Die Zeit der Buße ist jetzt! Ein Rückblick auf Dublin und Ausblick für die Kirche

Wenn ich an das Weltfamilientreffen in Dublin zurückdenke, breitet sich ein seltsames Gefühl in der Magengegend aus, irgendwo zwischen „Wehmut“ und „Bedrückung“.

Mit meinen Kollegen von EWTN und CNA bin ich eine Woche lang in Dublin gewesen, um von diesem kirchlichen Großereignis zu berichten. Es waren Tage, in denen wir mit einer solchen menschlichen Wärme und Herzlichkeit empfangen wurde, die so gar nicht zum dort vorherrschendem Wetter und den neuesten Nachrichten aus der Weltkirche passte.

Ich hatte diese „Weltfamilientreffen“ bislang nicht wirklich auf dem Radarschirm, doch immerhin war das in Dublin bereits das neunte seiner Art. Konzipiert sind diese Treffen als eine Art „Weltjugendtag für Familien“, bei dem sich vor allem junge Familien treffen sollten, um die Möglichkeit zu haben, miteinander zu beten, zu singen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Dazu gibt es Katechesen und ein umfangreiches Kinderprogramm. Abgerundet werden diese Treffen wie auch die Weltjugendtage durch den Besuch des Papstes.

Dennoch: In Dublin war alles eine Nummer kleiner, gemütlicher, oder — familiärer. Bis zum Freitag spielte sich alles auf einem recht überschaubaren Areal ab. Dazu gab es ein paar Hallen, in denen die Stände von verschiedenen katholischen Organisationen oder Ordensgemeinschaften waren oder Podien und Vorträge abgehalten wurden. In einem anderen Bereich spielte sich das Kinderprogramm ab. Dort gab es mehrere Zelte mit Möglichkeiten zum Spielen. Auch der YouCat war mit einem großen Zelt vertreten.

Ab es war nicht so, dass die irische Hauptstadt in diesen Tagen von einer Masse an katholischen Familien überschwemmt wurde. Besonders deutlich wurde es dann, als beim eigentlichen Höhepunkt – der Ankunft des Papstes – die Luftaufnahmen zeigten, dass der Papst stellenweise durch fast menschenleere Straßen fuhr und auch beim Empfang im Croke Park Stadium große Lücken klafften. Die Suche nach den Gründen für das Fernbleiben der Leute ist schwierig – schließlich können Abwesende nicht befragt werden.

Doch es lag eine eigenartige Stimmung über diesem Weltfamilientreffen. Auf der einen Seite war da unter vielen Teilnehmern diese unglaublich große Freude am Glauben, die beeindruckende Internationalität der Kirche, die es schaffte, selbst die größten Sprachbarrieren zu überwinden, und auch junge Familien als personifizierte Hoffnung und Zukunft der Kirche.

Auf der anderen Seite war da dieser lange, dunkle Schatten, der über Dublin lag. Die neuesten Berichte aus den USA und anderen Ländern über den Missbrauch und die systematische Vertuschung durch katholische Geistliche hatten vielen Besuchern des Weltfamilientreffens das brutale Leid der Opfer konkret vor Augen geführt.

Dass diese vertuscht und die Täter gedeckt wurden, bis hinauf in die höchste Kirchenspitze: Das ist mit der Rede von „unterdrückter Sexualität“, „Zölibat“ oder „bedauerliche Einzelfällen“ nicht geklärt, hörte ich immer wieder in Dublin. Viele fanden im persönlichen Gespräch ein deutliches Wort für die Verbrechen und deren Vertuschung: Sie nennen es diabolisch.

Papst Franziskus indes fand ein anderes Wort: „Kacke“.

Beim persönlichen Treffen mit einigen Opfern, so berichteten Teilnehmer, sei der Heilige Vater von den Schilderungen sehr erschüttert gewesen. Missbrauch, Vertuschung und Korruption, sagte er anschließend, seien „caca“. Zwar versuchte der anwesende Übersetzer den Vulgärausdruck noch zu umschreiben mit „das, was in der Toilette liegt“, doch die Botschaft kam an.

Mit großer Spannung war sein Besuch erwartet worden, immerhin war dies der erste Besuch eines Papstes auf der Insel seit fast 40 Jahren. Schon in den Tagen davor prügelten einige führende irische Medien auf ihn ein: Sie forderten endlich Durchgreifen und weitreichende Konsequenzen statt der oft gehörten Bitten um Vergebung und Sprüchen über „Null Toleranz“.

Der irische Regierungschef Leo Varadkar warnte den Pontifex sogar, dass es ein neues Verhältnis zwischen Staat und Kirche geben müsse, und das beim offiziellen Staatsempfang, wo sonst gerne Höflichkeiten ausgetauscht werden. Dass Franziskus ein „ganz anderes Irland“ vorfinden werde als noch Johannes Paul II. bei seinem Besuch 1979 war schon im Vorfeld klar geworden.

