Hat Papst Franziskus die Existenz der Hölle bestritten?

VATIKANSTADT – Der Heilige Stuhl hat mitgeteilt, dass ein vermeintliches Interview zwischen Papst Franziskus und einem italienischen Journalisten, in dessen Rahmen der Papst die Existenz der Hölle geleugnet habe, nicht als genaue Darstellung dessen zu verstehen sei, was Franziskus sagte. Vielmehr sei dies die „Rekonstruktion“ des Gesprächs, und der Papst werde „nicht wörtlich wiedergegeben“. Das Presseamt wörtlich:

„Kein Zitat des Artikels kann als getreue Wiedergabe der Worte des Heiligen Vaters wieder gegeben werden.“

Das jüngste Treffen zwischen dem Papst und Eugenio Scalfari (93) sei ein privates Treffen anlässlich des nahenden Osterfestes gewesen, kein Interview, teilte der Vatikan weiter mit.

Scalfari, nach eigenen Angaben ein Atheist, ist ehemaliger Chef der linken Zeitung „La Repubblica“.

Er hat bereits mehrfach Interviews mit Franziskus geführt. In dem nun veröffentlichten, zweiseitigen Artikel, in dem lange Passagen wörtliche Zitate sind, behauptet Scalfari, der Papst habe ihm gesagt, dass „die Hölle nicht existiert, das Verschwinden der Seelen“ aber schon.

Das „Interview“ ist der fünfte Artikel dieser Art. Bereits in vorherigen kam es zu Skandalen und Kontroversen, und Scalfari musste im November 2013 einräumen, dass er Worte veröffentlicht habe, die der Papst damals so nicht gesagt hatte.

Im gleichen Jahr wurde bekannt, dass Scalfari bei seinen Treffen mit dem Papst weder – wie im Journalismus nicht nur üblich, sondern notwendig – eine Aufnahme seines Gesprächs mache, noch Notizen anfertige.

Die Behauptung, Papst Franziskus leugne die Existenz der Hölle, machte Scalfari bereits im Jahr 2015 einmal.

Gegenüber CNA sagte der damalige Sprecher des Vatikans, Pater Federico Lombardi, dass „wenn die Worte nicht vom Presse-Amt des Heiligen Stuhls veröffentlicht wurden, und nicht offiziell bestätigt, ist der Autor voll dafür verantwortlich, was er geschrieben hat“.

Papst Franziskus hat indessen wiederholt öffentlich über die Existenz der Hölle gesprochen. Die Katholische Kirche lehrt ohnehin, wie es im Katechismus zu lesen steht, dass es die Hölle gibt.

„Die Lehre der Kirche sagt, daß es eine Hölle gibt und daß sie ewig dauert. Die Seelen derer, die im Stand der Todsünde sterben, kommen sogleich nach dem Tod in die Unterwelt, wo sie die Qualen der Hölle erleiden, „das ewige Feuer“. Die schlimmste Pein der Hölle besteht in der ewigen Trennung von Gott, in dem allein der Mensch das Leben und das Glück finden kann, für die er erschaffen worden ist und nach denen er sich sehnt.“

(CNA Deutsch)

Papst-Interview mit italienischer Zeitung

La RepubblicaMit Vorsicht zu genießen – und trotzdem interessant: Papst Franziskus hat der italienischen Tageszeitung La Repubblica wieder ein großes Interview gegeben. Es erschien in der Ausgabe von diesem Freitag. Allerdings hat sich herumgesprochen, dass der historische Repubblica-Herausgeber Eugenio Scalfari, ein Herr von mittlerweile 92 Jahren, bei solchen Interviews keine Aufnahmegeräte einsetzt – aus Prinzip nicht. Stattdessen rekonstruiert er sie hinterher aus seinem Kopf. Trotzdem: Interessant, was Scalfari Papst Franziskus diesmal sagen lässt.

Am letzten Montag habe er sich „über eine Stunde lang“ mit dem Papst unterhalten können, so Scalfari. Dabei habe ihm Franziskus anvertraut, er wolle über Donald Trump und generell über Politiker „kein Urteil abgeben“. „Ich will nur verstehen, welche Leiden ihr Vorgehen den Armen und Ausgeschlossenen bereiten kann.“ Wohlgemerkt: Zum Zeitpunkt des Interviews hatte Trump noch nicht die US-Präsidentenwahlen gewonnen.

