Vatikansprecher Federico Lombardi hat dazu eingeladen, die Worte von Papst Franziskus bei der Begegnung mit Volksbewegungen im weiten Zusammenhang zu sehen. Das Kirchenoberhaupt hatte bei dem Treffen, das stellenweise an eine antikapitalistische politische Kundgebung erinnerte, unter anderem Kolonialismus durch Freihandelsabkommen und „aufgezwungene Sparmaßnahmen“ kritisiert, wobei er offen ließ, ob damit etwa TTIP bzw. Griechenland gemeint sein könnten. Boliviens Präsident Evo Morales kannte solche Zurückhaltung nicht, er erklärte vorab in seiner Ansprache vor dem Papst das Referendum in Griechenland zum „Beginn der Befreiung Europas“.
Nach der außerordentlich langen Begegnung in einer Messehalle in Boliviens größter Stadt Santa Cruz baten Journalisten Lombardi um eine Einordnung. Sie wollten unter anderem wissen, wie der Papst nach einer solchen Rede ausschließen könne, von Politikern für ihre Zwecke missbraucht zu werden. „Ich verstehe das Problem“, so Lombardi. „Es ist klar, dass es Instrumentalisierungen gibt. Es ist aber auch irgendwie normal und nicht nur hier so. Meine Antwort ist, dass der Papst eine solch große Autorität hat und eine Fähigkeit, sich auf einem sprachlichen Niveau auszudrücken, die es erlaubt, ihn sofort zu verstehen. Man kann das, was er sagt, nicht in einem eingeengten Zusammenhang sehen.“
Der Papst habe bestimmte Prozesse in der Entwicklung Boliviens klar gelobt, das sei offensichtlich, er habe aber nicht gesagt, das sei ein Modell für alle, so Lombardi weiter. Der Papst habe in einer viel weiteren Perspektive gesprochen und mit einem inneren Gleichgewicht. „Mir scheint, dass der Papst ein Ermutiger und ein Katalysator für diese Volksbewegungen ist“, fügte Lombardi an. Er respektiere aber gleichzeitig ihre Autonomie und ihre Kreativität, er gebe ihnen nicht seine Richtung vor. Er ermutige und helfe auf seine Weise, um gemeinsam ein Netzwerk aufzubauen, so dass die Arbeit dieser Bewegungen wirkungsvoller werde. (rv)