Bischof Tebartz-van Elst offiziell im Vatikan

Bischof Tebartz van ElstDas neue Päpstliche Jahrbuch weist Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst offiziell als Delegaten im Päpstlichen Rat zur Förderung der Neuevangelisierung aus. Auf Seite 1240 des stattlichen Bandes figuriert der frühere Limburger Bischof zwischen dem Sekretär und dem Untersekretär des Rates, der von Erzbischof Rino Fisichella geleitet wird. Tebartz-van Elst ist in seinem neuen Amt für Katechese zuständig. Sein Name erscheint an zweiter Stelle unter dem Eintrag „Internationaler Rat für Katechese“, der dem Neuevangelisierungs-Rat zugeordnet ist. Im Abschnitt über die Diözesen der Weltkirche wird Tebartz-van Elst als emeritierter Bischof von Limburg genannt.

Der deutsche nunmehrige Kurienbischof hält sich nach seinem Rückzug aus Limburg seit Ende letzten Jahres in Rom auf und trat sein neues Amt beim Heiligen Stuhl in aller Stille an. An den Osterfeierlichkeiten in Sankt Peter nahm er im Bischofsornat teil.

Das Leitungsteam eines päpstlichen Rates setzt sich für gewöhnlich aus drei Priestern zusammen: dem Präsidenten im Rang eines Erzbischofs, dem Sekretär im Rang eines Bischofs und dem Untersekretär. Das Amt des Delegaten ist im Vatikan nicht klar definiert und überdies selten. Allerdings gibt es auch am päpstlichen Kulturrat seit 2011 einen Delegaten; er war bis dahin Weihbischof in Lissabon. Unklar ist, was die geplante Kurienreform für die päpstlichen Räte bringen wird. Untersucht wird die Zusammenlegung einiger dieser Behörden. Der Rat für die Förderung der Neuevangelisierung wurde erst 2010 von Papst Benedikt XVI. ins Leben gerufen.

Bischof Tebartz-van Elst war im Herbst 2013 wegen der stark gestiegenen Baukosten für das neue Diözesane Zentrum am Limburger Domberg in die Kritik geraten. Im März 2014 nahm Papst Franziskus das Angebot zum Amtsverzicht an, das der Bischof eingebracht hatte. (rv)

Bischof Tebartz-van Elst: „Ich bitte um Vergebung“

B_Tebartz_van_Elst„Mit dem Wissen von heute erkenne ich, dass ich Fehler gemacht habe. Auch wenn sie niemals aus Absicht entstanden, haben sie Vertrauen zerstört.“ Das schreibt der emeritierte Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, in einer Erklärung, die er nach seiner Audienz bei Papst Franziskus an diesem Freitag veröffentlicht hat. Er bitte alle um Vergebung, die unter seinen Versäumnissen gelitten hätten oder immer noch litten, so der Bischof.

In der Entscheidung des Papstes, seinen im Oktober angebotenen Rücktritt anzunehmen, sehe er die Chance für einen Neubeginn, „nicht nur für das Bistum Limburg, sondern auch für mich.“ Er bitte darum, seine Stellungnahme zum Prüfbericht als Episode zu betrachten und nicht als Beginn einer neuen Auseinandersetzung. In den Medien war diese Stellungnahme als nachträgliche Rechtfertigung des Bischofs gelesen und als Zeichen seiner Uneinsichtigkeit gedeutet worden.

In einer „herzlichen brüderlichen Begegnung“ habe er mit dem Papst sprechen können, Franziskus habe ihm versichert, dass er zu gegebener Zeit mit einer neuen Aufgabe betraut werde. (rv)

Franziskus nimmt Rücktritt von Bischof Tebartz-van Elst an

B_Tebartz_van_ElstPapst Franziskus hat seine Entscheidung zur Causa Limburg getroffen: Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst kehrt nicht in seine Diözese zurück. Das gab der vatikanische Pressesaal an diesem Mittwoch bekannt. Franziskus nahm ein Rücktrittsgesuch des Bischofs an. Zugleich entsandte der Papst den Paderborner Weihbischof Manfred Grothe als Apostolischen Administrator nach Limburg. Zur Begründung hieß es, in der Diözese sei es zu einer Situation gekommen, die „eine fruchtbare Ausübung des bischöflichen Amtes“ durch Bischof Tebartz-van Elst verhindere. Aus den Vatikanangaben geht hervor, dass der Limburger Bischof sein Rücktrittsgesuch bereits im Oktober eingereicht hat, drei Tage vor der Entscheidung des Papstes, ihm eine Auszeit vom Bistum zu gewähren. Laut Kirchenrecht ist ein Bischof gehalten, dem Papst seinen Rücktritt anzubieten, wenn „schwerwiegende Gründe“ ihn an der Ausführung seines Amtes hindern.

