Keine Aussage in Missbrauchsermittlung: Kardinal Ezzati schweigt

SANTIAGO DE CHILE – Er übt sein Recht aus, gegenüber der Staatsanwaltschaft die Aussage zu verweigern: Kardinal Ricardo Ezzati von Santiago hat mitgeteilt, dass er sich nicht dem Verhör staatlicher Behörden stellt, die in einem Missbrauchs- und Vertuschungsfall ermitteln.

Ezzati sollte offenbar über seinen ehemaligen Erzdiözesankanzler aussagen: Pater Oscar Munoz Toledo wurde am 12. Juli wegen des Verdachts sexueller Misshandlung von sieben Minderjährigen festgenommen.

Munoz hat bereits zugegeben, eine Minderjährige sexuell missbraucht zu haben.

Ermittler glauben jedoch, dass die Erzdiözese von bis zu vier weiteren Opfern weiß. Kardinal Ezzati wurde einbestellt, weil Staatsanwälte seine Beteiligung an einer möglichen Vertuschung der Verbrechen von Munoz in Betracht ziehen, heißt es.

Die chilenische Polizei hat bereits mehrere Räumlichkeiten des Erzbistums durchsucht.

Ezzati sollte am 21. August bei der Staatsanwaltschaft erscheinen, aber sein Verteidigungsteam forderte mehr Zeit, um die Vorwürfe zu überprüfen, berichtete die Nachrichtenseite „Crux„.

Am 2. Oktober nahm der Kardinal an einem kurzen Treffen mit Staatsanwälten teil, lehnte jedoch ab, Fragen zu beantworten: „Auf Empfehlung meiner Anwälte und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sie die endgültige Zurückweisung dieses Falles beantragt haben“, so Ezzati in einer Mitteilung der Erzdiözese vom 3. Oktober.

Deshalb werde er vorerst von seinem Recht Gebrauch machen, zu schweigen – „bis die zuständigen Gerichte eine Entscheidung über den Antrag auf endgültige Zurückweisung erlassen“.

„Wir weichen dem nicht aus“, so der Anwalt Ezzatis zu Reportern.

„Vorerst wird der Kardinal keine Erklärung abgeben, bis wir den Antrag auf Entlassung (der Anklage) mit der Staatsanwaltschaft besprechen… Wir werden alles in der Öffentlichkeit, vor Gericht, besprechen, weil wir nichts zu verbergen haben.“

Munoz wird verdächtigt, einem Netzwerk von 14 Täterpriestern in der benachbarten Diözese Rancagua angehört zu haben, die südlich von Santiago liegt.

Die Polizei durchsuchte im Rahmen ihrer Ermittlungen auch die Büros von Bischof Alejandro Goic Karmelic und machten dabei einen wichtigen Fund: Ein Brief Goics an Ezzati aus dem Jahr 2013, in dem dieser den Kardinal scharf für seinen Umgang mit Opfern des verurteilten – und mittlerweile laisierten – Kinderschänders Pfarrer Fernando Karadima kritisierte.

(Das Verhalten eines weiteren Bischofs gegenüber Karadima, Juan Barros, war Auslöser der chilenischen Missbrauchskandale).

Bischof Goic ist der ehemalige Oberhirte von Rancagua und war Vorsitzender der chilenischen Bischofskommission zur Verhinderung von Kindesmissbrauch.

Er trat vergangenen Monat zurück, nachdem er ein Fünftel der Priester im Bistum suspendieren musste infolge Medienberichten über ein Netzwerk von Geistlichen, die Missbrauch begangen haben sollen.

Die Rede ist von 14 Tätern, mit denen auch der nun festgenommene Munoz in Verbindung gewesen sein soll.

Kardinal Ezzati bestreitet jede Beteiligung an der Vertuschung von Missbrauch. (CNA Deutsch)

Delegat des Papstes beendet Mission in Chile und bittet in seinem Namen um Vergebung

TEMUCO – Am Sonntag hat Erzbischof Charles Scicluna, Sondergesandter von Papst Franziskus in der Diözese Osorno in Chile, im Namen des Pontifex bei allen Gläubigen entschuldigt und um Vergebung gebeten, nachdem er mehrere Tage lang Opfer sexuellen Missbrauchs angehört hatte.

„Papst Franziskus hat mir aufgetragen, jeden Gläubigen der Diözese Osorno und alle Bewohnern dieses Gebietes um Verzeihung zu bitten dafür, dass wir sie verletzt und zutiefst beleidigt haben“, sagte Scicluna, der auch Erzbischof von Malta ist, am 17. Juni in einer Mitteilung am Ende seines Aufenthaltes in Osorno.