Irland sei jetzt ein „modernes, fortschrittliches“ Land, in dem jeder Mensch gleichberechtigt sei, so Varadkar. Nicht erwähnt wurden in der Lobeshymne auf die vom Staat geschaffene Gleichberechtigung all die ungeborenen Menschen, die sich nun einer neuen Bedrohung ausgesetzt sehen: Seit Anfang dieses Jahres sind Abtreibungen nun offiziell auch in Irland erlaubt.

Franziskus entzündete in der St. Mary-Kathedrale eine Kerze für all jene, die den Vergehen von geweihten Personen der Kirche zum Opfer gefallen sind. Er sprach ein öffentliches Schuldbekenntnis aus, bat wieder einmal mehrmals um Vergebung. Auch für die Vertuschung der Verbrechen.

All dies wurde von den Medien aufmerksam registriert, auch wenn besonders durch die Veröffentlichung des Vigano-Briefes (CNA Deutsch hat berichtet) der Papst selbst erneut in die Kritik geriet. Das Problem sei nicht allein der von Franziskus als Hauptgrund bezeichnete „Klerikalismus“, betonte beispielsweise unter anderem der Schweizer Weihbischof Marian Eleganti in einem Interview mit EWTN. Auch der Umgang mit Homosexualität im Klerus dürfe nicht ignoriert werden.

Ob die von vielen als unglücklich empfundenen Aussagen des Papstes auf dem Rückflug von Dublin nach Rom Grund zur Hoffnung auf lückenlose Aufklärung geben? Das darf bezweifelt werden.

Freunde aus Deutschland hatten mir geschrieben, es sei gut, dass EWTN vor Ort sei und wir die Möglichkeit hätten, jetzt nicht „immer nur über das Negative“ zu berichten. Jedoch: Es ging nicht anders.

Das Thema war allgegenwärtig. Ich verstehe jeden Einzelnen, der es satthat, jeden Morgen mit den neuen Enthüllungen über Missetaten der Kirche konfrontiert zu werden. Aber es muss jetzt eine Zeit der Reinigung anbrechen, in der der ganze Schmutz ans Tageslicht kommt. Um wieder Ostern werden zu lassen, muss die Kirche durch eine intensive Fastenzeit. Dann erst kann der Hausputz beginnen.

Viele hatten sich daran gestört, dass der Papst alle Gläubigen zur Buße, zum Fasten und Gebet angeregt hat, denn schließlich sähen sie es nicht ein, das mit auslöffeln zu müssen, was einige Kleriker „eingebrockt“ haben (um nicht bei Franziskus´ skatologischer Wortwahl zu bleiben). Aber: „Wenn ein Glied leidet, leiden alle anderen mit“.

Freilich ist die Frage noch ungeklärt, ob Franziskus von den Vorgängen um McCarrick wusste und inwieweit er einen Teil der Verantwortung an der Vertuschung trägt. Trotzdem war mein persönliches Highlight bei diesem Weltfamilientreffen seine Ankunft im Croke Park Stadium.

Wir hatten seit den Morgenstunden auf ihn gewartet, auch wenn das Stadion immer noch nicht komplett voll war. Als das Papamobil schließlich einfuhr und Applaus aufbrandete, wartete ich hochkonzentriert in meiner Kameraposition, um ein möglichst gutes Foto zu schießen. Plötzlich war der Papst in Sichtweite und der Applaus wurde zum wilden Begeisterungssturm.

Während ich den Auslöser betätigte, bemerkte ich, wie sich mehr und mehr meine Nackenhaare aufstellten und ich richtig Gänsehaut bekam. Es hörte auch nicht auf, als ich weiterrennen musste, um an der nächsten Ecke einen anderen Winkel auf das Papstmobil zu bekommen.

Ich wurde komplett ergriffen von der Begeisterung um mich herum. Diese Menschen da, sie jubelten nicht einem Jorge Bergoglio in Papstklamotten zu, nicht einer Kirche, die gerade ihren tiefsten menschlichen Sündensumpf offenbarte. Sie jubelten dem zu, was dieser Mann trotz allem repräsentierte: Einer Kirche, die ihre Wurzeln und ihre Zukunft woanders hat. In ihren Reihen laufen die größten Heiligen mit, aber auch große Sünder. Sie rettete das Leben vieler Menschen, aber viele verwechseln sie mit den Sündern, die zu ihr gehör(t)en, Schande und Schmerz verursacht haben.

Das mag pathetisch klingen. Dennoch: Selten wurde mir so wie in diesem Moment bewusst, dass Gott uns – Seiner Kirche – erneut eine Chance geben wird. Hoffentlich werden wir sie nutzen. Doch vor allem sollten wir jetzt bei denen sein, die so sehr verletzt worden sind; sie haben die Wahrheit verdient, die nur eine schonungslose Aufklärung bringen wird. (CNA Deutsch)

Papst verurteilt in Irland das Versagen der Bischöfe in Missbrauchsskandalen

Franziskus sagt, er teilt die Empörung der Menschen über die verantwortlichen Würdenträger – Appell an Bewusstsein für eine Völkerfamilie, zu der auch Flüchtlinge gehören.

UBLIN – Die Wut über das Versagen der Bischöfe in den weltweiten Missbrauchsskandalen ist gerechtfertigt, und er selber teile die Empörung der Gläubigen: Das hat Papst Franziskus zum Auftakt seines Besuchs des Weltfamilientreffens in Irland gesagt.

