Liturgische Bücher: Mehr Kompetenz für Bischofskonferenzen

Mehr Kompetenz für Bischofskonferenzen bei der Übersetzung von liturgischen Texten: Papst Franziskus hat in einem an diesem Samstag veröffentlichten Rechtstext – einen Motu Proprio – einige Passagen des Kirchenrechts geändert, welche sich auf die Anpassung von Liturgie und liturgischen Büchern in die einzelnen Sprachen und Kulturen beziehen.

Damit will der Papst das Spannungsfeld zwischen universellem Ritus und Inkulturation vor Ort neu bestimmen. Die Liturgie sei „Stimme der Kirche“, es gehe um das Verstehen der Gläubigen und um die Einheit der Liturgie. Der Papsttext trägt den Titel „Das wichtige Prinzip“ und bezieht sich auf die Überzeugung des Zweite Vatikanische Konzils, dass das liturgische Gebet verstehbar sein muss. Das liturgische Beten müsse „an das Verstehen der Gläubigen“ angepasst sein, bestätigt der Papst.

Zur Umsetzung dieses Prinzips habe das Konzil bestimmt, dass für die liturgischen Bücher der Kirche sowohl der Heilige Stuhl als auch die Bischofskonferenzen zuständig seien. Das Verhältnis der beiden zueinander, das, wie der Papst zugibt, nicht immer ohne Schwierigkeiten gewesen sei, wird nun an einigen Stellen der Kirchenrechts neu austariert.

Anerkennung und Autorisierung

Aufgabe des Heiligen Stuhls ist es ab dem Inkrafttreten der Regelungen im Oktober, die Anpassungen in die einzelnen Sprachen und Kulturen – der Papst spricht nicht von „Versionen“, sondern wie das Konzil von „Anpassungen“ – zu recognoszieren, wie der Fachausdruck heißt. Die Aufgabe des Vatikan ist also die Anerkennung berechtigter Anpassungen und die Sorge um die Einheit der Liturgie und des Ritus. Mit Recognitio ist dabei nicht nur schlichte Zustimmung gemeint, sondern sie kann auch die Revision einer Anpassung bedeuten. Das Konzil erwähnt ausdrücklich auch „tiefer greifende und deswegen schwierigere Anpassung der Liturgie“, die dringlich sei, dafür gelten diese Regeln (Sacrosanctum Concilium, Nr. 40).

Was die Übersetzung von liturgischen Texten angeht, spricht Kanon 838 des Kirchenrechts nun davon, dass diese „treu“ zu geschehen habe, davor hatte es „innerhalb der … festgelegten Grenzen“ geheißen (Can 838.3). Die Änderungen durch den Papst sprechen an dieser Stelle nicht mehr von „Recognitio“, sondern von „Confermatio“, also von Bestätigung. Der Vatikan greift also nicht mehr aktiv in den Übersetzungsvorgang ein, sondern ratifiziert den Text und verleiht ihm damit Autorität, vorausgesetzt natürlich dass diese Übersetzung tatsächlich „treu“ ist. Dieser Sprachgebrauch gibt auch die Sprache des Konzilstextes wieder.

Weitere Folgen

In der Folge dieses Motu Proprios werden auch weitere Rechtstexte anzupassen sein, welche die Frage behandeln, etwa die Instruktion Liturgiam authenticam von 2001. Auch spricht der Papst davon, dass das Dikasterium für die Sakramentenordnung „sein eigenes Regelwerk auf der Grundlage der neuen Ordnung abändert und den Bischofskonferenzen hilft, ihren Aufgaben nachzukommen“. Damit wird diese Rechtsänderung auch zum Teil der Kurienreform und der Neuordnung der Kompetenzen von Ortskirche und Heiligem Stuhl. (rv)

Vatikan: Mahnbriefe an Bischofskonferenzen

Der Heilige Stuhl verschickt derzeit Mahnbriefe wegen fehlender Missbrauchsrichtlinien. Das sagte der vatikanische Missbrauchsbeauftragte, Charles Scicluna, der italienischen Monatszeitschrift „Jesus". Knapp die Hälfte aller nationalen Bischofskonferenzen hätten bisher noch keine Richtlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch erlassen, wie der Heilige Stuhl es gefordert hatte. Die diesbezügliche Frist lief im Mai ab. Scicluna, der Justizpromotor an der Glaubenskongregation, sagte, das Dikasterium werde die eingegangenen Richtlinien im Herbst prüfen und sei damit wohl mindestens ein Jahr beschäftigt. Die Bischofskonferenzen des deutschen Sprachraums haben bereits Richtlinien verabschiedet. (rv)