Zum Abschluss feierte eine heilige Messe in der Kathedrale des heiligen Matthäus.

Vom 14. bis 17. Juni hielten sich Erzbischof Scicluna und der Mitgesandte, Monsignore Jordi Bertomeu, in Osorno auf, um sich mit verschiedenen Gemeinden zu treffen und Wege der Versöhnung und neuen Gemeinschaft zu finden und entwickeln.

Zuvor hatten beide Informationen über die mögliche Vertuschung des bisherigen Bischofs von Osorno in Fällen sexuellen Missbrauchs durch den Priester Fernando Karadima gesammelt.

In seiner Mitteilung dankte Bischof Scicluna „allen für die wunderbare, warmherzige und aufrichtige Begrüßung“ und dafür, dass sie „die Liebe der Kirche erfahren“ durften, was sie „tief bewegte.“

„Für Monsignore Jordi Bertomeu und mich war es eine tiefe Erfahrung Gottes, so vielen Pfarrgemeinden zu begegnen, so viele Menschen zu treffen, die mit uns ihre Wunden, ihre schmerzhaften Erfahrungen und auch ihre Hoffnungen und Liebe für die Kirche in Osorno geteilt haben“.

Er dankte den Mitgliedern des Klerus von Osorno und allen für „so viel guten Willen, für so viel Liebe zur Kirche Jesu Christi und für den Wunsch der großen Mehrheit, dass echte Versöhnung stattfinde.“

Er betonte, dass diese erhoffte Versöhnung nicht „durch eine Mission von ein paar Tage erreicht wird, sondern sie ist ein Geschenk Gottes, das von einem langen Prozess begleitet werden muss, der Geduld, Großzügigkeit, Kraft und Demut erfordert.“

Am Ende seiner Botschaft wünschte er Monsignore Jorge Concha, dem Apostolischen Administrator von Osorno, „alles Gute für seine Mission, dem Volk Gottes zu dienen, das sich nach Einheit sehnt und das versucht, ein wahres Zeugnis für die Freude des Evangeliums zu geben.“ (CNA Deutsch)

Papst sendet angesichts der Missbrauchsfälle einen Brief an alle Katholiken Chiles

SANTIAGO DE CHILE – Angesichts der Missbrauchsfälle in Chile hat Papst Franziskus einen Brief „an das pilgernde Volk Gottes in Chile“ geschrieben, in dem er zu einer „gesunden und langfristigen Erneuerung und Bekehrung in der Kirche“ aufruft.

Der Brief wurde auf einer Pressekonferenz der Bischöfe Chiles am Donnerstag, 31. Mai, in Santiago vorgestellt, nachdem das Presseamt des Heiligen Stuhles über ein erneuten Aufenthalt der päpstlichen Legaten Monsignore Charles Scicluna und Monsignore Jordi Bertomeu in diesem südamerikanischen Land berichtet hatte, die bald eine Mission in der Diözese Osorno übernehmen werden.

Bischof Juan Barros von Osorno wurde beschuldigt, den sexuellen Missbrauch durch den 2011 vom Vatikan verurteilten Priester Fernando Karadima vertuscht zu haben.

In den kommenden Tagen wird der Heilige Vater eine zweite Gruppe chilenischer Missbrauchsopfer empfangen, diesmal fünf Priester. Ende April hatte er in der Casa Santa Marta, seinem Wohnsitz, drei Laien empfangen.

Vom 15. bis 17. Mai hatten sich 34 chilenische Bischöfe in Rom versammelt, um mit dem Papst die Missbrauchsfälle zu besprechen.

Geschlossen hatten sie die Niederlegung ihres Amtes angeboten.

Im Schreiben, das am Donnerstag, den 31. Mai, vorgestellt wurde, erinnerte Papst Franziskus, dass er im April „das ganze Gott treue Volk eingeladen hatte, sich in eine Haltung des Gebetes zu begeben, damit uns der Heilige Geist die Kraft schenke, nicht in die Versuchung zu verfallen, uns in leere Wortspiele, ausgeklügelte Diagnosen oder unnütze Gesten einzukapseln, die nicht den nötigen Mut zulassen, den verursachten Schmerz anzuschauen, das Gesicht seiner Opfer, das Ausmaß der Ereignisse.“