„Was die Schwächsten betrifft, so kann ich nicht umhin, den schweren Skandal anzuerkennen, der in Irland durch den Missbrauch junger Menschen durch Mitglieder der Kirche verursacht wurde, die für ihren Schutz und ihre Bildung verantwortlich sind“, so der Pontifex am 25. August 2018 im Schloss von Dublin.

„Das Versäumnis der kirchlichen Autoritäten – Bischöfe, Ordensoberhäupter, Priester und andere -, diese abscheulichen Verbrechen angemessen anzugehen, hat zu Recht Empörung hervorgerufen und bleibt eine Quelle des Schmerzes und der Schande für die katholische Gemeinschaft“. Er fügte hinzu: „Ich selbst teile diese Gefühle.“

Wie schon in seinem Brief an das Volk Gottes zur Missbrauch- und Vertuschungskrise knüpfte Franziskus in seiner – immer wieder vom Manuskript abweichenden – Rede demonstrativ an die Leistungen seines Vorgängers im Kampf gegen Missbrauch an. Papst Benedikt XVI. habe nicht nur gefordert, „dass als Antwort auf diesen Vertrauensbruch Maßnahmen ergriffen werden, die »wirklich dem Evangelium gemäß, gerecht und effektiv« sind (vgl. Hirtenbrief an die Katholiken in Irland, 10)“, sagte der argentinische Pontifex nun in Dublin, und fuhr fort:

„Sein freimütiges und entschlossenes Eingreifen dient weiterhin als Ansporn für die Bemühungen der kirchlichen Verantwortungsträger, die Fehler der Vergangenheit zu beheben und strenge Regeln zu erlassen, um sicherzustellen, dass sie sich nicht wiederholen“.

Was Franziskus selber tun wird, der ja als Bischof von Rom die entscheidende Verantwortung für den Umgang mit dieser Krise schultert, um diese anzupacken und hoffentlich dauerhaft zu lösen: Das war bereits vor seiner Ankunft zur Schlüsselfrage des Weltfamilientages geworden.

Ausgelöst durch Skandale in den USA, Chile, Honduras, Australien und anderen Ländern, ist die Krise auch und gerade in Irland ein brennendes Problem, weil auf der einst so katholischen Insel das Vertrauen in die Kirche massiv erschüttert worden ist.

Missbrauchs-Opfer, Kardinäle und viele andere haben gefordert, dass schuldige Kardinäle und Bischöfe ihr Amt verlieren und in schweren Fällen laisiert werden müssen. Wenn nötig, müsse auch das Kirchenrecht aktualisiert werden, forderte etwa Marie Collins, wie CNA Deutsch berichtete.

In seiner Rede im Schloss von Dublin erinnerte Franziskus an die Rolle von Familien – die ja Anlass seiner Reise nach Irland sind – und sprach über das Thema, dass ihn wie wenig andere am herzen liegen: die Migrationskrise. Auch Flüchtlinge seien Teil der „Vielvölkerfamilie“ der Welt, so der Papst.

„Wie notwendig wäre in allen Bereichen des politischen und gesellschaftlichen Lebens die Wiedererlangung des Bewusstseins dafür, dass wir eine wahre Völkerfamilie sind!“

Die Flüchtlinge seien dabei die „vielleicht beunruhigendste“ Herausforderung für das Gewissen, sagte Franziskus. (CNA Deutsch)

Franziskus wird in Dublin voraussichtlich auch ehemalige Opfer von Missbrauch treffen

Analyse: Nach dem Papstbrief hoffen viele Katholiken auf Konsequenzen aus der Krise – Doch nur eine Umverteilung von Macht wird das eigentliche Problem nicht lösen.

VATIKANSTADT – Wenn Papst Franziskus am kommenden Wochenende nach Dublin fliegt, zum Abschluss des Weltfamilientreffens, dann wird das Hauptaugenmerk darauf gerichtet sein, wie er die schwere Krise anpackt, welche die Missbrauch- und Vertuschungsskandale ausgelöst haben.

Das liegt zum einen daran, dass sexuelle Gewalt, unmoralisches Fehlverhalten und dessen Vertuschung bislang nicht nur in den USA, Chile, Honduras oder Australien ans Tageslicht gekommen ist, sondern auch und gerade Irland selber davon betroffen ist.

Mehr noch: Wenige Gesellschaften sind wohl so geprägt von ihrem Verhältnis zur krisengebeutelten Kirche wie die irische.

Einige Missbrauchsopfer forderten sogar, dass Papst Franziskus überhaupt nicht nach Irland kommen sollte, und mehrere Boykott-Initiativen waren in den vergangenen Wochen in sozialen Medien gestartet worden.

Auch zwei prominente US-Kardinäle haben ihre Teilnahme am Treffen wegen der Krise abgesagt, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, wie CNA Deutsch berichtete.

Marie Collins: „Nichts gegen Papstbesuch“

Doch die prominente Expertin Marie Collins, selber Opfer von Missbrauch, sagte gegenüber der Website „Crux„, sie habe nichts gegen den Besuch von Franziskus in Irland, oder dass Katholiken Events mit dem Pontifex besuchen.