Franziskus traf seinen Entschluss nach eingehenden Beratungen mit der Bischofskongregation und der Lektüre des Prüfberichtes einer Kommission der Deutschen Bischofskonferenz. Die Erstellung dieses Berichtes hatte Weihbischof Grothe geleitet. Er präsentiert das Dokument an diesem Nachmittag in Limburg. Erzbischof Robert Zollitsch, der damalige Vorsitzende der Bischofskonferenz, hatte das Papier Anfang März im Vatikan überreicht. Der neue Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx von München, hat die römische Entscheidung am Mittwochmittag in einem Statement in Berlin mit Erleichterung aufgenommen.

Mit Beginn der Sedisvakanz – der Zeit, in der der Bischofsstuhl von Limburg nach Rücktritt unbesetzt ist – erlischt auch das Amt von Generalvikar Wolfgang Rösch, der in der Abwesenheit von Bischof Tebartz-van Elst die Geschäfte geführt hatte. Diözesanadministrator Grothe hingegen bleibt auch während seiner neuen Aufgabe Weihbischof im Bistum Paderborn.

Hier die Pressemitteilung des Heiligen Stuhls zur Entscheidung von diesem Mittwoch in vollem Wortlaut:

Im Hinblick auf die Verwaltung der Diözese Limburg, in Deutschland, hat die Kongregation für die Bischöfe eingehend den Bericht jener Kommission studiert, die nach dem Willen des Bischofs und des Domkapitels eingesetzt wurde, um eingehende Untersuchungen im Hinblick auf die beteiligten Verantwortlichkeiten beim Bau des Diözesanen Zentrums „St. Nikolaus“ vorzunehmen.

Angesichts der Tatsache, dass es in der Diözese Limburg zu einer Situation gekommen ist, die eine fruchtbare Ausübung des bischöflichen Amtes durch S.E. Mons. Franz-Peter Tebartz-van Elst verhindert, hat der Heilige Stuhl den mit Datum vom 20. Oktober 2013 durch den Bischof angebotenen Amtsverzicht angenommen und hat einen Apostolischen Administrator ernannt in der Person von S.E. Mons. Manfred Grothe.

Der scheidende Bischof, S.E. Mons. Tebartz-van Elst, wird zu gegebener Zeit mit einer anderen Aufgabe betraut werden.

Der Heilige Vater bittet den Klerus und die Gläubigen des Bistums Limburg, die Entscheidung des Heiligen Stuhls bereitwillig anzunehmen und sich darum zu mühen, in ein Klima der Barmherzigkeit und Versöhnung zurückzufinden.

Aus dem Vatikan, 26. März 2014 (rv)

D: DBK dementiert Bericht des „Focus“

DBK_LogoDie Prüfungskommission zur Causa Limburg hat noch keinen Bericht vorgelegt. Mit diesen Worten widerspricht der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, einem Bericht des Magazins Focus. In einem Online- Bericht behauptet der Focus, aus Rom erfahren zu haben, dass die von Erzbischof Robert Zollitsch eingesetzte Kommission bereits zu einem Ergebnis gekommen sei. Bischof Tebartz-van Elst sei weder Geldverschwendung noch das Übergehen der Kontrollgremien vorzuhalten, berichtet der Focus über die angeblichen Ergebnisse der Kommission. „Die Prüfungskommission arbeitet weiterhin an ihrem Bericht. Es liegt – anders als der Focus berichtet – noch kein Ergebnis vor“, so Kopp in einer Stellungnahme. Bei der noch anstehenden Arbeit gehe es nicht ‚um abschließende Formulierungen‘, wie der Focus schreibe, sondern um das „kontinuierliche Aufarbeiten inhaltlicher Fragen.“ Wegen der aktuellen Arbeiten am Bericht werde die Kommission diesen erst im Laufe des Monats Februar dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Erzbischof Zollitsch vorlegen, so Kopp weiter. "Inhalte des Berichts sind dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz bisher nicht bekannt.“ (rv)
 

Dem Verfahren eine Chance: Ein Kommentar zur Causa Limburg

Radio VatikanVon unserem Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord SJ

Es ist nicht der von vielen gewünschte Befreiungsschlag geworden. Bischof Tebartz-van Elst bleibt Bischof von Limburg, wenn er sich jetzt auch eine Auszeit nimmt und die Geschäfte von jemand anderem geführt werden, von einem Generalvikar, also dem regulär eingesetzten ständigen Vertreter.

