Die Ernennung eines neuen vatikanischen Bankdirektors wird nicht vor dem Herbst stattfinden. Das teilte der Pressesprecher des Vatikans, Pater Federico Lombardi, an diesem Dienstag vor Journalisten mit. Dies sei, so Pater Lombardi weiter, kein Zeichen eines „toten Punktes" bei der Suche nach einem neuen Präsidenten des vatikanischen Geldinstitutes IOR. Vielmehr sei diese Zeitspanne der Notwendigkeit geschuldet, eingehend über mögliche Nachfolger des abgesetzten Präsidenten Ettore Gotti Tedeschi zu beraten. Sie müssten dann erst vorgeschlagen und gefragt werden, ob sie überhaupt für das Amt zur Verfügung stehen würden. Der Sommer sei außerdem nicht die richtige Jahreszeit, um zeitintensive und häufige Treffen anzuberaumen. Es handele sich also um die „notwendigen Zeiträume für eine gründliche Suche und eine Auswahl, die ruhig und gut überlegt" vorgenommen werden müsse. Der Präsident der Vatikanbank IOR, Ettore Gotti Tedeschi, ist am 24. Mai durch ein Misstrauensvotum des Aufsichtsrats und die anschließende Ratifizierung des Beschlusses durch das Kardinalsaussichtsgremium seines Amtes enthoben worden. Der Banker, der seit 2009 an der Spitze des IOR stand, habe „trotz wiederholter Mahnungen bestimmte Aufgaben von vordringlicher Wichtigkeit nicht ausgeführt", so eine Note des Aufsichtsrates. Vor einer Woche hatte der Aufsichtsrat dann über die Nachfolge Gotti Tedeschis und über Eckpunkte für eine „professionelle" Führung des Geldinstituts beraten. Die Führung des Instituts liegt derzeit vorübergehend bei seinem Vizepräsidenten, dem Deutschen Hermann Schmitz. (rv)
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Vatikan: Keine Spaltung zwischen Aufsichtsrat und Vatikanbank
Der Aufsichtsrat, der die Vatikanbank IOR kontrolliert und aus Kardinälen besteht, ist nicht gespalten oder zerstritten. Das sagte Vatikansprecher Federico Lombardi an diesem Samstag in Mailand bei einer Pressekonferenz. Er dementierte somit Medienberichte, die von angeblichen Meinungsunterschiede des Kardinalsrat zum Rücktritt von Ettore Gotti Tedeschi als IOR-Chef schreiben. Solche Berichte seien „komplett falsch", so Lombardi wörtlich vor Journalisten. Der Aufsichtsrat unterstütze vollumfänglich die Haltung des Expertenrates, der aus Laien besteht und von Gotti Tedeschi geleitet wurde. Derzeit hat der Vize-Präsident des Expertenrates die Leitung übernommen. Es handelt sich um den Deutschen Ronaldo Hermann Schmitz. (rv)
Krise an der Spitze der „Vatikanbank“ IOR
Jetzt hat auch der Vatikan seine Bankenkrise: Der Aufsichtsrat der sogenannten „Vatikanbank" IOR hat dem Präsidenten der Einrichtung, Ettore Gotti Tedeschi, das Misstrauen ausgesprochen. Der Banker, der seit 2009 an der Spitze des IOR stand, habe „trotz wiederholter Mahnungen … bestimmte Aufgaben von vordringlicher Wichtigkeit nicht ausgeführt". Das steht in einer Erklärung, die der Vatikanische Pressesaal am Donnerstagabend veröffentlichte. Worum es da genau ging, wird nicht gesagt.
„Die Mitglieder des Aufsichtsrats sind bedrückt über das Vorgefallene, das zu diesem Misstrauensvotum geführt hat. Aber sie halten diese Aktion für wichtig, um das Institut arbeitsfähig zu erhalten." Mehr sagt das Statement aus dem IOR nicht. Der Rat wolle jetzt „nach vorne schauen" und hoffe auf einen „exzellenten neuen Präsidenten, der dem Institut helfen wird, effektive und starke Beziehungen zwischen dem Institut und der Finanzwelt wiederherzustellen – auf der Basis gegenseitigen Respekts vor den international gängigen Bankenstandards". Das Vatikanstatement macht deutlich, dass der Aufsichtsrat bei seiner ordentlichen Sitzung vom Donnerstag „einstimmig" so entschieden hat. Das bedeutet: Auch der Spanier Manuel Soto Serrano hat gegen Gotti Tedeschi gestimmt. Soto Serrano gehört auch zum Aufsichtsrat des „Banco de Santander", für die Gotti Tedeschi ebenfalls arbeitet.