Was der Papst jedoch zu sagen habe: Dem werde sie besondere Aufmerksamkeit schenken.

Für Irland, „das in den letzten 20 Jahren durch Enthüllungen über klerikalen sexuellen Missbrauch verwüstet wurde“ sei es „extrem wichtig“, dass Franziskus das Thema nicht ausgerechnet ignoriere, wenn er die einst so katholische Insel besucht, so die irische Katholikin zu „Crux“.

Es gehe nicht um Entschuldigungen, betonte Collins, sondern darum, nun auch zu handeln.

Marie Collins war eines von zwei Missbrauchsopfern, die 2014 in die Päpstliche Kommission für den Schutz Minderjähriger – als Gründungsmitglied – berufen wurde. Im März 2017 gab sie bekannt, sich aus dem Gremium zurückzuziehen: Aus Frust über die „mangelnde Kooperation in der Kurie“, wie CNA Deutsch berichtete.

Papst Franziskus wird sich wahrscheinlich in Irland mit Opfern treffen, kündigte Vatikansprecher Greg Burke gestrigen am Dienstag an. Der Pontifex wolle den Opfern zuhören, und zwar privat, ohne dass Einzelheiten veröffentlicht werden, hieß es.

Das mögliche Treffen würde dem gleichen Muster folgen wie das Treffen von Franziskus mit Opfern von Missbrauch in Chile während seines Besuchs im Januar 2018.

Reaktionen auf Papstbrief

Die Reise des Papstes zum Weltfamilientreffen folgt der Veröffentlichung seines Briefs „an das Volk Gottes“, in dem Franziskus unter anderem zu Gebet, Fasten und Buße aufrief und einen „Klerikalismus“ als Hauptproblem beschreibt.

Doch Bischöfe werden nicht einmal erwähnt, wie unter anderem Petra Lorleberg in einem Gastkommentar kritisierte. Und wie sie fordert Ulrich Waschki auf dem Portal der Deutschen Bischofskonferenz, es müssten nun auch „Rücktritte und Amtsenthebungen von Bischöfen, die Missbrauchstäter – aus welchen Gründen auch immer – gedeckt haben“ folgen.

Der Jurist und Theologe Markus Büning, selber ehemaliges Missbrauchsopfer, zog aus Konsequenz über den Brief von Franziskus seine Unterstützung des Papstes zurück, wie mehrere Medien berichteten, darunter Maike Hickson auf „Lifesite News“.

Bischof Stephan Ackermann von Trier, Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz, würdigte, dass das Schreiben aus seiner Sicht auch für Deutschland aufrüttelnd sei.

Gleichzeitig werde sicher die Frage gestellt werden, warum der Brief an das ganze Volk Gottes gerichtet sei, „wo doch die Schuld und Verantwortung in erster Linie bei den Priestern, den Bischöfen und Ordensoberen“ liege, so Bischof Ackermann.

„Spricht der Papst nicht allzu leicht in der Wir-Form und nimmt damit diejenigen in der Kirche mit in Haftung, die aufgrund des skandalösen Verhaltens von Priestern selbst eher zu den Leidtragenden gehören? Der Brief wird sich diese Frage gefallen lassen müssen.“

Auf die Gefahr hin, grob zu vereinfachen: Zwei grundsätzliche Fragen werden von Kommentatoren aus dem gesamten katholischen Spektrum immer wieder aufgeworfen.

Erstens die grundlegende nach dem Umgang mit sexuellem Fehlverhalten, egal ob durch Bischöfe, Priester oder Seminaristen, und zweitens die dringende nach echten Konsequenzen für die Vertuscher und stillen Mitwisser.

Hier ist der Papst aus Sicht mehrerer Beobachter unter doppeltem Zugzwang, nicht zuletzt weil einige seiner engsten Berater und von ihm geförderten Personen von Skandalen betroffen sind – und auch Franziskus selber, zumindest im Fall Chiles, bereits eingeräumt hat, „schwere Fehler“ gemacht zu haben.

Der Zugzwang ist doppelt, insofern einerseits die große Mehrheit – von Opfern wie Marie Collins oder Markus Büning über weltliche, nicht auch nur annähernd der Kirchennähe verdächtige Medien wie die „New York Times“ oder der „Guardian“ bis hin zum kompletten Spektrum katholischer Stimmen, mit Ausnahme einiger, weniger – vom Papst konkrete Schritte erwarten und nicht verstehen, warum diese bislang ausbleiben.

Andererseits aber versuchen Papstgegner und Partisanen partikularer Interessen natürlich, sich des Themas zu bedienen, um ihre jeweilige Agenda zu befeuern. Dies könnte sowohl dem Papst als auch der Kirche weiteren, völlig vermeidbaren Schaden zufügen. Und einige Zauderer werden schnell merken, dass man manche Dominosteine nicht vor ihrem Umfallen bewahren kann.