Der Papst erklärt, dass jedes Mal, wenn man versuche „das Volk Gottes in seiner Gesamtheit und seinen Unterschieden zu verdrängen, zum Schweigen zu bringen, geringzuachten, zu ignorieren oder auf eine kleine Elite zu reduzieren“ konstruiere man „Gemeinden, Pastoralpläne, theologische Betonungen, Spiritualität und Strukturen ohne Wurzel, ohne Geschichte, ohne Erinnerung, ohne Körper und letztendlich ohne Leben.“

„Uns aus dem Leben des Volkes Gottes zu entwurzeln stürzt uns in Trostlosigkeit und in eine Pervertierung der Natur der Kirche; der Kampf gegen eine Kultur des Missbrauchs erfordert es, diese Überzeugung zu erneuern“ fährt er fort.

Franziskus erinnert auch an seinen Besuch im Januar in Chile, besonders an die Begegnung mit den Jugendlichen im Heiligtum von Maipú, bei dem er allen ins Gedächtnis rief, dass es „im Volk Gottes keine Christen ersten, zweite oder dritte Klasse gibt“ weil „ihre aktive Teilnahme keine Frage von Zugeständnissen guten Willens, sondern konstitutiv für den Charakter der Kirche ist.“

Der Papst erläutert in seinem Brief auch, dass „die Erneuerung in der kirchlichen Hierarchie nicht von allein jene Wandlung erzeugt, zu der der Heilige Geist anregt.“

„Wir müssen gemeinsam eine Wandel in der Kirche befördern, der uns alle betrifft. Eine prophetische und somit hoffnungsvolle Kirche verlangt von allen eine Mystik der offenen Augen, eine Mystik, die die Dinge in Frage stellt und keine verschlafene. Lasst euch die Salbung des Geistes nicht nehmen“ fährt er fort.

Der Papst betont ebenfalls die Dringlichkeit, „Räume zu schaffen, in denen die Kultur des Missbrauchs und der Verschleierung nicht das vorherrschende Schema sei; in denen man eine kritische und fragende Haltung nicht mit Verrat verwechselt.“

Nach der Aufforderung zum Aufbau einer Kultur „der Fürsorge und des Schutzes“ erinnert der Heilige Vater daran, dass „die Kultur des Missbrauchs und die Vertuschung mit der Logik des Evangeliums unvereinbar ist und dass das von Christus angebotene Heil immer eine Einladung, ein Geschenk ist, das Freiheit fordert. Christus zeigt uns das Antlitz Gottes, indem er die Füße der Jünger wäscht. Es geschieht nie aus Zwang oder Pflicht, sondern aus Dienst.“

„Sagen wir es ganz klar: Alle Mittel, die die Freiheit und Integrität der Menschen angreifen, sind anti-evangelisch. Daher ist es auch notwendig, Glaubensprozesse zu entwickeln, bei denen man lernt zu wissen, wann es nötig ist, zu zweifeln und wann nicht“, fügt er hinzu.

Die Hoffnung

Einen Punkt seines Briefes widmet der Papst dem Gedenken an all jene, die konstant „ihr Leben für die Liebe geben“ ohne eine Belohnung dafür zu erwarten.

„Wir wären ungerecht, wenn wir neben unserem Schmerz und Scham über diese Strukturen des Missbrauchs und der Vertuschung, die sich so lang aufrechterhalten und so viel Böses verursacht haben, die viele Laien, Ordensmänner- und frauen, Priester und Bischöfe nicht anerkennen würden, die ihr Leben für die Liebe geben, in den verborgensten Teilen des geliebten chilenischen Landes.“

Sie alle, schreibt der Papst, „sind Christen, die es verstehen, mit anderen zu weinen, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, die mit Barmherzigkeit schauen und handeln; es sind Christen, die jeden Tag versuchen, ihr Leben vom Licht jener Dinge erleuchten zu lassen, nach denen wir einst gerichtet werden“, den Werke der Barmherzigkeit.

