Afrika sollte der Jugendsynode ein Beispiel sein, sagt dieser Bischof aus Kamerun

Kardinal Marx: Angesichts der Missbrauchs- und Vertuschungskrise muss Kirche „anders werden“.

VATIKANSTADT – Während europäische Bischöfe auf der Synode darüber diskutieren, wie sie junge Menschen wieder in die Kirche bringen können, sagte ein Bischof aus Kamerun, dass er das umgekehrte Problem hat.

Der Bischof von Mamfe in Kamerun und der Erzbischof von München und Freising waren beide auf der Pressekonferenz im Vatikan am 24. Oktober.

Der deutsche Synodenvater sprach über die Kirchenkrise, die Frage der Verwendung des Begriffs „LGBT“ und die Rolle von Frauen in Leitungspositionen – alles im Bemühen, auch junge Katholiken wieder in die Kirche zu bringen und Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Der afrikanische Synodenvater dagegen sagte, sein Problem sei ein ganz anderes: „Meine Kirchen platzen alle vor Teilnehmern, und ich habe keinen Platz, um die jungen Leute zu halten“, so Bischof Andrew Nkea Fuanya.

„Und meine kürzeste Messe ist etwa zweieinhalb Stunden lang“, fügte der Synodenvater aus Afrika hinzu.

„Kirche muss anders werden“, so der Erzbischof von München und Freising gegenüber Journalisten im Pressesaal des Vatikans angesichts der Kirchenkrise.

„Die Leute fragen mich: ‚Warum sind eure Kirchen voll?'“, sagte der kamerunische Bischof.

Tatsächlich zeigt eine neue Studie des renommierten „Pew Research Center“, dass die Kirchenbesuche und die Gebetshäufigkeit südlich der Sahara am höchsten und in Westeuropa am niedrigsten sind. Vier von fünf Christen in Kamerun gaben an, dass sie täglich beten – so die im August 2018 erhobene Studie.

Während manche westlichen Bischöfe über die Frage von Gruppen in der Kirche reden, die sich über ihr Geschlecht definieren oder ihre sexuelle Identität, kommt es für Bischof Fuanya auf Familie, Gemeinschaft und traditionelle Werte an.

„Die Familie, die aus Afrika kommt, ist eine sehr, sehr starke Institution“, sagte Fuanya. „Wir kommen aus einer Kultur, in der Tradition normalerweise von einer Generation zur anderen weitergegeben wird.“

„Unsere traditionellen Werte entsprechen immer noch den Werten der Kirche, und so geben wir die Tradition unseren jungen Menschen unverdünnt und unverfälscht weiter“, so der Synodenvater.

Auf die Frage nach der möglichen Aufnahme der sogenannten „LGBT“-Begriffe in das Schlussdokument der Synode antwortete der Bischof mit einer klaren Absage.

„Ich würde nicht für einen Artikel stimmen, der LGBT enthält.“

Fuanya sagte, erklärte, dass „99,9 Prozent“ der Jugendlichen in seiner Diözese „an meiner Tür stehen und sagen würden: „Was ist das?“

„Was die Lehre der Kirche betrifft, ist es nicht so, dass wir in dieser Synode versuchen, eine neue Lehre zu erfinden“, so der Bischof aus Kamerun. „Jesus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben… wir können keine Positionen beziehen, die den Evangelien widersprechen“.

Kardinal Reinhard Marx sagte dazu auf der Pressekonferenz: „Wir sind klug genug, in der Benutzung der Worte nicht einfach irgendetwas zu übernehmen, das missverständlich ist“.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz fügte hinzu: „Das ist keine Synode über Sexualität. Es ist eine Synode über die Jugend“.

Fuanya schlug vor, dass zwei der wichtigsten Wege, wie der Glaube und die Lehre der Kirche an die jüngeren Generationen weitergegeben werden, durch die Familie und die Gemeinschaft erfolgen. Dabei gehe die afrikanische Kirche mit gutem Beispiel voran.

„Kirche als Gemeinschaft. Die Kirche als Familie ist für uns sehr stark“, sagte der Bischof. Ein starkes Gemeinschaftsgefühl in der Kirche ist etwas „sehr Wichtiges, das Europa von Afrika lernen kann“, so der Synodenvater.

In Afrika „gibt es noch viele Dinge, die wir als Gemeinschaft tun. Das ist der Unterschied. Was wir in diesen kleinen christlichen Gemeinschaften zu tun versuchen, ist, die Zunahme des Individualismus zu bekämpfen“, fügte er hinzu.