Umgekehrt betrachtet freilich ist diese Krise potentiell immer noch eine gewaltige Chance für alle Gläubigen, nicht nur den Papst, der eigentlichen Ursache auf den sündhaften Leib zu rücken: der Gottlosigkeit, die all dem zugrunde liegt. Es ist diese „galoppierende Apostasie„, auf die auch Kardinal Burke deutlich hingewiesen hat, und zu deren Heilung Franziskus aufruft, wenn er zu Buße, zu Gebet und Fasten ermutigt.

Dazu bedarf es jedoch einer Einsicht: Dass Macht allein, oder die Umverteilung von Verantwortung, allein das Problem eben nicht lösen kann oder wird. Wie Professor Chad Pecknold auf Twitter schreibt:

„Wenn sich alles um ‚Macht‘ und nicht um Wahrheit dreht, ist es unvermeidlich, dass jedes Problem ‚lösbar‘ sein wird, indem behauptet wird, es gäbe entweder zu viel oder zu wenig Macht, was stets eine Umverteilung der Macht erfordert. So vermeiden die Mächtigen die Wahrheit.“

(CNA Deutsch)

Wie sich die Kirche der Kinder von Priestern annehmen sollte

Quelle: Coping International, (Screenshot am 16. August)

DUBLIN – Die von Skandalen in Chile, Honduras, Australien und nun den USA neu ausgelösten Diskussionen über sexuellen Missbrauch, Vertuschung, Scheinheiligkeit und unsittliches Verhalten durch Priester und Bischöfe sollte sich auch mit dem Anliegen einer anderen Gruppe befassen: Den von Priestern und Ordensleuten gezeugten Kindern.

Das fordert der Gründer einer Website zur Unterstützung der Betroffenen.

Die Kinder von Männern und Frauen, die trotz ihrer Berufung zum ehelosen Leben als Priester oder Ordensfrau eigenen Nachwuchs bekommen haben, stehen vor besonderen Herausforderungen, so Vincent Doyle.

Der Psychotherapeut gründete im Jahr 2014 das Portal „Coping International„, um Betroffenen Ressourcen und Unterstützung anzubieten.

„Ich wollte einen von der Kirche unterstützten Dienst auf globaler Ebene für Kinder von Priestern und Ordensleuten, männlich wie weiblich, haben“, sagte Doyle gegenüber CNA.

„Ich wollte mit der Kirche arbeiten, anstatt gegen die Kirche zu arbeiten“. Es sei ihm darum gegangen, Lösungen zu finden, aus der Gemeinschaft der Gläubigen heraus.

In der Praxis, so Doyle, sei er jedoch immer wieder abgespeist worden: Wenn er das Thema anspricht, werde er mit „vielen automatischen Standardantworten“ konfrontiert.

Die zuständigen Entscheider seien oft abweisend – nicht zuletzt weil man davon ausgehe, dass es gar keine – oder nur sehr wenige – Kinder von Priestern und Ordensleuten gibt.

Aber stimmt das? „Ich wollte einige qualitative und quantitative Daten haben“, so der Therapeut zu CNA. Er startete zwar die Website Children of Priests International im Dezember 2014. Somit war ab diesem Zeitpunkt die Seite www.copinginternational.com öffentlich zugänglich. Aber Doyle erzählte niemandem davon: Er wollte sehen, wie viele Leute danach suchen.

Zweieinhalb Jahre später – ohne Marketing, Medienaufmerksamkeit oder internationale Werbung – hatte die Seite mehr als 400.000 Zugriffe erhalten.

Bis heute, so Doyle, habe die Website fast 1 Million Besuche aus der ganzen Welt verzeichnet – insgesamt aus mehr als 175 Ländern.

Für den Psychotherapeuten ist dies ein klarer Hinweis darauf, dass es weit mehr Kinder von Priestern und Ordensleuten gibt, als viele Menschen annehmen.

Wie aber nimmt sich die Kirche dieser Tatsache an? Werden die Kinder, die laut Doyle oft im Verborgenen und in Scham leben, angenommen und anerkannt?

Doyle sagte, er habe den größten Erfolg in Irland erlebt, wo die nationale Bischofskonferenz im vergangenen Jahr ein Verfahren aufstellte, um damit umzugehen.

In dem Dokument der irischen Bischöfe heißt es, dass die einzelnen Situationen zwar unterschiedlich seien, aber immer „die Bedürfnisse des Kindes zuerst berücksichtigt werden sollten“. Der Priester und Vater solle seine Verantwortung anerkennen und die Mutter solle voll in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.

Im Jahr 2015 erklärte der Generalsekretär der irischen Bischofskonferenz in einem Brief, dass Vertraulichkeitsvereinbarungen mit Priestern, die Kinder zeugen, ungerecht sind, wenn diese sich auf Mutter und Kind in irgendeiner Weise negativ auswirken.

Für Doyle ist klar: Das Vorgehen der irischen Bischöfe sollte Vorbild für andere Länder sein. Er wünscht sich weltweit mehr Anerkennung für die Kinder von Priestern und sagt, dass er sich deshalb bereits mehrfach an die Päpstliche Kommission für den Jugendschutz gewandt habe.

