Mit der Jugend auf dem Emmaus-Weg: Schlussdokument der Synode vorgestellt (UPDATE)

Kardinal Marx: Es geht darum, „den Blick auf Christus zu finden“ – Bericht und Video der Pressekonferenz der Deutschen Bischofskonferenz.

VATIKANSTADT , 27 October, 2018 / 9:55 PM (CNA Deutsch).-

Zum Abschluss der Synode über „Jugendliche, den Glauben und die Berufungsentscheidung“ hat der Vatikan das Documento Finale veröffentlicht: Das Schlussdokument des Bischofstreffens, das vom 3. bis 28. Oktober im Vatikan abgehalten wurde. Teilnehmer aus Deutschland zogen eine erste, insgesamt positive Bilanz.

Paolo Ruffini, Präfekt des Dikasteriums für Kommunikation, stellte das 60 Seiten starke Dokument im Presse-Saal des Vatikans am Nachmittag des 27. Oktober vor.

Die Lebenswirklichkeit der Jugend in aller Welt, und wie diese im Licht des Glaubens verstanden und dann auch begleitet werden kann – auch angesichts der Tatsache, dass viele Jugendliche der Gegenwart noch viel über den Glauben lernen können, wirklich informiert und gebildet müssen: Das war ein wesentlicher Aspekt der XV. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode, der auch im Documento Finale eine zentrale Rolle spielt.

Ausgedrückt wurde er schon während der Synode immer wieder in Anlehnung an den biblischen Bericht des Emmaus-Wegs. Der Evangelist Lukas schildert darin, wie zwei Jünger nach der Kreuzigung Jesu niedergeschlagen von Jerusalem nach Emmaus gehen – und dabei dem wieder auferstandenen Jesus begegnen, diesen aber erst erkennen, nachdem er ihnen die Heilige Schrift ausgelegt und beim Abendmahl das Brot gebrochen hat.

Das Schlussdokument spricht auch die durch Missbrauch und Vertuschung ausgelöste Kirchenkrise an, und die Empörung, welche diese zurecht ausgelöst habe. Die Antwort darauf ist – wie zu allen Themen, so das Dokument: Die Heiligkeit, zu der jeder Christ berufen ist, egal ob jung oder alt, Laie, Ordensfrau oder Priester.

Die 167 Abschnitte behandeln das Leben und die Seelsorge in Pfarreien, den Umgang mit Migranten, die Sexualität und Sexualmoral, aber auch die Liturgie, digitale Kommunikation, die Ausbildung von Laien wie Geistlichen und die Rolle von Frauen, die Missionsarbeit sowie viele weitere Themen.

Dabei ist ein über weite Passagen sehr breit gehaltenes Dokument entstanden.

Entsprechend neuer Synodenregeln stimmten die Teilnehmer Abschnitt für Abschnitt über den – im Original auf Italienisch veröffentlichten – Text ab.

Auch wenn alle Abschnitte die notwendige Zwei-Drittel-Hürde genommen haben: In der Abstimmung zeigen sich zum Teil deutliche Unterschiede im Grad der Zustimmung.

Das theologisch komplexe – und innerkirchlich kontroverse – Thema der Synodalität etwa ist eine der Fragen des Dokuments, die zu weiteren Diskussionen einladen.

Marx: „Wir erfinden die Kirche nicht neu“

Bei einer Pressekonferenz deutscher Synoden-Teilnehmer am Samstagabend zogen diese eine vorwiegend positive Bilanz des Treffens wie auch des Schlussdokuments, von dem Kardinal Reinhard Marx sagte: „Der Gesamtduktus des Textes ist eine Ermutigung“ zu einer „erneuerten Kirche“.

Der Erzbischof von München und Freising weiter: „Wir erfinden die Kirche nicht neu“.

Bei der Jugendsynode sei es darum gegangen, worum es in der Kirche allgemein gehe: Den „Blick auf Christus zu finden“, betonte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Vor dem Hintergrund der Kirchenkrise und den Missbrauchs- und Vertuschungsskandalen, die auch die Synode nachhaltig prägten, sagte Marx: „Wir müssen unsere Hausaufgaben machen“, auch was die Anregungen des Schlussdokumentes betreffe und wie diese vor Ort umgesetzt werden.

Auch wenn das Bild des Emmaus-Weges immer wieder aufgetaucht ist: Bischof Stefan Oster von Passau sagte auf die Frage einer Journalistin, das Instrumentum Laboris sei in der Tat ein anderes gewesen als das nun vorliegende Schlussdokument. Er erinnerte daran, dass Papst Franziskus das – zum Teil sehr kontrovers diskutierte – Arbeitspapier mit einem Weizenkorn verglich, das „sterben“ müsse, damit es zu einem guten Abschlussdokument komme. So sei es auch gewesen.

Seinen feierlichen Abschluss findet das Bischofstreffen am morgigen Sonntag mit der Feier der heiligen Messe im Petersdom.

Der katholische Fernsehsender EWTN.TV überträgt die Eucharistiefeier live. Weitere Informationen auf der Programmseite von EWTN.

Zuletzt aktualisiert mit Video der Pressekonferenz am 28. Oktober um 7:03 Uhr. (CNA Deutsch)

Kirchenkrise: Neues Projekt soll „institutionelles Versagen“ der Bistümer aufarbeiten

WÜRZBURG – Wie geht es weiter in der Kirchenkrise in Deutschland? Die Generalvikare der 27 deutschen Diözesen haben sich in der vergangenen Woche in Würzburg getroffen, um darüber zu diskutieren.

Das teilte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) mit.

Im Zentrum standen Konsequenzen der Beratungen der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz aus der Missbrauchsstudie. Diese ist auf scharfe Kritik von medizinischen Experten, ehemaligen Opfern und Politikern gestoßen, wie CNA Deutsch berichtete.

Der DBK-Missbrauchsbeauftragte und Trierer Bischof Stephan Ackermann sowie der DBK-Sekretär und Jesuitenpater Hans Langendörfer „berieten mit den Generalvikaren über die Erklärung der Bischöfe zu den Ergebnissen der Studie“, so die Pressemitteilung.

