Brasilien: Papst ernennt Bistums-Administrator nach Verhaftung des Bischofs

Die Diözese Formosa erhält auf Wirken des Vatikans hin einen apostolischen Administrator. Der bisherige Bischof selbst befindet sich derzeit in Untersuchungshaft.

Der Heilige Stuhl ernennt für das Bistum Formosa in Zentralbrasilien „sede plena et ad nutum Sanctae Sedis“ einen apostolischen Administrator. Der brasilianische Erzbischof Paulo Mendes Peixoto wird dieses Amt übernehmen. Der 67-Jährige ist seit sechs Jahren der Bischof der Erzdiözese Uberaba und wird in seiner Funktion als Administrator die gleichen Rechte wie ein Bischof in Formosa haben, dass südlich seiner eigenen Diözese liegt.

Jose Ribeiro, der eigentliche Bischof von Formosa, wurde ebenso wie ein Generalvikar und vier Priester am Montag verhaftet. Ihnen wird vorgeworfen, knapp 495.000 Euro aus den Spendengeldern für die Kirche gestohlen zu haben. Die Haftmaßnahme ist Teil einer größeren Operation, die zur Festnahme von weiteren 8 Personen im Bundesstaat Goiás führte.

Nur einen Tag nach der Verhaftung ernannte Papst Franziskus Peixoto zum Administrator. Die brasilianische Bischofskonferenz brachte derweil in einer Mitteilung des Generalsekretärs Leonardo Steiner ihre Solidarität mit den Gläubigen der Diözese zum Ausdruck. (vatican news)

Brasilien: Amazonassynode untersucht „Evangelisierung und ökosoziale Frage“

Mit großer Freude und Dankbarkeit hat der brasilianische Kardinal Claudio Hummes die Nachricht von der Sondersynode zum Amazonas aufgenommen. „Ich glaube, der Papst will wirklich die Bischöfe der Region hören, um neue Wege der Präsenz und der Nähe mit den Indigenen vorzuschlagen“, sagte uns der Kardinal. „Es geht um Evangelisierung – aber es geht auch um die ganze ökosoziale Frage.“

Franziskus hatte beim Angelus am Sonntag bekannt gegeben, er plane im Herbst 2019 eine Bischofsversammlung über die Seelsorge und die ökologische Frage in dem südamerikanischen Urwaldgebiet. Hummes befand sich auf dem Petersplatz, als der Papst die Amazonas-Synode ankündigte, und Radio Vatikan sprach mit ihm.

„Wir danken alle Gott, weil das ein hoch bedeutendes kirchliches Ereignis ist für die Sendung der Kirche in Amazonien. Eine große Gnade für uns alle. Wir freuen uns. Und wir wissen ja, dass die ganze Welt ein spezielles Interesse für das Amazonasgebiet hat, auch wegen der globalen Umwelt- und Klimakrise. Wir Katholiken denken natürlich hauptsächlich an die Evangelisierung in diesen Regionen. Die Indigenen im Amazonas erwarten immer noch mit Hoffnung die Präsenz der Kirche und das Wort Gottes.“ (rv)

Brasilien: Kardinal Damasceno Assis geht in Ruhestand

damasceno-assisKardinal Raymundo Damasceno Assis geht in Ruhestand. Papst Franziskus hat seinen Rücktritt aus Altersgründen angenommen und einen Nachfolger für sein Bistum Aparecida benannt, wie der Vatikan an diesem Mittwoch bekannt gab. Kardinal Damasceno war zuletzt bekannt geworden, weil er als einer der vier Präsidenten die beiden Versammlungen der Bischofssynode zum Thema Familie geleitet hatte. Sein Bistum Aparecida beherbergt das größte Heiligtum des Landes, die Statue der Muttergottes, die der Stadt ihren Namen gibt.

