder von Bildern während der Zeit der Wahl innerhalb des Bereiches der Vatikanstadt, und insbesondere von dem, was direkt oder indirekt irgendwie mit den Wahlhandlungen selber zusammenhängt…“ (UDG 43).

UDG wird sehr konkret: Kein Telefon, kein Kontakt auf dem Weg von der Casa Santa Marta zur Sixtinischen Kapelle, Nr. 51 schreibt sogar die Durchsuchung der Sixtinischen Kapelle auf audiovisuelle Hilfsmittel vor, damit nichts aufgezeichnet oder übertragen werden kann. Und dann befasst sich noch einmal ein ganzes Extra-Kapitel von UDG mit der Geheimhaltung.

Seit 1274 ist es kirchliche Vorschrift, die Kardinäle einzuschließen. Diese Form des Konklave hatte sich als hilfreich herausgestellt, um sowohl Kaiser, Könige und Stadtfürsten von Eingriffen abzuhalten, als auch die Kardinäle zu einer zügigen Wahl zu motivieren. Es ist aber heute vor allem ein Schutz der Vertraulichkeit.

Ort des Einschließens ist seit den Vorschriften Johannes Pauls II. die Sixtinische Kapelle. Früher war es Jahrhunderte lang der Lateran – oder auch Städte außerhalb von Rom wie Viterbo, Avignon oder Konstanz.

Die Wahl

Direkt nach dem Einzug und dem Eid zur Geheimhaltung sagt der Zeremonienmeister „Extra Omnes“, und alle Nichtkardinäle verlassen den Raum. Noch einmal wird ein Eid abgelegt:

„Wir alle und jeder einzelne wahlberechtigte zu dieser Wahl des Papstes anwesende Kardinal versprechen, verpflichten uns und schwören, uns treu und gewissenhaft an alle Vorschriften zu halten, die in der Apostolischen Konstitution Papst Johannes Pauls II., Universi Dominici Gregis, vom 22. Februar 1996 enthalten sind. Ebenso versprechen wir, verpflichten wir uns und schwören, daß jeder von uns, wenn er durch Gottes Fügung zum Papst gewählt wird, sich bemühen wird, das munus petrinum des Hirten der Universalkirche in Treue auszuüben und unermüdlich die geistlichen und weltlichen Rechte sowie die Freiheit des Heiligen Stuhles zu wahren und zu verteidigen. Vor allem aber versprechen und schwören wir, in bedingungsloser Treue und mit allen, seien es Kleriker oder Laien, Geheimhaltung über alles zu wahren, was in irgendeiner Weise die Wahl des Papstes betrifft, und was am Wahlort geschieht und direkt oder indirekt die Abstimmungen betrifft; dieses Geheimnis in keiner Weise während oder nach der Wahl des neuen Papstes zu verletzen, außer wenn vom Papst selbst eine ausdrückliche Erlaubnis dazu erteilt worden ist. Gleichermaßen versprechen und schwören wir, niemals eine Einmischung, eine Opposition noch irgendeine andere Form zu unterstützen oder zu begünstigen, wodurch weltliche Autoritäten jeglicher Ordnung und jeglichen Grades oder irgendwelche Gruppen oder Einzelpersonen sich in die Papstwahl einzumischen versuchen sollten.“ (UDG 53)

Danach verlässt auch der Zeremonienmeister die Sixtinische Kapelle, und sie wird versiegelt. Nach dem Verschließen der Kapelle fragt der Leiter des Konklaves, in diesem Jahr Kardinal Giovanni Battista Re, noch einmal, ob es noch Unklarheiten bezüglich des Verfahrens gibt. Danach geht es unverzüglich zum ersten Wahlgang.

Gewählt werden kann grundsätzlich jeder katholische männliche getaufte Christ. De facto hat sich aber die Praxis herausentwickelt, nur einen der versammelten Kardinäle zum Papst zu wählen; das letzte Mal wurde im Spätmittelalter jemand gewählt, der nicht Mitglied des Kardinalskollegiums war.

Exkurs: Das Veto

In der Vergangenheit gab es die Praxis, Kandidaten durch ein Veto von der Wahl auszuschließen. So erhob sich 1721 Kardinal Althan während des Konklaves und erklärte, „Seine Majestät der Kaiser“ (Österreichs) werde der Wahl des Kardinals Paolucci niemals zustimmen. Und Paolucci wurde daraufhin nicht gewählt. Von zehn Konklaven zwischen 1605 und 1903 ist ein solches Veto belegt. Kirchenjuristen stritten und streiten über die Zulässigkeit eines Vetos, das über einen beim Konklave vertretenen Kardinal von Spanien, Frankreich oder Österreich erhoben wurde. Zuletzt wurde es von Kaiser Franz Josef I. 1903 gegen Kardinal Rampolla vorgebracht, die Empörung unter den Kardinälen war zwar groß, die Zustimmung für Rampolla stieg sogar, gewählt wurde aber ein anderer, Papst Pius X.. Dieser machte endgültig Schluss mit dem Einfluss von außen: Jeder Kardinal, der ein solches Veto einer politischen Macht vorbringe, sollte von da an exkommuniziert sein.

Die notwendige Mehrheit für eine gültige Wahl besteht in zwei Dritteln der anwesenden Wähler; für den Fall, dass eine Teilung durch drei nicht glatt möglich ist, ist für die Gültigkeit der Wahl eine Stimme zusätzlich erforderlich (UDG 62).

Der Wahlgang

Bei jedem Wahlgang schreibt jeder Kardinal geheim auf einem Wahlzettel unter dem Satz Eligo in Summum Pontificem den Namen seines Kandidaten. Die Wahlzettel werden nacheinander in die mit einem Teller bedeckte Urne gegeben, dazu schreitet der Kardinal nach mit erhobener Hand nach vorne und wirft ihn ein. Dabei spricht er: „Ich rufe Christus, der mein Richter sein wird, zum Zeugen an, dass ich den gewählt habe, von dem ich glaube, dass er nach Gottes Willen gewählt werden sollte.“ (UDG 66). Wahlhelfer, die unter den Kardinälen ausgelost worden sind, unterstützen zum Beispiel kranke Wähler, es gibt sogar drei ebenfalls ausgewählte Infirmarii, die die Stimmen derer abholen, die krank in ihren Zimmern bleiben müssen.

Alle Wahlzettel werden gemischt, gezählt, einzeln entfaltet, von den drei Wahlhelfern nacheinander eingesehen und dann vom dritten laut vorgelesen. Dann wird der Zettel beim Wort eligo gelocht und auf eine Schnur aufgezogen. Die Wahlprüfer zählen und überprüfen die Niederschriften der Ergebnisse. Jede Unregelmäßigkeit macht sofort den Wahlgang ungültig, und es muss neu gewählt werden.

Das bekannteste Element des Wahlvorgangs ist das Verbrennen der Wahlzettel, das nach jeweils zwei Wahlgängen erfolgen soll: So entsteht der berühmte schwarze, nach dem letzten, erfolgreichen Wahlgang schließlich weiße Rauch. Jeden Tag (außer dem ersten, wo es nur einen gibt) sollen vier Wahlgänge abgehalten werden.

Übernahme des Amtes

Bei Annahme der Wahl, nach der der Leiter des Konklaves fragt, ist der Gewählte sofort Bischof von Rom mit allen Kompetenzen des Papstes. Alle Kardinäle bekunden ihren Gehorsam, und gemeinsam wird ein Dankgebet gesprochen. Erst dann verkündet der Kardinalprotodiakon die Wahl und den Gewählten vom Balkon der Peterskirche aus: „Habemus Papam!“ (rv)