In Europa und Afrika gibt es erhebliche demografische Unterschiede in der Familiengröße.

Eine Erhebung des Jahres 2010 über die Anzahl der von Menschen in verschiedenen Teilen der Welt gewünschten Kinder zeigt, dass die gewünschte Anzahl von Kindern in West- und Mittelafrika am höchsten ist, von 4,8 in Ghana bis 9,1 in Niger und 9,2 im Tschad, mit durchschnittlich 6,1 Kindern in der Region.

In der Europäischen Union haben 47 Prozent der Haushalte mit Kindern nur ein Kind, nur dreizehn Prozent haben drei oder mehr Kinder, so die Daten von 2017.

Während die Unterschiede zwischen Europa und Afrika hilfreiche Lektionen liefern könnten, stellte Fuanya fest, dass es bei der Synode darum ging, eine universelle Perspektive zu suchen.

„Es ist nicht so, dass Afrika gekommen ist, um Europa bei der Lösung seines Jugendproblems zu helfen, es ist die Kirche, die zusammengekommen ist, um zu sehen, wie man das Problem der Jugend lösen kann“, sagte Fuanya.

Der Bischof aus Kamerun betonte: „Wenn wir die Dinge in der Synode betrachten, lösen wir nicht die Probleme bestimmter Kontinente oder bestimmter Ortskirchen. Wir betrachten die Kirche aus einer globalen Perspektive.“

„Wir denken über die leeren Kirchen nach, aber gleichzeitig auch über die Armutssituation. Wir denken über Migration nach. Wir denken über all die Dinge nach, die die Kirche aus einer ganzheitlichen Perspektive zeigen“, sagte Fuanya.

Für Kardinal Marx ist ein globales Problem, das angegangen werden muss, die weltweite Kirchenkrise, ausgelöst durch die Skandale sexuellen Fehlverhaltens und Missbrauchs, sowie dessen systematische Vertuschung in Chile und Honduras, in den USA und Australien – sowie in Deutschland.

Die Kirchenkrise habe auch in Deutschland gezeigt, dasss „Kirche anders werden“ müsse, fuhr Kardinal Marx fort. „Wir müssen gemeinsam Kirche sein. Nicht von oben her, dass wir als Bischöfe den anderen sagen, wie Gott über sie denkt. Sondern gemeinsam unterwegs sein, aufeinander hören, jeder mit seiner Aufgabe, mit seiner Berufung“, so der Münchner Erzbischof.

Auch die „Beteiligung von Frauen in Führungsaufgaben ist eine dringliche Aufgabe für die ganze Kirche“, sagte Marx – das habe man in Deutschland aus der „ökumenischen Erfahrung“ heraus gelernt. (CNA Deutsch)

Kardinal Marx: „Wünsche mir lange Amtszeit von Franziskus“

ROSENHEIM – Kardinal Reinhard Marx wünscht sich nach eigener Aussage, dass das Pontifikat von Papst Franziskus noch lange anhalten möge: „Ich hoffe, dass wir in diesen Jahren einen Weg gehen können, mit dem die ganze Kirche sich auf das 21. Jahrhundert hin entfaltet“.

Der Erzbischof von München und Freising sprach bei der Vollversammlung des Diözesanrats am heutigen Samstag, 10. März, in Rosenheim.

Man könne nicht erwarten, „dass in fünf Jahren alles so läuft, wie ich es mir vorgestellt habe“, sagte Kardinal Marx weiter.

„Die Kirche ist eine komplexe, große Gemeinschaft, verstreut und vereint zugleich. Es ist nicht immer einfach, alle mitzunehmen.“ Dabei gelte es zu beachten, „dass wir nicht allein sind auf der Erde, wir Deutschen mit unseren Vorstellungen“. Päpstliche Dokumente seien „Leitplanken und Ermutigung, auf der Ebene der Bischofskonferenz voranzugehen“.

Mit Blick auf das Ende seiner Amtszeit als Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Union (COMECE) zeigte sich Marx sorgenvoll über die Zukunft der Europäischen Union und des Friedens zwischen den Völkern.

„Europa steht neu zur Debatte, es ist nicht ausgemacht, dass die EU bleibt.“ Er nehme wahr, „dass eine Atmosphäre des Misstrauens der Völker untereinander, auch in Europa, zugenommen hat“, so der Münchner Erzbischof.