Kardinal Damasceno ist 79 Jahre alt, sein Papstwahlrecht hat er noch bis zu seinem kommenden Geburtstag im Februar inne. (rv)

Brasilien: Es fehlen Missionare im Amazonasgebiet

Kardinal Claudio HummesInsbesondere die Region Amazonien hat dringenden Bedarf an Missionaren. Das berichtet der brasilianische Kardinal Claudio Hummes, Präsident des pan-amazonischen Kirchennetzwerkes REPAM, gegenüber Radio Vatikan. Die Region, die neun südamerikanische Länder umfasst, sieht sich immer größeren Schwierigkeiten gegenüber, die auch durch die Ausbeutungspolitik multinationaler Konzerne weiter gefördert werden und das Überleben der indigenen Bevölkerung gefährdet. Kardinal Hummes:

„Die Amazonasregion ist nach wie vor eine große Herausforderung für die Kirche. Der Papst begleitet und bestärkt uns hier. Er sagt uns immer, wir sollen mutig sein, und auch riskieren, mal neue Wege zu beschreiten und neue Lösungen zu finden. Wir haben wirklich wenige Missionare für unsere indigenen Gemeinschaften – und derer gibt es viele – die so wie es scheint in der Vergangenheit mehr Hilfestellung hatten als heute.“

Zwar gebe es in Amazonien durchaus viele Missionare, doch keine, die es aus den vielen Städten in die unzugänglichen Gebiete der Ureinwohner ziehe. Doch gerade diese hätten nach ihrer Evangelisierung nun Betreuung durch Missionare nötig. Eine weitere Herausforderung, vor der sich die Kirche vor Ort sehe, sei auch die nachhaltige Entwicklung der Region, so der Kardinal: „Das betrifft den Umweltschutz, die Nachhaltigkeit, und welche Art von Entwicklung wir für das Gebiet wollen. Der Papst begleitet alles das und ist sehr informiert. Er leitet uns auch mit seiner Enzyklika Laudato sí, die so etwas wie die Magna Charta für unsere Arbeit als Kirche ist, sei es für die Kommission der brasilianischen Bischöfe für Amazonien, sei es für REPAM, die alle neun Länder einschließt, die eine Amazonasregion haben. Laudato sí, so wie die großen Klimakonferenzen, nimmt sich der großen Themen unserer Zeit an und steht für die Arbeit, die wir als Kirche dort verrichten.“ (rv)

Brasilien: Kardinal fordert Reformen

Kardinal Claudio HummesDie Kirche Brasiliens will abwarten, wie sich die frisch eingesetzte Regierung im Land verhält. Politische Überzeugungen seien zweitrangig, sagt der brasilianische Kardinal Claudio Hummes. Wichtig seien Taten. „Ich habe oft gesagt, dass die Ideologien nicht so entscheidend sind, denn Regierungen müssen pragmatisch sein. Es ist egal, welche Überzeugung, wichtig sind die Entscheidungen, Projekte, die notwendigen Reformen, die gemacht werden müssen.“

Ende August hatte Michel Temer das Präsidentenamt übernommen – er war zuvor Dilma Rousseffs Vizepräsident, seine Partei hatte aber die Koalition gebrochen und so die Mehrheiten zur umstrittenen Absetzung Rousseffs wegen angeblicher Haushaltstricksereien zustande gebracht.

Es gelte nun, die eingeknickte Wirtschaft des Landes wieder anzukurbeln, damit Jobs für die Menschen geschaffen werden, so der Kardinal im Gespräch mit Radio Vatikan. Aber auch die Korruption sei ein Problem im Land, das bekämpft werden müsse. Mit vorschnellen Bewertungen der Politiker jedenfalls wolle sich die Kirche Brasiliens zurückhalten, sagt Kardinal Hummes:

„Es ist noch schwer zu sagen, weil wir noch am Anfang sind. Der Regierungswechsel ist erst vor Kurzem geschehen. Die neue Regierung beginnt nun, Entscheidungen zu treffen. Es muss alles noch angegangen werden, wir wissen noch nicht, mit welcher Entschiedenheit Reformen durchgeführt werden, die wirklich wichtig wären für die Menschen. So oder so – wir als Kirche müssen da sein. Das jetzige Brasilien geht aus der Krise heraus. Der Veränderungsprozess war etwas undurchsichtig, viel diskutiert, aber schlussendlich sind wir eben hier. Es gibt eine neue Regierung.“

