Die Synodenbotschaft in einer Arbeitsübersetzung

Bischofssynode 2014Radio Vatikan bietet hier eine Arbeitsübersetzung der Schlussbotschaft, die an diesem Samstag von der 3. Außerordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode mit großer Mehrheit approbiert und veröffentlicht wurde. (rv)

Wir Synodenväter, die hier in Rom vor Papst Franziskus im Zuge der außerordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode versammelt sind, wenden uns an alle Familien der unterschiedlichen Kontinente und vor allem an jene, die Christus folgen‚ der Weg, Wahrheit und Leben ist. Wir verkünden unsere Bewunderung und unsere Dankbarkeit für das tägliche Zeugnis, das ihr uns und der Welt mit eurem Glauben, eurer Hoffnung und eurer Liebe zeigt.

Auch wir, Hirten der Kirche, sind geboren und aufgewachsen in einer Familie mit unterschiedlichen Geschichten und Vorkommnissen. Als Priester und Bischöfe haben wir Familien getroffen und begleitet, die uns an ihren Geschichten teilhaben ließen in all ihren Facetten von Glanz und Schatten.

Die Vorbereitung dieser synodalen Versammlung selbst, angefangen bei den Antworten aus den Fragebögen, die an alle Kirchen der Welt gingen, hat es uns erlaubt, die Stimme sehr vieler Erfahrungen in Familien zu hören. Unser Dialog in den vergangenen Tagen der Synode hat uns bereichert und uns geholfen, die gelebte und komplexe Realität der Familien zu betrachten.

Euch präsentieren wir die Worte von Jesus Christus: „Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir.“ (Offb 3,20) So wie er es auch tat, während seiner langen Reise auf den Wegen im Heiligen Land, in die Häuser der Dörfer eintretend, so reist Jesus auch heute weiter und kreuzt die Straßen unseres Lebens. In euren Häusern erfährt man Licht und Schatten, schreckliche Herausforderungen, mitunter auch dramatische Prüfungen. Die Dunkelheit wird noch dichter, wenn sich ins Herz der Familie selbst das Böse und die Sünde einschleichen.

Da gibt es vor allem anderen die große Herausforderung der Treue in der ehelichen Liebe. Eine Schwächung des Glaubens und der Werte, Individualismus, Verarmung der Beziehungen, Stress aus Raserei, die kein Nachdenken kennt, zeichnen auch das Leben der Familien. So sehen wir nicht wenige Ehe-Krisen, die dann oft oberflächlich angegangen werden und ohne den Mut der Geduld, der Überprüfung, des gegenseitigen Verzeihens, der Versöhnung und auch des Opfers. So bringt das Scheitern neue Beziehungen hervor, neue Paare, neue Verbindungen und neue Ehen, die komplizierte und problematische Familiensituationen für Christen ergeben.

Unter diesen Herausforderungen wollen wir auch die Mühe der Existenz selbst hervorheben. Denken wir an das Leid, das in einem Kind mit Behinderung auftreten kann oder in einer schwere Krankheit, im mentalen Abbau des Alters oder im Tod eines geliebten Menschen. Bewundernswert ist die großzügige Treue der Familien, die diese Prüfung mit Mut, Liebe und Glaube durchleben und sie nicht ansehen als etwas, das ihnen entrissen oder auferlegt wird, sondern als eine Gabe und als etwas, das sie selbst geben, indem sie den leidenden Christus in den kranken Körpern erkennen.

Denken wir an die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, verursacht durch perverse Systeme wie einem „Fetischismus des Geldes und der Wirtschaftsdiktatur ohne Gesicht und ohne menschliches Ziel“ (Evangelii Gaudium, 55), der den Menschen entwürdigt. Denken wir an die arbeitslose Mutter oder den arbeitslosen Vater, die kraft- und machtlos sind, der Familie das Nötigste zu geben. Denken wir an Jugendliche, die sich vor leeren Tagen wiederfinden und leichte Beute für Drogen und Kriminalität werden.

Denken wir auch an die vielen armen Familien, an jene, die sich an ein Boot klammern, um ein Ziel des Überlebens zu erreichen, an die Flüchtlingsfamilien, die ohne Hoffnung in der Wüste wandern, an jene Familien, die allein wegen ihres Glaubens und ihrer spirituellen und menschlichen Werte verfolgt werden, an jene, die von der Brutalität der Kriege und der Unterdrückung betroffen sind. Denken wir auch an die Frauen, die Gewalt leiden müssen und ausgebeutet etwa im Menschenhandel, denken wir an die Jugendlichen und die Kinder, die Opfer von Missbrauch werden, sogar durch jene, die sie eigentlich beschützen und in einer vertrauensvollen Umgebung gedeihen lassen sollten, und an die vielen gedemütigten und gequälten Familienmitglieder.

„Die Kultur des Wohlstandes betäubt uns, […]während alle diese wegen fehlender Möglichkeiten unterdrückten Leben uns wie ein bloßes Schauspiel erscheinen, das uns in keiner Weise erschüttert. (Evangelii Gaudium 54)
Appellieren wir an die Regierungen und an die internationalen Organisationen, die Familienrechte für ein besseres Gemeinwohl zu fördern.

Christus wollte, dass seine Kirche ein Haus mit einer immer offenen Türe sei, offen in der Aufnahme, ohne irgendjemanden auszuschließen. Wir sind daher dankbar für die Priester, die Gläubigen und die Gemeinden, die Paare und Familien auf ihrem Weg begleiten und sich ihrer inneren und sozialen Wunden annehmen.

Es gibt freilich auch das Licht, das abends hinter den Fenstern der Häuser in der Stadt leuchtet, in den bescheidenen Wohnstätten der Peripherie, in den Dörfern oder den Hütten: diese Licht leuchtet und erwärmt Körper und Seelen. Dieses Licht des hochzeitlichen Geschehens der Eheleute entzündet sich mit einer Begegnung: es ist eine Gabe, eine Gnade, die sich ausdrückt, wenn die beiden Gesichter genau gegenüber sind, in einer „Hilfe“, die ihnen „entspricht“, wie es im Schöpfungsbericht heißt (Gen 2,18), das heißt, wenn sie ebenbürtig und wechselseitig sind. Die Liebe von Mann und Frau lehrt uns, dass jeder von beiden den anderen braucht, um er oder sie selbst zu sein, obwohl jeder sich vom anderen in seiner Identität unterscheidet, die sich in der gegenseitigen Hingabe öffnet und enthüllt. Das ist es, was die Frau im Hohelied Salomos suggestiv ausdrückt: „Ich gehöre meinem Geliebten und mein Geliebter gehört mir“.

Damit diese Begegnung authentisch ist, beginnt der Weg mit der Verlobung, Zeit der Erwartung und der Vorbereitung. Sie verwirklicht sich in Fülle im Sakrament, wo Gott besiegelt, seine Gegenwart und seine Gnade gibt. Dieser Weg kennt auch Sexualität, Zärtlichkeit, Schönheit, die jenseits der jugendlichen Kraft und Frische fortdauern. Die Liebe neigt ihrer Natur zufolge danach, für immer zu sein, bis zur Hingabe des Lebens für den Menschen, den man liebt. In diesem Licht dauert die eheliche Liebe, die einmalig und unauflöslich ist, fort trotz der vielen Schwierigkeiten der menschlichen Beschränkung; sie ist eines der schönsten Wunder und zugleich das geläufigste.

Diese Liebe verbreitet sich durch Fruchtbarkeit, die nicht bloß Fortpflanzung ist, sondern auch Geschenk des göttlichen Lebens in der Taufe, Erziehung und Katechese der Kinder. Sie ist auch Fähigkeit, das Leben schenken zu können, Zuneigung, Werte, eine Erfahrung, die auch jenen möglich ist, die sich nicht fortpflanzen können. Die Familien, die dieses lichtreiche Abenteuer leben, werden Zeugen für alle, besonders für die Jugendlichen.