Der Papst dankt jedem dieser dem Herrn treuen Katholiken für „sein mutiges und beständiges Beispiel, das in Momenten der Turbulenz, der Scham und des Schmerzes weiterhin freudig alles für das Evangelium einsetzt. Dieses Zeugnis tut mir sehr gut und unterstützt mich in meinem eigenen Wunsch, den Egoismus zu überwinden, um mich mehr hinzugeben.“

Euer Zeugnis „ist weit davon entfernt, die Bedeutung und Schwere des verursachten Übels und die Suche nach den Wurzeln der Probleme zu schmälern und es verpflichtet uns auch dazu, die wirkende und wirksame Kraft des Heiligen Geistes anzuerkennen. Ohne diesen Blick würden wir auf halbem Weg stehen bleiben und könnten in eine Logik verfallen, in der man nicht versucht das Gute zu stärken und das Falsche wieder gutzumachen, sondern die Realität zu verzerren und in schwere Ungerechtigkeit zu fallen.“

Der Papst erklärt weiter, dass es mit den Katholiken Chiles „möglich ist, die notwendigen Schritte für eine gesunde und langfristige Erneuerung und Bekehrung in der Kirche zu unternehmen. Mit euch kann die erforderliche Wandlung geschehen, die so notwendig ist. Ohne euch kann man nichts tun.“

Abschließend ermutigt Franziskus alle Katholiken in Chile „keine Angst zu haben, sich einzumischen, vom Geist bewegt auf die Suche nach einer immer synodaleren, prophetischeren und hoffnungsvolleren Kirche zu gehen, die weniger Missbrauch betreibt, weil sie Jesus im Hungernden, im Gefangenen, im Flüchtling, im Missbrauchten in den Mittelpunkt stellt. Ich bitte euch, für mich zu beten. Ich tue es für euch und bitte Jesus, euch zu segnen, und die allerseligste Jungfrau, für euch zu sorgen.

In einer Fußnote des Schreibens erinnert der Heilige Vater an die Notwendigkeit, eine neue Phase der Evangelisierung zu beginnen. Zu diesem Prozesses gehöre „eine angemessene Erneuerung des Systems der kirchlichen Studiengänge und Bildung, die eine strategische Rolle spielen soll.“

„In der Tat sollten diese Studien nicht nur Orte und Wege für eine qualifizierte Ausbildung von Priestern, Ordensleuten und engagierten Laien anbieten, sondern eine Art providentielle Kulturwerkstatt bilden“, erläutert er.

In ihr „übt sich die Kirche in der Interpretation der Darstellung der Wirklichkeit, die aus dem Ereignis Jesus Christus entspringt und sich von den Gaben der Weisheit und Erkenntnis nährt, mit denen der Heilige Geist auf verschiedene Weise das ganze Volk Gottes bereichert: Vom Sensus fidei fidelium bis hin zum Lehramt der Hirten, vom Charisma der Propheten bis hin zu den Kirchenlehrern und Theologen.“

Den Originaltext des Briefes finden Sie hier als PDF-Datei.

Übersetzt aus dem Spanischen von Susanne Finner. (CNA Deutsch)

Chile: Papst ordnet weitere Untersuchungen an

Der Direktor des Pressedienstes des Heiligen Stuhls, Greg Burke gab heute eine Erklärung ab.

Vaticanhistory – Martin Marker

Der Skandal um die chilenische Kirche hat in den letzten Monaten hohe Wellen geschlagen. Nachdem Franziskus den Erzbischof Charles Scicluna als Sonderermittler nach Chile geschickt hatte, legte dieser einen 2.300 Seiten-Bericht dem Papst vor. Franziskus veranlasste daraufhin ein Treffen des chilenischen Episkopats mit ihm vom 15. bis 17. Mai im Vatikan. Die vorläufige Konsequenz der Krisengespräche war die Meldung, dass 29 der 34 Bischöfe der chilenischen Kirche dem Heiligen Vater ihren Rücktritt angeboten haben.

Offenbar sind die Ermittlungsergebnisse und die Details der Krisengespräche derart gravierend, dass der Papst nochmals Erzbischof Scicluna und Msgr. Jordi Bertomeu nach Chile entsendet. Gemäß der vatikanischen Erklärung sind beide in den nächsten Tagen mit einer Mission in der Diözese Osorno beauftragt. Zwischenzeitlich wird der Heilige Vater dem Präsidenten der Bischofskonferenz von Chile einen Brief senden, der persönlich geschrieben und an das ganze Volk Gottes gerichtet ist, wie er es den Bischöfen versprochen hat.

Am kommenden Wochenende wird der Heilige Vater wie geplant, eine Gruppe chilenischer Priester in der Casa Santa Marta beherbergen. Es sind Überlebende des Missbrauchs aus dem Umfeld des verurteilten Priesters Fernando Karadima. Hierbei handelt es sich um fünf Geistliche, diese sollen von zwei weiteren Priestern und zwei Laien, die ebenfalls mit der Sache zu tun haben, begleitet werde. (vh – mm)

Dolan: Dem Papst zugeschriebene Aussage über Homosexualität könnte einer Klärung bedürfen

WASHINGTON, D.C. – Der Erzbischof von New York hat angesichts einiger Papst Franziskus zugeschriebener Aussagen über Homosexualität gesagt, diese seien zwar „rechtgläubige Lehre“, bedürften möglicherweise aber einer Klärung.

