Digitale Handschriften-Archivierung mit Mitteln der internationalen Raumfahrt: das ist Realität an der Apostolischen Vatikanischen Bibliothek, der Büchersammlung der Päpste. Papyri und uralte Evangelientexte treffen da mit einer Technologie aufeinander, die von der US-Raumfahrtbehörde NASA zur Archivierung ihrer Bilder aus dem Weltall entwickelt wurde. Die Vatikan-Bibliothek ist in dieser Hinsicht ein echter Vorreiter: Bisher nutzt keine andere Bibliothek der Welt diese Archivierungstechnik, obwohl Vieles für sie spricht. Luciano Ammenti, Chef-Informatiker der Vatikan-Bibliothek:
„Das Format mit dem Namen Fits ist das einzige, das seit gut 45 Jahren in der Welt der Informatik benutzt wird, und es ist das einzige, das wirkliche Langlebigkeit garantiert. Zudem ist es open source, das heißt, es ist frei zugänglich, gratis und offen für Innovation. Und nicht zuletzt bietet es ein Format von 64 bit, das heißt, die Dateien, die man mit diesem Format gewinnt, können unbegrenzt groß sein."
Das ist deshalb vorteilhaft, weil die Vatikan-Bibliothek ihre kostbaren Handschriften möglichst präzise digitalisieren will, um die gesamte Arbeit nicht irgendwann noch einmal machen zu müssen. 80.000 Handschriften hat die Vaticana, mehr als jede andere Bibliothek auf der Welt. Diese Manuskripte werden jetzt nach und nach gescannt und mit der Fits-Technologie digital abgespeichert. Das von der NASA entwickelte Format findet seit einigen Jahren auch Anwendung in der Medizintechnik, so werden heutzutage etwa Computertomografien mit Fits archiviert. Kulturinstitutionen hingegen sind bisher – eben mit Ausnahme der Vatikan-Bibliothek – noch nicht auf die Idee verfallen, ihre Daten mit Fits zu archivieren. Um ihr Interesse zu wecken und mehr Zusammenarbeit zu ermöglichen, hat die Vaticana nun an der päpstlichen Lateran-Universität ein Symposion abgehalten. Ammenti:
„Unser Ziel war es, quasi ein Steinchen in diesen Teich zu werfen, in die Welt der Konservierung von Kulturgütern. Das ist gerade in Italien mit seinen Kunstschätzen so wichtig, aber auch im Rest Europas. Klarerweise gibt es Vorbehalte gegen diese Technologie, weil das Format aus der Raumfahrt kommt. Dass die Vatikan-Bibliothek sich auf die Seite dieser Technologie gestellt hat, rief Staunen und Interesse hervor. Genau das wollten wir: eine konstruktive Kritik von außerhalb unserer „Insel", um zu verstehen, ob der Weg, den wir eingeschlagen haben, der richtige ist."
Die Vatikan-Bibliothek unter ihrem Präfekten Cesare Pasini hatte den Einsatz von Fits in einer langen Studie getestet. In zehn Jahren sollen die gesamten digitalisierten Handschriften-Bestände der päpstlichen Büchersammlung online zugänglich sein. Und bis dahin, so wünscht man sich an der Vatikan-Bibliothek, möge Fits der Standard für die Konservierung digitaler Daten sein, egal ob es sich um Bilder aus dem Weltall oder aus den Tiefenspeichern einer Bibliothek handelt. (rv)