Aufgabe der Kirche sei es, wachsam zu sein und als „Sakrament der Einheit der Menschen untereinander in der EU und in der Welt“ zu wirken. „Die Kirche steht auf der Seite der Hoffnung und der Ermöglichung, nicht des Misstrauens und der Angst“.

Ein Herausforderung für Kirche seien „zunehmend flexiblere Lebensformen“, behauptete der Erzbischof. Das „Feld der Pastoral“ werde „differenzierter“, Kirche müsse darauf achten, sich nicht auf bestimmte Milieus „zu verengen“, so Marx.

„Weiterhin bleibt für uns die starke Präsenz in den Pfarreien und Pfarrverbänden wichtig, wir brauchen motivierte Mitarbeiter und Priester“.

In der Aussprache mit dem Diözesanrat erinnerte Marx auf Nachfrage daran, dass die katholische Kirche eine Aufweichung oder Abschaffung des Verbots der Werbung für Schwangerschaftsabbruch klar ablehnt.

„Abtreibung ist rechtswidrig, Werbung kann nicht in Frage kommen.“

Themen der Diskussion waren auch die weiter hohe Zahl von Kirchenaustritten sowie die geringe Zahl der Priesterberufungen im Erzbistum. „Wir können diesen Themen nicht ausweichen, wir müssen sie angehen“, sagte der Erzbischof. Als eine Ursache nannte er öffentliche kirchliche Skandale: „Bei jedem Skandal, der bei uns passiert, haben wir die entsprechenden Zahlen.“ Diesem Sachverhalt müsse er, aber auch die Deutsche Bischofskonferenz sich stellen. (CNA Deutsch)

Kardinal Marx: Dementi seines Interviews zur „Segnung homosexueller Paare“

Die Reaktionen der Presse zum Radiointerview von Kardinal Marx mit dem BR am 03. Februar waren heftig. Nun dementiert Marx seine Aussagen zur „Segnung homosexueller Paare“ im Interview.

Domradio.de hat hierzu nun Folgendes berichtet:

„Von Segnung homosexueller Paare öffentlich habe ich überhaupt nicht gesprochen“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Montag im Vorfeld der Bischofsvollversammlung in Ingolstadt. Es gehe vielmehr „um die Begleitung von Homosexuellen, die Christen sein wollen, die für ihr Leben auch Zuspruch suchen“. Die Bischofs-Kommission „Pastorale Aufgaben“ sei beauftragt, dieses Thema vorzubereiten”.

Marx betonte, hier gehe es um den pastoralen Weg für diese Menschen und von öffentlicher Segnung der homosexuellen Paare habe er gar nicht gesprochen.

Im BR-Interview am 03. Februar hört sich das allerdings schon etwas anders an. Sein Dementi vor der Bischofsvollversammlung in Ingolstadt sollte wohl Kritiker aus den Reihen des deutschen Episkopats beruhigen.

Auch die Tatsache, es gebe keine Regelungen zu diesem Thema und die Bischofs-Kommission “Pastorale Aufgaben” werde dieses Thema vorbereiten, nährt eher den Eindruck, Marx will aufgrund der Medienkritik den Mantel der Verschwiegenheit über das Thema “Segnung homosexueller Paare” legen.

Der Leiter der Deutschen Bischofskonferenz und Erzbischof von München und Freising sollte doch bitte mal einen Blick in die Heilige Schrift werfen. Das könnte durchaus hilfreich sein, besonders im Bezug auf den Aspekt “Regelungen”, von denen Kardinal Marx behauptet, es gäbe ja keine.

Marx ist hier voll auf der Linie von Papst Franziskus. Er hatte schon vor geraumer Zeit gesagt, dass er Homosexualität nicht verurteilen kann. Außerdem beruft sich Marx auf den Leitspruch “pastoraler Weg” aus dem Chaosdokument “Amoris laetitia”. In den letzten Monaten taucht dieser Leitspruch immer häufiger auf und wird für alles mögliche und unmögliche in der katholischen Kirche missbraucht.

Man muss froh sein, wenn wenigstens ein hoher Würdenträger Kardinal Marx sofort in die Schranken gewiesen hat. Der ehemalige Kurienkardinal Paul Josef Cordes kritisierte Marx mit den Worten:

„Der Münchner Erzbischof habe nicht einmal erwähnt, dass praktizierte Homosexualität immer“ dem Willen Gottes „widerspricht und sein Vorstoß missachtet die eindeutige Offenbarung Gottes“.