Die Kirche begleite den ganzen Prozess und müsse vor allem an der Versöhnung der unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Lager arbeiten. „Im Moment haben wir nämlich sehr viel Aggressivität zwischen den beiden Lagern, etwas, was es vorher im brasilianischen Volk nicht gab. Heute sind wir wirklich besorgt angesichts dieser aggressiven Haltung zwischen den Gegnern.“

Aber auch die Gewalt gegen die indigenen Völker im Land ist ein Problem. In einem jüngst von der brasilianischen Bischofskonferenz herausgegebenen Bericht wird eine Zunahme der Angriffe gegen indigenen Gemeinschaften insbesondere bei den Guarani- und Kaiowá-Indianern festgestellt. Zudem habe es 2015 landesweit 137 Morde an Indigenen gegeben, 87 Selbstmorde, die meisten davon unter den Guarani- und Kaiowá-Indianern. Zwischen 2000 und 2015 verzeichnet der Bericht insgesamt 752 Selbstmorde unter Indigenen. Ein großes Problem sei nach wie vor die Landverteilung, über die Hälfte der indigenen Grundstücke und Ländereien Brasiliens warteten noch auf eine geregelte Verwaltung des Staates.

Die Versöhnung in der Gesellschaft müsse vorangebracht werden, so Kardinal Hummes und man müsse sich im Sozialen, Politischen engagieren, vor allem aber in der Frage der Demokratie, sozialer Gerechtigkeit, Arbeit, denn die Arbeitslosigkeit hat stark zugenommen. „Auch die Inflation ist wieder bedrohlich hoch. Es gibt ganze Arbeit zu leisten im Bereich der sozialen Gerechtigkeit, der Menschenrechte und vor allem bei den Rechten der Arbeiter damit sie für ihren Einsatz einen würdigen Lohn bekommen. Wir müssen Wiederaufbauarbeit leisten, denn mit Brasilien ging es bergab, jetzt muss es wieder hinauf gehen.“

Brasilien, das „B” bei den sogenannten BRICS-Staaten war als Schwellenland im wirtschaftlichen und sozialen Aufschwung begriffen, auch die Armut ging stark zurück. Dann aber kam die politische und wirtschaftliche Krise.

„Wir hoffen einfach, dass all die notwendigen Reformen getroffen werden und Sozialprogramme auf den Weg kommen, die bereits die Vorgängerregierung entwickelt hatte. Dafür sind aber Einkünfte wichtig, Produktivität, denn Brasilien hat zurzeit ja auch wirtschaftlich große Schwierigkeiten, Schulden, denn hinter dieser Krise verbirgt sich ein weiteres großes Problem: Eine unglaubliche Korruption. Das brasilianische Volk war wirklich geschockt von der astronomischen Höhe der Summen, die in der Korruption verschwanden. Dieser ganze große Prozess gegen die Korruption ist sehr wichtig für Brasilien, um wieder eine Basis zu schaffen für eine Wirtschaft, die wieder den Bedürfnissen der Leute und des Landes dient. Brasilien ist ein Land, dem es richtig gut ging, jetzt ist die Lage aber sehr sehr kompliziert.“ (rv)

Olympische Spiele: Brasilianische Sorgen über das Danach

Rio 2016Rio de Janeiro liefert sich einen Wettlauf mit der Zeit. Am 5. August fällt der Startschuss für die Olympischen Spiele, bis dahin muss noch gebaut werden. Und weil das unter Druck passiert, kostet es mehr als vorgesehen. Das Ergebnis: Die Gesellschaft ist gespalten darüber, ob sie sich über den Sportevent freuen soll oder klagen. Pater Leandro Lenin Tavares ist Olympiapfarrer von Rio de Janeiro und er zeichnet ein eher düsteres Bild von der Situation im Land heute.