„Übereinstimmend betonte die Konferenz, dass es nicht nur gelte, die Maßnahmen zu Intervention und Prävention weiterzuentwickeln, sondern auch das institutionelle Versagen aufzuarbeiten.“

Dazu habe auch das Thema „der innerkirchlichen Machtstrukturen sowie Fragen der Sexualmoral“ gehört, so die DBK. Bis zur nächsten Sitzung des Ständigen Rates Mitte November 2018 werde eine „Projektskizze“ vorgelegt, die wiederum „aus mehreren Teilprojekten besteht“.

Zusammen mit Bischof Ackermann sowie Pfarrer Manfred Bauer von der Glaubenskongregation diskutierten die Offiziale zudem „Fragen zur Vorgehensweise bei Verfahren in Fällen sexuellen Missbrauchs durch Kleriker, darunter auch die Frage der Einrichtung von interdiözesanen/ bistumsübergreifenden Sondergerichten“, so die Mitteilung.

Kritiker bemängeln, dass weiter völlig unklar ist, ob und wie die eigentlichen Gründe für sündhaftes Verhalten durch Bischöfe und Priester in Deutschland angepackt werden: Sexuelles Fehlverhalten, Missbrauch und systematische Vertuschung haben zudem noch zu keinem einzigen Rücktritt durch einen deutschen Verantwortlichen geführt. (CNA Deutsch)

Auf die lange Bank geschoben?

Einige Gedanken zur Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz.

Anderthalb DINA4-Seiten umfasst die Erklärung der deutschen Bischöfe zu den Ergebnissen der Studie „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“.

Sie ist ebenso knapp wie kühl und nach eingehender Lektüre hatte ich den Eindruck, mir läge die Pressemitteilung des Kanzleramtes oder irgendeiner Parteizentrale vor, nicht aber eine Erklärung der deutschen Oberhirten.

Der Illusion, die deutschen Bischöfe wollten als Seelsorger sprechen – vor allem in die Seelen der Missbrauchsopfer – sollten wir uns aber gar nicht erst hingeben, denn hier geht es vor allem um die Ansprache der Öffentlichkeit oder besser derjenigen Teile der Öffentlichkeit, die man Meinungsführer nennt.

Von diesen Meinungsführern haben die deutschen Bischöfe seit Kardinal Lehmann sehr viel gelernt, weswegen die Überschrift der Erklärung auch „Good Governance statt Hirtenamt“ lauten könnte. Denn es wimmelt in der Erklärung von Versatzstücken und Wieselwörtern der „guten Regierung“: Man will Aufarbeitungsprozesse angehen, Personalakten standardisieren, ein externes, verbindliches, überdiözesanes Monitoring einrichten und Verfahren fortentwickeln. Das hören wir schon seit Jahren – Prozesse und Verfahren. Bedeutet das vielleicht: Noch eine Kommission, noch ein Arbeitskreis? Zimmert man sich da wieder eine lange Bank, auf die man die ganze Angelegenheit schiebt?

So wie es sicher genügend deutsche Bischöfe gibt, denen es mit der Aufklärung Ernst ist, die nicht mehr damit warten können, in ihrer Diözese aufzuräumen, wird es auch Amtsträger geben, die zu lange weggeschaut und sich damit selbst schuldig gemacht haben. Hoffen sie vielleicht, noch einmal davonzukommen? Noch können sie hoffen, da ja auch von höchster Stelle zu einschlägigen Anschuldigungen geschwiegen wird.

Schließlich lesen wir von noch einem „transparenten Gesprächsprozess“, in dem man unter „Beteiligung von Fachleuten verschiedener Disziplinen“ „Fragen nach der zölibatären Lebensform der Priester und nach verschiedenen Aspekten der katholischen Sexualmoral“ erörtern will.

Nun sollte der Zölibat, wenn man ihn denn ernst nimmt, und die katholische Sexualmoral sexuellen Missbrauch eigentlich verhindern und nicht fördern. Vergegenwärtigen wir uns die Zahlen. 4.4 % der deutschen Kleriker sollen sich des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger schuldig gemacht haben, was aber nur als untere Schätzgröße gilt (S. 5. des Berichts). Gehen wir also getrost von höheren Missbrauchszahlen aus. Selbst dann müssen wir uns fragen: Sollen tatsächlich 5, 10 oder 20 % unter den Priestern gegen alle anderen ausgespielt werden, um lang gehegte Theologenträume wieder und wieder zu diskutieren? Hier muss man sogar hoffen, dass diese Diskussion auf die lange Bank geschoben wird, denn wie die außerkirchliche Erfahrung zeigt, schützt Ehe vor Missbrauch nicht.

Meiner Meinung nach bietet die Erklärung aber auch den Ansatz zu einer Lösung, nämlich dort, wo die Bischöfe den Betroffenen Gerechtigkeit zu teil werden lassen wollen und von einem institutionellen Versagen sprechen. Welche Institution könnte hier gemeint sein, wenn nicht das Bischofsamt selbst! Viel zu lange haben die Bischöfe sich hinter einer anderen Institution, der Bischofskonferenz, versteckt. Sagen wir es ganz klar: Hier geht es nicht um Kollegialität, hier geht es um Jurisdiktion!

Das II. Vatikanum hat es in Lumen Gentium, 27, ganz eindeutig erklärt: „Die Bischöfe leiten die ihnen zugewiesenen Teilkirchen als Stellvertreter und Gesandte Christi durch Rat, Zuspruch, Beispiel, aber auch in Autorität und heiliger Vollmacht, die sie indes allein zum Aufbau ihrer Herde in Wahrheit und Heiligkeit gebrauchen (…). Kraft dieser Gewalt haben die Bischöfe das heilige Recht und vor dem Herrn die Pflicht, Gesetze für ihre Untergebenen zu erlassen, Urteile zu fällen und alles, was zur Ordnung des Gottesdienstes und des Apostolats gehört, zu regeln.“

Daraufhin möchte man ausrufen: Bischöfe Deutschlands! Bischöfe in aller Welt! Lasst Euch nicht von Bischofkonferenzen einhegen, sondern nehmt Euren Auftrag wahr. Dort wo sich Vorwürfe gegen Priester und Diakone erhärten, suspendiert sie vom Amt und entfernt sie aus den Gemeinden – ganz gleich, welche sexuelle Präferenz sie haben. Versetzt sie aber nicht in andere Pfarreien, wo sie weiter Straftaten begehen können. Wenn sie vor Gericht überführt werden, entlasst sie aus dem kirchlichen Dienst und stellt sie bitte nicht als Pastoralreferenten wieder ein. Ja, ihr habt eine Fürsorgepflicht auch gegenüber diesen Priestern. Sie brauchen Hilfe. Aber wie „Uncle Ted“ sollten sie ein Leben in Abgeschiedenheit und Buße führen.