Während dieses Weges, der manchmal ein Höhenweg ist mit Mühen und Rückschritten, ist Gott gegenwärtig und begleitet. Die Familie erfährt dies in der Zuneigung und dem Gespräch zwischen Ehemann und Ehefrau, zwischen Eltern und Kinder, zwischen Brüdern und Schwestern. Weiterhin lebt sie dies im gemeinsamen Hören auf das Wort Gottes und im gemeinsamen Gebet, eine kleine Oase des Geistes, die man im Alltag schaffen kann. Dann gibt es das tägliche Bemühen in der Erziehung zum Glauben und zur Heiligkeit. Diese Aufgabe wird oft geteilt und mit großer Hingabe von Großeltern übernommen. So zeigt sich die Familie als wirkliche Hauskirche, die sich zur Familie der Familien ausdehnt, also die kirchliche Gemeinschaft. Die christlichen Eheleute sind dazu berufen, Meister im Glauben und in der Liebe zu werden, auch für junge Paare.

Ein weiterer Ausdruck der geschwisterlichen Gemeinschaft ist jene der Nächstenliebe, der Nähe zu den Letzten, den Ausgegrenzten, Armen, Einsamen, Kranken, Ausländern, an alle Familien in der Krise, eingedenk des Wortes des Herrn: Geben ist seliger als Nehmen. Es ist ein Hingeben von Gütern, von Gesellschaft, von Liebe und Mitleid, und auch eine Bekundung der Wahrheit, des Lichts, des Lebenssinns.
Der Gipfel, auf den alle Fäden der Gemeinschaft mit Gott und dem Nächsten zulaufen, ist die sonntägliche Eucharistie, wenn die Familie mit der gesamten Kirche am Tisch des Herrn Platz nimmt. Er gibt sich hin an uns alle, Pilger in der Geschichte mit dem Ziel der letzten Begegnung, wenn „Christus in allen sein wird“. Deshalb haben wir in der ersten Etappe unseres synodalen Weges über die seelsorgerliche Begleitung und den Zugang zu den Sakramenten der wiederverheirateten Geschiedenen gesprochen.

Wir Synodenväter bitten euch, mit uns auf die nächste Synode hin zu gehen. Auf euch schwebt die Gegenwart der Familie von Jesus, Maria und Josef in ihrem bescheidenen Haus. Indem wir uns mit der Familie von Nazaret vereinen, tragen auch wir vor den Vater aller unsere Fürbitte für die Familien der Erde:

Vater, gib allen Familien die Gegenwart starker und weiser Eheleute, die Quelle einer freien und vereinten Familie seien.
Vater, gibt den Eltern, dass sie ein Haus haben mögen, wo sie in Frieden mit ihrer Familie leben können. (rv)

Papst Franziskus zum Ende der Synode

Papst FranziskusMit Dank und einem Ausblick auf das anstehende Jahr hat Papst Franziskus an diesem Samstag die Beratungen der Versammlung der Bischofssynode beendet. Wir dokumentieren in einer Arbeitsübersetzung die Ansprache des Papstes zum Ende der Sitzungen.

Liebe Eminenzen, Seligkeiten, Exzellenzen, Schwestern und Brüder,

mit einem Herzen voller Dankbarkeit möchte ich gemeinsam mit Ihnen dem Herrn danken, der uns begleitet und in diesen vergangenen Tagen mit dem Licht des Heiligen Geistes geleitet hat.

Von ganzem Herzen danke ich Seiner Eminenz, Kardinal Lorenzo Baldisseri, Generalsekretär der Synode, Seiner Exzellenz Erzbischof Fabio Fabbene, dem Untersekretär, und mit ihnen danke ich dem Relator, Seiner Eminenz Kardinal Peter Erdö, und dem Sondersekretär, Seiner Exzellenz Bischof Bruno Forte, ich danke den drei delegierten Präsidenten, den Autoren der Dokumente, den Beratern und allen anderen, die mit echter Treue und Hingabe an die Kirche gearbeitet haben: Danke, aus ganzem Herzen!

Gleichzeitig danke ich aber auch Ihnen, liebe Synodenväter, Delegierte der anderen Christlichen Kirchen, Auditoren und Auditorinnen und Experten für ihre aktive und fruchtbare Teilnahme. Ich trage sie alle im Gebet und bitte den Herrn, sie überreich mit den Gaben seiner Gnade zu beschenken.

Gelassen kann ich sagen, dass wir im Geist der Kollegialität und der Synodalität wirklich eine Erfahrung von „Synode“ gemacht haben, einen gemeinsamen Weg (Synode griechisch: gemeinsam gehen).

Und weil es ein Weg war, gab es wie bei allen Wegen Momente von großer Geschwindigkeit, als ob man gleichsam die Zeit besiegen wollte und mit größter Geschwindigkeit zum Ziel kommen wollte. Es gab andere Momente der Müdigkeit, als ob man sagen wollte, dass es jetzt reicht; es gab wiederum andere Momente des Enthusiasmus und des Fleißes. Es hab Momente des Trostes, beim Hören auf die Zeugnisse wahrer Hirten (Joh 10), die in ihren Herzen weise die Freuden und die Tränen ihrer Gläubigen tragen. Es gab Momente der Gnade und des Trostes beim Hören auf die Zeugnisse der Familien, die an der Synode teilgenommen haben und mit uns die Schönheit und die Freude ihres Lebens als Eheleute geteilt haben. Ein Weg, bei dem der Stärkste sich verpflichtet fühlte, dem Schwächsten zu helfen, wo der beste Experte den anderen gedient hat, auch in der Auseinandersetzung. Und weil es ein Weg von Menschen war gab es auch Momente des Mistrostes, der Spannung und der Versuchung, von denen man vielleicht die Folgenden nennen könnte.

Die Versuchung der feindlichen Erstarrung: Das ist der Wunsch, sich im Geschriebenen einzuschließen und sich nicht von Gott überraschen lassen wollen, vom Gott der Überraschungen, dem Geist. Im Gesetz einschließen, in der Sicherheit dessen, was wir wissen und nicht dessen, was wir noch lernen und erreichen müssen. Das ist die Versuchung der Eifrigen, der Skrupulösen, der sogenannten „Traditionalisten“ und auch der Intellektualisten.

Die Versuchung des zerstörerischen Gutmenschentums, das im Namen einer falschen Barmherzigkeit die Wunden verbindet, ohne sie zuvor zu behandeln; dabei handelt es sich um ein Symptom, nicht um Gründe oder Wurzeln. Es ist die Versuchung der „Gutmenschen, der Ängstlichen und auch der so genannten „Progessiven und Liberalen“.

Die Versuchung, Steine in Brot zu verwandeln um ein langes, schweres und schmerzhaftes Fasten zu beenden (Lk 4:1-4). Eine weitere Versuchung: Brot in Steine zu verwandeln und sie auf die Sünder zu werfen, die Schwachen und die Kranken (Joh 8:7) und ihnen so unerträgliche Lasten aufzubinden (Lk 11:46).

Die Versuchung, vom Kreuz herunter zu steigen, um den Menschen zu gefallen, und nicht dort zu bleiben um den Willen des Vaters zu erfüllen; sich vor dem Geist der Weltlichkeit zu verbeugen anstatt sich zu reinigen und vor dem Geist Gottes zu verneigen.

Die Versuchung, das „depositum fidei“ zu vernachlässigen und sich selber nicht als Hüter, sondern als Besitzer und Herren zu verstehen oder andererseits die Versuchung, die Realität zu vernachlässigen und eine einengende Sprache zu benutzen und so zu sprechen, dass man viel redet und nichts sagt!

Liebe Schwestern und Brüder, diese Versuchungen dürfen uns nicht erschrecken, nicht befremden, aber auch nicht entmutigen, denn kein Knecht ist größer als sein Herr; wenn also Jesus versucht worden ist und sogar selbst Beelzebub genannt wurde (Mt 12:24), dann dürfen seine Jünger keine andere Behandlung erwarten.