„Einerseits freuen sich die Menschen über die Spiele, andererseits sind sie besorgt, was die Ausgaben angeht“, sagt Pater Leandro. „Die Bevölkerung ist auch besorgt, dass sie selber nach den Spielen nicht viel davon hat. Natürlich ist es gut, dass investiert wird, andererseits muss die Bevölkerung aber auch davon etwas haben. Und was die Menschen ganz besonders beschäftigt, über die Spiele hinaus, ist natürlich die politische Krise in Brasilien.“

Mitte Mai hatte der Senat des Landes Präsidentin Dilma Rousseff suspendiert, aus dem Folgekabinett mussten aber bereits ebenfalls Minister wegen Korruption zurücktreten, das Land kommt nicht zur Ruhe. Hinzu kamen vor einigen Tagen Massenproteste gegen Gewalt an Frauen. Anlass war die Vergewaltigung eines jungen Mädchens durch wahrscheinlich mehr als zehn Männer. Drittes Problemfeld ist die Gesundheitsfrage, zum Zika-Virus gehen derzeit sich widersprechende Meldungen über Ansteckungsgefahr und Gefährlichkeit um die Welt.

„Das sind beides sehr brasilianische Themen“, sagt Pater Leandro, sie würden nur unterschiedlich angegangen. Zum Virus etwa sei die Bevölkerung gut informiert, es gab Kampagnen gegen den Virus, alles sei unter Kontrolle. Was die Gewalt in den Städten angehe, sei die Situation anders. Während der Olympischen und Para-Olympischen Spiele sei die Stadt sicher, davon könne man ausgehen. „Was uns als Brasilianer und als Bewohner von Rio de Janeiro aber mehr interessiert und Sorge macht ist die Frage, was nach den Spielen ist. Wird es diese Sicherheit weiter geben? Wir wissen ja nun, dass wir es können, und wir brauchen Sicherheit in der Stadt.“

Von außen sehe es so aus, dass nach Weltjugendtag und Fußballweltmeisterschaft Brasilien mittlerweile Routine habe bei der Ausrichtung solcher Events. Dabei werde gern übersehem, wie komplex das alles sei und vor allem wie viele Ressourcen das benötige. Das Land habe gelernt, bewertet der Olympiapfarrer den Fortschritt, die Organisation liefe besser und man übernehme von den Vorgängerevents viel Know-How. „Die Touristen und die Athleten werden ein Rio de Janeiro sehen, das sie begeistert, aber sie sollen auch Hause fahren und unsere Probleme gesehen haben. Wir möchten ihnen eine wundervolle Stadt zeigen, aber wir werden unsere Probleme nicht verstecken. Wir möchten, dass sie hinter die Kulisse schauen.“

Hintergrund

Pater Leandro Lenin Tavares ist als Olympia-Kaplan Teil der offiziellen Organisation. Zu seinen Aufgaben gehört der interreligiöse Dialog vor Ort, im Olympiapark wird es ein Zentrum zu diesem Thema geben, beteiligt sind Christen, Juden, Muslime, Buddhisten und Hinduisten. (rv)

Brasilien: Bischöfe für Verfassungsreform

Kardinal SchererDie Bischöfe unterstützen eine Reform der Verfassung. Das sagt im Gespräch mit Radio Vatikan der Erzbischof von Sao Paolo, Kardinal Odilo Scherer. Ziel der Reform sei es, „mehr demokratische Mittel für die Bürger zu gewährleisten“, so der Erzbischof. Die bisherige Verfassung sei sehr stark „parlamentarisch orientiert“, die Änderungen sehen die Einführung von Volksbefragungen und Referendumsrecht vor. „Dies wären sehr positive und begrüßenswerte Schritte“, sagte Scherer.

Brasiliens Demokratie steckt in einer Krise; ein Korruptionsskandal erschüttert die sozialistische Partei von Präsidentin Dilma Rousseff, und Straßendemonstrationen fordern seit etwa zwei Jahren immer wieder Änderungen im System. Derzeit treffen sich Brasiliens Bischöfe in Aparecida zu ihrer Vollversammlung. (rv)

Keiner der beiden Päpste sah das Finalspiel

Erzbischof Gänswein Fußball-Freud und Fußball-Leid im Vatikan: Erzbischof Georg Gänswein hat nach dem Sieg Deutschlands über Argentinien am Sonntagabend auf sein „Herzensteam“ angestoßen. Das verriet der Präfekt des Päpstlichen Hauses und Privatsekretär des emeritierten Papstes Benedikt XVI. im Gespräch mit Radio Vatikan. Gudrun Sailer traf Erzbischof Gänswein am Montagmittag in der Präfektur.