Nehmt also einfach Euer Amt wahr, dann werdet ihr Eure Glaubwürdigkeit zurückerlangen – vielleicht zum Ärger derjenigen, die nun Morgenluft für ihre billigen theologischen Allgemeinplätze wittern. Nicht nur die Opfer, sondern auch alle Gläubigen haben das Recht, die authentische Stimme der Bischöfe zu hören, anstatt sich im eiskalten Behördendeutsch des Sekretariats der DBK wiederfinden zu müssen.

Aber vielleicht ist das alles zu viel verlangt, in einer Zeit, in der Bischofskonferenzen die Jurisdiktion des einzelnen Bischofs unterlaufen, ihm gleichzeitig aber Gelegenheit bieten, sich hinter allen anderen Konferenzmitgliedern zu verstecken. Eins steht aber fest: Mit „Good Governance“ der oben zitierten Art wird die Gerechtigkeit den Betroffenen gegenüber auf die lange Bank geschoben. (CNA Deutsch)

Kirchenkrise: Kardinal Marx predigt über Missbrauch und Vertuschung bei Vollversammlung

FULDA – Angesichts der Kirchenkrise über die Vertuschung sexuellen Missbrauchs hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, über sexuellen Missbrauch bei der heiligen Messe zur Eröffnung der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz gepredigt.

„Wir schauen in jeder Eucharistiefeier auf die Sünden der Kirche, nicht nur auf die Heiligen. Wir schauen auf unsere eigene Schwäche, auf die dunklen Seiten unseres Lebens und des Lebens der ganzen Kirche“, so Kardinal Marx.

„Gerade heute tun wir das, wenn wir unsere Beratungen aufnehmen – Beratungen über Missbrauch, sexuelle Gewalt, Erniedrigung inmitten der Kirche, auch durch Amtsträger. Wir sind erschrocken und tief erschüttert über das, was möglich war im Volk Gottes, durch Priester, die den Auftrag des Evangeliums hatten, Menschen aufzurichten.“

Kardinal Marx weiter: „Wir müssen das anschauen, auch wenn wir schon viel getan haben. Aber wir müssen noch mehr tun. Die Opfer, die Betroffenen haben ein Anrecht auf Recht und Gerechtigkeit. Wir müssen das Gespräch mit den Betroffenen suchen. Bei all dem Dunklen ist es unsere Verpflichtung hinzuschauen, zu verstehen und Konsequenzen zu ziehen.“

Dazu brauche es auch das Gebet des ganzen Volkes Gottes. „Wir brauchen den Mut und die Kraft, einen neuen Anfang zu machen, neue Zeichen zu setzen, damit die Menschen uns wieder glauben! Denn viele glauben uns nicht mehr“, so Kardinal Marx. „Ich bitte Sie alle, dass wir uns im Gebet gegenseitig stärken. Wir treten vor ihn, unsere Hoffnung und unser Leben und bekennen unsere Schuld.“

In seiner Predigt fragte der westfälische Würdenträger, der als Erzbischof von München und Freising wirkt, wie ein gelingendes Leben aussehen könne. Für die Christen komme es darauf an, zu verstehen, was die Gemeinschaft des Gottesvolkes ausmache: „Was ist das Projekt der Kirche? Was ist das gute Leben der Kirche? Gerade in herausfordernden Zeiten wie jetzt, wo wir in der Diskussion um sexuellen Missbrauch die dunklen Realitäten des kirchlichen Lebens sehen, ist die Frage nach dem Kern dessen, was wir als Kirche tun wollen, umso wichtiger.“

Kardinal Marx erinnerte an den Weg Jesu: Er habe zuerst zugehört, dann eine neue Lebenspraxis gezeigt und das Gebet gelehrt. „Diese drei Elemente machen die wesentliche Ausrichtung der Kirche aus, wenn sie gut werden will, wenn sie das Ziel Jesu verwirklicht. Nur wenn diese drei Elemente miteinander gelebt werden, kann die Kirche neue Glaubwürdigkeit gewinnen. Nicht die reine Lehre macht uns glaubwürdig, nicht der Katechismus allein, sondern das, was Jesus uns als Lebenspraxis und Gebet mitgibt.“ Die Verschränkung von Lehre, Praxis und Gebet zu erkennen, zeichne eine neue Epoche der Kirche aus.

„Das Gebet verändert den Glauben, es bringt ihm neue Perspektiven hinzu. Wir sollen nicht nur hören und alles besser wissen, sondern wir haben den Auftrag zu bezeugen was es heißt, Christ zu sein. Dann werden wir das Evangelium wieder sichtbar machen können in unserer Gesellschaft“, so Kardinal Marx.

„Bitten wir den Herrn in dieser herausfordernden Stunde der Kirche, dass wir neu mutig werden, den Weg der Kirche einzuschlagen, den Jesus von uns will. Er verlässt die Kirche nicht.“

Während des Gottesdienstes wurde in den Fürbitten der Betroffenen sexuellen Missbrauchs gedacht. Der Wortlaut der Fürbitten:

  • Für alle, die sexuell oder auf andere Weise missbraucht wurden, innerhalb und außerhalb der Kirche: Um deine besondere Nähe und um Heilung ihrer Wunden an Leib und Seele.
  • Für alle, die anderen mit Rat und Tat helfend zur Seite stehen: Um ein hörendes Herz und die nötige Geduld im Umgang miteinander.
  • Für unseren Papst Franziskus und das ganze Volk Gottes: Um Glaubensfreude, Mut und Zuversicht bei der Verkündigung deines Wortes.
  • Für die hier versammelten Bischöfe: Um Frucht bringende Beratungen in den drängenden Fragen und Problemen unserer Tage.
  • Für die Regierenden in unserem Land und für alle Machthaber dieser Erde: Um weise Entscheidungen und den Einsatz für Frieden in Gerechtigkeit.
  • Für unsere verstorbenen Seelsorger, Angehörigen und Freunde – und für alle Toten: Um das ewige Leben in deiner Herrlichkeit.

