Vorsynode im Vatikan: Jugend als „Synodenväter“

Eine Neuheit für den Vatikan in Sachen Partizipation: Bei einer „Vorsynode“ im Vatikan sollen Jugendliche ab dem 19. März erstmals auch über die sozialen Netzwerke Vorschläge einbringen können. Das gab der Vatikan an diesem Freitag auf einer Pressekonferenz bekannt. Das Treffen mit Jugendlichen aus aller Welt dient der Vorbereitung der für Oktober angesetzten Synode zum Thema Jugend, Glaube und Berufungen.

Anne Preckel und Christiane Murray – Vatikanstadt.

Das Format der „Vor-Synode“ ist im Vatikan nicht unbekannt; so fand bereits im Jahr 1987 als Vorbereitung auf die Laien-Synode ein vorbereitendes Treffen in Rom statt. Neu in diesem Jahr ist allerdings die Verbreiterung der Teilnahmemöglichkeiten über die sozialen Netzwerke. So sollen bei der kommenden Vor-Synode Jugendliche auch über Plattformen wie Facebook und Twitter Ideen, Anmerkungen und Vorschläge absetzen können, wodurch eine größtmögliche Partizipation der jungen Generation garantiert werden soll.

Dieser Ansatz ist auch für den Vatikan Neuland, räumt Kardinal Lorenzo Baldisseri, Generalsekretär der Bischofssynode, im Interview mit Vatican News ein: „Normalerweise sind wir es gewohnt, Projekte einzuführen oder zu präsentieren, und nicht die Bedingungen dafür zu schaffen, dass es wirklich die Jugendlichen sind – in diesem Fall –, die uns empfehlen, was für sie zu tun ist. Es erschien uns sehr wichtig, dass die jungen Leute zu Wort kommen können, dass sie sozusagen zu ,Synodenvätern‘ werden können und die Themen präsentieren können, die ihr Leben und ihre Aktivitäten betreffen.“

360 Grad Inklusion

Eine ganze Woche lang, vom 19. bis 24. März, wolle sich also junge Leute aus aller Welt im Rahmen der Vorsynode auf Themen verständigen, die sie bewegen und die sie für Kirche heute als wichtig erachten. Auch Eltern, Erzieher, pastorale Mitarbeiter und andere in der Jugendarbeit engagierte Vertreter kommen nach Rom, um den Austausch der Jugendlichen mit Vatikanvertretern zu begleiten.

So breit wie der Zugang der Jugendlichen zur Synode sein soll, so vielfältig soll auch das Teilnehmer-Spektrum sein, das Vorschläge einbringt, betont Kardinal Baldisseri. Der Vatikan setzt „360 Grad“ auf Inklusion. Schließlich gehe das Thema der Synode vom Oktober „Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsunterscheidung“ jeden jungen Weltbürger etwas an, findet Kardinal Baldisseri, auch glaubensferne und glaubenskritische Gäste. Man suche Dialog und konstruktive Auseinandersetzung, den Blick über den eigenen Tellerrand begreife man als Bereicherung, wird der Kurienkardinal nicht müde zu betonen.

„Dieses breite Spektrum erlaubt es uns, alle Jugendlichen zu erreichen – diejenigen, die im kirchlichen Leben stehen, und diejenigen, die sozusagen ,lauwarme‘ Christen sind. Diejenigen, die getauft sind, aber nicht am kirchlichen Leben teilnehmen, und diejenigen, die außerhalb der Kirche stehen, die den Glauben anzweifeln, Agnostiker und – warum nicht, wie der Papst sagt – auch die Atheisten. Sie alle sind zu uns gerufen und haben hier ihren Platz. Deshalb haben wir uns auch darum bemüht, Vertreter der Laien-Verbände dabeizuhaben, die keinerlei konfessionelle Bindung haben, sie kommen so, wie sie sind, aus dem Bereich des Sports, der Kultur, der Politik, der Wirtschaft. Auch junge Menschen mit Behinderung werden vertreten sein.“