„Nach dem Sieg der Deutschen über Brasilien habe ich ein interessantes, spannendes und mitreißendes Spiel erwartet. Das war nicht so ganz der Fall, aber am Ende glaube ich, dass die Mannschaft, die besser gespielt hat, auch den Sieg davon getragen hat. Ich habe mitgefiebert und am Ende war ich heilfroh und habe auf den Sieg der deutschen Mannschaft angestoßen!“

Selbstverständlich habe er für das „Herzensteam“ gezittert, so Gänswein. In der deutschen Nationalelf seien auch ein paar Spieler aus Bayern, „das wärmt das Herz noch etwas mehr“. Er habe sich das Finalspiel zu Hause im Kloster Mater Ecclesiae zusammen mit den „Memores“ angesehen, den Haushälterinnen des emeritierten Papstes, die ebenfalls für das deutsche Nationalteam Partei ergriffen hätten. Papst Benedikt selbst hingegen sei vorher zu Bett gegangen.

„Ich habe ihn eingeladen es anzuschauen, er hat aber genauso wie Papst Franziskus es vorgezogen, es nicht anzuschauen und sich am nächsten Tag lieber vom Ergebnis informieren zu lassen, sodass ich nicht weiß, wie er das verfolgt hätte. Er hat es nicht gesehen.“

Am Montagmorgen hat der bekennende Fußballfan Gänswein sich kurz mit dem argentinischen Sekretär von Papst Franziskus ausgetauscht. Don Fabio hatte Gänswein, wie dieser erzählt, vor dem Finalspiel dazu eingeladen, sich die Partei gemeinsam in einem Saal mit vielen Argentiniern anzuschauen, worauf er, Gänswein, aber lieber verzichtet habe.

„Ich hatte ihn also angerufen und ihm kondoliert und gesagt es täte mir Leid, dass Argentinien verloren hat, aber am Ende ist es so: morgen gewinnen die Argentinier, und dann sind die Deutschen die Traurigen.“

Eins zu Null sei auch ein Resultat, „das nicht demütigt“, und das sei wichtig für beide Teams.

Dass Deutschland und Argentinien im Finale gegeneinander antreten würden, stand am Mittwochabend fest. Seither richtete sich ein interessierter Seitenblick der Fußball-Berichterstattung ausgerechnet auf den Vatikan, der sonst nicht gerade für Sportereignisse bekannt ist. Doch leben hier nebeneinander nun einmal ein amtierender argentinischer und ein emeritierter deutscher Papst. „Werden sie die Partie miteinander anschauen?“, war eine Frage, die die Öffentlichkeit rund um die Welt bewegte. Warum auch nicht, meint Erzbischof Gänswein.

„Es hat mich gefreut, dass der Vatikan – und zwar beide Päpste – Grund für Sympathiewerbung war. Man konnte am Anfang der Weltmeisterschaft ja nicht sagen, wer am Ende im Finale stehen wird. Jedenfalls war es so, dass diese beiden Mannschafen, personalisiert in den beiden Päpsten Franziskus und Benedikt, nochmals einen großen Sympathieschub ausgestreut haben, und es hat mich sehr gefreut, natürlich ist in diesem Sympathieschub auch Ironie dabei, es war teilweise auch versteckt die eine oder andere Peitsche dabei, aber alles in allem hat der Vatikan hier, meine ich, über das sportliche Element viele Sympathiepunkte gewonnen.“

Auch wenn Papst Franziskus auf das direkte Mitfiebern beim Finalspiel vorsätzlich verzichtet hat: So manche Stellungnahme der vergangenen vier Wochen lässt seine Begeisterung für das runde Leder zweifelsfrei erkennen – und nicht nur seine Begeisterung, sondern auch die weiteren Horizonte des Sports, die Begegnung, das Potential des friedlichen Austauschs, das aus Sicht des Papstes im Fußball liegt. So galt die allgemeine Gebetsmeinung des Papstes für Juli der WM; er schrieb eine Botschaft zum Auftakt des sportlichen Großevents, und er twitterte, Fußball könne Frieden stiften. Ganz auf dieser Linie steht Erzbischof Gänswein:

„Überall dort, wo Menschen zusammenkommen, auf sportlicher Ebene, und überall dort wo dieses Interesse einen großen Einfluss weltweit hat, ist es wichtig, dass die Kirche, dass der Vatikan, dass der Glaube präsent sind. Denn Menschen, die Fußball spielen, sind – man hat es ja oft auch gesehen, Spieler, die sich bekreuzigen undsoweiter – sind Menschen, die auch glauben. Wenn ich die sportliche Welt einfach wegschneide von der normalen gläubigen Welt, schneide ich etwas Wesentliches weg aus eigener Schuld. Das darf nicht passieren, und das ist auch nicht passiert, insofern bin ich sehr froh, dass auch über den Monat Juli, über die verschiedenen Formen der Teilnahme, ein positives Bild der Kirche und des Vatikans in die Welt hinausgesandt wurde.“
(rv)

Fußball-WM in Brasilien: „Verhaltene Freude“

WM2014Demos gegen zu teure Stadienbauten, Kritik am Weltfußballverband Fifa und Unmut über Umsiedlungen und ein bisweilen radikales Durchgreifen der brasilianischen Sicherheitskräfte: „Die Brasilianer haben eigentlich alles getan, dass keiner so richtig Freude an dieser Fußballweltmeisterschaft hat“, würden eingefleischte Fußballfans da wohl salopp sagen. Verhaltene Freude Die Begeisterung über die WM 2014 in Brasilien hält sich in Grenzen – und dies mit gutem Grund, findet der Brasilien-Länderreferent des Lateinamerika-Hilfswerkes Adveniat, Klemens Paffhausen. „Es ist eine verhaltene Freude – das überrascht in der Tat, es zeigt aber auch, dass Brasilien auf einem guten demokratischen Weg ist! Das heißt, man kann sehr gut differenzieren, wo man Begeisterung zeigen kann und wo Kritik angebracht ist. Insofern kann man sehr gespannt sein, wie sich das auch emotional weiterentwickelt. Klar – wenn Brasilien eine gute Partie abgibt, wird die Freude auch überwiegen, aber ich glaube, dass sich die Proteste trotzdem noch vernehmen lassen werden.“ So planten diverse zivile Aktionsgruppen und Bündnisse derzeit für die WM friedliche Demonstrationen an den jeweiligen Spielorten, berichtet Paffhausen. Die Anliegen der Protestbewegung seien dieselben wie schon zur Zeit des Confederations Cup (eine Art Mini-WM) und des Papstbesuches in Rio de Janeiro im vergangenen Jahr. Auch im Blick auf die kommenden Präsidentschaftswahlen in Brasilien im Oktober wollten sich die Bürger Gehör verschaffen: „Im Mittelpunkt stehen immer noch die Themen Bildung, Gesundheit und Sicherheit. Wir haben auf unserer Reise Anfang April allerdings auch festgestellt, dass sich ein Großteil der Kritik an der Fifa selbst entzündet, die ja doch mit ihren eigenen Auflagen soziale Verwerfungen hervorruft. Da sind beispielsweise die ambulanten Straßenverkäufer zu nennen, die nur zwei bis drei Kilometer außerhalb der Stadien Eis und Getränke verkaufen dürfen, weil die Fifa das so vorgibt. Dann gab’s eine Gesetzesänderung: Normalerweise darf in den Stadien kein Alkohol verkauft werden, das hat man nur für die Fifa wieder geändert. Und im Moment ist ja aktuell wieder von Bestechungsvorwürfen bei der Vergabe an Katar und Russland die Rede.“ Paffhausen bezieht sich hier auf Korruptionsvorwürfe im Kontext der Vergabe der kommenden Fußballweltmeisterschaften 2018 und 2022 an Russland bzw. Katar. Brasiliens Kirche sorgt sich um soziale Fragen Brasiliens Kirche stärke der friedlichen Protestbewegung im Land den Rücken, fährt er fort. Diese sei klar zu unterscheiden von gewalttätigen Unruhestiftern wie den sog. „Black Blocks“, die sich leider teilweise unter die friedlichen Demonstranten mischten, erinnert er. Die bischöfliche Aktion Adveniat ziehe mit der Ortskirche an einem Strang, wenn es darum gehe, mit dem Fingen auf die sozialen Missstände im Land zu zeigen: „Es gibt von der Ordensleute- und der Bischofskonferenz