CCEE: „Kirche-Staat, und der Islam?“

Welche Rolle spielt der Islam im Verhältnis zwischen Staat und Kirche in Europa? Über diese heikle Frage berät ab Dienstag der Rat der europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) in Turin. Als Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) ist Helmuth Wiesmann dabei, der Geschäftsführer der Unterkommission für den interreligiösen Dialog der DBK. Es ist zwar nicht das erste Mal, dass Vertreter der europäischen Bischofskonferenzen über den Islam sprechen, dafür ist aber die Gästeliste länger, so Wiesmann:

„Muslimische Vertreter sind aber diesmal eingeladen. Denn es geht ja primär darum, dass wir uns verständigen und darüber austauschen, was die Erfahrungen in den jeweiligen Ländern im Bezug auf das Verhältnis Staat-Kirche betrifft. Und wir suchen nach Positionen und diese sollen auf den Prüfstand gestellt werden. Eine Begegnung mit Muslimen ist eine andere Ebene. Wir hatten eine solche Begegnung mit Muslimen vor zwei Jahren in Brüssel durchgeführt. Da gab es eine gemeinsame Tagung."

In Turin wird auch der Kurienkardinal Jean-Louis Tauran sprechen. Er ist im Vatikan für den interreligiösen Dialog zuständig. Weiters wird ein nordafrikanischer Bischof die aktuelle Situation im arabischen Raum erklären. Wiesmann dazu:

„Wir freuen uns, dass der Erzbischof von Tunis, Mahoun Laham, dabei sein wird. Wir hoffen, dass er nicht nur über das Leben dort sprechen wird, sondern uns auch Hinweise geben kann, was ihm besonders wichtig erscheint, wenn europäische Kirchen zum Thema Islam sprechen. In so fern verspreche ich mir eine Bereicherung von dieser Tagung. (rv)

Wocheninterview mit Abt Werlen: „Es geht nicht um Sexualität“

 