Kardinal Timothy Dolan bekräftigte die Aussage des Papstes gegenüber einem homosexuellen Mann, dem Franziskus in Rom begegnete, dass Gott ihn liebt:

„Das hätte Jesus gesagt, und das würde ich auch sagen. Das ist konservative, traditionelle, katholische und rechtgläubige Lehre. Der Katechismus besteht darauf.“

Genauso wenig, wie sexuelle Aktivitäten außerhalb einer Ehe zwischen Mann und Frau aus katholischer Sicht zu befürworten seien, sei andererseits jedwedes Verhalten akzeptabel, dass nicht der Würde und Achtung eines Menschen gerecht werde, einschließlich Homosexueller, betonte der Erzbischof von New York in seiner wöchentlichen Radiosendung.

„Was [der Papst] sagte, ist wunderbar, finden Sie nicht?“, fragte Dolan.

Franziskus hatte sich mit Juan Carlos Cruz getroffen, einem chilenischen Opfer sexuellen Missbrauchs durch Fernando Karadima. Cruz hatte über das Gespräch zur spanischen Zeitung „El Pais“ gesagt:

„Er hat mir gesagt, Juan Carlos, dass du schwul bist, spielt keine Rolle. Gott hat dich so geschaffen. Gott liebt dich so. Der Papst liebt dich so, und du solltest dich selbst lieben und dir keine Gedanken machen, was die Leute darüber sagen.“

Auf die Frage, ob und wie es zu verstehen sei, dass der Papst gesagt habe, Gott wolle, dass jemand sich zu Menschen gleichen Geschlechts hingezogen fühle, äußerte sich Kardinal Dolan vorsichtig und sprach von einer „aktuellen Debatte“ in „professionellen Kreisen“.

„Kommt man so auf die Welt oder ist es – ist es anerzogen oder ist es angeboren?… Ich glaube nicht, dass der Heilige Vater sich kompetent fühlen würde, darüber zu sprechen“, so Dolan gegenüber „The Catholic Channel“ im Digitalradio.

Dolan merkte an, dass, obwohl er keinerlei Anlass habe, an den Aussagen von Juan Carlos Cruz zu zweifeln, die Worte des Papstes „aus dritter Hand kommen: Was der Papst zu ihm sagte, sagte er wiederum der Presse. Somit würde man sich eine Klärung wünschen.“

Er wolle „ein bisschen Abwarten und Sehen“, qualifizierte der Kardinal seine Aussage, und fügte hinzu: „Lasst uns herausfinden, was der Heilige Vater genau gesagt hat.“

Übersetzt und redigiert aus dem englischen Original. (CNA Deutsch)

Papst/Chiles Bischöfe: Gespräche zu Missbrauch im Vatikan beendet

Seit Dienstag fanden im Vatikan Gespräche zwischen Papst Franziskus und den Bischöfen aus Chile statt.

Vaticanhistory – Martin Marker.

Bereits vor stattfinden der Gespräche hatte der Pressesaal des Heiligen Stuhls in einem Statement verlauten lassen:

„Es sei „nicht vorgesehen, dass Papst Franziskus während oder nach den Begegnungen Erklärungen abgibt.“ Die Treffen mit den chilenischen Bischöfen sollten von „absoluter Vertraulichkeit“ bestimmt sein.“

Die erste Gesprächsrunde fand am Dienstag statt. Papst Franziskus hatte einen Text mit Anregungen zur persönlichen Reflexion und zum Gebet ausgegeben. Am Mittwoch folgte ein weiteres Gespräch zwischen Franziskus und den Bischöfen aus Chile.

Seit Langem ist bekannt, dass in der chilenischen Kirche Missbrauchsfälle durch den Klerus gedeckt und wohl auch vertuscht wurden. Besonders der Fall des chilenischen Priesters Fernando Karadima und das Verhalten von Bischof Juan Barros wurden in der Öffentlichkeit angeprangert. Drei chilenische Missbrauchsopfer hatten schwere Beschuldigungen gegen den Klerus erhoben. Unter anderem betreffen diese Vorwürfe auch die Kardinäle Ricardo Ezzati Andrello und Francisco Javier Errázuriz Ossa. Kardinal Errázuriz Ossa ist emeritierter Erzbischof von Santiago de Chile und Vorgänger von Kardinal Ezzati Andrello.

