D: Rücktritt der Bischöfe Wanke und Schraml

 Papst Benedikt XVI. hat an diesem Montag die Rücktritte von zwei deutschen Bischöfen angenommen. Bischof Joachim Wanke von Erfurt und Wilhelm Schraml von Passau gehen in den Ruhestand. Das gab der vatikanische Pressesaal bekannt. Wanke war 1984 zum Bischof geweiht worden, seit 1994 leitete er das damals neugegründete Bistum Erfurt. Schraml wurde 1984 Weihbischof von Regensburg, seit 2001 war er Bischof von Passau.

Wie das Presseamt der Diözese Erfurt in einer Stellungnahme von diesem Montag bekannt gab, ersuchte Bischof Wanke bereits im Alter von 71 Jahren, also vier Jahre vor dem kanonischen Rücktrittsalter, aus gesundheitlichen Gründen um seinen Rücktritt. Er befinde sich aufgrund einer seit langem bekannten Herzkrankheit in einer labilen gesundheitlichen Situation, die ihn daran hindere, sein bischöfliches Amt wie gewohnt auszuüben, heißt es in der Mitteilung weiter. Der Rücktritt erfolgt im 32. Jahr nach seiner Bischofsweihe. 1994 war Joachim Wanke, zuvor Apostolischer Administrator des Bischöflichen Amtes Erfurt-Meiningen, von Papst Johannes Paul II. zum ersten Bischof des neu gegründeten Bistums Erfurt ernannt worden. Zahlreich sind die Stimmen, die den langjährigen Einsatz des Bischofs in seinem Bistum und für die Kirche in Deutschland würdigen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, dankte Bischof Wanke in einem Brief für dessen Engagement in der Bischofskonferenz. Dabei hob Zollitsch hervor, dass Bischof Wanke mit seinen Ideen, geistlichen Worten, Dialogen und Wegweisungen sein Bistum, die Deutsche Bischofskonferenz selbst sowie die Kirche in Deutschland, auch während der schwierigen Zeiten der Diaspora in der DDR, geprägt habe. Auch sein Beitrag zur Revision der Einheitsübersetzung des Neuen Testaments, die zum Abschluss der letzten Vollversammlung der Bischöfe vorgelegt worden war, wurde gewürdigt. Der Diözesan-Administrator, der die Amtsgeschäfte im Bistum während der Sedisvakanz weiter führen wird, soll bereits an diesem Dienstag durch das Erfurter Domkapitel gewählt werden.

Papst Benedikt XVI. hat heute auch das Rücktrittsgesuch des Bischofs von Passau, Bischof Wilhelm Schraml, angenommen. Gleichzeitig hat der Heilige Vater Bischof Schraml für die Zeit der Vakanz des Bischöflichen Stuhls zum Apostolischen Administrator des Bistums ernannt. Schraml hatte bereits zu seinem 75. Geburtstag im Jahr 2010 sein Rücktrittsgesuch eingereicht, damals hatte der Papst dem altersbedingten Amtsverzicht jedoch nicht entsprochen. Große Veränderungen stieß Schraml noch in diesem Jahr an, indem er die Pfarrseelsorge neu strukturierte. Die bisher 285 Pfarreien und 20 Exposituren werden von derzeit 117 auf künftige 86 Pfarrverbände zusammengefasst. Damit soll die Seelsorge für das nächste Jahrzehnt sichergestellt werden. Schraml ist derzeit in die Vorbereitungen des Internationalen Krankentags der katholischen Kirche im Wallfahrtsort Altötting eingebunden, der im Jahr 2013 stattfinden wird. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hatte in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, dass er den emeritierten Bischof erst nach Ende der Vakanz, die dieser selbst noch als Administrator überbrücken wird, ausführlich würdigen werde. (rv)

Lehmann: Papst wollte großer ökumenischer Geste nicht vorgreifen

Papst Benedikt wollte den konfessionsübergreifenden Arbeiten zum Reformationsjubiläum nicht vorgreifen, deshalb hielt er sich zurück mit ausdrücklichem Lob für Martin Luther. Das denkt der Mainzer Bischof Karl Lehmann, den der Papst in seiner Rede im Erfurter Augustinerkloster für sein ökumenisches Engagement lobend erwähnte.