Ich persönlich wäre sehr besorgt und betrübt, hätte es diese Versuchungen und diese emotionalen Diskussionen nicht gegeben; das sind Bewegungen des Geistes, wie sie der Heilige Ignatius nennt. Wir hätten alle einverstanden oder schweigsam in einem falschen und ruhigen Frieden bleiben können. Stattdessen habe ich mit Dank und Freude Beiträge und Diskussionen gehört, die voller Glauben sind, voller Einsatz für Pastoral und Lehre, voller Weisheit, Offenheit, Mut und Parresia (Freiheit des Wortes). Und ich habe wahrgenommen, dass uns das Wohl der Kirche, der Familien und das höchste Gesetz, das Wohl der Seelen, vor Augen stand. Und das alles, ohne jemals die fundamentale Wahrheit des Sakraments der Ehe in Frage zu stellen: Die Unauflöslichkeit, die Einheit, die Treue und die Zeugungsfähigkeit, also die Offenheit für das Leben (GS 48).

Das ist die Kirche, der Weinberg des Herrn, die fruchtbare Mutter und sich sorgende Lehrerin, die keine Angst hat, die Ärmel hochzukrempeln und das Öl und den Wein über die Wunden der Menschen auszugießen (Lk 10:25-37). Sie beobachtet die Menschheit nicht aus einer Burg aus Glas beobachtet, um die Menschen zu klassifizieren oder zu richten. Das ist die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche, die aus Sündern besteht, die Seine Barmherzigkeit brauchen. Das ist die Kirche, die wahre Braut Christi, die ihrem Bräutigam und seiner Lehre treu zu bleiben sucht. Das ist die Kirche, die keine Angst hat, mit Huren und Sündern zu essen (Lk 15). Die Kirche, welche ihre Tore aufreißt, um die Bedürftigen und Reuevollen einzulassen, nicht nur die Gerechten und die, die glauben, perfekt zu sein! Die Kirche, die sich nicht für den gefallenen Bruder schämt und nicht so tut, als sehe sie ihn nicht, sondern betroffen ist und die Pflicht spürt, ihn aufzurichten und zu ermutigen, den Weg weiter zu gehen und ihn begleitet, bis zur endgültigen Begegnung mit ihrem Bräutigam, im himmlischen Jerusalem.

Das ist die Kirche! Und wenn die Kirche, in der Verschiedenheit ihrer Charismen, sich in gemeinschaftlich ausdrückt, dann kann sie nicht irren: Das ist die Schönheit und die Kraft des sensus fidei, dieses übernatürlichen Sinns des Glaubens, der vom Heiligen Geist geschenkt wird, damit mir gemeinsam in das Herz des Evangeliums gelangen können und lernen können, Jesus in unserem eigenen Leben nachzufolgen. Das darf nicht als Grund für Verwirrung und Unbehagen sein.

Viele Kommentatoren haben sich eine Kirche vorgestellt, in der ein Teil gegen den anderen kämpft und so den Heiligen Geist bezweifelnd, den wahren Förderer und Garanten der Einheit und Harmonie in der Kirche. Der Heilige Geist hat in der Geschichte immer das Schiff durch seine Diener geführt, auch wenn das Meer aufgewühlt war und die Diener ungläubig und sündig.

Wie ich zu Beginn der Synode gesagt habe, ist es nötig, das alles in Ruhe und innerem Frieden zu durchleben, damit die Synode cum Petro et sub Petro (mit Petrus und unter der Leitung Petri) verläuft, und die Anwesenheit des Papstes ist für das alles Garantie.

Die Aufgabe des Papstes ist es nämlich, die Einheit der Kirche zu garantieren; es ist seine Aufgabe, alle Gläubigen an ihre Pflicht zu erinnern, treu dem Evangelium Christi zu folgen; es ist seine Aufgabe, die Hirten daran zu erinnern, dass es ihre wichtigste Aufgabe ist, die Herde zu hüten, der Herr ihnen anvertraut hat und die verirrten Schafe zu suchen und willkommen zu heißen, in Väterlichkeit, Barmherzigkeit und ohne falsche Angst.

Es ist seine Aufgabe, alle daran zu erinnern, dass die Macht der Kirche der Dienst ist (Mk 9:33-35), wie es klar und deutlich Papst Benedikt XVI. gelehrt hat, mit folgenden Worten:

„Die Kirche ist berufen und bemüht sich, diese Art von Autorität auszuüben, die Dienst ist, und sie übt sie nicht aus eigener Vollmacht aus, sondern im Namen Jesu Christi… . Durch die Hirten der Kirche nämlich weidet Christus seine Herde: Er ist es, der sie leitet, schützt und zurechtweist, da er sie zutiefst liebt. Doch Jesus, der Herr, der oberste Hirt unserer Seelen, hat gewollt, dass das Apostelkollegium, heute die Bischöfe in Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri … für das Gottesvolk zu sorgen, Erzieher im Glauben zu sein und der christlichen Gemeinschaft Orientierung zu geben, sie zu beseelen und zu stützen oder, wie das Konzil sagt, »dafür zu sorgen, dass jeder Gläubige im Heiligen Geist angeleitet wird zur Entfaltung seiner persönlichen Berufung nach den Grundsätzen des Evangeliums, zu aufrichtiger und tätiger Liebe und zur Freiheit, zu der Christus uns befreit hat« (Presbyterorum Ordinis, 6). Jeder Hirt also ist das Mittel, durch das Christus selbst die Menschen liebt: Dank unseres Dienstes, liebe Priester, durch uns erreicht der Herr die Seelen, durch uns lehrt, bewahrt und leitet er sie. Der hl. Augustinus sagt in seinem Kommentar zum Johannesevangelium: »Es sei ein Erweis der Liebe, die Herde des Herrn zu weiden« (123,5); dies ist die oberste Norm für das Verhalten der Diener Gottes, eine bedingungslose Liebe, wie jene des Guten Hirten, voll Freude, allen Menschen gegenüber offen, achtsam auf den Nahestehenden und fürsorglich gegenüber den Fernen (vgl. Augustinus, Reden 340,1; Reden 46,15), einfühlsam gegenüber den Schwächsten, den Geringen, den Einfachen, den Sündern, um die unendliche Barmherzigkeit Gottes mit den ermutigenden Worten der Hoffnung zu offenbaren (vgl. ders., Brief 95,1).“ (Generalaudienz vom 26. Mai 2010).

Die Kirche ist deswegen aus Christus, sie ist seine Braut, und alle Bischöfe, gemeinsam mit dem Nachfolger Petri, haben die Aufgabe und die Pflicht, sie zu hüten und ihr zu dienen, nicht als Herren sondern als Diener. Der Papst ist in diesem Sinn nicht der oberste Herr sondern vielmehr der oberste Diener, der Diener der Diener Gottes; er ist der Garant des Gehorsams, der Übereinstimmung mit dem Willen Gottes, mit dem Evangelium Christi und der Tradition der Kirche. Jede persönliche Willkür beiseite lassend ist er dem Willen Christi gemäß der „oberste Hirte und Lehrer alle Gläubigen“ (Katechismus 749), dazu hat er „die volle ordentliche Autorität, die oberste, volle, unmittelbare und universale in der Kirche“ (Katechismus 331-334).

Liebe Schwestern und Brüder, wir haben jetzt noch ein Jahr um die hier vorgeschlagenen Ideen in einer wirklichen geistlichen Unterscheidung reifen zu lassen und konkrete Lösungen für alle Schwierigkeiten und die unzähligen Herausforderungen zu finden, welchen die Familien begegnen müssen; Antworten zu geben auf die vielen Entmutigungen, welche die Familien umgeben und einschnüren. Ein Jahr, um an der „Relatio Sinodi“ zu arbeiten, welche die getreue und deutliche Widergabe dessen ist, was in dieser Aula und in den Arbeitskreisen gesagt und diskutiert wurde.