Nach seinem Besuch in Chile, im Frühjahr 2018, hatte der Papst den maltesischen Bischof Charles Scicluna, den ehemaligen Missbrauchs-Ankläger der Glaubenskongregation, zu einer Visitation nach Chile geschickt. Im Vorfeld des Treffens von Papst Franziskus mit den chilenischen Bischöfen hatte sich der Papst mit den drei Missbrauchsopfern zu persönlichen Gesprächen im Vatikan getroffen.

Gestern gab Vatican News dann doch ein Detail des Treffens bekannt. Franziskus hat am Donnerstag den chilenischen Bischöfen einen Brief übergeben. Vatican News veröffentliche einer Arbeitsübersetzung (Original Spanisch) des Briefes:

„Liebe Mitbrüder im Bischofsamt,

Ich möchte Ihnen dafür danken, dass Sie die Einladung angenommen haben, sodass wir gemeinsam zu einem offenen Unterscheidungsprozess über die schwerwiegenden Taten, welche die kirchliche Gemeinschaft beschädigt und die Arbeit der chilenischen Kirche in den letzten Jahren geschwächt haben, kommen konnten.

Angesichts dieser schmerzlichen Vorfälle des Missbrauchs – von Minderjährigen, von Macht und von Gewissen – haben wir vertiefend sowohl ihre Schwere wie auch die tragischen Folgen, welche sie vor allem für die Opfer hatten, angeschaut.

Einige von ihnen habe ich selbst von Herzen um Verzeihung gebeten, dem haben Sie sich einmütig angeschlossen mit der festen Absicht, die verursachten Schäden wiedergutzumachen.

Ich danke Ihnen für die uneingeschränkte Verfügbarkeit, die jeder von Ihnen gezeigt hat und die es für all die Veränderungen und Resolutionen braucht, die wir kurz-, mittel- und langfristig umsetzen müssen, um Gerechtigkeit und um die kirchliche Gemeinschaft wiederherzustellen.

Nach diesen Tagen des Gebets und der Reflexion bitte ich Sie, den Aufbau einer prophetischen Kirche fortzusetzen, welche weiß das Wichtigste ins Zentrum zu stellen: den Dienst am Herrn im Hungrigen, im Gefangenen, im Einwanderer, im Missbrauchten.

Und bitte, vergessen Sie nicht, für mich zu beten.

Jesus segne Sie und die Muttergottes schütze sie.

Brüderlich

Franziskus“

Weitere Inhalte der Gespräche wurden nicht bekannt gegeben. Es bleibt abzuwarten, welche Entscheidungen der Papst für den chilenischen Klerus treffen wird. (vh – mm)

Fall Barros: Ordensfrauen äußern sich zum Brief des Papstes an Bischöfe in Chile

SANTIAGO DE CHILE – Der Fall von Bischof Barros bewegt weiter die Gemüter, und eine Aufarbeitung steckt, wenn überhaupt, in den Anfängen. Nun haben die Ordensschwestern der Erzdiözese Santiago gemeinsam über den Brief reflektiert, den Papst Franziskus nach Erhalt des Berichtes von Erzbischof Charles Scicluna an die Bischofskonferenz Chiles gesandt hatte.

In dem Bericht beschuldigen Zeugen Bischof Barros von Osorno, sexuellen Missbrauch durch den Priester Fernando Karadima vertuscht zu haben. (Barros ist weiterhin im Amt, hat jedoch seinen Rücktritt in Aussicht gestellt.)

An dem Treffen, das am 25. April stattfand, nahmen der Erzbischof von Santiago, Kardinal Ricardo Ezzati, und der Weihbischof und Vikar für das geweihte Leben, Bischof Jorge Concha, teil.