verschiedene Aktionen, die bestimmte Missstände aufzeigen, die auch bei den Protesten eine Rolle spielen: Die Fastenkampagne hat das Thema Menschenhandel und sexueller Missbrauch von Kindern. Die Ordenskonferenz ist in einem ökumenischen Netzwerk mit anderen Aktionsgruppen verbunden, wo es auch um die Themen Gesundheit und Bildung geht. Letztlich sind die Themen, die von der Protestbewegung aufgegriffen und in den Mittelpunkt der Kritik gerückt werden, genau die Fragen, bei denen Brasiliens Kirche immer Reformbedarf angemeldet hat. Adveniat übergibt ja auch Petitionen an die brasilianische Regierung, wo es genau um solche Forderungen geht, dass man nicht nur die Spiele im Auge hat, sondern auch den sozialen Fortschritt im Land.“ Aktion gegen Menschenhandel Unter dem Motto „Jogue a favor da vida, denuncie o trafico de pessoas“ – „Spiele für das Leben und zeige Menschenhandel an“ will die brasilianische Kirche in Zusammenarbeit mit der Regierung zum Beispiel gegen Menschenhandel während der WM vorgehen. Dazu findet am Mittwoch in Brasilia eine Demonstration statt – im Rahmen einer nationalen Sensibilisierungskampagne, die gegen das Phänomen mobil machen will. Die internationalen Gäste und die brasilianische Bevölkerung soll melden, wenn sie Zwangsprostitution und Menschenhandel beobachtet. Dazu der Adveniat-Brasilienreferent: „Am Flughafen, in Restaurants und in Hotels hängen die entsprechenden Plakate, auf denen Kontaktnummern angegeben sind. Es ist aber letztlich ein internationales Problem wie beim Drogenhandel auch; das bekommt ein Land allein kaum in den Griff! Und man wird gleichwohl auch sagen müssen: Leider ist das Problem Missbrauch in Brasilien nicht nur ein Problem, was über Touristen in das Land kommt, sondern das Thema häusliche Gewalt ist in den ärmeren Schichten auch ein großes Thema, so dass Adveniat in den letzten Jahren auch verstärkt mit Partnern versucht, dort therapeutisch und bewusstseinsbildend zu wirken.“ Offiziell ist die Prostitution in Brasilien verboten, es gebe jedoch viele Frauen vor allem aus dem armen Nordosten des Landes, die „auf eigene Rechnung“ arbeiteten und im Selbstverkauf die einzige Überlebensmöglichkeit sähen, so Paffhausen gegenüber Radio Vatikan. Auch langfristig Verbesserungen? Aus den brasilianischen Großstädten sollen Prostitution, Drogenhandel, Bandenkriege und andere Auswüchse des organisierten Verbrechens zur Zeit der Fußball-WM verschwinden – so wünscht es die brasilianische Regierung. Können die ergriffenen Maßnahmen hier der brasilianischen Bevölkerung auch langfristig etwas bringen – etwa im Bereich Kriminalitätsbekämpfung? Dazu Paffhausen: „Zumindest hat man das propagandistisch so ausgegeben, dass die Mehrheit der Bevölkerung davon profitieren wird, insbesondere was Infrastrukturen angeht. Da sind allerdings berechtigte Zweifel angebracht: Die Mehrheit der Bevölkerung hat wohl kaum etwas davon, wenn Flughäfen ausgebaut werden oder so viel Geld in Stadien gepumpt wird, so dass sich als Folge auch die Eintrittspreise erhöhen und man wohl kaum mit ausverkauften Rängen rechnen wird… Und was das Thema Sicherheit angeht: Da ist vor allem in Rio de Janeiro schon einiges getan worden über die Befriedungspolizei. Es gab ja ganze Favelas, die fest in der Hand von Drogengangs waren, die sich gegenseitig bekämpft haben – etwa 40 der insgesamt 1.000 Favelas, die man in Rio zählt, sind befriedet. Allerdings zeichnet sich jetzt schon ab, dass die Drogengangs sich nur in die Peripherie zurückgezogen haben und sich im Moment neu formieren! Die letzten Auseinandersetzungen Ende April an der Copa Cabana beispielsweise sind sicher ein Zeichen dafür, dass es wieder härtere Gefechte zwischen Polizei und Drogengangs gibt…“ (rv)