Im Oktober 2017 antwortete Bill Kilgallon, damals Mitglied der Kommission, auf die Schreiben von Doyle. Der Neuseeländer stellte darin fest, dass die Kommission weder einzelne Beschwerden behandle, noch die Befugnis habe, Anweisungen auf irgendeiner Ebene der Kirche zu geben. Die Kommission sei eben vielmehr ein beratendes Organ, das Papst Franziskus und die Bischofskonferenzen und Ordensoberen der Kirche berate.

Kilgallon sagte weiter, dass auf der jüngsten Sitzung der Kommission beschlossen worden sei, in der Arbeitsgruppe für Leitlinien, welcher er damals vorstand, auch die Erarbeitung solcher für den Umgang mit Kindern von Priestern in Betracht ziehen werde.

Das Kommissionsmitglied gegenüber Doyle weiter: Die bestehenden Richtlinien – wie die der irischen Bischöfe – würden geprüft werden.

Doch dann kam alles anders: Kilgallons Amtszeit in Kommission lief im Jahr 2017 aus und wurde nicht verlängert. Nun sei unklar, moniert Doyle, ob die Diskussion der Arbeitsgruppe zu diesem Thema noch fortgesetzt werde. Er habe an Kardinal Sean O’Malley, den Präsidenten der Kommission, geschrieben.

Der erschütternde Bericht aus Pennsylvania bestätigt indessen für den Psychotherapeuten, dass es Zusammenhänge gibt zwischen Fällen sexueller Gewalt gegenüber Minderjährigen und der Frage des Umgangs mit den Kindern von Priestern: Doyle verweist etwa auf den Fall eines Mädchens, dass infolge einer Vergewaltigung durch einen Priester schwanger wurde. Kinder, die durch sexuelle Übergriffe gezeugt werden sind ebenfalls Opfer von Missbrauch, betont der Therapeut.

Doyle sagt, er hoffe, dass die Päpstliche Kommission für den Jugendschutz ebenfalls den Zusammenhang nun endlich erkennt und sich unter anderem der Frage stellt:

„Wie viele Kinder sind als Folge von Vergewaltigung und sexuelle Gewalt gezeugt worden?“

Übersetzt und redigiert aus dem englischen Original von AC Wimmer. (CNA Deutsch)

Irland: Papstbesuch vorerst nur für Dublin vorgesehen, aber…

Papst Franziskus reist im August nach Dublin zum katholischen Weltfamilientreffen. Irische Medien brachten auch einen möglichen „Ausflug“ des Papst an die Grenze nach Nordirland, also Großbritannien, ins Gespräch. Das sei nicht geplant, sagt der Dubliner Erzbischof Diarmuid Martin.

Mario Galgano und Philippa Hitchen – Vatikanstadt

Der Papstbesuch in Irland zum Weltfamilientreffen ist alles andere als eine einfache Reise: Die Iren stimmen am 25. Mai über die Legalisierung von Abtreibungen ab. Die Mehrheit ist dafür, doch jüngsten Umfragen zufolge hat sich der Vorsprung nun verringert. Drei Monate später fährt Franziskus nach Dublin.

Das Thema Lebensschutz wird beim Weltfamilientreffen in der einstigen katholischen Hochburg Irland mit Sicherheit zur Sprache kommen. Es wird aber bei weitem nicht das einzige Thema sein, sagt Erzbischof Martin. „In einer großen Stadt wie Dublin gibt es viele Probleme, die mit dieser neuen Armut verbunden sind. Diese Schwierigkeiten sind klar ersichtlich und sind eine große Herausforderung für die Familien.“ Deshalb hoffe er, dass das Treffen im August vor allem auf diese Fragen eingehen werde.

“ Das Leben der Familien betrifft ganz konkrete Herausforderungen unserer Zeit ”

„Viele denken beim Stichwort Familie an eine ideologische und abstrakte Weise, wir müssen aber einsehen, dass das Leben der Familien ganz konkrete Herausforderungen unserer Zeit betrifft wie Armut, Flüchtlinge oder das Leben im Gefängnis“, so Erzbischof Martin. Die Vorbereitungen für das Treffen liefen auch Hochtouren: „Großes Treffen bedeutet große Herausforderung, aber wir bleiben dran!“

Irland ist auch direkt mit den Folgen des Brexit konfrontiert. Die Frage um die Grenze mit Nordirland beschäftigt derzeit die Unterhändler der Vereinbarungen zwischen der EU und Großbritannien. Die fragile Frage um Friedenssicherung in der nordirischen Region steht in der Luft, und deshalb hoffen viele, der Papst möge bei seinem Besuch auch da ein Zeichen setzen.

“ …doch dieser Papst hat einen besonderen Stil, was seine Reisen betrifft ”

Ob der Papst auch an die nördliche Grenze der Inselrepublik reisen wird, ist derzeit nicht klar: „Das Reiseprogramm ist noch nicht definitiv fertig erstellt worden. Sicher ist, dass der Papst nach Dublin zum Weltfamilientreffen kommt. Das war immer sein Vorhaben“, sagt der Erzbischof; „doch dieser Papst hat einen besonderen Stil, was seine Reisen betrifft im Vergleich zu seinen Vorgängern und ich denke, alles wird so ausgehen, wie es sein soll.“ (vatican news)

Enormer Anstieg an Exorzismus-Anfragen: Irischer Priester bittet um Unterstützung

DUBLIN – Aufgrund eines dramatischen Anstiegs „dämonischer Aktivitäten im Land“ bittet ein irischer Priester und Exorzist die Bischöfe seines Landes um mehr Unterstützung.