Der Herr begleite und leite uns auf diesem Weg, zur Herrlichkeit seines Namens und auf die Fürsprache der seligen Jungfrau Maria und des Heiligen Josef! Und bitte: vergesst nicht, für mich zu beten! (rv)

Kardinal Kasper: „Mir Rassismus vorzuwerfen, ist abwegig“

Kardinal Walter Kasper„Es ist selbstverständlich, dass südliche Kirchen sich zu Wort melden und Einfluss nehmen.“ Mit diesen Worten reagiert Kardinal Walter Kasper auf den Vorwurf, er habe sich am Rand der Synode zu Ehe und Familie in rassistischer Weise über afrikanische Ortskirchen geäußert. Der emeritierte deutsche Kurienkardinal hatte am Dienstagabend mit drei Journalisten gesprochen, die vor der Synodenaula auf ihn warteten. Dabei kam die Rede unter anderem auf die Frage, wie afrikanische Bischöfe mit Homosexualität umgehen. „Das ist dort ein Tabu“, sagte Kasper, während andere Ortskirchen sich darum bemühten, Homosexuelle nicht zu diskriminieren. Kasper sagte weiter, es müsse „Raum für örtliche Bischofskonferenzen geben, ihre Probleme zu lösen, aber über Afrika kann ich nichts sagen. Aber sie sollten uns nicht zu sehr sagen, was wir zu tun haben.“ Pater Bernd Hagenkord sprach mit Kardinal Kasper.

„Das war ein zufälliges Gespräch, das ich geführt habe, gar kein Interview, es wurde heimlich aufgenommen. Es liegt mir natürlich jeder Rassismus völlig fern. Ich war in 15 Ländern in Afrika, in manchen mehrfach, und habe mich sehr für die Entwicklung in Afrika eingesetzt , auch finanziell und wirtschaftlich, in jeder Hinsicht. Mir Rassismus vorzuwerfen ist völlig abwegig. Das entspricht in keiner Weise meinem Denken. Ich würde sagen, in Afrika hat man eine etwas andere Kultur, was ja unbestreitbar ist. Und dass wir uns nicht einmischen in Afrika und es natürlich für die Afrikaner schwierig ist, unsere Situation zu beurteilen. Aber doch in keiner Weise würde ich sagen, dass die Afrikaner hier nichts zu melden hätten, das ist ja völlig unsinnig, das wäre gegen jede Kollegialität, die mir sehr am Herzen liegt. Ich bin mit sehr vielen afrikanischen Bischöfen befreundet. Diese ganze Sache ist gemacht worden, es hat mit meiner Überzeugung, mit dem, was ich wirklich gesagt habe, nichts zu tun. Da ist ein Halbsatz oder zwei Sätze herausgezogen worden aus einem längeren Geplauder, das ich hatte und das heimlich aufgezeichnet wurde und dann hochgespielt worden ist.“

Die Afrikaner spielen hier (bei der Synode) eine große Rolle. Man hört sie häufig und auch zu wichtigen Punkten, sie werden ernstgenommen, sie spielen eine große Rolle, nicht?

„Nirgends ist die Kirche im letzten Jahrhundert so sehr gewachsen wie in Afrika. Sie haben recht, so aufzutreten. Ich habe an vielen Gottesdiensten in Afrika teilgenommen und habe selber welche gefeiert, das ist jedes Mal ein Erlebnis: da ist lebendiger Glaube in Afrika. Da lebt das Christentum, mehr zum Teil als bei uns in Europa. Und so haben die Afrikaner allen Grund, hier mit Selbstbewusstsein aufzutreten und ihre Stimme zu erheben. Sie sind ein wichtiger Teil der Kirche geworden, überhaupt: zwei Drittel der Katholiken leben heute in der südlichen Heimsphäre, während in Europa nur noch knapp 25 Prozent leben. Das muss uns klar sein. Und es ist selbstverständlich, dass diese Kirchen sich zu Wort melden und Einfluss nehmen, und das neue Pontifikat ist ein Zeichen dafür, dass ein Papst aus der anderen Hälfte der Welt sozusagen kommt und Haupt der universalen Kirche wird. Das zeigt, man nimmt das ernst, die südliche Hemisphäre, und das wird sicher noch so weiter gehen.“ (rv)

Kardinal Pell: Barmherzigkeit ja, aber…

Kardinal PellZehn Kardinäle haben schon vor der Synode ausführlich Kritik am Startvortrag von Kardinal Walter Kasper über Ehe- und Familienpastoral geäußert, in der Regel in längeren Aufsätzen. Von diesen zehn Kardinälen nehmen sechs an der derzeitigen Generalversammlung der Bischofssynode in Rom teil: Es sind die Kardinäle Müller, Burke, Caffarra, Pell, Ouellet und Scola. Gemeinsam ist ihnen wichtig, dass sie an die Unverrückbarkeit der kirchlichen Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe erinnern. Am Donnerstag hielten die Synodenväter eine – den Berichten nach bewegte – Aussprache über die Ergebnisse ihrer Arbeitsgruppen. Wir fragten den australischen Kurienkardinal George Pell, wie er diese Aussprache bewertete.

„Aus meiner Sicht war das sehr, sehr ermutigend! Es war eine Atmosphäre des offenen Redens, der Wahrheit, der Vielfalt in der Einheit. Und es war sonnenklar, dass die Lehre der Kirche, die Lehre Jesu absolut fundamental und zentral ist. Natürlich bedeutet das: Barmherzigkeit, aber Barmherzigkeit in der Wahrheit! Die Dokumente aus den Arbeitsgruppen sind wirklich katholisch im besten Sinn des Wortes. Es gibt da Diversität – offensichtlich. Aber da ist auch die radikale Treue zum Evangelium und zu Jesus Christus.“

Mit einer klaren Mehrheit bei der entsprechenden Abstimmung haben die Synodenväter dafür gesorgt, dass ihre Berichte aus den Arbeitsgruppen noch am Donnerstag in vollem Wortlaut veröffentlicht wurden. Zuvor hatten Synodenväter, etwa die Kardinäle Müller und Burke, kritisiert, dass die einzelnen Wortmeldungen der Teilnehmer nicht, wie früher üblich, in Zusammenfassungen an die Presse gegeben wurden. Frage an Pell: Ist die Synode transparent genug?

„Ja! Nach der Veröffentlichung dieser Wortmeldungen der einzelnen Arbeitsgruppen ist die Lage viel, viel klarer! Ich bin mir sicher, dass das auch in der Schlussbotschaft so sein wird.“

Die Schlussbotschaft der Synode wird am Samstag veröffentlicht – anders als das Schlussdokument, dessen Übersetzung ein paar Tage brauchen wird.

Teilnehmer wie Beobachter der Synode staunen immer wieder, wie vielfältig die Blickwinkel auf vermeintlich gut bekannte Probleme im Ehe- und Familienbereich sein können. Beispiel: die wiederverheirateten Geschiedenen. Vor der Synode hatte es immer wieder geheißen, das sei vor allem ein westliches Spezialproblem. In der Aula aber stellte es sich als eines der brennendsten Probleme überhaupt heraus, und zwar bei weitem nicht nur für Westeuropa. Ioan Robu ist katholischer Erzbischof der Hauptstadt Rumäniens, Bukarest. Er sagte in einem Radio-Vatikan-Gespräch:

„Ich habe in meiner Wortmeldung über unsere Beziehungen zu orthodoxen Familien gesprochen; in der Regel haben sie keinerlei religiöse Ausbildung in der orthodoxen Kirche bekommen, aber bei uns einen Weg des Glaubens begonnen. Sie kommen jeden Sonntag in die katholische Messe, aber weil wir ihre Familiensituation nicht als regulär einstufen, gehen sie einmal im Jahr in die orthodoxe Kirche, um zu beichten und die hl. Kommunion zu empfangen. Meine Frage war, ob wir das nicht für diese Familien anstelle der orthodoxen Kirche anbieten können, so dass wir ihnen einmal im Jahr die Beichte abnehmen und die Kommunion geben können. Einige dieser Familien bitten uns immer und immer wieder, doch bei uns beichten zu können.“