Abschlussmesse in Rio: „Die Kirche rechnet mit euch, Jesus rechnet mit euch, der Papst rechnet mit euch!“

BrasilienZur großen Abschlussmesse des Weltjugendtags in Rio de Janeiro war der Strand von Copacabana wieder fest in der Hand der Pilger: Nach Angaben des Büros von Rios Bürgermeister Eduardo Paes hatten sich mehr als drei Millionen Menschen versammelt. Auch das Wetter spielte wieder mit, so dass Franziskus vor der Messe eine Dreiviertelstunde die Strandpromenade entlang fuhr und die Menschen begrüßte. Zahllose Besucher warfen ihm Nationalflaggen, Mützen und T-Shirts zu, die er bereitwillig auffing. Einmal hielt Franziskus an, um aus einem ihm angereichten Mate-Becher Tee zu trinken. Zur Messe war auch Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff gekommen; an ihrer Seite saßen die argentinische Präsidentin Cristina Kirchner und Boliviens Präsident Evo Morales.

„Geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern" (vgl. Mt 28,19) – das ist das Motto dieses Weltjugendtages in Rio. Doch wie diese Erfahrung weitergeben? Darauf ging Papst Franziskus in seiner Predigt ein: Ein erster Schritt bestehe in der Einsicht, dass man die wunderbaren Erfahrungen nicht für sich behalten dürfe.
„Der Glaube ist eine Flamme, die immer lebendiger wird, je mehr man sie mit anderen teilt und sie weitergibt, damit alle Jesus Christus kennen lernen, lieben und bekennen können – ihn, den Herrn des Lebens und der Geschichte. Aber aufgepasst! Jesus hat nicht gesagt: Wenn ihr wollt, wenn ihr Zeit habt, sondern: „Geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern." Die Glaubenserfahrung zu teilen, den Glauben zu bezeugen, das Evangelium zu verkünden ist ein Auftrag, den der Herr der gesamten Kirche überträgt, auch dir; es ist ein Befehl, der jedoch nicht aus dem Willen zu herrschen oder Macht auszuüben entspringt, sondern aus der Kraft der Liebe, aus der Tatsache, dass Jesus als erster in unsere Mitte gekommen ist und uns nicht etwas von sich gegeben hat, sondern ganz sich selbst."

Für die Orte der Sendung durch Jesus gebe es keine Grenzen oder Beschränkungen, so der Papst „Das Evangelium ist für alle und nicht für einige". Dazu brauche die Kirche die Fähigkeiten aller, „die Begeisterung, die Kreativität und die Freude, die euch kennzeichnen", und sie brauche die Verkündigung ohne Furcht. Und ein weiteres Element sei wichtig: Die Gemeinsamkeit. „Jesus hat außerdem nicht gesagt: „Geh!", sondern: „Geht!" – wir sind gemeinsam gesandt", so der Papst. Und das alles müsse im Geist des Dienens getan werden:

„Evangelisieren bedeutet, persönlich die Liebe Gottes zu bezeugen, unsere Egoismen zu überwinden, zu dienen, indem wir uns beugen, um unseren Brüdern die Füße zu waschen, wie Jesus es getan hat. Geht, ohne Furcht, um zu dienen. Wenn ihr diese drei Worte befolgt, werdet ihr erfahren: Wer evangelisiert, wird selbst evangelisiert und wer die Glaubensfreude weitergibt, empfängt Freude. Liebe junge Freunde, wenn ihr nach Hause zurückkehrt, fürchtet euch nicht, mit Christus großherzig zu sein und sein Evangelium zu bezeugen. … Das Evangelium bringen heißt die Kraft Gottes bringen, um das Böse und die Gewalt auszureißen und niederzureißen, um die Barrieren des Egoismus, der Intoleranz und des Hasses zu vernichten und einzureißen, um eine neue Welt aufzubauen. Jesus Christus rechnet mit euch! Die Kirche rechnet mit euch! Der Papst rechnet mit euch!" (rv)