Was heißt das?

Erstens setzt der Vatikan damit sein Vertrauen in die von Erzbischof Robert Zollitsch eingesetzte Kommission, die herausfinden soll, was genau in Limburg passiert ist, wer Verantwortung trägt und was für Schlüsse daraus zu ziehen sind. Zollitsch hatte selbst ja vor einer Woche gesagt, eine gute Lösung sei ihm lieber als eine schnelle, vielleicht zu schnelle.

Zweitens betont der Vatikan, dass der Papst immer sehr gut informiert gewesen sei. Das mag sich gegen die Berichterstattung richten, die besonders in den letzten Wochen in einen Überdreh geraten ist, der viel von dem Frust und Ärger auch erst geschaffen hat. Es ist und bleibt eine Belastung für die Menschen in Limburg, dass es den Befreiungsschlag nicht gibt, aber seien wir ehrlich, keine schon jetzt getroffene schnelle Entscheidung hätte allen erst später herausgefundenen Tatsachen vollständig Rechnung tragen können. Und seien wir noch einmal ehrlich: Keine Entscheidung hätte den Dauerwiederholungen von „Protzbischof, Prunkbischof" gerecht werden können.

Viele Menschen richten jetzt ihren Zorn auch auf den Papst, weil sie sich den Schnitt gewünscht hätten, weil der Ärger zu groß ist. Aber mir persönlich ist ein Papst, der Verfahren achtet, lieber als eine Entscheidung, die nur auf die Person schaut.

Jetzt hat also das Verfahren eine Chance, Tatsachen festzustellen. In der Vergangenheit waren ja jede Menge Dinge in die Geschichte hineinphantasiert worden, da würde ein Bischof verfolgt, weil er konservativ sei, oder auch da würde ein Verschwender gedeckt. Die Kirche hat nun die Chance, herauszufinden, was genau passiert ist, und dann die Entscheidungen zu treffen, die notwendig sind. Damit lässt sich genau der Fehler vermeiden, der Bischof Tebartz-van Elst immer vorgeworfen wird: Er habe sich nicht an Verfahren gehalten. (rv)

Tebartz-van Elsts Papstaudienz dauerte 20 Minuten

B_Tebartz_van_ElstWie lange hat das Treffen von Papst Franziskus und Tebartz-van Elst gedauert?

Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst hat rund 20 Minuten mit Papst Franziskus über die Situation in Limburg gesprochen. Das wurde im Vatikan nach dem Treffen am Montagmittag bekannt. Einzelheiten über Inhalt und Verlauf der Unterredung wurden, wie bei Privataudienzen üblich, nicht mitgeteilt.

Zuvor war auch der Kölner Kardinal Joachim Meisner von Papst Franziskus in Audienz empfangen worden. Weiß man mehr über dieses Treffen?

Da die Diözese Limburg zur Kirchenprovinz Köln gehört, dürfte auch Kardinal Meisner den Papst über die Lage im Lahn-Bistum informiert haben. Tebartz-van Elst hielt sich bereits seit einer Woche in Rom auf, um mit dem Papst und dessen Mitarbeitern über die aktuelle Situation in seinem Bistum zu reden. Meisner begleitet derzeit rund 2.000 Ministranten aus seiner Diözese auf einer seit langem geplanten Pilgerreise nach Rom.

Wo haben sich Papst Franziskus und Tebartz-van Elst überhaupt getroffen?

Das Treffen fand nicht in der bescheidenen Casa Santa Marta, dem Gästehaus, wo Papst Franziskus residiert sondern im Arbeitsbüro des Papstes im Apostolischen Palast. Dort trifft der Papst normalerweise seine Gäste.