Wie lange lassen die deutschen Bischöfe, Kardinal Marx noch seine fragwürdigen, der Kirche schadenden Veränderungsversuche durchgehen? (vh)

 

Kardinal Marx: Europas Beitrag für den Frieden

Es sei das Testament Papst Johannes XXIII.: So wird allgemein seine Enzyklika Pacem in Terris beschrieben, die er vor fast 50 Jahren veröffentlichte. Damals hatte er das Konzil bereits zusammengerufen, der Papst hatte hinter den Kulissen der Kubakrise zu vermitteln versucht und er hatte auch schon erfahren, dass er unheilbar erkrankt war. Pacem in Terris wurde seine letzte Enzyklika.
Die Päpstliche Akademie für Sozialwissenschaften beschäftigt sich in diesen Tagen in Rom mit der Friedensenzyklika. Dabei soll es vor allem darum gehen, wie aktuell die Gedanken für heute sind. Einer der Vortragenden ist der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx. Die Konstellation von Kaltem Krieg habe sich geändert, so Marx.

„Aber die Grundthemen, die der Papst anspricht sind weiterhin aktuell und müssen weiter ausgebaut werden, wie zum Beispiel finden wir eine Friedensordnung auf internationaler, auf globaler Ebene. Dies wird das Thema des 21. Jahrhunderts sein. Er hat zum ersten Mal im Grunde systematisch darüber nachgedacht, was ist überhaupt ein „Weltgemeinwohl", wie kann man das organisieren, was bedeutet das. Benedikt XVI. hat das in seinem „caritas in veritate" auch aufgegriffen. Manchmal wird das belächelt oder kritisiert, aber im Grunde gibt es dazu keine Alternative. Es geht jetzt darum, das konkret aufzubauen. Und ich möchte heute auch noch einmal darauf hinweisen, dass auch die Europäische Union in dieser Linie ein Beispiel dafür ist, wie man supranationale Gebilde subsidiär an einem gemeinsamen Gemeinwohl orientiert aufbauen kann. Ich glaube dafür ist Pacen in Terris weiterhin ein ganz wichtiger Impuls."

Sie selber werden über den Beitrag Europas für den Frieden sprechen. Wenn man zum Beispiel heute auf die Ukraine schaut stellt sich die Frage, ob wir in Europa schon friedensbereit sind.

„Auf keinen Fall! Wir haben auch Kriege in den 90er Jahren auf dem Balkan gehabt, das war eine schreckliche Erfahrung für uns alle, dass es überhaupt in Europa wieder so etwas geben könnte. Aber ich möchte besonders natürlich auf die Europäische Union eingehen, die ja in einer schweren Krise ist, auch durch die Schuldensituation vieler Länder, durch den überbordenen Finanzkapitalismus seit den 90er Jahren, der das alles mit verursacht hat. Wir müssen uns neu besinnen auf das was Europa beziehungsweise die Europäische Union sein wollte.
Ich glaube, dass Jean Monnet, der große Gründervater Europas, das eigentlich in einer ganz einfachen und schlichten Weise so formuliert hat: Europa soll ein Beitrag sein für eine bessere Welt. Dazu gehört zunächst einmal, dass wir selber in Europa unsere Strukturen, Institutionen so aufbauen, dass sie zukunftsfähig sind. Und das ist glaub ich gerade jetzt eine entscheidende Phase. Und dann Europa natürlich ein Beitrag leisten für die Welt und deutlich machen, dass es funktioniert. Man kann so etwas aufbauen, man kann subsidiär miteinander umgehen, man kann nationale Eigenarten achten und trotzdem gemeinsam etwas aufbauen. Das ist etwas ganz entscheidendes auch für die gesamte Welt, ob Europa das in dieser Krisensituation schafft, ob Europa zukunftsfähig wird."

Was erhoffen Sie sich von dieser Tagung?

„Ich erhoffe mir, dass wirklich hier ein intellektueller Austausch stattfindet, dass hier noch einmal deutlich wird, dass gerade die globale Organisation des Gemeinwohls, so will ich es mal formulieren, eine entscheidende Aufgabe, auch der Kirche ist. Deswegen sind wir auch hier im Vatikan versammelt, das die Kirche einen Beitrag dazu zu leisten hat und nicht nur national eng in Eigeninteressen uns verlieren, sondern eine große Vision von einem Weltgemeinwohl haben." (rv)