Seine Hauptsorge gelte derzeit „den Flüchtlingen und Einwanderern“, so der Papst weiter. Leider gebe es gegen sie häufig „gesetzliche Maßnahmen“, weil „Bevölkerungen“ fürchteten, dass Migranten ihnen „ihren Arbeitsplatz wegnehmen und ihre Gehälter deswegen sinken“. „Das Geld ist gegen die Armen, und auch gegen die Einwanderer und Flüchtlinge, aber da sind auch die Armen in den reichen Ländern, denen die Aufnahme von Menschen in ähnlicher Lage aus armen Ländern Sorgen macht. Das ist ein perverser Kreislauf, der durchbrochen werden muss. Wir müssen die Mauern niederreißen, die spalten.“

Es seien „Ungleichheiten“, die dazu führten, dass „viele Völker von einem Land ins andere, von einem Kontinent zum anderen“ zögen. Diese Ungleichheiten gelte es zu bekämpfen, „das ist das größte Übel, das es auf der Welt gibt“. Und weiter: „Es ist das Geld, das sie herbeiführt.“ Einmal mehr wehrt sich Franziskus in dem Gespräch gegen den Vorwurf, im Grund seines Herzens Kommunist zu sein. Eher verhalte es sich so, „dass Kommunisten wie Christen denken“. „Christus hat von einer Gesellschaft gesprochen, in der die Armen, Schwachen und an den Rand Gedrängten die sind, die entscheiden. Nicht die Demagogen, sondern das Volk, die Armen… Ihnen müssen wir helfen, um Gleichheit und Freiheit zu erreichen.“

Der Papst bejaht die Frage Scalfaris, ob er wünsche, dass die Armen direkt „in die eigentliche Politik eintreten“ sollten: „Ja, so ist das. Nicht in die Machtkämpfe, den Egoismus, die Demagogie, das Geld, sondern in die hohe, kreative Politik, in die großen Visionen.“ Scalfari fragt nach: Ob Franziskus ein „wenn auch politischer Krieg“ vorschwebe, mit dem die Volksbewegungen die Macht ergreifen könnten? Antwort des Papstes: „Ich habe nie an Krieg und Waffen gedacht.“ Wenn Blut vergossen werde, dann seien das häufig „die Christen, die zu Märtyrern werden“ – ein Sprung zur katastrophalen Lage in Nahost.

Die Männer des „Islamischen Staates“ seien „furchtbare Schlächter“, und Christen seien ihre Opfer. Scalfari versetzt, dass viele Länder derzeit mit Waffengewalt gegen den IS vorgingen. Daraufhin Franziskus: „Nun, das ist nicht die Art von Konflikt, den christliche Volksbewegungen austragen. Wir Christen sind immer Märtyrer gewesen, und doch hat unser Glaube im Lauf der Jahrhunderte große Teile der Welt erobert.“ Leider sei es immer wieder zu Religionskriegen gekommen – „aber das geschah immer dann, wenn die einzelnen Religionen und auch unsere Religion die Macht über den Glauben und die Barmherzigkeit gestellt haben.“

Ohne Macht könne man nun aber nicht gewinnen, so Scalfari, ohne Macht könnten auch Arme und Ausgeschlossene ihre Stimme nicht in der Politik hörbar machen. Woraufhin Franziskus erklärt: „Jetzt vergessen Sie, dass es auch die Liebe gibt.“ Es lebten mittlerweile mehr als zweieinhalb Milliarden Christen auf der Welt – ob es dazu Waffen und Kriege gebraucht habe? Nein. Aber Märtyrer, „ja, und zwar viele“. „Wir haben den Glauben verbreitet, indem wir an Jesus Christus Mass genommen haben. Er war der Märtyrer der Märtyrer…“

Der Journalist schließt mit dem Eindruck, dass Papst Franziskus „viele Gegner“ in seiner eigenen Kirche habe. „Gegner würde ich nicht sagen“, antwortet der Papst: „Der Glaube eint uns alle. Natürlich sind wir Individuen und sehen dieselben Dinge jeder in einer anderen Weise…“

Ein etwas seltsames Gespräch: Schöne Papstzitate, gewiss, doch immer mit dem Verdacht des Fiktiven behaftet. (rv)