In einem Interview mit „The Irish Catholic“ sagte Pater Pat Collins, er sei überwältigt mit Anfragen nach Exorzismen. In einem offenen Brief hat er die irischen Bischöfe aufgefordert, mehr Priester auszubilden, um mit der Nachfrage fertig zu werden.

„Allein in den letzten Jahren ist die Nachfrage exponentiell gestiegen“, sagte Collins dem „Irish Catholic“.

Die Bitte des irischen Exorzisten ist kein Einzelfall. Weltweit wird von einem dramatischen Anstieg dämonischer Aktivitäten berichtet, von einzelnen Exorzisten wie von der Internationalen Vereinigung der Exorzisten (IAE), einer Gruppe von 400 katholischen Geistlichen.

Im Jahr 2014 teilte die IAE mit, dass die dämonischen Aktivitäten auf der ganzen Welt einen „pastoralen Notstand“ darstellten.

Collins sagte, er sei „verblüfft“, dass die Bischöfe nicht mehr Exorzisten für Irland ausgebildet hätten, und fügte hinzu, dass jeder, der keine Notwendigkeit für mehr Exorzisten sieht, „keinen Kontakt zur Realität“ habe.

Ob zurecht oder nicht: Er stelle „verzweifelt fest“, dass Menschen glauben, von einem bösen Geist befallen zu sein, so Collins.

Schlimmer noch: Die Kirche sei oft überfordert. Selbst in den sehr häufigen Fällen, in denen keine Besessenheit bestehe, wisse die Kirche nicht, wie zu verfahren sei, sagte der Priester. Mit einem Empfehlungsschreiben für einen Psychologen oder eine ähnliche Person werde das Problem nicht gelöst. Oft blieben Hilfesuchende auf der Strecke.

Ein Sprecher der Bischofskonferenz in Maynooth sagte dem „Irish Catholic“, dass jede Diözese einen ausgebildeten Exorzisten haben müsse, der in der Lage sei, den Unterschied zwischen Anzeichen echter dämonischer Besessenheit und Zeichen mentaler oder psychischer Krankheit zu erkennen.

„Exorzismen sind sehr selten und unseres Wissens hat es in den letzten Jahren keinen Exorzismus in Irland gegeben“, so der Sprecher.

Der Katechismus der Katholischen Kirche betont die Wichtigkeit, zwischen dämonischer Aktivität und psychischer Krankheit zu unterscheiden.

„Der Exorzismus dient dazu, Dämonen auszutreiben oder vom Einfluß von Dämonen zu befreien und zwar kraft der geistigen Autorität, die Jesus seiner Kirche anvertraut hat. Etwas ganz anderes sind Krankheiten, vor allem psychischer Art; solche zu behandeln ist Sache der ärztlichen Heilkunde. Folglich ist es wichtig, daß man, bevor man einen Exorzismus feiert, sich Gewißheit darüber verschafft, daß es sich wirklich um die Gegenwart des bösen Feindes und nicht um eine Krankheit handelt (KKK, 1673)“.

Im April 2015 veranstaltete die Kongregation für den Klerus zusammen mit der Universität Regina Apostolorum in Rom ein Seminar, das speziell Priester und Laien darin schulte, die Unterschiede zwischen psychologischen Problemen und dämonischem Besitz zu erkennen.

Bei der Konferenz sprachen praktizierende Exorzisten, Mediziner, Psychologen, Juristen und Theologen.

Kürzlich aktualisierte Regeln für die Austreibung von Dämonen besagen auch, dass eine Person, die glaubt, besessen zu sein, zuerst Geisteskrankheit ausschließen muss, bevor sie einen Exorzismus sucht. Wenn der Ritus des Exorzismus noch benötigt wird, können sie einen Priester suchen, der von seinem Bischof als Exorzisten für seine Diözese ausgebildet und ernannt wurde.

Egal ob Exorzismus oder andere Probleme: Der Gesprächsbedarf ist hoch und in den vergangenen Jahren enorm gestiegen, betont Collins.

Pater Vincent Lampert, ein vom Vatikan ausgebildeter Exorzist und Pfarrer der Erzdiözese Indianapolis, sagte bereits vor einiger Zeit gegenüber CNA, dass die beste Verteidigung gegen dämonische Besessenheit sei, sich an die Sakramente zu halten.

In seinem offenen Brief an die irischen Bischöfe schrieb Collins: „… Es gibt immer mehr Beweise für das niederträchtige Treiben des Bösen.“ (CNA Deutsch)

 

Vatikan plant Mission in elf Städten Europas

Die Leiter wichtiger Bistümer aus Europa waren am Montag zu Beratungen hinter verschlossener Tür im Vatikan. Eingeladen hatte sie der neue Päpstliche Rat für die Förderung der Neuevangelisierung, geleitet von dem italienischen Erzbischof Rino Fisichella. Und es kam auch gleich etwas Konkretes dabei heraus: „Missione metropoli", eine Großstadt-Mission. Fisichella:

„Das ist eine der Initiativen, die sich der Päpstliche Rat für die Neuevangelisierung für die nächsten Monate vorgenommen hat. Wir haben sie Großstadt-Mission genannt. Sie soll eine Antwort sein auf die Herausforderung der Neuevangelisierung in einem Augenblick, in dem Europa sich in der Krise befindet."