„Papst Benedikt war natürlich sparsam mit Worten mit Blick auf das Lob, aber dass er hierhergekommen ist, dass er den Schritt über die Schwelle des Augustinerklosters getan hat, Luther hat immerhin hier 20 Jahre gewohnt, das ist schon sehr viel. Ich denke, er ist auch ein wenig zurückhaltend, weil er weiß, dass auf vielen Ebenen bis zum 500. Reformationsjubiläum jetzt gearbeitet wird und man eine gemeinsame Wertung versucht. Und der will er auch nicht einfach vorgreifen. Deswegen verstehe ich die Geduld, die er da praktiziert."

Denoch ein historischer Moment?

„Mit so großen Worten bin ich sparsam. Es ist sicher geschichtlich bedeutsam. Ob es sich so groß historisch sich zeigen wird, das entscheidet eigentlich die Zeit nach uns. Wenn man immer wieder darauf zurückkommt, damit ettwas anfängt, damit Impulse setzt, undsofort, dann ja." (rv)

Papst bei Ökumene-Treffen: Die Predigt in vollem Wortlaut

Liebe Brüder und Schwestern!

„Nicht nur für diese hier bitte ich, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben" (Joh 17,20) – so hat Jesus nach dem Johannes-Evangelium im Abendmahlssaal zum Vater gesagt. Er bittet für die künftigen Generationen von Glaubenden. Er blickt über den Abendmahlssaal hinaus in die Zukunft hinein. Er hat gebetet auch für uns. Und er bittet um unsere Einheit. Dieses Gebet Jesu ist nicht einfach Vergangenheit. Immer steht er fürbittend für uns vor dem Vater, und so steht er in dieser Stunde mitten unter uns und will uns in sein Gebet hineinziehen. Im Gebet Jesu ist der innere Ort unserer Einheit. Wir werden dann eins sein, wenn wir uns in dieses Gebet hineinziehen lassen. Sooft wir uns als Christen im Gebet zusammenfinden, sollte uns dieses Ringen Jesu um uns und mit dem Vater für uns ins Herz treffen. Je mehr wir uns in dieses Geschehen hineinziehen lassen, desto mehr verwirklicht sich Einheit.
Ist das Gebet Jesu unerhört geblieben? Die Geschichte der Christenheit ist sozusagen die sichtbare Seite dieses Dramas, in dem Christus mit uns Menschen ringt und leidet. Immer wieder muß er den Widerspruch zur Einheit erdulden, und doch auch immer wieder vollzieht sich Einheit mit ihm und so mit dem dreieinigen Gott. Wir müssen beides sehen: Die Sünde des Menschen, der sich Gott versagt und sich in sein Eigenes zurückzieht, aber auch die Siege Gottes, der die Kirche erhält durch ihre Schwachheit hindurch und immer neu Menschen in sich hineinzieht und so zueinander führt. Deshalb sollten wir bei einer ökumenischen Begegnung nicht nur die Trennungen und Spaltungen beklagen, sondern Gott für alles danken, was er uns an Einheit erhalten hat und immer neu schenkt. Und diese Dankbarkeit muß zugleich Bereitschaft sein, die so geschenkte Einheit nicht zu verlieren mitten in einer Zeit der Anfechtung und der Gefahren.
Die grundlegende Einheit besteht darin, daß wir an Gott, den Allmächtigen, den Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde glauben. Daß wir ihn als den Dreifaltigen bekennen – Vater, Sohn und Heiliger Geist. Die höchste Einheit ist nicht monadische Einsamkeit, sondern Einheit durch Liebe. Wir glauben an Gott – den konkreten Gott. Wir glauben daran, daß Gott zu uns gesprochen hat und einer von uns geworden ist. Diesen lebendigen Gott zu bezeugen ist unsere gemeinsame Aufgabe in der gegenwärtigen Stunde.
Braucht der Mensch Gott, oder geht es auch ohne ihn ganz gut? Wenn in einer ersten Phase der Abwesenheit Gottes sein Licht noch nachleuchtet und die Ordnungen des menschlichen Daseins zusammenhält, scheint es, daß es auch ohne Gott geht. Aber je weiter die Welt sich von Gott entfernt, desto klarer wird, daß der Mensch in der Hybris der Macht, in der Leere des Herzens und im Verlangen nach Erfüllung und Glück immer mehr das Leben verliert. Der Durst nach dem Unendlichen ist im Menschen unausrottbar da. Der Mensch ist auf Gott hin erschaffen und braucht ihn. Unser erster ökumenischer Dienst in dieser Zeit muß es sein, gemeinsam die Gegenwart des lebendigen Gottes zu bezeugen und damit der Welt die Antwort zu geben, die sie braucht. Zu diesem Grundzeugnis für Gott gehört dann natürlich ganz zentral das Zeugnis für Jesus Christus, wahrer Mensch und wahrer Gott, der mit uns gelebt hat, für uns gelitten hat und für uns gestorben ist und in der Auferstehung die Tür des Todes aufgerissen hat. Liebe Freunde, stärken wir uns in diesem Glauben! Helfen wir uns, ihn zu leben. Dies ist eine große ökumenische Aufgabe, die uns mitten ins Gebet Jesu hineinführt.