Noch am Abend erklärte Gotti Tedeschi seinen Rücktritt von der IOR-Spitze, gab aber keine weiteren Erklärungen ab. An diesem Freitag nun wird die Kardinalskommission zusammentreten, die für das IOR zuständig ist. Sie muss unter der Leitung von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone entscheiden, wie es jetzt generell weitergehen soll. Die Führung des Instituts liegt derzeit vorübergehend bei seinem Vizepräsidenten, dem Deutschen Hermann Schmitz. Der international renommierte Banker Ettore Gotti Tedeschi hatte sich in den zurückliegenden Jahren vor allem darum bemüht, dass das IOR auf die sogenannte „Weiße Liste" kommt. Diese Liste führt Länder auf, die internationale Standards gegen Geldwäsche, dubiose Finanzgeschäfte und Terrorfinanzierung einhalten. Die Experten der internationalen Einrichtung Moneyval werden im Juli ihren Prüfbericht vorlegen. Auf dessen Grundlage wird dann entschieden, ob der Vatikan den Sprung auf die Liste schafft.
Gotti Tedeschi ist Professor für Ethik und Finanzwesen an der Katholischen Universität Mailand, Autor mehrerer Bücher und häufiger Kolumnist in der Vatikanzeitung „Osservatore Romano". Er war Berater des früheren italienischen Wirtschafts- und Finanzminister Giulio Tremonti.
Das Kürzel IOR steht für „Istituto per le Opere Religiose", Institut für religiöse Werke; es wurde 1942 von Papst Pius XII. gegründet, um die Gelder kirchlicher Stiftungen zu verwalten. Weitere Gelder kommen von Ordensgemeinschaften, Bischofskonferenzen, Päpstlichen Universitäten oder Klöstern. Eine eigentliche Staatsbank ist es nicht – eher ein weltweit operierendes Werk mit Sitz im Vatikan. Es untersteht nicht dem Heiligen Stuhl, sondern direkt dem Papst als Alleineigentümer. Dem Aufsichtsrat gehören fünf Laien an, die von der Kardinalskommission ausgesucht werden. Ein Konto können dort Ordensleute, Vatikanangestellte und Diplomaten beim Heiligen Stuhl eröffnen.
Immer wieder war das IOR in den letzten Jahrzehnten in Finanzskandale verwickelt; Papst Benedikt bemüht sich darum, es auf Transparenz und das Einhalten internationaler Standards zu verpflichten. Ende 2010 paßte der Papst die Regeln für Finanzgeschäfte im Vatikan per Dekret den EU-Normen an. Außerdem richtete er ein Kontrollgremium namens AIF ein, um allgemein die Finanz- und Vermögensangelegenheiten im Vatikan zu kontrollieren. (rv)
„Konsum statt Wachstum führt in die Krise“
Der vatikanische Chef-Banker geht hart ins Gericht mit der westlichen Finanzpolitik. Die Vereinigten Staaten und Europa hätten dabei „versagt", den wirtschaftlichen Verfall aufzuhalten, weil sie die Tatsache ausgeblendet hätten, dass menschliche Entwicklung immer ganzheitlich sein muss, sagte Ettore Gotti Tedeschi gegenüber Radio Vatikan. Der Leiter des vatikanischen Geldinstituts IOR äußerte sich mit Blick auf den G20-Gipfel, der an diesem Donnerstag in Cannes beginnt.
„Der Mensch ist aus Seele, Geist und Körper gemacht. Das haben wir komplett vergessen. Wenn ein Instrument wie die Wirtschaft und die Finanz vergisst, dass es ein Instrument ist, eben ein Mittel zum Zweck, dann geht das zwangsläufig gegen den Menschen. Jetzt ist uns die Lage entglitten. Wir haben keine Kontrolle mehr über die Schulden, über die Inflation, die Produktion, den Konsum, über die Arbeitskraft und wie wir sie erhalten können."