Neues Papst-„Interview“ von Scalfari: Krise der Familie, Pädophilie und Mafia

La Repubblica Am Sonntag hat die italienische Zeitung „Repubblica“ einen Artikel des Gründers Eugenio Scalfari über ein Gespräch mit Papst Franziskus abgedruckt. In dem Beitrag geht es um die Krise der Familie, um Pädophilie und das Verhältnis der Kirche zur Mafia. Das „Interview“ fand am vergangenen Donnerstag in Santa Marta statt, ist aber – wie schon bei vorgehenden Interviews – nur aus dem Gedächtnis des 90-jährigen Journalisten rekonstruiert. Vatikansprecher Federico Lombardi betonte, dass die „Zitate“ nicht als authentisch gelten könnten, da sie nicht autorisiert worden sind. Dies gelte insbesondere für die Aussagen zum Thema Zölibat und Fällen von Pädophilie unter Kardinälen, die eine tendenziöse Berichterstattung erkennen ließen. Wie auch beim Interview im Oktober vergangenen Jahres setze Scalfari Aussagen des Papstes in Anführungszeichen und mache sie so als direkte Zitate kenntlich, obwohl er keine Aufzeichnungen gemacht habe. Ausdrücklich weist Lombardi gegenüber Radio Vatikan auf eine Merkwürdigkeit hin: Bei einigen Zitaten würden zwar die Anführungszeichen zu Beginn gesetzt, dann aber nicht zum Abschluss. Das lasse die Frage aufkommen, ob es sich nicht um bewusste Lesermanipulation handle.

Im Folgenden die wichtigsten Aussagen laut Zeitunug:

Krise der Familie und Pädophilie

Der Papst sei erschüttert, dass die meisten Fälle von Pädophilie im familiären und verwandtschaftlichen Rahmen geschehen. Das sei besonders verwerflich, denn eigentlich sollte die Familie ein Schutzraum für die Erziehung der Kinder sein. Leider würden viele Eltern die Erziehung der Kinder vernachlässigen und andere Dinge in ihrem Leben als wichtiger ansehen. Das führe zu einer schleichenden Verwahrlosung der Kinder und zur Verbreitung anderer Laster wie zum Beispiel Drogensucht. Die Kirche kämpfe dagegen und setze sich dafür ein, dass Kinder wieder eine gute Erziehung erhielten.

Pädophilie und Kirche

Nach Kenntnis des Papstes seien im Klerus etwa 2 Prozent pädophil veranlagt, darunter auch Bischöfe und Kardinäle, eine Aussage, die Papstsprecher Pater Federico Lombardi bereits dementiert hat: Das habe der Papst nie gesagt.. Diese (geringe) Zahl beruhige den Papst aber keineswegs, so die Zeitung weiter, sondern sehe sie als äußerst schwerwiegend an. Unhaltbar sei auch das Schweigen der Mitwisser. Er habe die Absicht diese Probleme, wenn nötig, mit Strenge anzugehen.

Über die Barmherzigkeit

Ein weiteres Thema des Gesprächs war die absolute Freiheit des Menschen zur Sünde und die Frage nach der Reue „auf dem Sterbebett“. Scalfari fragt, ob die Aussicht auf Barmherzigkeit „in letzter Minute“ nicht dazu führen könne, sich die Hoffnung auf ein Jenseits zu bewahren ohne das eigene Leben im Jetzt zu ändern. Franziskus antwortet, dass nicht der Mensch richte, sondern der Herr, der schließlich allwissend sei. Die Barmherzigkeit Gottes sei unendlich und könne nicht in eine Falle gelockt werden. Wenn die Reue nicht ehrlich ist, könne auch die Barmherzigkeit ihre erlösendes Werk nicht ausüben. Das Gewissen sei frei, betont der Papst gegenüber dem bekennenden Atheisten Scalfaro. Diese Probleme seien Kernfragen der Theologie, und man müsse dazu vor allem die Weisheitsbücher der Bibel und das Buch Hiob studieren.

Kirche und Mafia

Der Papst gesteht, dass er nicht nachvollziehen könne, wie die Mafia funktioniere. In Argentinien gebe es auch Mörder und Verbrecher, aber keine Mafia. Er lese dazu viele Bücher. Scalfari schreibt, dass er dem Papst in dem Gespräch erklärt habe, dass die Mafia nach eigenen Regeln funktioniere und eine eigene Moral kenne. Es gebe sogar einen Gott der Mafia. Die Familien der Mafia seien regelmäßige Kirchgänger.

Papst Franziskus erinnert in dem Zusammenhang an die öffentliche Anklage Papst Johannes Paul II. Es sei gut, dass die Priester den Opfern der Mafia beistehen, aber es sei selten, dass sie die Mafia öffentlich ächten. Er selber habe nicht vor, es bei einem einmaligen Appell zu belassen, sondern werde die Probleme beständig anprangern: Pädophilie und Mafia: Dies seien, referiert Scalfari den Papst, zwei der wichtigsten Fragen für die Kirche.

Zölibat

Am Ende des Gesprächs fragt Scalfari, wann das Problem des Zölibats in der katholischen Kirche angegangen werde. Franziskus habe laut Scalfari geantwortet, dass das Problem kein großes Ausmaß habe. Es brauche Zeit, aber es gebe Lösungen, und er werde sie finden. (rv)