Über drei Monate nachdem der Jesuitenpater Klaus Mertes den „systematischen und jahrelangen" sexuellen Missbrauch am Berliner Canisius-Kolleg publik machte, ebbt die Enthüllungswelle ebenso wenig ab wie die Empörung. So eine Zwischenbilanz der deutschen Zeitung „Die Welt" an diesem Sonntag. In unserem Wocheninterview haben wir dem Schweizer Benediktinerabt Martin Werlen gefragt, ob sich die Fokussierung auf die Kirche nicht einfach eine Medienkampagne sei. Abt Werlen ist bei der Schweizer Bischofskonferenz für die Bereiche „Sexuelle Übergriffe in der katholischen Kirche" sowie „Medien" zuständig.
„Ganz entscheidend ist, dass wir als Kirche unseren Fokus von den Medien wegnehmen und auf die Schwierigkeiten, die wir tatsächlich in unserer Kirche haben, uns fokussieren und angehen. Das Problem, das wir haben sind nicht die Medien. Das Problem, das wir haben ist ein Problem in unseren eigenen Reihen unserer Kirche. Auch wie wir mit Übergriffen in der Vergangenheit umgegangen sind. Und auch wenn das nicht an die Öffentlichkeit gekommen wäre, ist das Problem da. Und diese ganzen Fragen haben unsere Glaubwürdigkeit in den vergangenen Jahrzehnten massiv auch beschädigt, auch wenn es nicht öffentlich war. Es ist eigentlich traurig, dass uns die Medien zu diesem Sprung helfen mussten, dass wir das angehen, aber jetzt sollten wir eigentlich dankbar sein und uns dieser Herausforderung stellen."
Der Vatikan hat ja bereits seit einigen Jahren Richtlinien erlassen. Dasselbe wurde auch in den meisten deutschsprachigen Bischofskonferenzen gemacht. Eigentlich wäre doch von Seiten der katholischen Kirche alles abgeschlossen.
„Die Arbeit ist nicht abgeschlossen, ganz klar. Das Problem ist auch nicht Rom. Das Problem ist in jeder Diözese, in jeder religiösen Gemeinschaft – und dort vor Ort müssen wir das angehen. Also ich für meine Gemeinschaft, in meinem Verantwortungsbereich, setze eine externe Untersuchungskommission ein, die die Vergangenheit aufarbeitet bis heute, wo alle Mitbrüder sich beteiligen, inklusive ich selbst. Ich denke, das ist die beste Voraussetzung, dass wir das Problem, das wir selbst haben, aufarbeiten können und auch konkrete Folgerungen für die Zukunft, für Prävention daraus schließen können. Ich denke aus der Aufarbeitung dieser Schwierigkeiten wird sich einiges neues Ergeben für die Arbeit der Prävention."
In der Schweiz gibt es ein bischöfliches Fachgremium, das sich mit den Missbrauchsfällen auseinandersetzt.
„Diese Einrichtungen haben sich sehr bewährt. Allerdings ist mit einem Fachgremium oder einem Schreiben mit Richtlinien die Mentalität noch nicht geändert. Das braucht sehr viel Zeit. Das braucht sehr viel Überzeugungsarbeit und Sensibilisierungsarbeit. Und wie wenig diese Arbeit bis jetzt gelungen ist, zeigt sich auch in der Fokussierung auf die Sexualität. Bei einem Übergriff geht es nicht in erster Linie um Sexualität. Ein sexueller Übergriff ist immer sexualisierte Gewalt, sexualisierte Macht. Und das größte Problem, das wir in der Kirche haben und das fällt uns noch schwieriger, das anzugehen als die Sexualität, ist das Problem der Macht. Es ist ein Missbrauch von Macht und das ist ein Problem, das uns als Christen auch sehr beschäftigen müsste, weil es gerade das Problem (der Umgang mit Macht) ist, das Jesus Christus auch direkt anspricht."
Bald geht das Priesterjahr zu Ende. Hat denn Ihrer Meinung nach der Patron der Priester, der Heilige Jean-Marie Vianney, auch in diesen schwierigen Stunden für die katholische Kirche etwas zu sagen?
„Ja, wenn er in seinem Wort, das uns eine unglaubliche Herausforderung ist, wenn er sagt, bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll der Diener aller sein. Und bei diesen Übergriffen kommt Macht zum Vorschein, Machtmissbrauch. Gerade das, was es bei uns so nicht geben dürfte. Dort werden wir mit einem Kernproblem unseres Glaubens konfrontiert in der jetzigen Situation. Und wenn wir uns diesem Problem stellen, wenn wir uns diese Frage wirklich stellen, dann bin ich überzeugt, dass unsere Kirche sehr wachsen kann, dass unsere Kirche sehr an Glaubwürdigkeit gewinnen kann. Dass aber viel von Machtpositionen, die jetzt noch massiv verteidigt werden, auch verloren gehen können – aber zum Guten für die Kirche."
Zurück zum Priesterjahr und Missbrauchsfälle: Sehen Sie weitere Verbindungen?
„Ich denke, dass da gerade der Patron dieses Priesterjahres, der Heilige Pfarrer von Ars und seine sehr sehr gute Wegweisung sein könnte. Ein Aspekt, den ich bisher kaum wahrgenommen habe in der Öffentlichkeit. Also man hat sich meistens beschränkt auf einzelne Aussagen von ihm, die dort in die Zeit hineingesprochen wurden und für uns heute manchmal auch sehr befremdlich wirken, weil sie doch eine ganz andere soziale Situation hinter sich haben, ein ganz anderen religiösen Umkreis. Aber es gibt etwas, das wir heute sehr ernst nehmen und lernen könnten von Pfarrer von Ars. Er kam nach Ars in eine völlig desolate Situation der Pfarrei dort. Und er hat sich der Situation gestellt. Er ist nicht mit irgendeinem Bild von Pfarrei gekommen und das musste umgesetzt werden. Sondern er hat sich in diese Situation hinein gestellt, Gläubige in diese Situation hinein gestellt und so konnte daraus etwas Großes entstehen. Und ich glaube diesen Punkt könnten wir gerade heute sehr sehr viel von Pfarrer von Ars lernen. Wir müssen nicht eine ideale Kirche haben, die es nicht gibt. Wir müssen nicht einen Schein wahren oder eine Fassade wahren, hinter der nicht viel steht. Sondern wir müssen uns der Situation stellen, wie sie jetzt ist und Dietrich Bonhoeffer hat das mal sehr schön zum Ausdruck gebracht, als er gesagt hat: „Die Gefahr ist, dass wir das Bild der Gemeinschaft mehr lieben als die Gemeinschaft selbst." Und diesen Prozess müssen wir auch in der Kirch gehen. Wir müssen uns verabschieden vom Bild, das wir von der Kirche haben und das wir lieben zu der Kirche die wir lieben. Und zu der gehören auch viele Menschen, die versagen, wir alle. Aber sich dieser Situation stellen und in dieser Situation versuchen, Christus nachzufolgen, das hat der Pfarrer von Ars hervorragenderweise gemacht."
Wie haben Sie die vergangenen Wochen persönlich erlebt?
„Ich habe in den vergangenen Wochen und Tagen sehr tiefgreifende Kirchenerfahrungen gemacht. Ich habe versucht sehr offen zu kommunizieren. In der Gemeinschaft, aber auch nach außen und vor allem auch im Auftrag der Bischofskonferenz, meine Aufgaben, die ich als Mitglied des Fachgremiums sexueller Übergriffe und als Verantwortlicher für Medien und Kommunikation. Und die Rückmeldungen haben mich teilweise zu Tränen gerührt. Vor allem auch von Opfern, die danken für diese Haltung. Und was mich sehr überrascht hat auch gerade von den Opfern, diese unglaublich sensible und differenzierte Wahrnehmungsweise. Ich habe entdeckt, dass es den Opfern nicht darum geht, Rache zu üben, sondern es geht darum, dass wir uns der Situation stellen, dass wir nichts mehr vormachen, dass Verantwortung übernommen wird und dass wir daraus etwas lernen. Und wenn Opfer das entdecken, dann unterstützen sie uns auf diesem Weg. Und ich glaube nicht, dass unsere Gemeinschaft in den letzten Jahrzehnten jemals eine so große Unterstützung, ein so großes Wohlwollen erfahren haben, wie in den letzten Tagen. Und was vor allem auch sehr gut angekommen ist, dass ich ganz klar gesagt habe, wir stehen auch zu Mitbrüdern, die Fehler begangen haben. Sie sind unsere Mitbrüder und unsere Gemeinschaft bewährt sich gerade da, wo wir zu unseren Mitbrüdern stehen. Und das wünsche ich mir nicht nur in den Ordensgemeinschaften, sondern auch in den Diözesen, dass sie erfahren dürfen, dass der Bischof, dass die Gläubigen hinter ihnen stehen, auch wenn sie Fehler begangen haben. Und gerade diese Haltung dfes Vertrauens ermöglicht es auch, Menschen die große Fehler begangen haben sich überhaupt zu öffnen. Und sonst führt das geradezu zu einer Vertuscherei, es führt zu dem, dass es nicht an die Öffentlichkeit kommt, dass es nicht angegangen werden kann, dass nicht damit gearbeitet werden kann und das ist der beste Nährboden auch für künftige Übergriffe."
Gibt es einen Wunsch, den Sie in diesen Tagen vor Ostern, äußern wollen?
„Ich wünsche mir sehr, dass wir nach dem Vorbild des Heiligen Pfarrer von Ars, jetzt den Mut haben uns als Kirche dieser Situation zu stellen. Nicht Angst haben um unsere Macht oder Macht, die wir verlieren, sondern entdecken, dass uns diese Situation grad viel näher an Jesus Christus binden kann und zu dem führen kann, was eigentlich Kirche ist." (rv)