(CNA Deutsch)

Scharfe Kritik an Vorveröffentlichung der deutschen Missbrauchstudie

Medienberichte: Forschungsprojekt belegt tausende Fälle von 1946 bis 2014 – Bischof Ackermann: Für die Betroffenen ein „schwerer Schlag“.

BONN ,- In einer ersten Reaktion der Deutschen Bischofskonferenz hat Bischof Stephan Ackermann kritisiert, dass mehrere Medien am heutigen 12. September die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht haben, die den Missbrauch Minderjähriger durch Priester und Ordensleute in Deutschland in den Jahren 1946 bis 2014 dokumentiert.

„Gerade mit Blick auf die Betroffenen sexuellen Missbrauchs ist die verantwortungslose Vorabbekanntmachung der Studie ein schwerer Schlag“, so Ackermann, der Beauftragter für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich und für Fragen des Kinder- und Jugendschutzes der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) ist.

Die Ergebnisse des interdisziplinären Forschungsprojekts, das von der DBK in Auftrag gegeben wurde, sollte eigentlich am 25. September vorgestellt werden, wie CNA Deutsch berichtete.

Den Meldungen zufolge wurden im Zeitraum von 1946 bis 2014 laut Studie „3677 überwiegend männliche Minderjährige als Opfer sexueller Vergehen. 1670 Kleriker werden der Taten beschuldigt“, so der „Spiegel„. Die Forscher hätten „mehr als 38.000 Personal- und Handakten aus 27 deutschen Diözesen untersucht und ausgewertet“.

„Ich bedauere, dass die bisher vertraulich gebliebene Studie und somit das Ergebnis vierjähriger Forschungsarbeit zur Thematik ‚Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz'“ heute veröffentlicht worden sei, so Bischof Ackermann.

„Der Vorgang ist umso ärgerlicher, als bislang noch nicht einmal den Mitgliedern der Deutschen Bischofskonferenz die Gesamtstudie bekannt ist.“

Wie der „Spiegel“ weiter berichtet sei die Hälfte aller Fälle ohne Antrag auf Entschädigung „durch die Betroffenen nicht einmal entdeckt worden, da die Personalakten der Beschuldigten keine Hinweise enthielten“.

In vielen Fällen seien sie „vernichtet oder manipuliert“ worden. Daraus ergebe sich ein „Hinweis auf das Ausmaß des anzunehmenden Dunkelfelds“, schreiben die Autoren der Studie, heißt es.

Die DBK teilt mit, dass für die Woche der Herbst-Vollversammlung vom 24.–27. September 2018 geplant ist, ein Beratungs-Telefon für diejenigen zu schalten, die aufgrund der Berichterstattung aufgewühlt sind und mit jemandem sprechen möchten.

Ackermann betonte: „Wir wissen um das Ausmaß des sexuellen Missbrauchs, das durch die Ergebnisse der Studie belegt wird. Es ist für uns bedrückend und beschämend. Vor vier Jahren haben wir die Studie in Auftrag gegeben und gerade wir Bischöfe stellen uns den Ergebnissen“.

Dazu werde als erstes die Vollversammlung in Fulda dienen.

„Ziel der Studie, an der sich alle 27 Diözesen Deutschlands beteiligt haben, ist es, mehr Klarheit und Transparenz über diese dunkle Seite in unserer Kirche zu erhalten und zwar um der Betroffenen willen, aber auch, um selbst die Verfehlungen sehen und alles dafür tun zu können, dass sie sich nicht wiederholen“.

Der Missbrauchsbeauftrage betonte:

„Es geht uns um eine verantwortungsvolle und professionelle Aufarbeitung. Ich bin davon überzeugt, dass die Studie eine umfangreiche und sorgfältige Erhebung ist, die Zahlenmaterial und Analysen bietet, aus denen wir weiter lernen werden. Das gilt auch für die Erkenntnisse, die eine vertiefte Einsicht über das Vorgehen der Täter und über das Verhalten von Kirchenverantwortlichen in den zurückliegenden Jahrzehnten ermöglichen. Nochmals betone ich: Die Studie ist eine Maßnahme, die wir nicht nur der Kirche schuldig sind, sondern vor allem und zuallererst den Betroffenen.“

Betroffene sollten sich – so die Mitteilung der DBK – bis zur Bereitstellung des Beratungs-Telefons an die Telefonseelsorge (Tel. 0800/1110111 oder 0800/1110222), die Internetseelsorge (www.internetseelsorge.de) sowie die Missbrauchsbeauftragten der Bistümer (Liste auf der Themenseite www.dbk.de/themen/sexueller-missbrauch/informationen-fuer-betroffene) wenden. (CNA Deutsch)

Bischof Ackermann: Papst-Brief über Missbrauch auch für Deutschland aufrüttelnd

BONN – Bischof Stephan Ackermann von Trier hat das Schreiben von Papst Franziskus über die Missbrauch- und Vertuschungskrise der Kirche, in dem der Pontifex den Klerikalismus als wesentliches Element für das Vorkommen sexueller Gewalt und die Deckung von Tätern bezeichnet, als ein – auch für Deutschland – „aufrüttelndes Schreiben“ bezeichnet.

Das teilte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) mit.

Ackermann ist der „Beauftragte für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich und für Fragen des Kinder- und Jugendschutzes“ der DBK. Er schreibt:

„Mit seinem Schreiben will der Papst sicher auch ein eindeutiges Zeichen setzen, bevor er am kommenden Samstag zum Weltfamilientreffen nach Dublin aufbricht. Denn er wird dem Thema der sexuellen Gewalt in der Kirche auch dort wieder begegnen.“

Tatsächlich haben bereits zwei US-Kardinäle ihre Teilnahme am Weltfamilientreffen abgesagt, wie CNA Deutsch berichtete, während irische Kirchenvertreter warnend die Veranstaltung als Gelegenheit zum „Nachdenken über Sünde“ bezeichnet haben.