Und warum ist die Situation dieser Familien „nicht regulär“? Nicht etwa, weil sie Orthodoxe sind. Erzbischof Robu erklärt:

„Das sind Familien, bei denen – wie das die Norm in der orthodoxen Kirche ist – die Ehepartner schon das zweite oder sogar dritte Mal verheiratet sind. Für uns ist das etwas, das wir nicht als normal einstufen können, wir stufen sie als irregulär ein; aber weil sie immer in unsere Kirchen kommen und gerne voll in die Gemeinschaft der katholischen Kirche aufgenommen würden, ist das für uns ein Problem. Wir suchen neue Wege für diese Familien, die letztlich auch ihre Schönheit, ihren Wert haben.“ (rv)

Synode: Erzbischof Gadecki distanziert sich von „Relatio“

Bischofssynode 2014„Redet bitte offen!“, hat Papst Franziskus die Synodenväter vor einer Woche, zu Beginn ihrer Beratungen im Vatikan, gebeten. Und tatsächlich ist hinter den verschlossenen Türen der Synodenaula in den letzten Tagen offenbar Klartext zum Thema Ehe- und Familienpastoral gesprochen worden. Zum Beispiel am Montag, nach der Vorstellung des Zwischenberichts, der so genannten „Relatio post disceptiationem“.

Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gadecki von Posen, spricht auch gegenüber Radio Vatikan ganz offen seine Bedenken aus: Der Zwischenbericht sei für viele Bischöfe nicht akzeptabel, er entferne sich von der Lehre des hl. Johannes Paul II. und lasse eine klare Vision vermissen; stattdessen hätten gar Spuren einer gegen die Ehe gerichteten Ideologie Eingang in den Text gefunden.

„Geht es bei dieser Synode darum, Familien in Schwierigkeiten pastoral zu unterstützen, oder etwa darum, Einzelfälle zu studieren? Unser erstes Ziel sollte es doch sein, die Familienseelsorge zu unterstützen und nicht, sie zu beschädigen, indem wir auf schwierige Situationen eingehen! Diese Situationen existieren zwar, aber betreffen doch nicht den Kern des Familiären, und das darf uns doch nicht von der Notwendigkeit ablenken, die normalen, einfachen und gängigen Familien zu unterstützen, die nicht so sehr ums Überleben als um ein Festhalten an der Treue kämpfen.“

Zweifel am Begriff der „Gradualität“
Gadecki äußert auch Zweifel am Begriff der „Gradualität“, der im Zwischenbericht auftaucht. Man könne doch die Ehe ohne Trauschein „nicht als graduellen Schritt auf dem Weg zur Heiligkeit darstellen“, beanstandet der Erzbischof. Überhaupt fänden sich wesentliche Elemente der katholischen Sicht von Ehe und Familie nicht in der „Relatio“ wieder.

„An dem Dokument ist interessanter, was es verschweigt, als was es sagt. Natürlich kann man über Sonderfälle sprechen. Aber in erster Linie sollten wir doch die Wahrheit präsentieren! Ein Punkt erwähnt die Möglichkeit, dass homosexuelle Paare Verantwortung für Minderjährige übernehmen – als ob das etwas Akzeptables wäre. Das ist einer der Irrtümer des Textes: statt die Treue und die Familienwerte zu ermutigen, nimmt er die Dinge einfach so hin, wie er sie vorfindet. Das vermittelt den Eindruck, als sei die Lehre der Kirche bisher unerbittlich gewesen – und als ginge man jetzt stattdessen dazu über, Barmherzigkeit zu lehren.“ (rv)

Synode: „Unsere Reise geht weiter“

Pater Lombardi PressekonferenzDer Zwischenbericht zur Weltbischofssynode ist ein Arbeitsinstrument für die Synodenväter und kein Abschlussbericht. Das hat Vatikansprecher P. Federico Lombardi an diesem Dienstag noch einmal vor der Presse klargestellt. „Das Drama geht weiter“ – mit diesen Worten umschrieb Kardinal Luis Tagle von Manila am Montag scherzhaft die Fortsetzung der synodalen Arbeiten. Er ist einer der drei Synodenpräsidenten. Nach seiner Darstellung ist der Austausch in der Synodenaula konstruktiv und unverblümt. Der am Montag präsentierte Zwischenbericht zur Synode habe in diesem lebendigen Gefüge nur provisorischen Charakter, betonte der Kardinal vor Vertretern der Presse:

„Die ,relatio post disceptationem’ kann als kein abschließendes Dokument der Synode betrachtet werden. Sie ist sehr vorläufig, ist für uns eine Art Spiegel, in dem wir Synodenväter sehen können, was wir so weit diskutiert haben, was wir erreicht haben bis jetzt auf dieser Reise. Das Dokument ist also eine Art Zusammenfassung, eine Synthese der Diskussionen der ersten Woche. Und die Synodenteilnehmer sind nun dazu aufgerufen zu sehen, was vertieft und geklärt werden muss, welche anderen Fragen gestellt werden sollten. Das Drama geht also weiter.“

Die Redakteure der 240 synodalen Beiträge, die den Zwischenbericht erstellten, hätten „heroische Arbeit“ geleistet, lobte Tagle. Der Generalrelator Kardinal Peter Erdö, der Synodensekretär Erzbischof Bruno Forte und die Expertengruppe hätten die in verschiedenen Sprachen vorgebrachten und inhaltlich vielfältigen Statements der Synodenväter innerhalb von nur zwei Tagen in ein handliches Dokument geschmolzen, das den Synodenvätern in dieser Woche als Arbeitshilfe dient. Die Tatsache, dass einige Synodenväter konkrete Punkte an dem Papier bemängelt hatten oder Präzisierungen anmahnten, sei kein Zeichen von Spaltungen, erklärte Tagle weiter:

„Ich wäre sehr vorsichtig, Leute zu etikettieren, nach dem Motto: ,Wer ist konservativ, wer ist progressiv’ – das ist gefährlich. Menschen sind unterschiedlich, aber wir sind alle verbunden durch die gemeinsame Liebe zur Kirche, die Treue gegenüber Christus und die Mission. Ich bezweifle, dass solche Zuordnungen irgendjemanden erschöpfend beschreiben könnten. Und was die Wahl der Moderatoren der Kleingruppen betrifft, die wurden von den Gruppen selbst gewählt.“
An diesem Dienstag gibt es wie in den kommenden Tagen jeweils zwei Sitzungen der Kleingruppen, der sog. „Circoli minori“, eine am Morgen und eine am Abend. Sie dauern jeweils dreieinhalb Stunden. Am Donnerstag werden die in den Arbeitskreisen erarbeiteten Ergebnisse in der Vollversammlung vorgestellt. Danach tritt wieder das Redaktionskommitee zusammen, um sie einzuarbeiten. Der so erstellte Text – die „Relatio Sinodi“ – wird dann am Samstag von den Synodenvätern abgesegnet. Ob das Dokument, das dem Papst übergeben werden soll, dann auch veröffentlicht werden wird, ist noch nicht bekannt. Das Papier ist die Arbeitsgrundlage für die Bischofssynode von 2015. (rv)

Erste Einzelheiten zur Bischofssynode 2015

Kardinal BaldisseriDie nächste Bischofssynode zum Thema Ehe und Familie wird vom 4. bis 25. Oktober 2015 im Vatikan stattfinden. Das kündigte der Generalsekretär der Bischofssynoden, Kardinal Lorenzo Baldisseri, am Montag an. Baldisseri sprach auf der derzeitigen Versammlung der Außerordentlichen Bischofssynode; sie beschäftigt sich ebenfalls mit Ehe und Familie und soll die – deutlich längere – Synode vom Herbst 2015 vorbereiten. Kardinal Baldisseri nannte auch das vom Papst gewählte Thema der Synode vom nächsten Jahr: „Berufung und Mission der Familie in der Kirche und der Welt von heute“.

Er hoffe, dass die Synodenväter bei ihren Beratungen in Arbeitsgruppen diese Woche schon an die Synode vom nächsten Jahr dächten, so der Kardinal. „In den Gruppen könnte man auch Themen vorschlagen, die noch nicht behandelt worden sind“, sagte er.