Wie kommt es, dass der Limburger Bischof eine Audienz beim Papst erhalten konnte? Wer darf überhaupt mit Franziskus zusammentreffen?

Für die Audienzen beim Papst ist die Präfektur des Päpstlichen Hauses zuständig. Bischöfe treffen den Papst normalerweise anlässlich der sogenannten Ad Limina-Besuche oder auch im Anschluss an die Generalaudienzen. (rv)

D: „Unsere normale Medienwelt ist aus dem Ruder gelaufen“

B_Tebartz_van_ElstEs begann mit hartnäckiger Berichterstattung und Recherche, vor allem durch die FAZ und den Spiegel: Seit Monaten wurde immer mal wieder berichtet und die Geschichten um den Flug des Bischofs von Limburg nach Indien oder um das diözesane Zentrum ins Blatt gehoben. Großartig interessiert hatte sich medial dafür eigentlich niemand. Bis in der vergangenen Woche mit dem Antrag eines Strafbefehls gegen Bischof Tebartz-van Elst alle Medien auf die Berichte aufsprangen und eine Berichtsflut begann, die ihresgleichen suchte. Darüber haben wir mit Alexander Filipovic gesprochen, er hat an der Hochschule für Philosophie in München den Lehrstuhl für Medienethik inne.

ARD Brennpunkt und ZDF Spezial, Sondermeldungen zum Flug, dann doch nicht Flug und dann doch Flug, stündliche updates online, Titelseiten, Talkshows: Das Bistum Limburg war DIE Geschichte in der vergangenen Woche. War das gerechtfertigt?

„Zunächst muss man sagen, dass sich hier zeigt, dass der Journalismus Gutes bewirken kann indem recherchiert wird, indem Dinge ans Licht kommen, die unredlich sind und auch an die Öffentlichkeit müssen. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist sicherlich, dass hier überzogen wurde, dass sich Rudel gebildet haben und dass hier eine Personalisierung des Falls vorgenommen wurde, die eigentlich der journalistischen Praxis unwürdig ist. Es gibt so etwas wie eine Überberichterstattung, die ja nun Gott sei Dank wieder abflaut."

Woran liegt es, dass so viel Aufmerksamkeit auf einen unbekannten Bischof eines unbekannten Bistums gerichtet wird?

„Mann könnte sagen, dass die katholische Kirche immer noch auf ein großes Interesse trifft. Das liegt sicherlich auch an unserem neuen Papst, der einen neuen Kommunikationsstil und eine neue Art und Weise des Selbstverständnisses hat. Da ist natürlich so etwas wie ein Gegenmodell zu diesem Papst ein gefundenes Fressen für die Journalisten. Da stürzt man sich drauf und das wird dann auch stilisiert als genau der Gegenbegriff zu einem armutszentrierten Selbstverständnis von Kirche hin zu einem – wie es formuliert wird – prunksüchtigen Bischof. Das ist eine mediale Geschichte, die nur mit wenig zutun schon ganz viele Bedürfnisse von Benutzerinnen und Benutzern befriedigt."

Ist die Berichterstattung aus dem Ruder gelaufen oder ist das Teil unserer normalen Medienwelt?

„Ich glaube, dass unsere normale Medienwelt aus dem Ruder gelaufen ist. Was hier passiert ist, die Personalisierung und auch die Pathologisierung dieses Menschen – da wurde ja vermutet, dass er psychisch nicht in Ordnung ist – das befriedigt niedere Bedürfnisse und ist eines Qualitätsjournalismus eigentlich nicht würdig. Ähnliche Geschichten gab es bei [der Berichterstattung über den Bundespräsidenten] Wulff damals. Das heißt, dass es Dinge sind, die in unserer Medienwelt durchaus häufiger anzutreffen sind. Nichtsdestotrotz sind sie und bleiben sie kritikwürdig."

Die Urteile sind alle schon gesprochen, Bischof Tebartz-van Elst ist ein Protzbischof, Prunkbischof, Lügner, Verschwender. Das Urteil ist medial schon gesprochen. Muss das so sein, im Journalismus heute?