Der Trierer Bischof schreibt weiter, der Papst mache „in seinem Schreiben unmissverständlich klar, dass er an der Seite der Opfer und ihrer Familien steht“.

Der Papst habe in „den vielen Stellungnahmen, die er in seiner fünfjährigen Amtszeit zu diesem Thema schon abgegeben hat, noch nie so deutlich ausgedrückt, dass der sexuelle Missbrauch durch Priester immer zugleich auch ein Macht- und ein Gewissensmissbrauch ist“, hießt es in der Erklärung.

„Sexueller Missbrauch wird begünstigt und gedeckt durch die Haltung des Klerikalismus, die der Papst als eine ‚anomale Verständnisweise von Autorität in der Kirche‘ brandmarkt und aufs Schärfste verurteilt“, so Ackermann weiter.

Deshalb mahne der Papst in seinem Schreiben auch nicht nur verstärkte Präventionsbemühungen an, sondern sieht die Notwendigkeit einer „Umkehr des kirchlichen Handelns“ insgesamt.

„Aus diesem Grund ruft er das Volk Gottes auf zu Fasten, Buße und Gebet.“

Sicher werde die Frage gestellt werden, warum der Papst dieses Schreiben an das ganze Volk Gottes richtet, wo doch die Schuld und Verantwortung in erster Linie bei den Priestern, den Bischöfen und Ordensoberen liege, so Bischof Ackermann.

„Spricht der Papst nicht allzu leicht in der Wir-Form und nimmt damit diejenigen in der Kirche mit in Haftung, die aufgrund des skandalösen Verhaltens von Priestern selbst eher zu den Leidtragenden gehören? Der Brief wird sich diese Frage gefallen lassen müssen. Zugleich lässt der Papst keinen Zweifel daran, dass er dem Klerus allein nicht die notwendige Kraft zur Erneuerung zutraut. Vielmehr setzt Franziskus dabei auf die Hilfe des ganzen Gottesvolkes auch in der Form, „all das anzuprangern, was die Unversehrtheit irgendeiner Person in Gefahr bringen könnte.“

Der Papst wünsche sich in der Kirche die Bereitschaft zu einer Solidarität, „die zum Kampf gegen jede Art von Korruption, insbesondere der spirituellen, aufruft“.

„Voller Scham bekennt der Papst, dass die Unterdrücker und Mächtigen allzu oft nicht außerhalb, sondern innerhalb der Kirche saßen und sitzen. Insofern ist der Brief des Papstes ein wirklich aufrüttelndes Schreiben, das auch uns in Deutschland zur Gewissenserforschung und Erneuerung aufruft.“

Mit Blick auf Deutschland – und indirekt damit zu den im Raum stehenden zwei Fragen der Skandale in USA, Chile und anderen Ländern, nämlich ob erstens Fälle des Missbrauchs, aber auch sexuellen Fehlverhaltens hier vertuscht und gedeckt werden könnten, und zweitens wie mit Bischöfen in diesen Fällen umgegangen wird – erklärt Bischof Ackermann:

„Mit dem von der Deutschen Bischofskonferenz beauftragten interdisziplinären Forschungsprojekt ‚Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz‘ gehen wir einen solchen Schritt.“

Die Ergebnisse sollen bei der Herbst-Vollversammlung der DBK vorgestellt werden. (CNA Deutsch)

Erzbischof Becker von Paderborn: Kommunion für evangelische Ehepartner „in Einzelfällen“

PADERBORN – Erzbischof Hans-Josef Becker von Paderborn will einem Zeitungsbericht zufolge protestantischen Ehepartnern von Katholiken „in Einzelfällen“ den Empfang der heiligen Kommunion erlauben.

Das berichtet das „Westfalenblatt„. CNA Deutsch hat beim Erzbistum um eine Bestätigung angefragt.

Wie die Zeitung berichtet, habe das Erzbistum Paderborn mitgeteilt, die – nach Kritik aus Rom – nun als „Orientierungshilfe“ veröffentlichte „pastorale Handreichung“ der Deutschen Bischofskonferenz biete „eine geistliche Hilfe für die Gewissensentscheidung in seelsorglich begleiteten Einzelfällen“. Erzbischof Hans-Josef Becker teile mit:

„In der Sitzung des Priesterrates des Erzbistums Paderborn am 27. Juni 2018 habe ich meine Einordnung vorgetragen und die Erwartung formuliert, dass sich alle Seelsorger im Erzbistum Paderborn mit der Orientierungshilfe intensiv vertraut machen und entsprechend seelsorglich verantwortbar handeln.“

Durch die Taufe, den christlichen Glauben und das „Sakrament der Ehe“ seien zwei Christen miteinander verbunden. Beim evangelischen Ehepartner einer „konfessionsverbindenden“ Ehe könnten die Sehnsucht und der starke Wunsch zum Empfang der Eucharistie vorhanden sein, und deshalb gehe es darum, „zu einer verantwortlichen Gewissensentscheidung zu kommen“, so Becker.

Gleichzeitig sei dies keine „allgemeine Zulassung“ zum Empfang der heiligen Kommunion, sagte der Erzbischof Paderborns, in dem gut 1,5 Millionen als Katholiken getaufte Personen leben.

Konkrete Folgen in der Praxis

In der Praxis bedeutet die Paderborner Entscheidung, dass in deutschen Diözesen vorerst nun der Bischof – gemäß der Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz – jeweils verantwortet, ob und wie die „Orientierungshilfe“ umgesetzt wird, was Beobachtern zufolge bedeutet: Ob protestantische Ehepartner die heilige Kommunion empfangen dürfen, entscheidet zuerst der Ortsbischof, dann gegebenfalls einzelne Seelsorger – was, ähnlich wie in der Auslegung von Amoris Laetitia im Umgang mit geschiedenen Wiederverheirateten – zur Folge hat, dass es von Bistum zu Bistum, Pfarrei zu Pfarrei unterschiedlich gehandhabt werden kann.