Gespräche in Arbeitsgruppen starten

An diesem Montag beginnen auf der Versammlung der Bischofssynode offiziell die Arbeiten in den Arbeitsgruppen. Nach Sprachen organisiert treffen sich alle Synodenteilnehmer, um die Relatio – das zusammenfassende Dokument, das am Montagmorgen von Kardinal Peter Erdö verlesen wurde – zu diskutieren. Drei Gruppen finden auf Italienisch statt, drei ebenfalls in Englisch, zwei jeweils in Spanisch und Französisch.

Am Donnerstagmorgen werden die in den Arbeitskreisen erarbeiteten Ergebnisse in der Vollversammlung vorgestellt, danach tritt wieder das Redaktionskommitee zusammen, um sie einzuarbeiten. Der so erstellte Text – die Relatio Sinodi – wird dann am Samstag verlesen und diskutiert, am Nachmittag wird auch darüber abgestimmt.

Bereits am Freitag wird aber auch ein weiterer Text besprochen: die Botschaft, die jede Synode an die Gläubigen richtet. Die endgültige Form dieser Botschaft – Nuntius genannt – wird ebenfalls am Samstag abgestimmt.

Papst stellt Schlussdokument auf breitere Basis

Derweil hat Papst Franziskus zum Wochenende das Redaktionskomitee für das Schlussdokument der laufenden Synodenversammlung verstärkt. Bisher waren Kardinal Baldisseri, Synoden-Relator Kardinal Peter Erdö (Ungarn) und der italienische Bischof Bruno Forte mit dem Erstellen des Dokuments betraut. Es soll am nächsten Sonntag fertig sein und die Arbeitsgrundlage für die Bischofssynode von 2015 darstellen. Franziskus benannte nun sechs weitere Synodale in den Redaktionskreis: Kurienkardinal Gianfranco Ravasi, US-Kardinal Donald Wuerl, Jesuitengeneral Adolfo Nicolás, den argentinischen Erzbischof Victor Manuel Fernández, den Präsidenten des Lateinamerikanischen Bischofsrates Erzbischof Carlos Aguiar Retes und den koreanischen Bischof Peter Kang U-il. (rv)

Zwischenbericht der Bischofssynode: Die Notwendigkeit mutiger pastoraler Entscheidungen

Kardinal ErdöDie zweite Woche der Versammlung der Bischofssynode beginnt und auf dem Programm stehen die Arbeit in den Arbeitsgruppen und das Erstellen eines Abschlusstextes. Die Grundlage für diese Arbeiten wurde vergangenes Wochenende erstellt und an diesem Montag verlesen: Die Zusammenfassung der Beratungen der ersten Woche, die so genannte „relatio post disceptationem“. Pater Bernd Hagenkord fasst für uns zusammen.

Kardinal Peter Erdö fiel die Aufgabe zu, die Zusammenfassung zu erstellen und vorzustellen. Als Relator hatte er nicht wie die übrigen Teilnehmer zwei freie Tage, sondern musste die 240 Beiträge in einen Gesamttext verarbeiten und den Synodenteilnehmern vorlegen.

Die Relatio beginnt mit dem doppelten Ausgangspunkt, der sich auch in vielen der Statements in der Versammlung fand. Zum einen sei die Familie die Zelle der Gesellschaft und damit auch der Kirche, zum anderen gäbe es viele Krisensymptome, die eine erneuerte Verkündigung nötig machten.

Der Text ist in drei Teile gegliedert: Zunächst wendet er sich den verschiedenen Realitäten und Wirklichkeiten zu, in denen Familie gelebt wird. Damit werden vor allem die Berichte und pastoralen Erfahrungen der Synodenteilnehmer aufgegriffen. Dann folgt der Blick auf Christus und seinen Auftrag, die Frohe Botschaft zu verkünden. Im dritten Teil wendet man sich schließlich der Frage zu, was Wege sein könnten, „die Kirche und die Gesellschaft in ihrem Einsatz für die Familie zu erneuern“.

I. Das Hören: Der Kontext der Herausforderungen für die Familie
Viel war in der ersten Woche von diesen Herausforderungen die Rede, einige universal, andere kulturell oder regional. Diese werden im ersten Teil in acht Abschnitten zusammen gefasst. Es geht um den Individualismus und die Einsamkeit, um Polygamie und die Probleme, die in gemischt-religiösen Ehen entstehen, wenn es um Rechte und die christlichen Werte geht. Es geht aber auch um die Affektivität des Menschen und seine Fähigkeit, Bindungen zu leben. Dieser Teil macht deutlich, dass die Synodenteilnehmer nicht über eine idealisierte Vorstellung von Familie, sondern von deren konkreten Formen gesprochen haben. Die Kirche müsse hier „ein Wort der Hoffnung und des Sinns“ sprechen.

Der einleitende Satz dieses Abschnitts gibt die Absicht gut wieder: „Der anthropologisch-kulturelle Wandel heute beeinflusst alle Bereiche des Lebens und erfordert eine analytische und breit gefächerte Untersuchung, die fähig ist, die positiven Formen von individueller Freiheit zu erfassen.“ Es geht daher nicht um einen Familienbegriff unter Belagerung, sondern um das Erkennen von Herausforderungen und von Chancen.

II. Der Blick auf Christus: Die Frohe Botschaft von der Familie

Mit dem Blick auf Christus öffnen sich neue Wege und noch nicht gedachte Möglichkeiten: Mit diesem Gedanken Papst Franziskus’ beginnt der zweite Teil der Relatio. Zwei Begriffe prägen ihn, zum einen der der Gradualität, welcher sehr deutlich und vielleicht überraschend bei den Beiträgen immer wieder zu Tage trat, und der der Barmherzigkeit Gottes, die Maßstab und Schlüssel zum Verstehen der Gebote Gottes sei.

Gott habe die Gnade seines Bundes mit den Menschen auf verschiedene Weisen mitgeteilt, die es „zu unterscheiden ohne zu trennen“ gelte, wird über die Gradualität gesagt. „Kontinuität und Neuheit“ seien die beiden Perspektiven, in denen das Verstehen gesucht werden müsse.

Die Ehe sei unauflöslich, das habe Jesus selbst bestätigt, die Ehepartner würden sich deswegen Treue und Offenheit für das Leben versprechen. So münde das Sakrament der Ehe in der Familie.

In diesem Teil der Relation wird außerdem die Frage aufgegriffen, welche in der Synodenversammlung immer wieder gestellt wurde: Wie könne Menschen geholfen werden, deren Ehen gescheitert seien. Hier greift der Text eine Verstehens-Hilfe auf, die dem Zweiten Vatikanum entnommen ist (Lumen Gentium 8), genauer dem Begriff des „subsistit“, der schwer zu übersetzen ist. Damit will der Text den Gedanken wiedergeben, dass es auch außerhalb sakramentaler Ehen Heiligung und Wahrheit geben könne. Verkürzend zusammen gefasst kann man sagen, dass hier die Idee wiedergegeben wird, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt, Ehe und nicht Ehe, sondern Zwischentöne, eben Grade. Was wiederverheiratete Geschiedene und ihre Zulassung zu den Sakramenten anginge, brauche es einen „geistlichen Unterscheidungsprozess“, so die Relatio.

Ein drittes Thema dieses Teils sind die Partnerschaften, die nicht mit Blick auf eine sakramentale Verbindung geschlossen wurden und werden, auch hier brauche es den barmherzigen Blick Jesu, um die Haltung der Kirche neu zu formulieren.

III. Die Auseinandersetzung: Pastorale Perspektiven

Der dritte Teil der Relation ist der längste Teil, er fügt die konkreten pastoralen Perspektiven und die grundsätzlichen Überlegungen zusammen. Die Spannung zwischen lokaler Not und universaler Perspektive wird genannt, die Frage der Verkündigung, die Rolle der Familien in der Kirche, die Sprache der Kirche in ihrer Verkündigung und die Vorbereitung auf die Ehe und die Begleitung der Ehepaare nach der Eheschließung, um nur einige Punkte zu nennen.