„Ich würde mir wünschen, dass das nicht so ist. Ich wünschte mir mehr Reflexionsfähigkeit. Das ist diese Verselbstständigung, von der ich gesprochen habe. Irgendwie fehlt es dann in so einem Prozess an Stimmen, die sagen, ‚Moment mal, was von uns Journalisten aus hier gerade passiert, das ist irgendwie falsch und hat gar keinen Sachgrund mehr’. Natürlich muss darüber berichtet werden, es ist ja auch gut, dass die Sachen ans Licht gekommen sind und natürlich darf und muss so ein öffentlicher Mensch mit so einer Ausstattung und Macht wie ein Bischof auch kritisiert werden, wenn da was nicht stimmt. Aber irgendwo in dem Prozess, wenn der sich so verselbstständigt, wenn alles voll ist und man auf Karten lesen kann, welches Auto Bischöfe fahren und wo sie wohnen, irgendwo muss mal jemand sagen ‚Moment mal, da stimmt etwas nicht, hier überziehen wir.’ Das hat ja in den letzten zwei Tagen ja auch schon begonnen. Aber wie Sie sagen, da waren die Urteile schon fertig."

Überschießende Erregungspotentiale

Wenn so etwas losgeht, ist das dann überhaupt noch zu stoppen?

„Das ist ja so etwas wie ein ‚Shitstorm’, so heißen ja diese überschießenden Erregungspotentiale, die wir vor allem von Twitter und den sozialen Netzwerken her kennen. Vielleicht ist es so, dass der Journalismus sich selbst in diesen Modus hinein begibt, dass sie sich willentlich von der Leine lassen, so lange die Leute das lesen. Die Frage ist, wann da Schluss ist und ob wirklich nur dann Schluss ist, wenn die Leute sich von den Inhalten abwenden, oder ob man auch schon vorher sagen kann, dass man andere Themen vorzieht."

Wie kann Kirche darauf reagieren?

„Jetzt kann man kaum mehr darauf reagieren, die Fehler sind vorher gemacht worden indem verschleiert wurde und herausgezögert wurde und nicht die Wahrheit gesagt wurde. Es wäre schonungsloseste Offenheit bei den ersten Medienberichten notwendig gewesen und dazu ein professioneller Kommunikationsberater. Für die Kirche ist das natürlich ein ganz schlimmer Fall, man sieht daran, dass die katholische Kirche in Deutschland sich sehr schwer tut mit Krisenkommunikation. Das liegt nicht zuletzt auch an der Struktur, weil die Bischöfe ihre eigenen Chefs sind. Es gibt ja keine hierarchische Struktur unter den Bischöfen und keinen gemeinsamen Pressesprecher, der Aufgaben auch für andere Bischöfe übernehmen könnte.
Als Kirche kann man nur darauf reagieren, indem man radikal transparent kommuniziert, niemals auch nur den Verdacht aufkommen lässt, man würde etwas verheimlichen oder verschweigen. Da muss sich Kirche dran gewöhnen, an diese radikal demokratische und horizontale Kommunikationsweise der modernen Gesellschaft. Das trifft auf eine vertikale Kommunikationsweise und da kommt es immer wieder zu Entzündungen. Man kann die Gewöhnung nur mit einem Umstieg auf eine horizontale Kommunikationsweise schaffen.
Das bedeutet nicht, dass man bezüglich dieser Mediengesellschaft unkritisch ist. Ich glaube aber, wenn man die Frohe Botschaft weitergeben will – und das ist letztlich eine kommunikative Aufgabe – dann muss man die Bedingungen kennen, unter denen die Medien funktionieren und sich darauf einlassen.
In einem zweiten Schritt muss davon unabhängig dann Medienkritik passieren." (rv)

D: Medienhype um Limburg – Ein Kommentar

B_Tebartz_van_ElstIn einem Kommentar zum gegenwärtigen Medienhype um den Limburger Bischof betont der Redaktionsleiter von Radio Vatikan P. Bernd Hagenkord SJ, dass ohne Transparenz, Offenheit und Verantwortung das Bistum Limburg und die deutsche Kirche nicht zur Ruhe kommen werden. Zugleich hinterfragt er aber kritisch die Berichtserstattung in den deutschen Medien

