Der Apostolische Nuntius in Israel, Erzbischof Antonio Franco, ist zufrieden mit dem Beschluss, die umstrittene Inschrift zur Rolle Papst Pius XII. bei der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem zu ändern. Die Umgestaltung wurde am Sonntag durchgeführt. Zwar werde Pius XII. in dem neuen Text weiter vorgeworfen, dass die Kirche nicht öffentlich für die verfolgten Juden eingetreten sei. Allerdings werden die komplexen Vorgänge differenzierter dargestellt. Seit 2007 hat sich der Vatikan um eine Änderung dieser Inschrift bemüht, so der Nuntius im Gespräch mit Radio Vatikan.
„Das ist nun ein erster Schritt, um die Sicht auf die historischen Fakten auszuweiten und sichtbar zu machen, welche bedeutende Rolle Pius XII. und der Heilige Stuhl damals einnahmen. Die neue Inschrift scheint zumindest neutraler zu sein, denn bisher waren die Anschuldigungen auch sehr emotional und trugen überhaupt nicht dessen Rechnung, was die konkreten historischen Fakten sind."
Die aktualisierte Version kritisiert implizit, dass der Vatikan immer noch nicht seine Archive für die historische Erforschung der fraglichen Jahre geöffnet habe. Erzbischof Franco:
„Ich habe in den letzten sechs Jahren oft mit den Museumsleitern hier gesprochen. Die Gespräche waren immer offen und ehrlich. Es gibt keine Vorurteile oder ideologische Voreingenommenheit gegenüber dem Papsttum oder dem Heiligen Stuhl. Wir hoffen, dass wir auch weiterhin mit dem Museum für weitere kulturelle Projekte zusammenarbeiten können."
Die Leitung von Yad Vashem erklärte dazu am Sonntag, die Neufassung trage jüngeren Forschungsergebnissen Rechnung. Entgegen anderslautender Berichte sei sie nicht auf Druck des Vatikans erfolgt. Die Forschungsstätte freue sich bereits auf den Tag, an dem der Vatikan weitere historische Forschungen und damit eine neue Sicht auf die Rolle des Heiligen Stuhls ermögliche.
Hintergrund
Die 2007 neu installierte Inschrift hatte damals für einen diplomatischen Eklat gesorgt. Der päpstliche Nuntius in Israel, Erzbischof Antonio Franco, hatte ihretwegen seine Teilnahme an der Zeremonie zum Holocaust-Gedenktag abgesagt. In dem alten Text mit dem Titel „Papst Pius XII. und der Holocaust" hieß es: „Die Reaktion Pius XII. auf die Ermordung von Juden während des Holocaust ist Gegenstand einer Kontroverse." 1933 habe Eugenio Pacelli als Kardinalstaatssekretär „aktiv den Abschluss eines Konkordates mit dem deutschen Regime betrieben", um die Rechte der deutschen Kirche zu wahren, „auch wenn dies eine Anerkennung des Nazi-Regimes bedeutet" habe. Nach seiner Papstwahl habe Pius XII. dann vorbereitete Schreiben seines Vorgängers gegen Rassismus und Antisemitismus unter Verschluss gehalten, hieß es dort weiter. Und selbst als Berichte über die Ermordung von Juden den Vatikan erreicht hätten, hätte der Papst weder mündlich noch schriftlich protestiert.
Der neue Text trägt den Titel: „Der Vatikan und der Holocaust". Darin ist vermerkt, dass Pius' Vorgänger Pius XI. das Konkordat abgeschlossen habe. Er betont weiter, dass Pius XII. zwar die alliierte Erklärung nicht unterzeichnet habe, fügt aber hinzu, dass der Papst wenige Tage später in einer Radioansprache jene „Hunderttausende Personen" erwähnt habe, „die ohne jede persönliche Schuld, teils nur aufgrund ihrer Nationalität oder ethnischen Herkunft, dem Tode oder dem langsamen Verfall preisgegeben" würden. Dabei, so heißt es, seien jedoch die Juden nicht ausdrücklich genannt worden. Im Fortgang spricht die neue Tafel von einem „moralischen Versagen" des Papstes. (rv)