Zum Abschied aus Lateinamerika hat Papst Franziskus die Kirche des Kontinents gelobt. Das sei „eine junge Kirche mit einer gewissen Frische“ und einer „reichen, suchenden Theologie“, sagte Franziskus vor den mitreisenden Journalisten auf dem Rückflug nach Rom an diesem Montag. „Ich glaube, diese Kirche kann uns so viel geben“, so der Papst. Es habe noch nie so viele Familien mit Kindern gesehen; vor dieser Jugend gelte es keine Angst zu haben. „Es kann auch eine undisziplinierte Kirche sein, mit der Zeit wird sie schon disziplinierter werden, aber sie gibt uns viel Kraft.“
Volksbewegungen: „Das sind keine Anarchisten“
Mit Blick auf seine Rede vor den Volksbewegungen wehrte sich der Papst gegen Vereinnahmung von links.
Er habe nichts anderes getan als die Soziallehre der katholischen Kirche auf den Kampf der Aktivisten herunterzubrechen, stellte Franziskus klar. Ähnliches tue er, wenn er Wirtschaftsvertreter empfange. Vor den Volksbewegungen zu sprechen, sei keineswegs „die Hand“ gewesen, „die man einem Feind hinstreckt“ und auch „kein politischer, sondern ein katechetischer“ Akt. Die Aktivisten für Land, Arbeit und Dach über dem Kopf schlössen sich zusammen, weil sie sich von den Gewerkschaften nicht repräsentiert fühlten und für die Rechte der Ärmsten einstehen wollten. „Die Kirche kann da nicht gleichgültig sein“, so Franziskus, der die Aktivisten zugleich vor dem Vorwurf in Schutz nahm, sie seien „Anarchisten“. „Die Kirche macht keine Option für den Weg der Anarchie. Das sind keine Anarchisten“, so der Papst. Volksbewegungen seien kraftvolle Strömungen in der ganzen Welt, es gebe sie auch in Asien, auf den Philippinen etwa oder in Indien oder Thailand.
Mit kritischen Stellungnahmen aus den USA zu seinen Aussagen über nachhaltige Wirtschaft habe er sich noch nicht eingehend beschäftigen können, sagte Franziskus auf eine entsprechende Frage. In den Vereinigten Staaten, die der Papst im September besuchen wird, werden etliche Passagen aus seinen päpstlichen Schreiben als Fundamentalkritik am US-amerikanischen Way of life ausgelegt.
USA-Kuba: „Das ging von allein“
Die Wiederannäherung zwischen den USA und Kuba war „keine Mediation“ des Heiligen Stuhles, fuhr der Papst fort. Der Wunsch nach einer Aussöhnung sei vielmehr von beiden Seiten gekommen. Er habe nichts anderes getan als drei Monate gebetet. „Dann hat mich der Herr auf die Idee gebracht, einen Kardinal hinzuschicken“. Wieder seien Monate vergangen, dann habe ihm Kardinalstaatssekretär Parolin plötzlich gesagt: „Morgen ist die zweite Versammlung der beiden Delegationen. Wie bitte? Jaja, sagte er mir, sie reden miteinander! Das ging von allein, es gab guten Willen der beiden Länder, das ist ihr Verdienst.“ Im Moment sorge er sich um den Friedensprozess in Kolumbien. „Wir stehen immer bereit zu helfen“, sagte Franziskus und bat um Gebet für das südamerikanische Land, für das Friedensverhandlungen zwischen Regierung und FARC-Rebellen in Havanna laufen.
Papst wünscht sich „gemeinsamen Weg“ für Griechenland und Europa
Befragt nach der Schuldenkrise in Griechenland, gestand der Papst zunächst, er habe eine „Allergie gegen Wirtschaft“, weil sein Vater, ein Buchhalter, mitunter übriggebliebene Arbeit am Wochenende zu Hause erledigt habe. Franziskus warb um Verständnis dafür, dass er als Kirchenoberhaupt nicht die ganze Dimension des griechischen Schuldenproblems ermessen könne. Jedenfalls aber „wäre es zu einfach, zu sagen, nur diese eine Seite hat Schuld“. Die früheren griechischen Regierungen hätten „sicher eine Verantwortung“, die aktuelle Regierung versuche eine Umkehr. Er wünsche sich, dass Europa gemeinsam „einen Weg finde, das griechische Problem zu lösen, und auch einen Weg der Kontrolle, damit andere Länder nicht in dieselbe Lage geraten.“
Christus auf Hammer und Sichel: „Fühle mich nicht beleidigt“
Wie er denn das Gastgeschenk von Evo Morales interpretiert habe, wollte eine Journalistin vom Papst wissen; der sozialistische Präsident Boliviens hatte Franziskus eine Skulptur überreicht, die den gekreuzigten Christus auf Hammer und Sichel zeigt. Er verstehe das als „Protestkunst“, antwortete der Papst. Auch wenn solche Kunst mitunter „beleidigend“ wirken könne: ihn habe das Werk nicht beleidigt. Es handle sich um eine Skulptur seines Mitbruders Luis Espinal, der 1980 in Bolivien in Zeiten der Diktatur ermordet worden war. Espinal sei ein Exponent einer marxistisch orientierten Theologie der Befreiung gewesen, erklärte Franziskus, und es sei ihm selbst neu gewesen, dass sein Mitbruder auch als Bildhauer und Dichter tätig war. Den auf Hammer und Sichel gekreuzigten Christus trage er mit sich, versicherte der Papst. Hingegen seien die Orden, die er von Präsident Morales erhalten habe, dem Heiligtum der Muttergottes von Copacabana zugedacht. (rv)