Eine weltkirchliche, verbindliche Lösung, wie sie etwa der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer im Interview mit CNA Deutsch betonte, steht indessen aus. So sagte Voderholzer:

„Für das katholische Glaubensverständnis gehören Eucharistiegemeinschaft und Kirchengemeinschaft zusammen. Das verbindet uns mit den orthodoxen und altorientalischen Kirchen. Auf dieser Basis ringen wir um pastorale Lösungen für die betroffenen Ehepaare und Familien. Bei der Herbstvollversammlung wird schließlich erneut Gelegenheit sein, das Thema zu vertiefen“.

Außerdem warnte der bayerische Oberhirte vor einer großen „Unsicherheit in der Frage, welche Elemente nun alle zum ‚Glauben bezüglich der Eucharistie‘ gehören“. (CNA Deutsch)

Auswege aus dem „Kommunionstreit“: Marianne Schlosser über die Suche nach Einmütigkeit

KÖLN – Die katholische Kirche in Deutschland sucht bei der Kommunion den richtigen Weg im Umgang mit nicht-katholischen Ehepartnern. Wie ist dieser zu finden? Ein Vorschlag kommt nun aus Reihen der Päpstlichen Theologenkommission: Im Interview mit Jan Hendrik Stens vom Kölner Domradio“ spricht die Forscherin Marianne Schlosser über mögliche Auswege aus der Debatte um den rechten Empfang der heiligen Kommunion.

Die Leiterin des Fachs Theologie der Spiritualität an der Universität Wien ist auch Beraterin der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz und Mitglied der päpstlichen Internationalen Theologischen Kommission.

Frau Professor Schlosser, die Eucharistie ist einer der Schwerpunkte Ihrer Forschung. Vor fünf Jahren sagten Sie während eines Vortrags zum Eucharistischen Kongress in Köln, dass man den Herrn nicht wie ein Stück Brot essen könne, sondern ihn empfangen und erkennen müsse. Was meinten Sie damit?

Prof. Dr. Marianne Schlosser: Ich meinte damit, dass man die Kommunion als das, was sie bezeichnet, nämlich als eine Begegnung verstehen muss; eine Begegnung mit einer Person. Empfangen heißt jemanden aufnehmen. Das ist ein personaler Akt, der mit Erkennen und mit Liebe zu tun hat; und diese Begegnung verändert, verwandelt einen auch.

Nach katholischem Verständnis bleiben die Empfangenden nicht passiv, sondern sie übergeben sich an Christus, lassen sich hineinnehmen in seine Lebenshingabe an Gott Vater. Das bedeutet natürlich auch, die Kommunion im Zusammenhang mit der Kirche als dem Leib Christi zu verstehen, in den die Kommunizierenden immer tiefer eingefügt werden.

Sie arbeiten und lehren im – wenn auch deutschsprachigen – Ausland. Wie schaut man von dort auf den Streit der deutschen Bischöfe um den Kommunionempfang nicht-katholischer Ehepartner?

Schlosser: Deutschland ist eines der Länder, in denen gemischt konfessionelle Ehen eine besondere pastorale Situation darstellen. Österreich ist in manchen Dingen ähnlich, aber dort gibt es auch eine ausgeprägte Sensibilität für die Ökumene mit den Ostkirchen. Für die orthodoxen und die altorientalischen Kirchen, die uns im Sakramentsverständnis sehr viel näher stehen, sind Kirchengemeinschaft und Kommuniongemeinschaft miteinander engstens verbunden.

Daher muss man auch bedenken – ich glaube, das wäre eine gerechtfertigte Ermahnung oder Einspruch, Erinnerung –, dass wir es nicht nur mit nicht-katholischen Christen auf der Seite der reformatorischen Gemeinschaften zu tun haben, sondern auch berücksichtigen müssen, was das für Auswirkungen für das Verhältnis zwischen der römisch-katholischen Kirche und den Ostkirchen hat.

Das Kirchenrecht nennt für Ausnahmeregelungen neben der Todesgefahr auch die „schwere Notlage“. Papst Johannes Paul II. erklärte 2003 in seinem Lehrschreiben „Ecclesia de eucharistia“, dass eine solche bestehe, wenn die tiefe Sehnsucht nach dem Empfang des Sakraments nicht gestillt werden könne und der Glaube dadurch gefährdet sei. Wie äußert sich diese Sehnsucht bei den betroffenen Menschen?

Schlosser: Ursprünglich bedeutet „necessitas“ eine Notlage, die durch äußere Umstände verursacht wird. Daher werden in Can. 844, wie auch im Ökumenischen Direktorium objektive Umstände aufgeführt: etwa, wenn jemand, der den katholischen Glauben hinsichtlich der Sakramente teilt, um diese bittet, weil er keinen Geistlichen der eigenen Konfession erreichen kann. Die prinzipielle Verbindung von Kirchenzugehörigkeit und Teilnahme an den Sakramenten wird dadurch nicht aufgehoben.

Johannes Paul II. sprach an der zitierten Stelle von einer geistlichen Notlage Einzelner im Hinblick auf das ewige Heil – die deutsche Übersetzung als „Bedürfnis“ scheint mir zu flach –, aber er dachte dabei offensichtlich nicht an konfessionell-gemischten Ehen. Man sollte einmal genauer prüfen, ob diese Einzel-Aussage mit der sonstigen Lehre dieses Papstes harmoniert. Zieht man die Möglichkeit einer noch weiteren Deutung der „schweren geistlichen Notlage“ auf gemischt-konfessionelle Paare in Betracht, so wird sich jedenfalls die Frage nicht vermeiden lassen, welchen Stellenwert, welche Heilsbedeutsamkeit Sakramente generell im Selbstverständnis der reformatorischen Traditionen haben.