„Gottes teurer Diener" ist der Titel des neuen Spiegel. Seit Tagen hören wir dauernd Neues aus Limburg, die großen Medien werden nicht müde, jede Einzelheit und jeden Vorwurf einzeln zu benennen. Quasi im Stundentakt wurden die Meldungen aktualisiert, kommt Bischof Tebartz-van Elst nach Rom, kommt er nicht, Kameras wurden am Flughafen aufgebaut, Listen im Internet veröffentlicht, mit Titeln wie „Protzbischof" das Urteil gleich vorweg genommen und mit dem Vergleich zu Papst Franziskus ein medial schön aufzubereitender Kontrast geschaffen.
Die Geschichte um den Limburger Bischof hat zwei Enden. Das eine Ende ist Transparenz, Offenheit und Verantwortung. Ohne das kommt das Bistum und kommt der Bischof nicht aus der Situation heraus. Was auch immer beim Bau des Bischofshauses und beim Flug nach Indien vorgefallen ist, Ehrlichkeit und Transparenz sind notwendige Schritte. Und natürlich, Verantwortung zu übernehmen. Vor allem anderen muss das immer wieder klar gemacht und betont werden.
Das zweite Ende ist aber der Überdreh, den wir im Augenblick medial beobachten. Medien verstärken Prozesse, das ist Teil des Lebens. Aber wenn man sich nur noch gegenseitig zitiert, wenn überteuerte Badewannen wichtiger sind als Koalitionsgespräche in Berlin oder Tote vor Lampedusa, dann stimmt da was nicht.
Wenn wir die Transparenz und die Verantwortung einfordern, und es gibt wenige Katholiken, die das nicht wollen, dann hilft es nicht, ein Spektakel zu inszenieren. Und genau das wird gerade inszeniert. Die Frage lautet immer cui bono, wem hilft es? Der Wahrheit, Aufklärung und der Übernahme von Verantwortung? Wenn ich an diesem Wochenende durchs Internet blättere dann habe ich den Eindruck, dass wir diese Perspektive bereits verloren haben. Von diversen Eintragungen bei Facebook mal ganz zu schweigen. Hier wird nur noch getrieben. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich sehe die Vorwürfe nicht als Ergebnis einer Medienkampagne. Aber die Kirche steckt in einer Glaubwürdigkeitskrise, immer noch. Da helfen keine medial inszenierten Opferhandlungen, sondern – ich wiederhole – Transparenz und das Übernehmen von Verantwortung. Das ist das einzige, was mich im Augenblick an der Debatte interessiert. (rv)

Brüderlicher Besuch in Limburg

LajoloZu einem „brüderlichen Besuch" ist Kurienkardinal Giovanni Lajolo in das Bistum Limburg gereist. Die Visite des früheren Nuntius in Deutschland ist, wie der Vatikan präzisiert, ausdrücklich keine „Apostolische Visitation", sondern ein so genannter „brüderlicher Besuch". Eine Unterscheidung von Stefan Kempis.

Apostolische Visitationen sind offizielle Untersuchungen, die im Auftrag des Papstes in Bistümern, bei Ordensgemeinschaften oder in kirchlichen Einrichtungen durchgeführt werden. Zuständig für ihre Ausführung ist im Vatikan die Bischofskongregation. Das Kirchenrecht definiert den Papst als obersten Richter, der persönlich oder durch Delegierte in allen Streitfällen oder Streitfragen eingreifen und sie auch entscheiden kann. „Der Papst hat kraft seines Amtes nicht nur Gewalt in Hinblick auf die Gesamtkirche, sondern besitzt auch über alle Teilkirchen und deren Verbände einen Vorrang ordentlicher Gewalt" (Kodex des kirchlichen Rechts CIC, Can. 333 Paragraph 1). Zur Bandbreite möglicher Verfahren, mit denen der Papst das Geschehen in der Weltkirche steuert, gehören neben den Visitationen auch das Entsenden von Beauftragten und die ad limina-Besuche, die Bischöfe einer Ortskirche regelmäßig in Rom abstatten. Führt der Vatikan offiziell eine Apostolische Visitation durch, dann reagiert er damit in der Regel auf schwere Krisen in einer Ortskirche. Berühmte Vatikan-Untersuchungen dieser Art betrafen in jüngerer Vergangenheit zum Beispiel die irische Kirche nach den Missbrauchsskandalen und den Dachverband von US-Frauenorden.