Marx: Neue Herausforderungen für Religionsunterricht und Priesterausbildung

Von Montag bis Mittwoch dieser Woche hat im Vatikan die Vollversammlung der päpstlichen Bildungskongregation getagt. Neues Mitglied der Kongregation ist auch Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising. Er nahm an den Gesprächen in Rom teil, in denen es unter anderem um die Gestaltung des Religionsunterrichtes ging. Da gebe es natürlich Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern, sagte der Kardinal im Interview mit Radio Vatikan. Viele Standpunkte hätten jedoch alle Mitglieder gemeinsam vertreten:
„Wir sehen die großen Schwierigkeiten. Denn in einer Gesellschaft, in der das Umfeld, etwa die Familie und die Kultur, den christlichen Glauben nicht mitträgt, ist der Religionsunterricht auch nicht alleine in der Lage, das auszugleichen. Das ist jedenfalls meine Stellungnahme gewesen. Und das ist in anderen Ländern auch der Fall. Das heißt, es geht schon darum zu überlegen, ob der Religionsunterricht nicht noch stärker mit dem verbunden werden kann, was in der Pfarrei und in der Familie passiert. Und ist er stark, auch von den Inhalten her? Die Sorgen, die wir in Deutschland haben und die der Papst hat, wurden also dort auch geäußert."
Das Problem besonders der heutigen westlichen Gesellschaften sei es, dass Religion in den Familien und zu Hause kaum noch im Alltag gelebt werde. Es fehle an religiöser Alltagspraxis, betonte Marx. Den Religionsunterricht müsse man daher entsprechend ausrichten:
„Wir sind im Religionsunterricht in einer Situation, dass viele zum ersten Mal überhaupt wirklich in Berührung kommen mit dem Glauben. Nicht von der Familie her oder von der Praxis her, sondern durch den Religionsunterricht werden sie mit Fragen konfrontiert, die sie vorher vielleicht gar nicht hatten. Das war natürlich früher anders. Wir kamen aus einer religiösen Praxis und dann wurde das noch einmal theoretisch gefestigt. Und insofern muss der Religionsunterricht sich auch auf diese neue Situation einstellen. Ich sage immer: Warum soll man nicht im Religionsunterricht auch lernen zu beten. Wir hatten da glaube ich eine Scheu, seit den 70er Jahren zu sagen: Der Religionsunterricht ist nur für die Wissensvermittlung da und alles andere macht die Pfarrei oder die Familie. Natürlich kann man niemanden zum Beten zwingen. Aber man kann auch als Religionslehrer sagen: Wir lernen jetzt mal zu lernen, wie man eigentlich betet".
Beim Treffen der Bildungskongregation ging es aber nicht nur um den Religionsunterricht. Auch die Ausbildung der Priester war ein Thema. Die abnehmende Zahl der Berufungen stelle die Priesterausbildung vor neue Herausforderungen. Besonders wichtig sei es zu verdeutlichen, dass die zölibatäre Lebensform eine gemeinschaftliche und keine individuelle sei:
„Und deshalb ist das Priesterseminar nicht unwichtig. Also wo Gemeinschaftserfahrung auch da ist und wo man spürt, ich bin nicht alleine. Es geht nicht darum, als Weltpriester zu sagen: Ich alleine. Sondern wir gehören zusammen, als Priesterschaft, als Presbyterium eines Bistums. Und deswegen halte ich auch für die Zukunft das Priesterseminar für sehr wichtig. Die Frage ist: Wie groß kann es sein? Wir haben ja jetzt auch kleine Seminare. Und da bin ich schon der Meinung: Eine gewisse Größe muss es haben, damit auch eine Gemeinschaft entstehen kann. Mit fünf Leuten kann ich kein Priesterseminar machen. Da muss es auch eine Möglichkeit geben, mehrere kennen zu lernen und Austausch zu halten, geistig und kulturell. Das wird auch ein Thema in der Bischofskonferenz sein: Wie sieht da die Zukunft in Deutschland aus."
Auch die Organisation der Gemeinden in großen Pfarrverbänden sei eine wichtige Neuerung für den Priesterberuf, sagt Marx. Man müsse hier allerdings auch sehen, dass auch die Gläubigen mobiler geworden und kulturell in ein größeres Umfeld eingebettet seien. Dennoch seien sie oft noch an ihren Wohnort gebunden:
„Diese Kombination hinzubekommen, erfordert vielleicht von den heutigen Pfarrern etwas mehr episkopale Fähigkeiten, also bischöfliche Fähigkeiten. Das soll kein Bistum sein, aber vielleicht ahnt man, was ich damit sagen will: also einen Überblick zu behalten und Netzwerkarbeit, wie wir das heute nennen, zu betreiben. Das ist anstrengend, klar, aber es kann nicht sein, dass ich das Modell einer 500-Seelen Pfarrei übertrage auf 5.000 oder 8.000 Seelen, das geht nicht. Man muss dann auch versuchen, mit Ehrenamtlichen im Team differenzierter Pastoral zu betreiben."
Das gelte nicht nur für Deutschland, sondern für viele andere Länder, die von der westlichen Kultur geprägt seien, sagte Marx. Überhaupt wachse die Welt global zusammen. Die Organisation der Kirche sei da durchaus vorteilhaft. Denn sie sei weltweit tätig und gleichzeitig in jedem Dorf präsent. Er hätte in Rom gemerkt, dass die Kirche eine einzige Menschheitsfamilie sei:
„Das wird an solchen Dingen wie an einer Sitzung der Bildungskongregation deutlich. Dass wir ein gemeinsames Menschenbild haben, eine gemeinsame Idee, was Bildung bedeutet, was Freiheit ist, was Verantwortung ist. Das ist ja nicht unterschiedlich. Wenn auch mit unterschiedlichen Akzenten versehen, in Indien oder hier. Aber in der katholischen Schule, in der Universität, wird das gemeinsam sichtbar. Das ist etwas Faszinierendes. Also insofern gehe ich ermutigt von Rom wieder weg." (rv)