Die Politik der Industrienationen hat aus Sicht Gotti Tedeschis enttäuscht, weil sie zuließ, dass die Finanz „eine Art moralische Autonomie" gewinnt. In den vergangenen drei Jahren habe die Politik nach außen hin einen Optimismus gezeigt, der an der Realität der Dinge vorbeigehe.
„Die Politik hat die Ursachen der Krise verkannt. Seit drei Jahren behauptet sie, der Finanzmarkt sei Ursache des Problems, der Schuldenberg der Banken und der Wachstumsstopp wegen der niedrigen Geburtenrate. Aber soeben wurde der siebenmilliardste Mensch geboren. Die westliche Welt hat die Stirn gehabt, die Tatsche zu ignorieren, dass, wenn die Wirtschaft stabil und ausgeglichen wachsen soll, auch die Bevölkerung stabil und ausgeglichen wachsen muss. Auf diese Art haben wir fast die Würde des Menschen beleidigt, weil wir die Leute gleichsam dazu genötigt haben, sich materiell zu befriedigen, um den Konsum anzukurbeln."
Aus Sicht des renommierten Finanzfachmanns gibt es nur noch ein Mittel, aus der Krise herauszufinden: sparen. Man müsste „eine lange Zeit der Kargheit ausrufen", sodass sich die Fundamente der Wirtschaft erholen können. Die Politik sträube sich aber, unpopuläre Maßnahmen umzusetzen.
„Die Teilnehmer am G20-Gipfel sollten mit einer großen Portion Demut auftreten, sie müssen die Tragweite ihrer Entscheidungen verstehen. Es muss ihnen klar sein, dass sie in diesem Moment eine historische Verantwortung für die gesamte Menschheit tragen." (rv)
Vatikan: Um Transparenz bemüht
Ein Missverständnis hat die Ermittlungen gegen die Vatikanbank IOR ausgelöst. Das erklärte Vatikansprecher P. Federico Lombardi nun in einem offenen Brief an die Wirtschafts-Zeitung „Financial Times“, die den angeblichen Geldwäsche-Skandal rund um das vatikanische Geldinstitut auf ihre Titelseite gesetzt hatte.
Das IOR habe sich selbst Gelder auf Konten überwiesen, die es bei einer anderen Bank unterhalte, schreibt Lombardi. Dies habe zu einem noch zu klärenden Missverständnis zwischen dem vatikanischen Geldinstitut und der betreffenden Bank geführt. Die finanziellen Transaktionen, die das Misstrauen der römischen Ermittler geweckt hätten, wären „leicht und schnell“ auf eine einfache Anfrage hin zu erklären gewesen. Das IOR habe nicht nur nichts mit Geldwäsche zu tun, sondern sei dabei, alle seine Operationen an die neuen Anti-Geldwäsche-Normen der EU anzupassen. Gerade Vatikan-Bankdirektor Ettore Gotti Tedeschi arbeite im Auftrag des Heiligen Stuhles seit seinem Amtsantritt intensiv daran, die Aktivitäten des IOR vollkommen transparent zu machen, damit der Heilige Stuhl auf die „White List“ der Länder komme, die die Anti-Geldwäsche-Normen umgesetzt haben. Gott Tedeschi stehe dazu im regen Austausch mit den entsprechenden Stellen der EU und der OECD, betonte Lombardi. Der Heilige Stuhl bekräftige neuerlich sein vollkommenes Vertrauen in Gotti Tedeschi. Lombardi lobt die „auch international anerkannte Integrität und Autorität“ des vatikanischen Chef-Bankers. Er weist allerdings auch darauf hin, dass das IOR nicht unter italienische Jurisdiktion fällt.
Die römische Staatsanwaltschaft hatte Ermittlungen gegen Gotti Tedeschi und IOR-Generaldirektor Paolo Cipriani aufgenommen, weil sie den Verdacht hat, dass das IOR bei zwei Transaktionen die EU-Richtlinien gegen Geldwäsche nicht eingehalten habe. Dabei ging es um Überweisungen in Höhe von 23 Millionen Euro, die über die italienische Bank Credito Artigiano abgewickelt wurden. Nach Vatikanangaben handelte es sich um IOR-interne Transaktionen mit dem Zweck der Neuanlage. (rv)