Kardinal Ezzati erklärte, es sei „ein informatives Treffen gewesen, damit die Schwestern, die ein wichtiger Teil der Kirche sind, besser über den Brief des Papstes an die Bischöfe Chiles Bescheid wissen und damit sie sich ab sofort an der Gebetskampagne beteiligen, zu der uns der Heilige Vater aufgefordert hat.“

Monsignore Jorge Concha sagte, er „wolle die Schwestern an Betrachtungen und Einsichten zu dem Brief teilhaben lassen, den der Heilige an das chilenische Episkopat und an alle, auch an die Ordensleute, geschrieben hat.“

„Damit auch sie ihre Gefühle ausdrücken und uns Hirten mit ihren Überlegungen helfen können, besser zu verstehen, im Hinblick auf die Begegnung mit dem Papst. Auch für das, was wir nach dem Besuch beim Heiligen Vater tun werden, alles mit Blick auf die Erneuerung der Kirche, bei der alle wichtig sind“ betonte er. In einer Pressemitteilung des Erzbischöflichen Ordinariats von Santiago drückte Orielle de Jesus Lopez vom Orden der Geweihten Jungfrauen ihren Wunsch aus, dass diese Situation möglich mache, „die Realität so zu sehen, wie sie ist, und dass sie unsere Ansichten anhören.“

„Unser Beitrag besteht darin, zu sagen, was wir jetzt tun können oder was wir jetzt brauchen, um das Vertrauen wiederherzustellen. Ich glaube, dass wir gemeinsam, alle gottgeweihten Menschen, die wir auch alle verschieden sind, im Sprechen über unsere Realität wachsen“, erläuterte Schwester Lopez. Schwester Eugenia María Muñoz von der Schönstattbewegung betrachtet den Brief als Gelegenheit für die Ordensleute, „die Botschaft de Papstes anzuhören und deren Pulsschlag aufzunehmen. Der Papst hat einen noch nie dagewesenen Aufruf gestartet, der Kirche in Chile zu helfen und die Gemeinschaft wiederherzustellen.“

Sie fügte hinzu, dass „wir durch unser Dasein als gottgeweihte Frauen auf diese Stimme hören wollen und sehen, wo wir im praktischen und wirklichen Leben stehen, in unseren apostolischen Wirkungsbereichen; wie wir helfen können, dass die Kirche neu belebt wird uns sich einig fühlt.“

„Wir wissen nicht, was kurz-, mittel- und langfristig passieren wird, aber wir wissen, dass die Kirche ein bisschen blutarm ist, etwas fehlt uns: Freude, Einheit, Hoffnung. Ich glaube, dass diese Vorbereitungstreffen der Kirche von Santiago einen neue, dynamische Verfassung bringen werden. Wir müssen in der Haltung des Gebetes und des Nachdenkens weitermachen“, so die Ordensfrau. (CNA Deutsch)

Papst präzisiert: Wollte mit Aussagen zum Fall Barros niemanden verletzen

VATIKANSTADT – Auf dem Rückflug von Peru nach Rom hat Papst Franziskus seine Aussagen präzisiert, die er am 18. Januar gegenüber einem chilenischen Journalisten machte. Er habe damit den Opfern sexuellen Missbrauchs durch Geistliche nicht Schmerzen bereiten wollen, betonte der Pontifex.

Er habe den Chilenen nur erklären wollen, dass es aus seiner Sicht ungerecht sei, Bischof Juan Barros dafür zu verurteilen, vom sexuellen Missbrauch an Kindern durch einen befreundeten Priester gewusst und dies vertuscht zu haben.

Der Papst sagte, dass seine Verwendung des „Beweises des Wortes“ nicht der beste sei, um sich einem leidenden Herzen zu nähern, und bat um Vergebung von Opfern, die er verletzt haben könnte. Der Gedanke, Opfer unbeabsichtigt verletzt zu haben, habe ihn „entsetzt“, besonders nachdem er Opfer in Chile getroffen habe, so wie er es auch auf anderen Reisen wie 2015 in Philadelphia getan habe.

Er habe den Chilenen nur erklären wollen, dass es aus seiner Sicht ungerecht sei, Bischof Juan Barros dafür zu verurteilen, vom sexuellen Missbrauch an Kindern durch einen befreundeten Priester gewusst und dies vertuscht zu haben.

Vier Opfer sexuellen Missbrauchs des überführten Kinderschänders Fernando Karadima beschuldigen Barros, von den Verbrechen seines langjährigen Freundes und Mentors gewusst zu haben. Ihre Aussagen sind öffentlich wiederholt publiziert und bekräftigt worden.

Karadima, der einst eine Laienbewegung leitete, wurde 2011 in einem vatikanischen Prozess wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen verurteilt. Im Alter von 84 Jahren wurde er zu einem Leben in Gebet und Einsamkeit verurteilt.