Vatikan/D: Silberjubiläum in Rot

1982 wurde er Nachfolger von Joseph Ratzinger als Erzbischof von München und Freising: Friedrich Wetter, zuvor Bischof von Speyer. 1985 nahm ihn Papst Johannes Paul II. dann in das Kardinalskollegium auf. Dieses Datum jährte sich an diesem Dienstag zum 25. Mal. In München hatte Kardinal Wetter bereits am letzten Sonntag gefeiert, den Jahrestag selber aber verbrachte und feierte er in seiner Titularkirche in Rom, Santo Stefano al Monte Celio – im Volksmund Santo Stefano Rotondo genannt. P Bernd Hagenkord war für uns dabei.
Es war eine feierliche Messe zum silbernen Jubiläum in rot, in der außergewöhnlichen Rundkirche von Santo Stefano. Sie stand – neben Kardinal Wetter – auch ein wenig im Mittelpunkt der Feier. Dafür sorgte schon der Jubilar selber: in seiner Predigt blickte Wetter zurück auf den Zustand seiner Titelkirche vor 25 Jahren: eine Baustelle mit aufgerissenen Böden und eigentlich ungeeignet für den Gottesdienst. Beim Wiederaufbau sei es ihm wie dem Heiligen Franziskus gegangen. Zunächst hätte auch dieser nur ans Gebäude gedacht:
„Aber er merkte dann, dass es um mehr geht. Es geht um den Aufbau der lebendigen Kirche. Und so weiß ich mich auch verpflichtet – als Kardinal, als Mitarbeiter des Heiligen Vaters – mitzuarbeiten am Aufbau der lebendigen Kirche. Diese Aufgabe steht heute vor uns allen. Wir wissen, dass die Kirche heute in ihrer Glaubwürdigkeit stark beschädigt, da ist einiges zu tun und aufzubauen.“
Zeugen sein für Christus, das sei der Auftrag Jesu bei der Auffahrt in den Himmel und das sei auch das Leben des Stefanus gewesen, des Patrons seiner Titelkirche, wie auch vieler anderer.
„So ist diese Kirche Santo Stefano Rotondo ein Aufruf für uns alle, für Christus Zeugnis abzulegen. Das tun wir nicht in Programmen und Aktionen, auch nicht mit Betriebsamkeit, sondern durch unsere Treue zu Christus. Und das ist nur möglich in einer tiefen Gemeinschaft mit dem Herrn. Wir stehen zu ihm, wauch in einer Welt, in der uns immer wieder der Wind ins Gesicht bläst. Dazu gehört eine tiefe Verbundenheit mit dem Herrn, auch die sehen wir an Stefanus vorbildlich dargestellt.“
Mitfeiernde waren, neben Kardinal Walter Kasper, sein Nachfolger als Bischof von Speyer, Karl-Heinz Wiesemann, Studenten des Kollegium Germanicum et Hungaricum, an dem Wetter selbst studiert hatte, und viele andere Wegbegleiter. Und gratuliert hat an diesem Mittwoch auch der Heilige Vater selber. (rv)