Die Abstimmung der Generalsynode der „Church of England" ist denkbar knapp ausgegangen, und das trotz des beachtlichen Einsatzes, den der bisherige und der neue Primas – vergeblich – gezeigt hatten: Die anglikanische Generalsynode in London hat am Dienstagabend die Zulassung von Frauen zum Bischofsamt abgelehnt, im dritten von drei Gremien fehlten letztlich ganze sechs Stimmen. Damit bleibt der von Spaltungstendenzen geplagten Kirchengemeinschaft eine ihrer wichtigsten Streitfragen auf Jahre erhalten. Und der designierte neue Primas und Hoffnungsträger Justin Welby ist in seiner Autorität beschädigt, noch bevor er sein Amt angetreten hat.
Es war die erwartete kraftvolle Rede, mit der Welby, über Jahre erfolgreicher Finanzmanager im Ölgeschäft, vor der Synode für die Zulassung von Bischöfinnen warb. Es sei Zeit, diese Aufgabe zu vollenden, forderte der Bischof von Durham die Delegierten auf. Seit ihrer Zulassung zum Priesteramt vor 20 Jahren hätten Frauen in allen Bereichen der Kirche mit viel Energie gewirkt. Die anglikanische Kirche müsse nun zeigen, dass sie Vielfalt ohne Spaltung verwirklichen könne.
Und der scheidende Amtsinhaber Rowan Williams, der wohl mehr als jeder andere unter dem Dauerstreit gelitten hatte, sprang ihm in einem seiner letzten großen Auftritte als Primas zur Seite: Es sei „Zeit, die Seite umzublättern" und nach vorne zu blicken. Ein Nein, so Williams, würde zudem ein negatives Signal an die Gesellschaft senden. Das ist nun geschehen – obwohl die Mehrheit für Bischöfinnen eigentlich erdrückend ausfiel: 44 zu 3 bei den Bischöfen, 148 zu 45 bei den Geistlichen – aber eben nur 132 zu 74 bei den Laien, womit die Zweidrittelmehrheit knapp verfehlt worden ist. Der Bischof von Norwich, Right Reverend Graham Jones ist einer der Befürworter des Bischofsamtes für Frauen. Im BBC-Interview verlieh er seiner Enttäuschung über das Abstimmungsergebnis Ausdruck:
„Es ist natürlich sehr enttäuschend, dass die Wahl so knapp verloren gegangen ist, aber es ist zu bedenken, dass die Generalsynode an sich mit überwältigender Mehrheit für die Bischofsweihe von Frauen gestimmt hat. Allerdings hat die Church of England in der Tat eine sehr hohe Hürde gesetzt, denn man braucht, um eine Abstimmung zu gewinnen, die Zweidrittelmehrheit in allen drei Häusern. Natürlich ist das ein Zeichen dafür, dass wir so viele Menschen wie möglich mit uns bringen wollen und das ist auch eine große Herausforderung für alle, die dagegen gestimmt haben aber sich gleichzeitig mit dem Gedanken tragen, in welcher Weise man vorgehen könnte, um Frauen doch zu Bischöfen zu machen. Es ist eine große Verantwortung für sie und alle Bischöfe in Führungspositionen, das so bald als möglich wahr werden zu lassen."
Schon als man sich Anfang der 90er Jahre in der englischen Mutterkirche sowie in mehreren Nationalkirchen zur Freigabe des Frauenpriestertums entschloss, führte das die anglikanische Gemeinschaft an den Rand der Spaltung. Auch damals hatte der Beschluss in der englischen Generalsynode eine hauchdünne Mehrheit: Hätten nur drei Delegierte der Laien anders votiert, wäre er gescheitert. Bischof Jones gibt sich aber nicht geschlagen:
„Ich erkenne an, dass viele Frauen sehr enttäuscht sein müssen, aber was ich betonen möchte, ist, dass die Bischöfe selbst mit überwältigender Mehrheit für die Weihe von Frauen zu Bischöfen gestimmt haben, auch der Klerus wählte mit einer großen Mehrheit dafür, nur im Haus der Laien ist die Wahl sehr knapp dagegen entschieden worden. Ich denke, das ist ein Zeichen dafür, dass es einen Willen von vielen Teilnehmern der Generalsynode gibt, eine Formulierung zu finden, mit der man sich einigen kann, und ich hoffe, es wird nicht allzu viele Jahre dauern, bevor das passiert."
Auch diesmal, 20 Jahre später, war das „Haus der Laien" also das Zünglein an der Waage. Nur sind die Verästelungen all der Bedingungen, Kompromisse, Zusatzvereinbarungen und Hintertüren, die die Weihe von Bischöfinnen möglich machen sollten, noch unübersichtlicher geworden. Traditionalistische Pfarreien, die eine Pfarrerin oder Bischöfin ablehnen, sollten Anspruch auf Seelsorge durch einen männlichen Pfarrer oder Bischof haben. Frauen hätten damit nur eine „Weihe zweiter Klasse" erhalten, meinten Kritiker. Zoe Ham von der Traditionalisten-Vereinigung Church Society sieht das Ergebnis hingegen positiv::
„Ich bin froh, dass der Vorschlag in seiner heutigen Form abgelehnt worden ist denn ich denke, dass es nicht in ausreichender Weise die Vorstellungen derjenigen einbezogen hat, die nach dem biblischen Vorbild davon ausgehen, dass Mann und Frau unterschiedliche Rollen in der Kirche spielen sollten. Ich hätte mir eine größere Klarheit für diejenigen erwartet, die eine andere Meinung vertreten und denen es nicht möglich wäre, eine Frau als Bischöfin zu akzeptieren. Es wäre eine klare Alternative für diese Leute nötig gewesen."
Schon im Vorfeld der Abstimmung gingen die Wogen hoch; Gegner wie Befürworter unterzeichneten Memoranden, gaben Interviews, beschworen die Kircheneinheit oder die Gefahr innerer Spaltung. Das Scheitern des Projekts am Dienstagabend dürfte der Startschuss für eine neue Welle der Diskussionen sein. Währenddessen durfte sich, sehr weit weg, Ellinah Wamukoya über einen großen Tag freuen: Die 61-Jährige wurde zur ersten anglikanischen Bischöfin Afrikas geweiht. Sie leitet künftig eine Diözese im konservativen Königreich Swasiland. (rv)