Mit Europa will der neue Vatikan-Rat zunächst einmal anfangen, schließlich geht es beim Projekt der Neuevangelisierung vor allem um den alten Kontinent:

„Es hat schon zwei Bischofssynoden zum Thema Europa gegeben: die eine 1991 und die zweite 1999. Vergessen wir auch nicht, dass der selige Johannes Paul II. 2003 seinen grundlegenden Text „Ecclesia in Europa" geschrieben hat: Unsere Initiative liegt auf der gleichen Linie."

Die Großstadt-Mission ist sozusagen zweigleisig geplant: Auf der einen Seite sollen die Bistümer ihr Engagement in Schulen und in der Ausbildung verstärken.

„Außerdem soll es dann in der Fastenzeit 2012 in diesen elf großen europäischen Städten gleichzeitig untereinander abgestimmte Initiativen geben."

Die elf großen Städte sind die, deren Erzbischöfe am Montag im Vatikan waren oder zumindest einen Vertreter dorthin geschickt hatten: Köln, Wien, Paris, Budapest, Dublin, Lissabon, Brüssel, Liverpool, Warschau, Turin, Barcelona. In einigen von ihnen, etwa in Wien, gab`s schon vor ein paar Jahren eine große Stadtmission. Doch Fisichella sagt:

„Ich finde, das hier ist etwas Neues: ein gleichzeitiges, gemeinsames Zeichen. Kurz gesagt – das ist eine erste Antwort auf das, worum der Papst auf unserer ersten Vollversammlung gebeten hat: die Fragmentierung überwinden und Zeichen der Einheit geben."

Der Erzbischof von Liverpool, Patrick Kelly, war von dem Projekt Stadtmission überrascht. Er hatte mit nichts Besonderem gerechnet, als er am Montag im Vatikan eintraf:

„Man muss ja sehen, dass das überhaupt die ersten Tage dieses Päpstlichen Rates sind: Er hat zwar schon ein Statut, aber das war`s dann auch. Als ich die Teilnehmerliste des Treffens vom Montag sah, habe ich mich gefragt: Warum stehe ich denn auch auf dieser Liste?"

Aber im Vatikan begriff Erzbischof Kelly dann: Es geht ja gar nicht nur um diese Mission in den Großstädten.

„Offenbar sollen diese Erzbistümer auch eine Art Pilotgruppe bei der Evangelisierung bilden und sich untereinander eng vernetzen, weil sie ja vor ähnlichen Herausforderungen stehen."

Allerdings findet der Erzbischof, dass seine Stadt Liverpool eine Art Betlehem unter diesen elf Großstädten ist:

„Liverpool ist bei weitem die kleinste dieser Städte, wenn es um die Zahl der Katholiken dort geht. Wir halten in dieser Hinsicht kaum den Vergleich mit Barcelona, Paris oder Dublin aus. Außerdem sind wir – anders als die anderen – eine demographisch stark schrumpfende Stadt. Allenfalls passen wir doch auf die Liste dieser Großstädte, weil die Wirtschaftskrise, die ja zu unserem heutigen Kontext gehört, Liverpool äußerst hart trifft."

Die Großstadt-Mission, die sich der Vatikan da ausgedacht hat (und für die es offenbar noch kein gemeinsames Leitwort gibt), schweißt also sehr unterschiedliche Metropolen aneinander. Aber das könnte auch zu einer Stärke werden, glaubt Kelly:

„Es kann etwas sehr Starkes entstehen, wenn diese unterschiedlichen Erfahrungen auf eine einheitliche Vision hinweisen. Das erinnert mich an die Schilderung der Kirche als Leib Christi, die der heilige Paulus gibt. Er geht so weit zu sagen: Da sind die schwächsten Glieder die unentbehrlichsten!"

Und so könnte die Stadtmission nicht nur zu einer Parade der Glaubensstarken werden, sondern auch die ermutigen, deren Glaube ziemlich schwach ist. „Das gehört", so Erzbischof Kelly, „zum Zeichen, das wir geben wollen."

„Mir ist aufgefallen, wie der Papst beim Angelus gesagt hat: Gott zwingt uns nicht, zu lieben. Er lädt uns dazu ein… Das ist es."

Natürlich ist die 11-Städte-Mission auch eine Vorlage für die Bischofssynode zum Thema Neuevangelisierung, die im Herbst 2012 im Vatikan stattfinden soll. Erzbischof Fisichella vom Päpstlichen Rat für die Neuevangelisierung:

„Die „Großstadt-Mission" will ein konkretes Zeichen sein, das große Städte und Bistümer Europas gemeinsam der Bischofssynode vorstellen, als ein gemeinsames Projekt, an dem sich auch andere dann inspirieren können." (rv)