Während seines Besuches in Chile vom 15. bis 18. Januar traf Papst Franziskus auch mit Missbrauchsopfern zusammen. Als er jedoch am letzten Tag im Land von Journalisten über Barros befragt wurde, sagte er:

„An dem Tag, an dem sie mir Beweise gegen Bischof Barros bringen, werde ich sprechen“, und weiter: „Es gibt keinen einzigen Beweis gegen ihn. Das ist alles Verleumdung. Ist das klar?“

Barros, der seine Unschuld beteuert, ist seit seiner Ernennung zum Diözesanbischof von Osorno im Jahr 2015 umstritten. Papst Franziskus verteidigt Barros seit Jahren.

Nun räumte der Pontifex ein, mit dem Begriff „Beweise“ sei es schwer, „sich einem leidenden Herzen zu nähern“.

Er sei sich auch dessen bewusst, dass Opfer möglicherweise gar nicht beweisen können, was ihnen zugestoßen ist – sei es, weil es keine Beweise mehr dafür gibt, oder aus Scham oder Angst.

„Barros ‚Fall wurde untersucht, er wurde erneut untersucht, und es gibt keine Beweise“, sagte Franziskus Journalisten im Flieger am 21. Januar. „Das wollte ich sagen. Ich habe keine Beweise, um ihn zu verurteilen. Und wenn ich ihn ohne Beweise oder ohne moralische Gewissheit verurteile, würde ich das Verbrechen begehen, das ein schlechter Richter begeht.“

„Wenn eine Person kommt und mir Beweise gibt“, fuhr er fort, „bin ich der erste, der ihm zuhört. Wir sollten gerecht sein.“

Die Aussagen des Papsts in Chile waren international auf heftigen Widerstand gestoßen. Kritiker warfen Franziskus vor, seine Aussagen seien Opfern gegenüber unsensibel.

Der derzeitige Präsident der Kinderschutzkommission des Vatikans bezeichnete die Worte des Papstes als schmerzhaft und befremdlich für Opfer des sexuellen Missbrauchs durch Geistliche. Kardinal Sean O’Malley, Erzbischof von Boston und einer von neun Mitgliedern des Kardinalrates des Papstes, gab am 20. Januar eine Erklärung ab. Darin heißt es:

„Es ist verständlich, dass die Äußerungen von Papst Franziskus (…) eine Quelle großer Schmerzen für Überlebende sexuellen Missbrauchs durch Geistliche oder andere Täter waren“.

Der Kardinal weiter:

„Wenn gesagt wird, ‚wenn Du Deine Aussagen nicht beweisen kannst, dann wird man Dir nicht glauben‘, dann werden damit diejenigen im Stich gelassen, die schwerste, kriminelle Verletzungen ihrer menschlichen Würde erlitten haben, und es wird ihnen ein schlechter Ruf angehängt“.

Da er nicht persönlich in die chilenischen Fälle verwickelt war, sagte O’Malley, er könne nicht darüber sprechen, warum der Papst die spezifischen Worte gewählt habe, die er als Reaktion auf die Reporter verwendet habe.

„Ich weiß jedoch, dass Papst Franziskus das ungeheuerliche Versagen der Kirche und ihres Klerus, die Kinder missbrauchten, und die verheerenden Auswirkungen, die diese Verbrechen auf die Überlebenden und ihre Angehörigen hatten, voll und ganz zur Kenntnis nimmt.“

„Ich begleitete den Heiligen Vater bei zahlreichen Treffen mit Überlebenden“, so O’Malley weiter. Er habe erlebt, wie sehr dem Papst der oft lebenslange Schmerz der Opfer betroffen habe.

Während der Pressekonferenz im Flieger sagte der Papst, dass er O’Malleys Aussage gesehen habe und dass er Wertschätzung für den Kardinal habe: „Ich danke ihm für seine Aussage, weil sie sehr gerecht war.“

„[O’Malley] hat alles gesagt, was ich getan habe und was ich tue, dass die Kirche tut, und dann hat er von der Trauer der Opfer gesprochen“, so Franziskus. „Weil viele Opfer denken, dass sie nicht in der Lage sind, ein Dokument oder eine Zeugenaussage machen können.“

Unklar ist, ob der Papst das Mandat O’Malleys als Leiter der Kinderschutzkommission verlängern wird – dessen dreijährige Amtszeit ist im vergangenen Dezember eigentlich ausgelaufen.

In der Pressekonferenz sagte Franziskus lediglich, er habe vor der Abreise nach Latein-Amerika eine Liste von Empfehlungen für neue Mitglieder erhalten, die er jetzt studiere.

Alvaro de Juana, der den Papst im Flieger begleitete, und Hannah Brockhaus in Rom trugen zur Berichterstattung bei. (CNA Deutsch)