Wird diese von der katholischen Sicht unterschiedliche Auffassung nicht Auswirkungen auf das geistliche Leben der Person haben, die sich dauerhaft dieser Tradition verbunden fühlt? Auffällig jedenfalls ist, dass es in der gegenwärtigen Diskussion stets nur um den gemeinsamen Kommunionempfang geht; gibt es keine drängende Sehnsucht nach dem Bußsakrament oder der Krankensalbung? Die Eucharistie ist nach katholischen Verständnis „Quelle und Höhepunkt“ des geistlichen Lebens, gerade deswegen kann sie nicht losgelöst vom gesamten sakramentalen Leben der Kirche und der Kirche als Grundsakrament betrachtet werden. Unter diesen Umständen kann man die Sorge mancher Kritiker verstehen, die unstillbare Sehnsucht nach dem gemeinsamen Empfang des Sakramentes beziehe sich vor allem auf das Zeichen des gemeinsamen Mahles, von dem niemand ausgeschlossen sein möchte.

Mit dieser Akzentsetzung – der gemeinsame Kommunionempfang als ehestabilisierend – ist allerdings ein schwerwiegendes Problem verbunden, das bis jetzt nicht ausreichend in den Blick genommen scheint: Wie werden, wie sollen katholische Ehepartner mit der bereits seit langem ausgesprochenen Einladung von evangelischer Seite umgehen, am Abendmahl teilzunehmen? Die Frage kann man nicht einfach ausklammern oder mit einer Schutzbehauptung beiseite schieben, weil sie sich von selbst stellt. Wird nicht ein moralischer Druck entstehen, beim evangelischen Gottesdienst das Abendmahl zu nehmen?

… was ja bislang von katholischer Seite verboten ist.

Schlosser: Ja, das ist klar untersagt. Aber wenn man die Behebung der „geistlichen Notlage“ im gemeinsamen Empfang des Sakraments sieht, obwohl gleichzeitig große Unterschiede bestehen bleiben, dann tendiert doch die Entwicklung in Richtung Interkommunion. Das ist ja kein imaginiertes Szenario; es gibt genug Beispiele, dass Ehepaare zuweilen in die eine und zuweilen in die andere Kirche gehen, um dort Abendmahl oder Eucharistie zu empfangen. Nimmt die Handreichung es doch mit in Kauf, dass dieser Druck auf das Gewissen der katholischen Ehepartner – und auf das bisherige Kirchenverständnis, sicher auch das Johannes Pauls II. – entsteht?

Wenn manche Bischöfe und Theologen die geplante Handreichung in ihrer gegenwärtigen Form ablehnen, gleichzeitig aber die in den Gemeinden längst übliche Praxis still tolerieren, ist dann nicht der Vorwurf der Doppelmoral berechtigt?

Schlosser: Also da würde ich doch drei Punkte zu bedenken geben: Der erste Punkt ist, dass man jemanden an der Kommunionbank in den seltensten Fällen zurückweist. Das ist sozusagen eine klassische Regel, die man auch bei Albert dem Großen lesen kann. Manchmal kann man, ja muss man etwas übersehen, beispielsweise um einen günstigeren Zeitpunkt für die Klarstellung abzuwarten.

Aber ein zweiter Punkt ist, dass Bischöfe und Priester als eine erste Verantwortlichkeit die Verkündigung haben, also dass es nicht geht, dass man zu Dingen einfach schweigt oder sie laufen lässt, sondern dass diese Pflicht, den Glauben auch zu verkündigen, gerade durch das Zweite Vaticanum ausdrücklich eingeschärft worden ist. Im Dekret für die Priester „Presbyterorum ordinis“ steht am Anfang als erste Aufgabe die Verkündigung und zwar noch vor der Sakramentenspendung. Nicht weil diese weniger wichtig wäre, sondern weil ihr zeitlich die Katechese, die Verkündigung vorausgehen muss – vergleiche Canon 843 §2 CIC!

Und ein dritter Punkt: Es geht auch um die Verantwortung der Gläubigen. Die Gläubigen sollen Kenntnis davon haben, was sie tun, was die Eucharistie ist, was sie bedeutet, damit sie auch ihr Gewissen daran bilden können. Man kann nicht das Gewissen bilden, wenn man gar nicht weiß, worum es eigentlich geht. Das ist eine Aufgabe, die aus der Taufe resultiert und die für einen mündigen Glaubensvollzug erfüllt werden muss. Glauben hat eine innere Dynamik, wachsen zu wollen. Wenn jemand weiß, was das Sakrament der Eucharistie ist, was es bedeutet, dann wird auch das Staunen und die Freude am Glauben vertieft werden. Wenn jemand davon zu wenig weiß, dann könnte der Glaube auch schwächer oder manche Dinge gleichgültiger werden. Auch das ist eine Gefahr, die mit Nichtwissen verbunden ist: Relativismus.

Die Glaubenskongregation hat nun den gegenwärtigen Entwurf der Handreichung als „nicht zur Veröffentlichung reif“ bezeichnet und sich damit auf die Seite der Kritiker gestellt. Heißt das im Klartext, dass einer Handreichung grundsätzlich nichts im Weg steht?

Schlosser: Ich denke, als erstes muss man auch mal warten, was aus Rom an Vorschlägen und Vorgaben noch kommen wird. Das zweite ist, dass die Bischöfe auch miteinander sprechen oder gut abklären müssen, welche Zielsetzung eine solche Handreichung haben soll. Wenn der Heilige Vater gleich am Anfang darauf hingewiesen hat, dass die Bischöfe einmütig sein mögen, dann hat er dadurch auch zu erkennen gegeben, dass es für ihn nicht um eine rein pastorale oder rein rechtliche Frage geht, sondern es geht für ihn um eine Glaubensfrage.

Daher ist Einmütigkeit notwendig und ich glaube, dass wird auch die Aufgabe für die nächsten Wochen und Monate sein. Die aufgebrochene Diskussion sollte vor allem ein Anstoß sein, eine vertiefte Sakramenten-Katechese in den Gemeinden zu unternehmen, nicht zuletzt, um den inneren Zusammenhang zwischen Glauben und sakramentaler Praxis besser zu erhellen.

(*) Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung. (CNA Deutsch)

Papst Franziskus zum deutschen Kommunionstreit: „Frage des Kirchenrechts“

VATIKAN – Gibt es bald eine Lösung im sogenannten „Kommunionstreit“, dank einer kirchenrechtlichen Sicht auf die Debatte? Auf dem Rückflug seiner Tagesreise nach Genf hat Papst Franziskus Fragen der mitreisenden Journalisten beantwortet, darunter auch zur Ablehnung des Vorstoßes der Deutschen Bischofskonferenz, mittels einer „pastoralen Handreichung“ Protestanten, die mit Katholiken verheiratet sind, in deutschen Diözesen „unter bestimmten Umständen“ zur Kommunion zuzulassen.

