Mit einer Medienkritik eröffnete der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz die diesjährige Frühjahrs-Vollversammlung der Bischöfe in Trier. Erzbischof Robert Zollitsch sagte in seiner Predigt im Trierer Dom, dass er sich eine sachlichere Debatte über die katholische Kirche wünsche. Es schmerze sehr, wenn einzelne Fälle rasch verallgemeinert und zur Polemik benutzt würden. Dem Kölner Domradio sagte Zollitsch zu den Diskussionen, die das Bild der Kirche in der Öffentlichkeit betreffen:
„Damit wird auch zur Sprache kommen, wie stehen wir eigentlich in der Öffentlichkeit da und wie reagieren wir darauf. Das ist eine Frage, die uns sehr beschäftigt.“
Eine Kontroverse betrifft die Frage um die so genannte „Pille danach“. Bis Donnerstag beraten die 66 Bischöfe unter anderem auch über den Umgang mit diesem medizinischen Präparat. Die Diskussion darüber war nach dem Vorfall in zwei katholischen Krankenhäusern in Köln entflammt. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner entschuldigte sich später für die Abweisung einer vergewaltigten Frau und sagte, dass im Falle einer Vergewaltigung Präparate ethisch vertretbar seien, mit denen eine Befruchtung verhindert werde. Dazu Zollitsch:
„Ich bin Kardinal Joachim Meisner dankbar dafür, dass er ganz klargestellt hat, dass es nicht in Ordnung ist, was in Köln passiert ist und dass er sich selbst und im Namen der katholischen Kirche entschuldigt hat. Es wäre nun schade, wenn das, was in Köln geschehen ist, übertragen würde auf alle kirchlichen Einrichtungen und Krankenhäuser. Kardinal Meisner hat auch die Frage aufgegriffen, um zu klären, wie es mit der „Pille danach“ sei. Wir werden selbstverständlich in diesen Tage darüber sprechen, sowohl im Hinblick auf die medizinische Frage, aber auch auf die moraltheologischen Aspekte, die damit verbunden sind.“
Gerade in kirchlichen Krankenhäusern sowie in Caritas und der Diakonie werde viel Gutes geleistet, betonte Zollitsch in Trier. „Doch getreu dem Dogma der Berichterstattung ,nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten´ interessiert allzu häufig das Gute nicht.“ Zugleich sagte Zollitsch, die Kirche werde weiter „den Finger in die Wunden unserer Zeit“ legen. Als Beispiel nannte er die Diskussion um die Sterbehilfe.
Zollitsch würdigt Benedikt XVI.
Die Kirche habe die Aufgabe, die Frage nach Gott in der Gesellschaft wach zu halten, so Zollitsch. Der scheidende Papst Benedikt XVI. habe oft auf die Auswirkungen einer Entwicklung hingewiesen, bei der der Mensch um seinen Glauben an Gott betrogen werde. Zollitsch: „Das ist sein entscheidendes Vermächtnis an uns: Gott ins Spiel zu bringen.“ Zur Entscheidung Benedikts sagte Zollitsch:
„Es war ein mutiger Entschluss. Wir spüren, dass man in seinem Alter von 86 Jahren auch Entscheidungen treffen kann, die wirklich in den Lauf dieser Welt eingreifen und die denen eines jüngeren Menschen in nichts nachstehen. Ich selbst habe ihn in letzter Zeit so erlebt, dass seine physischen Kräfte nachgelassen haben; aber er ist geistig immer voll da. Das war für mich jedes Mal ein großes Erlebnis. Es ist ein großer Vorteil, einen Papst in deutscher Muttersprache zu haben. Ich selbst konnte nach jeder Vollversammlung im Frühjahr und Herbst unter vier Augen mit Papst Benedikt XVI. sprechen. Dazu zählen auch die Gespräche über Deutschland. Ich habe gestaunt, wie gut er Deutschland kennt und wie sehr er mit der Bundesrepublik verbunden ist und sich an allen Details interessiert gezeigt hat.“
Zollitsch wird am 27. Februar in Rom bei der letzten Generalaudienz Benedikts dabei sein. Am Tag darauf wird die Deutsche Bischofskonferenz zu einem Gottesdienst um 18 Uhr in der Berliner Hedwigs-Kathedrale einladen, „um Gott zu danken, dass uns Benedikt XVI. geschenkt worden ist“.
Viele Beschwerdebriefe
Der Missbrauchsskandal wird ebenfalls ein Thema bei den Beratungen in Trier sein, sagte Zollitsch. Besonders nach der Trennung von dem Kriminologen Christian Pfeiffer seien die deutschen Bischöfe weiter auf der Suche nach einem neuen Leiter für das Großprojekt einer Gesamtstudie zu den Fällen, so Zollitsch.
„Ich habe Beschwerdebriefe bekommen, die von Enttäuschungen sprechen. Ich musste aber feststellen, dass in der Frage um Professor Pfeiffer oft die Information fehlte, warum die Zusammenarbeit gescheitert ist und dass nicht klargestellt wird, dass das Projekt an sich nicht gescheitert ist. Das Projekt wird auf alle Fälle fortgeführt. Ich musste auch nicht feststellen, dass jetzt mehr Menschen aus diesem Grund aus der Kirche ausgetreten sind. Das ist vielleicht auch zu früh. Auch im Hinblick auf die „Pille danach“ muss ich sagen, dass viele der Ansicht sind, die Kirche packe solche Themen an und sie suche Wege, wie man Frauen in Not und Schwangeren helfen könne.“ (rv)