Im Fall Limburg hat sich der Vatikan aber ausdrücklich nicht für eine Apostolische Visitation entschieden; damit soll jeder Eindruck einer Strafaktion gegen Bischof Tebartz-van Elst vermieden werden. Der Heilige Stuhl habe „volles Vertrauen" in die Amtsführung des Limburger Bischofs, erklärte der Präfekt der Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet. Lajolos Auftrag ist niedriger angesiedelt: eben als „brüderlicher Besuch". Der Begriff kommt in Buch VI und VII des „Codex iuris canonicis", soweit ich sehe, gar nicht vor. Gemeint ist eine Art „fact-finding mission" für Rom: Lajolo soll sich für den Vatikan ein Bild von der Lage machen. Die Amtsgewalt des Limburger Bischofs bleibt auch während des Besuchs aus Rom unverändert – anders als das bei einer Visitation der Fall wäre. Weder der Bischof noch seine Kritiker können die Tatsache, dass der Vatikan einen Kardinal schickt, als Sieg für ihre Seite verbuchen. Der „brüderliche Besuch" von Lajolo richtet sich deshalb an alle im Bistum. (rv)

Tag der Deutschsprachigen auf der Synode

Gleich vier Bischöfe aus dem deutschen Sprachraum haben an diesem Dienstag auf der Bischofssynode im Vatikan das Wort ergriffen. Der Schweizer Kardinal Kurt Koch, der den Päpstlichen Einheitsrat leitet, sagte, es wäre eine positive Geste, wenn die Synode die anderen kirchlichen Gemeinschaften dazu einladen würde, die Neuevangelisierung zu einer gemeinsamen Aufgabe zu machen. Der Eisenstädter Bischof Ägidius Johann Zsifkovics erinnerte an das Denken von Teilhard de Chardin, das ihm heute aktueller scheine denn je, vor allem angesichts der Trennung von Glauben und Leben in der modernen Gesellschaft. Der Bischof von Basel, Felix Gmür, erzählte uns, worum es ihm in seinem Redebeitrag ging:

„Für mich ist sehr wichtig, dass man auf das Volk Gottes hört: Was sind die wirklichen Anliegen? Damit man auf konkrete Fragen auch konkrete Antworten geben kann. Das Zweite ist, dass man sich der Situation bewusst wird, dass viele Pfarreien ohne Priester sind und dass man die Laien, die dort tätig werden, mit einem Auftrag ausstattet, einer offiziellen Anerkennung durch die Kirche!"

Auch der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst verriet uns schon vorab, was er an diesem Dienstag vor den Synodenvätern ansprechen wollte:

„Was mir auf vielen Beiträgen als sehr dringlich entgegengekommen ist, ist der Ruf nach einer Selbstevangelisierung der Kirche. Das bedingt die Frage: Wo kann das ansetzen? Ich selbst will in meinem Beitrag darauf zu sprechen kommen, dass wir dort, wo wir uns den Suchenden zuwenden (etwa den Katechumenen), durch die Begegnung mit ihren Lebenswegen und ihrer Biografie selber auch noch einmal in die Evangelisierung hineinfinden können."

Selbstevangelisierung setze aber nicht unbedingt ein großes kirchliches Mea Culpa für Fehler der Vergangenheit voraus, so der Limburger Bischof. Ein solches Schuldbekenntnis hatten einige Synodenteilnehmer vorgeschlagen.

„Ich würde es nicht auf den Begriff „Fehler der Vergangenheit" reduzieren: Das ist zu vordergründig. Es geht um die Umkehr des Einzelnen, Umkehr als eine bleibende Einladung des Evangeliums, das ist viel, viel mehr. Bei Fehlern der Vergangenheit hat man schnell den Eindruck, als ginge es darum, jetzt irgendwas abzurechnen oder jemandem Schuld zuzuweisen – darum kann es überhaupt nicht gehen! Wir haben das Bild eines barmherzigen Gottes, der uns immer wieder einlädt, die Umkehr selbst in unserem eigenen Leben zu suchen."

Er halte es auch für wichtig, „noch einmal darüber nachzudenken, was Säkularisierung in unserer Welt heute bedeutet", so Bischof Tebartz-van Elst:

„Ein Phänomen, das sich auf anderen Kontinenten im Vergleich zu Europa sehr unterschiedlich darstellt. Hier sollten wir Chancen, aber auch Grenzen sehen. Ich glaube, das herauszufinden und herauszuspüren ist die hohe Kunst, wenn wir uns auf Wege der Evangelisierung einlassen wollen."
(rv)