Papstsprecher: „Weg für innere Reinigung ist bereitet“

 

Der Vatikan sieht die einzelnen Länder und Bischofskonferenzen in Sachen Aufarbeitung der Missbrauchsfälle auf einem guten Weg. In seinem Kommentar für Radio Vatikan anlässlich des Beginns der Karwoche äußert sich Papstsprecher Pater Frederico Lombardi zuversichtlich, dass die vom Papst in seinem Hirtenbrief an die Katholiken in Irland intendierten Werke der „Heilung und Erneuerung" Früchte tragen werden.

Es sei kein Wunder, dass die Missbrauchsfälle in den letzten Wochen und Monaten in den Medien eine solch gewaltige Aufmerksamkeit erfahren hätten, so Lombardi. Er unterstreicht, dass es nun an der Kirche sei, Buße zu tun und gegenüber den Opfern Abbitte zu leisten. Nur so könne wirkliche Gerechtigkeit entstehen und die dringend nötige innere Reinigung stattfinden.

Gleichzeitig lobt Lombardi die Aufklärungsbemühungen in den einzelnen Ländern. Die vielfach erneuerten Richtlinien, unter anderem in Deutschland und Österreich, seien positive Zeichen. Auch die Kirche in den USA habe eine gute Richtung eingeschlagen – nicht erst seit der dort verabschiedeten ‚Charta zum Schutz von Kindern und jungen Menschen’. Die meisten der neu gemeldeten Missbrauchsfälle würden mittlerweile Geschehnisse vor über dreißig Jahren betreffen.

Dieses Faktum unterstreicht Lombardi ausdrücklich, gerade im Angesicht gegenteiliger Medienberichterstattung in den letzten Wochen. Den Brief von Benedikt XVI. an die irischen Katholiken wertet er als einen entschlossenen Schritt, der den Aufklärungswillen des Papstes bezeuge. Benedikt habe mit dem Schreiben seine Autorität in dieser Angelegenheit gestärkt und den Weg für eine zukünftige Linie vorgegeben, die sich an den Parametern „Heilung, Erneuerung und Wiedergutmachung" orientiere. (rv)