Papst Franziskus bezeichnete den Vorstoß als „nicht neu“, insofern im Kirchenrecht bereits vorgesehen sei, „worüber die deutschen Bischöfe gesprochen haben: die Kommunion in besonderen Fällen“.

Mit Blick auf die Situation von Ehen, in denen je ein Ehepartner katholisch und evangelisch sei, so der Papst weiter, sei entscheidend, dass der Bischof einer „Partikularkirche“, also einer ecclesia particularis – das Wort partikular sei „wichtig“, so Franziskus – dies so lese.

„Das steht im Kirchenrecht. Die deutschen Bischöfe, weil sie gesehen hatten, dass es nicht klar war, und weil einige Priester Dinge taten, die nicht die Zustimmung des Bischofs hatten, wollten dieses Thema untersuchen“, sagte der Pontifex.

„Was die Bischöfe wollten, ist, klar zu sagen was im Kirchenrecht steht. Und ich habe es gelesen und gesagt: Das ist ein restriktives Dokument, nicht wahr? Es war nicht offen für jedermann. Es ist ein wohldurchdachtes Stück, mit kirchlichem Geist. Und sie wollten dies für die Kirche vor Ort tun“.

Mit der Einbindung der Kirche vor Ort, womit der Papst offenbar ganmz konkret die Bischofkonferenz eines Landes meinte, habe es ein Problem gegeben, insofern das Thema bei der Bischofskonferenz landete – und deren Entscheidung nicht nur vor Ort in einem Bistum greife, sondern universal, so der Papst weiter.

„Und das ist die Schwierigkeit der Diskussion: Nicht so sehr der Inhalt, sondern dies. Und sie schickten das Dokument. Dann gab es zwei oder drei klärende Treffen und Erzbischof Ladaraia schickte diesen Brief, aber mit meiner Erlaubnis. Das hat er nicht allein gemacht! Ich sagte ihm: ‚Ja, es ist besser einen Schritt vorwärts zu machen und zu sagen, dass das Dokument nocht nicht reif ist und dass die Frage mehr studiert werden muß.‘ Dann gab es ein weiteres Treffen und nun werden sie dies untersuchen. Ich denke, dies wird ein Orientierungsschreiben, so daß jeder Diözesanbischof managen kann, was das Kirchenrecht bereits erlaubt.“

Mit dem Ablehnungsschreiben vom Präfekten der Glaubenskongregation habe man keine „Handbremse gezogen“, betonte der Papst. Es gehe darum, es so zu lesen, dass man damit den richtigen Weg gehe.

„Als ich die Lutherische Kirche von Rom besuchte, wurde eine solche Frage gestellt, und ich antwortete nach dem Geist des Codex des Kirchenrechts. Es ist der Geist, den sie jetzt suchen. Vielleicht war es nicht die richtige Information im richtigen Moment, ein wenig Verwirrung“, so Franziskus im Flugzeug gegenüber den Journalisten.

„Aber es ist so: Für die Partikularkirche erlaubt der Codex es, für die Kirche vor Ort [Anm.d.R. Bischofskonferenz] geht das nicht, denn dann wäre es universal.“

Die Bischofskonferenz könne orientierende Meinungen abgeben, um einzelnen Bischöfen in besonderen Fälle zu helfen, so der Papst abschließend zu dieser Frage.

Andrea Gagliarducci, Juliet Linley und Alan Holdren trugen zur Übersetzung und Berichterstattung bei. (CNA Deutsch)

Bischof Kohlgraf über Brief der Glaubenskongregation: „Es gibt rätselhafte Formulierungen“

Mainzer Bischof zeigt sich verwundert über Entscheidung des Papstes, die „Pastorale Handreichung“ abzulehnen.

MAINZ – In einem Interview mit der Mainzer Zeitung „Main-Spitze“ hat sich der neue Mainzer Bischof Peter Kohlgraf verwundert über das Schreiben der Glaubenskongregation gezeigt, welches die geplante Handreichung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) zurückweist.

„Es gibt in dem letzten Schreiben der Glaubenskongregation rätselhafte Formulierungen, da muss jetzt noch vieles geklärt werden“, so der Oberhirte, der gleichzeitig eine dadurch entstandene „Verärgerung und Verunsicherung“ beklagte.

Bereits am 12. Mai 2018 hatte Kohlgraf in einem Interview mit dem „Kölner Stadtanzeiger“ als Befürworter der DBK-Handreichung seine Betroffenheit darüber zum Ausdruck gebracht, dass die sieben Bischöfe, die sich als Gegenstimme in einem Brief an den Papst wandten, die Mehrheit des deutschen Bischofskollegiums unter den Verdacht stellten, sie würden die Substanz des Glaubens und die Einheit der Kirche gefährden: „Wenn ich den Papst richtig verstehe, dann sieht er diese Gefahr nicht.“

Im gestrigen Interview mit Mainz-Spitze wiederum zeigte sich Kohlgraf enttäuscht über die Entwicklung, die die Debatte nun nach dem Antwortschreiben der Glaubenskongregation genommen hätte und deutete an, der Papst sei umgestimmt worden: „Diese Wahrnehmung gibt es, ja“. Eine Niederlage für die Mehrheit der DBK sieht er indes nicht.

Auf die weitere Frage, was er als Bischof tun wolle, wenn ein evangelischer Ehepartner die Kommunion von ihm empfangen wolle, antwortete er:

„Dann werde ich diesem Wunsch nachkommen. Die Kommunionbank ist nicht der Ort von theologischen Debatten.“

Kohlgraf hatte sich bereits Mitte Mai im erwähnten Interview mit dem „Kölner Stadtanzeiger“ im Streit um die Zulassung von protestantischer Ehepartner zur heiligen Kommunion klar positioniert. Dort fragte er: „Denken wir eigentlich, wir müssten den lieben Gott beschützen, indem wir bestimmen, wer zur Kommunion gehen darf und wer nicht?“ (CNA Deutsch)