Ebenso wird jedoch betont, dass es gilt, sich nicht nur auf die sakramentale Ehe zu konzentrieren, sondern auch das Positive in anderen Partnerschaften zu sehen. Gleichzeitig gelte es aber auch, die eigene Vorstellung von Ehe und Sakrament zu bezeugen.

Noch einmal geht es in diesem Teil um die „verwundeten Familien“, also um getrennt Lebende, wiederverheiratete und nicht wieder verheiratete Geschiedene. „In der Synode klang klar die Notwendigkeit für mutige pastorale Entscheidungen an“, heißt es in dem Text. Treu zur Frohen Botschaft von der Familie hätten die Beratungen gezeigt, dass die Synodenväter die Dringlichkeit für solche „neuen pastoralen Wege“ erkannt hätten. „Es ist nicht klug, an eine einzige Lösung für alles zu denken oder an Lösungen, die durch ein ‚alles oder nichts‘ inspiriert sind“, heißt es in dem Text.

Noch einmal werden die geschiedenen Wiederverheirateten angesprochen, es geht um Ehenichtigkeitsverfahren und deren Verschlankung und die einzelnen Lösungsvorschläge aus der Debatte werden aufgeführt. Außerdem geht es um gleichgeschlechtliche Partnerschaften, auch hier nutzt der Text eine wertschätzende, keine beurteilende Sprache. Die Kirche könne ihre Partnerschaft nicht als Ehe sehen, die Relatio fragt aber, ob diese fähig sei, diese Gläubigen geschwisterlich aufzunehmen.

Pastoral und Lehre

Den gesamten Text prägt der Ansatz, dass die Kirche vor allem zuerst hören solle, bevor Antworten gegeben werden. Dem entspricht die Aufforderung, die Realität der Menschen zu schätzen und kennen zu lernen. Es ist ein sehr pastoraler Blick, wobei der Text nicht in die Falle tappt, Pastoral gegen Lehre auszuspielen, im Gegenteil. Auch sagt der Text nicht, die Frage der sakramentalen Ehe sei vor allem ein Vermittlungsproblem, die Herausforderungen werden sehr ernst genommen.

Das Dokument endet mit der Perspektive über die Synodenversammlung hinaus: Man wolle mit diesem Dokument Fragen aufwerfen und Perspektiven eröffnen, die in den Reflexionen in den Ortskirchen während des Jahres der Vorbereitung auf die kommende Synode reifen und präzisiert werden sollen, so der letzte Abschnitt. Damit ist auch das weitere Vorgehen angedeutet: In der kommenden Woche werden die Arbeitsgruppen an diesem Text weiterarbeiten, vielleicht Änderungsvorschläge oder Präzisierungen erarbeiten, die dann vorgeschlagen werden. Es liegt aber bereits jetzt das Gerüst vor für das, was von nun an bis zur kommenden Versammlung der Bischofssynode debattiert werden soll.

Aus der Synodenaula Pater Bernd Hagenkord für Radio Vatikan. (rv)

Synodenthema Nummer 1: Wiederverheiratete Geschiedene

Bernd HagenkordDas Thema der wiederverheirateten Geschiedenen ist dasjenige, das bei der Bischofssynode zur Familie am häufigsten in der Aula zur Sprache kommt. Das sagt unser Synodenbeobachter Pater Bernd Hagenkord in einem Gespräch zur Zwischenbilanz.

„Es sind sicher die wiederverheirateten Geschiedenen und der Kommunionempfang [die am häufigsten zur Sprache kommen]. Ich führe eine kleine private Strichliste, über 40 Mal ist das genannt worden, teilweise nur am Rande, teilweise als Zentrum der Wortmeldung. Und es ist kein europäisches Thema, es kommt auch aus Afrika und Asien. Thema sind sicher die Ehe-Annullierungen. Das Verfahren passt vielen nicht, das sei zu kompliziert, zu langwierig, so unpastoral sozusagen. Ein ganz uneuropäisches Thema ist Polygamie. Das wird sehr heiß debattiert, wie man damit umgeht. Das sind die konkreten Themen, die da besprochen werden. Ansonsten natürlich: Was verstehen wir heute unter Ehe? Was ist das, Familie? Was ist das Sakrament der Ehe? Solche Dinge werden auch besprochen.“

Gibt es auch Themen, die Sie überraschen?

„Ich höre zu, wenn es um Polygamie geht. Das Thema ist ähnliche wie wiederverheiratete Geschiedene nicht nur ein pastorales Problem, sondern dient ja auch dazu, das Thema Familie und Ehe überhaupt zu debattieren. Ich nenne das ein „Bruch-Thema“. So etwas kaputt ist und nicht funktioniert. Was manchen wir denn mit einem Mann, der drei Frauen hat und katholische werden will? Verweigern wir ihm das? Oder muss er dann zwei Frauen entlassen, die dann ins Nichts fallen – das kann es ja wohl auch nicht sein? Da wird darüber debattiert, wie verstehen wir das eigentlich? Was bedeutet für uns die moralische Folge unserer Lehre? Wie flexibel können wir sein oder wie strikt müssen wir sein? Und ich finde das spannend, dass das nicht apodiktisch debattiert wird, so und so hat das zu sein, sondern am Menschen, an seinen Geschichten. Das hat mich sehr fasziniert.“

Werden wirkliche Positionen vorgestellt, oder Vorschläge über zukünftige Positionen der Kirche?

„Es gibt alles Mögliche. Es gibt Leute, die nur aus der Erfahrung berichten. Es gibt theologische Positionen. Es gibt rein theologische Wortmeldungen, die sehr klar sagen, was katholische Kirche lehrt und woran man sich auszurichten hat, und das kommt nicht nur aus Rom, sondern aus der Praxis vor Ort – das ist so nicht aufteilbar. Interessant ist, dass die ganze Debatte sehr offen bleibt. Ich sehe keine Parteien. All die Kontroversen sehe ich nicht, die im Vorfeld eine Rolle gespielt haben. Natürlich wird kontrovers debattiert, da gibt es widersprüchliche Meinungen. Aber die gleichen Leute gehen danach gemeinsam die Treppe runter und reden weiter. Das ist eine sehr offene, kollegiale Atmosphäre.“

Es ist also eine echte Debatte und nicht einfach ein Das-Wort-Ergreifen und etwas sagen, das man hier immer schon anbringen wollte?

„Das schon, aber es gab jeden Abend eine Stunde offene Debatte, da gab es keine Rednerliste…“

…und das hat funktioniert diesmal?

„Das hat funktioniert diesmal. Es gab sogar die Wortmeldung, es mögen sich doch nicht immer die gleichen melden, weil dann eben klar ist, es gibt Leute, die haben mehr dazu zu sagen haben als andere, und andere sind froh, wenn sie nur ihren Beitrag liefern können. Es hat eine offene Debatte stattgefunden, aufeinander eingehend, und natürlich in der wichtigsten aller Debatten – der Kaffeepause.“

Papst Franziskus – ergreift er auch das Wort oder hört er nur zu?

„Der Papst hört nur zu. Am Anfang beginnt es mit einer Gebetszeit und auch am Ende steht ein Gebet, da ist er der Vorbeter, der das Gebet führt. Es ist ja eine geistliche Sache, keine Parlamentsdebatte. Aber während der einzelnen Beiträge schweigt der Papst nicht nur, sondern hört sehr aufmerksam zu und gibt nicht zu erkennen, ob er das gut findet oder schlecht findet, denn das wäre ja auch gefährlich, wenn er das gleich prägen würde. Er sitzt da und hört sich das an, macht sich Notizen, bedankt sich immer am Schluss und wünscht noch einen guten Appetit oder einen schönen Abend, bis morgen – wie man ihn so kennt, recht locker, aber auch aufmerksam. Es ist ja anstrengend, da zuzuhören, und er ist da voll dabei.“

Halbzeit ist jetzt – was kommt in der zweiten Woche?