Mindestens ein Viertel der Teilnehmer nicht konfessionell gebunden

Der Vatikan rechne damit, dass mindestens ein Viertel der Teilnehmer aus nicht konfessionell gebundenen Laien-Organisationen stammen wird, präzisiert Baldisseri. Wie aber werden die Vorschläge der Jugendlichen formal in die Beratungen der Synodenväter einfließen, die vom 3.-28. Oktober im Vatikan für die Jugendsynode zusammenkommen? Einerseits werden die Ergebnisse der Fragebögen zur Synode, die in diesen Monaten gesammelt wurden, in die Beratungen der Synodenväter eingehen. Papst Franziskus hatte das Instrument der Fragebögen bereits für die Synoden zum Thema Ehe und Familie eingesetzt. Andererseits sollen die Vorschläge und Anmerkungen, die die jungen Teilnehmer bei der Vorsynode im März sammelten, in einem Dokument gebündelt werden, kündigt Baldisseri im Interview mit Vatican News weiter an:

„Und das ist sehr wichtig. Denn dieses Dokument, das dem Papst übergeben wird, ist eine Präsentation ihrer Vorschläge und Mahnungen, Informationen und Ratschläge. Es soll an die Synodenväter im Oktober während der Synode übergeben werden und dazu dienen, unsere Arbeit am ,Instrumentum Laboris‘, dem Arbeitsinstrument zur Synode, zu vervollständigen. Dem Papst wird das Schreiben der Jugendlichen offiziell im Rahmen der Palmsonntagsprozession am 25. März übergeben, wenn wir hier in Rom den diözesanen Weltjugendtag feiern.“

Online-Umfrage: Mehr weibliche Teilnehmer

Wie auf der Vatikan-Pressekonferenz am Freitag weiter bekannt wurde, haben an der Online-Jugend-Umfrage des Vatikan zu Leben, Einstellungen und Medienverhalten der jungen Leute weltweit rund 221.000 Menschen teilgenommen. 100.500 Personen beantworteten die mehrseitige Umfrage zur Vorbereitung einer Bischofssynode zum Thema Jugend vollständig, sagte der Untersekretär der Synode, Bischof Fabio Fabene. Gut die Hälfte von ihnen war den Angaben zufolge zwischen 16 und 19 Jahre alt; es nahmen mehr Frauen (58.000) als Männer (42.500) teil.

Mehr als die Hälfte der Teilnehmer (56,4 Prozent) stammte demnach aus Europa, gefolgt von Zentral- und Südamerika (19,8 Prozent). Aus Afrika kamen 18,1 Prozent der Teilnehmer. Die Mehrzahl der Befragten bezeichnete sich den Angaben zufolge als Katholiken, für die Religion wichtig sei (73,9 Prozent). 8,8 Prozent gaben an, katholisch zu sein, die Religion jedoch nicht als bedeutsam zu empfinden. 6,1 Prozent der Teilnehmer waren laut Fabene nicht katholisch, halten Religion jedoch für wichtig. 11,2 Prozent gaben an, nicht katholisch zu sein und Religion unwichtig zu finden.

Die Umfrage werde aktuell noch ausgewertet, es zeichne sich jedoch ab, dass Sinnfragen sowie die Themen Arbeit, Glück, Familie und Gefühlsleben eine wichtige Rolle spielten, fügte der Generalsekretär der Synode Kardinal Baldisseri an. Wann und in welcher Form die Ergebnisse veröffentlicht werden, ist noch nicht bekannt.

Die Umfrage war mehr als ein halbes Jahr online. Sie richtete sich an Personen zwischen 16 und 29 Jahren unabhängig von deren Religionszugehörigkeit. Die Teilnehmer waren aufgerufen, Fragen über Lebensziele, Familie, Arbeit und Religion zu beantworten. Dabei ging es auch um das Vertrauen in Institutionen wie Kirche, Parteien und Medien sowie um Vorstellungen von Familiengründung. (vatican news)

Synodendokument Amoris Laetitia wird am 8. April vorgestellt

Kardinal Baldisseri„Amoris Laetitia – über die Liebe in der Familie“ – so lautet der Titel des postsynodalen Schreibens, dass Papst Franziskus im Anschluss an die beiden Bischofssynoden verfasst hat. Der Vatikan wird es am 8. April offiziell im Vatikan vorstellen, wie der Pressesaal an diesem Freitag bekannt gab. Der lateinische Titel lautet übersetzt „die Freude der Liebe“, er wird traditionell aus den Anfangsworten des Textes gebildet. Neben Kardinal Lorenzo Baldisseri als Generalsekretär der Bischofssynode werden eine italienische Familie und Kardinal Christoph Schönborn den Text, eine so genannte Apostolische Exhortation, vorstellen.