Die Ernsthaftigkeit des Glaubens an Gott zeigt sich im Leben seines Wortes. Sie zeigt sich in unserer Zeit ganz praktisch im Eintreten für das Geschöpf, das er als sein Ebenbild wollte – für den Menschen. Wir leben in einer Zeit, in der die Maßstäbe des Menschseins fraglich geworden sind. Ethik wird durch das Kalkül der Folgen ersetzt. Demgegenüber müssen wir als Christen die unantastbare Würde des Menschen verteidigen, von der Empfängnis bis zum Tod – in den Fragen von PID bis zur Sterbehilfe. „Nur wer Gott kennt, kennt den Menschen", hat Romano Guardini einmal gesagt. Ohne Erkenntnis Gottes wird der Mensch manipulierbar. Der Glaube an Gott muß sich in unserem gemeinsamen Eintreten für den Menschen konkretisieren. Zum Eintreten für den Menschen gehören nicht nur diese grundlegenden Maßstäbe der Menschlichkeit, sondern vor allem und ganz praktisch die Liebe, wie sie uns Jesus im Gleichnis vom Weltgericht lehrt (Mt 25): Der richtende Gott wird uns danach beurteilen, wie wir den Nächsten, wie wir den Geringsten seiner Brüder begegnet sind. Die Bereitschaft, in den Nöten dieser Zeit über den eigenen Lebensrahmen hinaus zu helfen, ist eine wesentliche Aufgabe des Christen.
Dies gilt zunächst im persönlichen Lebensbereich jedes einzelnen. Es gilt dann in der Gemeinschaft eines Volkes und Staates, in der alle füreinander einstehen müssen. Es gilt für unseren Kontinent, in dem wir zur europäischen Solidarität gerufen sind. Und es gilt endlich über alle Grenzen hinweg: Die christliche Nächstenliebe verlangt heute auch unseren Einsatz für die Gerechtigkeit in der weiten Welt. Ich weiß, daß von den Deutschen und von Deutschland viel getan wird, damit allen Menschen ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht wird, und möchte dafür ein Wort herzlichen Dankes sagen.
Schließlich möchte ich noch eine tiefere Dimension unserer Verpflichtung zur Liebe ansprechen. Die Ernsthaftigkeit des Glaubens zeigt sich vor allem auch dadurch, daß er Menschen inspiriert, sich ganz für Gott und von Gott her für die anderen zur Verfügung zu stellen. Die großen Hilfen werden nur konkret, wenn es vor Ort diejenigen gibt, die ganz für den anderen da sind und damit die Liebe Gottes glaubhaft werden lassen. Solche Menschen sind ein wichtiges Zeichen für die Wahrheit unseres Glaubens.
Im Vorfeld des Papstbesuchs war verschiedentlich von einem ökumenischen Gastgeschenk die Rede, das man sich von diesem Besuch erwarte. Die Gaben, die dabei genannt wurden, brauche ich nicht einzeln anzuführen. Dazu möchte ich sagen, daß dies ein politisches Mißverständnis des Glaubens und der Ökumene darstellt. Wenn ein Staatsoberhaupt ein befreundetes Land besucht, gehen im allgemeinen Kontakte zwischen den Instanzen voraus, die den Abschluß eines oder auch mehrerer Verträge zwischen den beiden Staaten vorbereiten: In der Abwägung von Vor- und Nachteilen entsteht der Kompromiß, der schließlich für beide Seiten vorteilhaft erscheint, so daß dann das Vertragswerk unterschrieben werden kann. Aber der Glaube der Christen beruht nicht auf einer Abwägung unserer Vor- und Nachteile. Ein selbstgemachter Glaube ist wertlos. Der Glaube ist nicht etwas, was wir ausdenken oder aushandeln. Er ist die Grundlage, auf der wir leben. Nicht durch Abwägung von Vor- und Nachteilen, sondern nur durch tieferes Hineindenken und Hineinleben in den Glauben wächst Einheit. Auf solche Weise ist in den letzten 50 Jahren, besonders auch seit dem Besuch von Papst Johannes Paul II. vor 30 Jahren viel Gemeinsamkeit gewachsen, für die wir nur dankbar sein können. Ich denke gern an die Begegnung mit der von Bischof Lohse geführten Kommission zurück, in der solches gemeinsames Hineindenken und Hineinleben in den Glauben geübt wurde. Allen, die daran mitgewirkt haben, besonders von katholischer Seite Kardinal Lehmann, möchte ich meinen herzlichen Dank aussprechen. Ich versage mir, weitere Namen zu nennen – der Herr kennt sie alle. Miteinander können wir alle nur dem Herrn danken für die Wege der Einheit, die er uns geführt hat, und in demütigem Vertrauen einstimmen in sein Gebet: Laß uns eins werden, wie du mit dem Vater eins bist, damit die Welt glaube, daß er dich gesandt hat (vgl. Joh 17,21). (rv)