„Zunächst kommt die Relatio, also der dafür zuständige Kardinal Erdö von Budapest fasst alles zusammen, was in den vergangenen Tagen hier gesagt wurde, und das ist dann die Grundlage für die Kleingruppen. Die Kardinäle und Bischöfe, und die Auditoren gehen in Kleingruppen, die nach Sprachen organisiert sind. Da entschieden sie, über welche Themen sie reden wollen und haben dann vier Tage Zeit zu debattieren, was immer sie zu debattieren haben. Das geht dann wieder zurück an Erdö, und er macht wieder eine Zusammenfassung daraus. Schritt für Schritt wird die Dynamik der Debatte aufgefangen, auch in Texten aufgefangen, und am Schluss soll dann irgendeine Form von Dokument stehen, das wieder an die Kirche gegeben wird. Das ist eine Vorbereitungssynode für die nächste Synode. Wie das aussehen wird, ist noch nicht entschieden, ob das schon das Vorbereitungsdokument ist, ob da systematisch noch einmal die Kirche vor Ort einbezogen wird, ob es vielleicht sogar noch eine zweite Fragebogenaktion gibt – alle möglichen Dinge werden besprochen und angeregt, wir werden sehen, was dann dabei herauskommt.“

Sie haben schon andere Synoden im Vatikan erlebt, was unterscheidet diese hier von den anderen?

„Es ist meine vierte Synode. Was mich am meisten überrascht ist, dass die alle begreifen, dass sie kein Dokument brauchen am Schluss. Sie brauchen keinen Kompromiss und können offen reden, und wenn die Frage offen bleibt, das sagte ein Synodenteilnehmer, dann ist das schon der erste große Erfolg der Synode. Sie reden nicht nach dem Motto, ich muss jetzt hier so sprechen, dass ich in eineinhalb Wochen einen Kompromiss abstimmen kann, sondern wir können alles auf den Tisch legen, was auf den Tisch gehört. Das ist, wenn ich das so ausdrücken darf, die Gnade dieser Synode, die dann darin mündet, dass man ein ganzes Jahr lang weiter debattieren wird.“ (rv)

Aus der Synodenaula: Wiederverheiratete Geschiedene und die Kommunion

Bischofssynode2Pater Bernd Hagenkord bietet einen Blick hinter die Kulissen der Bischofssynode und der diskutierten Themen von Mittwochabend und Donnerstagvormittag. Aus der Synodenaula für Radio Vatikan:

„Pastoral-schwierige Situationen“ – Unter dieser Überschrift finden sich all die Fragen aus der Praxis, die bereits im Vorfeld der Versammlung der Bischofssynode, wie auch in den Medien besondere Aufmerksamkeit gefunden haben und weiterhin finden. Das Vorbereitungsdokument Instrumentum Laboris nennt in diesem Kapitel die wiederverheirateten Geschiedenen und ihr Zugang zu den Sakramenten, nichteheliche Lebensgemeinschaften, ledige Mütter, dann aber auch die gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften. Die Liste der Wortmeldungen war so lang, dass sowohl der Mittwochnachmittag als auch der Donnerstagvormittag diesem Feld gewidmet waren.

Wiederverheiratete Geschiedene
Bereits bei der Kardinalsversammlung im Februar dieses Jahres hatte auf Bitten des Papstes Kardinal Walter Kasper einen Vortrag gehalten, in dem er die Frage nach der Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten aufgeworfen hatte. Hierbei geht es um Vergebung und die Botschaft des Evangeliums, aber auch um die Glaubwürdigkeit dessen, wofür die Kirche einsteht.

Viele Beiträge bezogen sich auf diese Problematik, der wiederverheirateten Geschiedenen. Es gab kaum einen Beitrag an diesem Donnerstagmorgen, der nicht auf irgendeine Weise Bezug darauf nahm. Einige Wortmeldungen bezogen sich direkt auf die von Kardinal Kasper gestellte Frage. Spirituelle Kommunion, also das Mitfeiern der Messe ohne den Empfang der Eucharistie, wurde debattiert, und verschiedene pastorale Konzepte der Begleitung angesprochen und empfohlen, vor allem dort, wo sich Betroffene untereinander helfen und begegnen können. Immer wieder wurden auf andere kulturelle und religiöse Kontexte hingewiesen, auf Ökumene vor allem mit der Orthodoxie, auf interreligiöses Zeugnis und traditionelle vorchristliche Kulturen und ihr Eheverständnis. Andere Religionen erwarten von Christen Klarheit.
Es gab aber auch bemerkbare Ablehnung im Zuge des heutigen Treffens: Die Medizin sei schlimmer als die Krankheit, sagte ein Synodenteilnehmer. Ein Thema, das offen ist und offen bleibt; allein das ist schon ein Erfolg der Synode, wie es ein Teilnehmer formulierte.

Ehenichtigkeitsverfahren
Eine sehr technische Frage, denn sie betrifft nicht immer einfach zu verstehende kirchenrechtliche Fragen, ist das Ehenichtigkeitsverfahren. Von vielen wurde das Verfahren als zu kompliziert wahrgenommen, zu umständlich und lang. Die Vorschläge zur Änderung reichten von der Einführung schnellerer mündlicher Verfahren bis hin zum Wegfall der zweiten Instanz. Bislang braucht eine Ehenichtigkeit zwei übereinstimmende Urteile. Man könnte auch mehr Richter beschäftigen, etwa qualifizierte Laien und vieler mehr. Dagegen standen aber Argumente, dass gerade die Komplexität sicher stelle, dass es nicht zu einer verkappten „katholischen Scheidung“ komme und dass nach der Wahrheit, nicht nach schnellen Lösungen gesucht werde, immerhin ginge es um ein Sakrament. Papst Franziskus hatte direkt vor der Synode eine Kommission einberufen, die genau diese Fragen studieren soll. Dafür bietet die Synodenversammlung viel Material.

Neben den Themen des Ehenichtigkeitsverfahren und der wiederverheirateten Geschiedenen wurden Themen aufgegriffen, wie die immer wieder debattierten Polygamie, die Frage nach dem langen Zusammenleben vor der Ehe oder nach einer Pastoral für die Väter, nach gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und deren gesetzlicher Anerkennung .

Im Zuge der heutigen Versammlung wurden auch die dahinter liegenden Haltungen deutlicher: Man dürfe nicht in einen Legalismus verfallen, hieß es immer wieder. Teilweise wurden pastorale Erfahrungen als Argumente genützt, oft waren die Beiträge aber auch sehr technisch, vor allem wenn es um einzelne Canones des Kirchenrechtes ging. Aber genau hier entscheidet sich ja meistens die Praxis.

Armut
Immer wieder sehr deutlich und mit viel Engagement wurde die Frage der Armut genannt. Pastoral schwierige Situationen entstünden manchmal erst durch Armut, Ausbeutung, Migration und Ausbeutung. Eines der wichtigsten Themen der vergangenen Tage kehrte somit auch in diesen Generalversammlungen wieder.

Ein weites Feld, das engagiert debattiert wurde. Verstärkt lösen sich nun vor allem in der offenen Debatte die Beiträge vom Text und reagieren auf Vorredner. Die Diskussion wird offener, vor allem in der letzten Stunde am Abend, in der ohne vorbereitete Rednerliste auf Wortmeldung hin gesprochen wird. Es wurde kontrovers debattiert, ohne Polemik und respektvoll, aber durchaus klar und deutlich. Ein Zeichen dafür, dass die Aufforderung des Papstes, offen zu sprechen, als auch die Vertraulichkeit der Text-Beiträge Früchte trägt. Gleichzeitig wird aber schon jetzt klar, dass es keine schnelle Lösung für all diese Fragen geben wird, sondern dass die Kirche sicherlich das kommende Jahr brauchen wird, um all das in Breite und Tiefe aufzugreifen. Wie gesagt, dass die Frage gestellt und offen ist, ist schon ein gutes Ergebnis. (rv)