2014 hatte der Papst einen synodalen Prozess mit zwei Versammlungen der Bischofssynoden zum Thema Ehe und Familie begonnen, damit waren erstmalig in der Geschichte der Synode zwei Versammlungen aufeinander aufbauend mit demselben Thema beschäftigt. Die Debatten waren von Kontroversen begleitet, wie auch das Schreiben des Papstes mit Spannung erwartet wird.

Die Versammlung der Bischofssynode im Oktober vergangenen Jahres hatte nach zweijähriger Arbeitszeit dem Papst einen Abschlussbericht übergeben, die so genannte Relatio Finalis. Der Papst hatte angekündigt, seine Gedanken und Reflexionen zum Thema und zu den Beratungen der Bischöfe vorzustellen. Beim Rückflug von der Reise nach Mexiko hatte er angedeutet, dass es vielleich noch vor dem Osterfest gelänge den Text vorzustellen, nun wird es der April. (rv)

Kardinal: Kirchenrecht muss auch Wohl der Familie bedenken

Kardinal BaldisseriKardinal Lorenzo Baldisseri, Generalsekretär der Bischofssynode, wünscht Nachbesserungen beim Kirchenrecht zum Wohl der Familie. Das Kirchenrecht beschäftige sich hauptsächlich mit Ehe, aber wenig mit Familie, erklärt der Kardinal im Gespräch mit Radio Vatikan.

„Die Ehe, das sind zwei Menschen, die sich vereinen und ein gemeinsames Projekt haben, nämlich eine Familie zu gründen. Die Familie konstituiert sich vor allem, wenn die Kinder kommen. Dann wird die Familie ein erweiterte Realität, und deshalb muss man auch auf rechtlichem Gebiet einen Schritt nach vorne tun. Im Kirchenrecht spricht man viel vom bonum coniugum, also vom Wohl der Eheleute, und wir wollen das bonum familiae betonen, das Wohl der Familie."

Anlass für das Interview mit dem Synoden-Generalsekretär war eine Buchveröffentlichung des Kardinals über „Die Person und die Ehe: Geheimnis, Überlegungen und Leben" (italienischer Originaltitel: „Persona e matrimonio: mistero, riflessioni e vita"). In rund sieben Monaten findet im Vatikan die nächste Bischofssynode statt. So wie die Synode vom vergangenen Oktober (eine außerordentliche Vollversammlung) wird die kommende (eine ordentliche Vollversammlung) sich dem Thema Familie widmen. Derzeit werde vor allem über die heiklen Punkte nachgedacht, die im Synodenbericht auftauchten, sagte Kardinal Baldisseri. In den Diözesen der Weltkirche arbeiten Gremien, Seelsorger und Gläubige an den Antworten für den zweiten Fragebogen aus dem Vatikan. Diese Antworten werden den Synodalen in Rom als Denkanstöße dienen, erklärte Baldisseri. „Es ist ein Nachdenken: wir hören, was die Menschen vorschlagen, die einzelnen Teile der gesamten Kirche, was sie anbieten können, damit die Synodalen bessere Elemente an der Hand haben, um angemessene pastorale Linien zu finden."

Papst Franziskus hatte entschieden, den Schlussbericht der vergangenen Synode komplett zu veröffentlichen, einschließlich der Abstimmungsergebnisse für die einzelnen Punkte. Die strittigsten Punkte betrafen den Umgang mit Homosexuellen und die Sakramente für wiederverheiratete Geschiedene. (rv)