Papst bei ökumenischem Gottesdienst: „Keine Kompromisse eingehen“

In seiner Predigt in Erfurt beklagte der Papst die Spaltung der Christenheit. Jesus habe doch im Abendmahlssaal so dringend für die Einheit gebetet.
„Ist das Gebet Jesu unerhört geblieben? Die Geschichte der Christenheit ist sozusagen die sichtbare Seite dieses Dramas, in dem Christus mit uns Menschen ringt und leidet."
Doch die Christen sollten „nicht nur die Trennungen und Spaltungen beklagen, sondern Gott für alles danken, was er uns an Einheit erhalten hat und immer neu schenkt", riet der Papst.
„Die grundlegende Einheit besteht darin, daß wir an Gott, den Allmächtigen, den Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde glauben. Daß wir ihn als den Dreifaltigen bekennen – Vater, Sohn und Heiliger Geist. Die höchste Einheit ist nicht monadische Einsamkeit, sondern Einheit durch Liebe."
Aber brauche der Mensch Gott, oder gehe es nicht „auch ohne ihn ganz gut"? Nein, bekräftigte der Papst:
„Der Durst nach dem Unendlichen ist im Menschen unausrottbar da. Der Mensch ist auf Gott hin erschaffen und braucht ihn. Unser erster ökumenischer Dienst in dieser Zeit muß es sein, gemeinsam die Gegenwart des lebendigen Gottes zu bezeugen und damit der Welt die Antwort zu geben, die sie braucht."
Der Glaube an Gott müsse sich „in unserem gemeinsamen Eintreten für den Menschen konkretisieren" – ein Seitenhieb darauf, dass katholische und evangelische Kirche in vielen ethischen Fragen, etwa PID, nicht zu einer gemeinsamen Haltung finden.
„Die Ernsthaftigkeit des Glaubens zeigt sich vor allem auch dadurch, daß er Menschen inspiriert, sich ganz für Gott und von Gott her für die anderen zur Verfügung zu stellen… Solche Menschen sind ein wichtiges Zeichen für die Wahrheit unseres Glaubens."
Und was war mit den hohen Erwartungen, die man in ökumenischer Hinsicht mit dem Papstbesuch verknüpft?
„Die Gaben, die dabei genannt wurden, brauche ich nicht einzeln anzuführen. Dazu möchte ich sagen, daß dies ein politisches Mißverständnis des Glaubens und der Ökumene darstellt."
Sein Besuch sei ja nicht wie der eines Staatsmannes, mit dem man Verträge schließt und dabei Kompromisse eingeht, so Benedikt XVI.
„Der Glaube der Christen beruht nicht auf einer Abwägung unserer Vor- und Nachteile. Ein selbstgemachter Glaube ist wertlos. Der Glaube ist nicht etwas, was wir ausdenken oder aushandeln. Er ist die Grundlage, auf der wir leben. Nicht durch Abwägung von Vor- und Nachteilen, sondern nur durch tieferes Hineindenken und Hineinleben in den Glauben wächst Einheit." (rv)