In ihrem jüngsten Wirtschaftsbericht hat die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) den Industrienationen einen Rüffel verpasst: Vor allem ihre Politik habe bei der Krise von 2008 zu einer finanziellen Notlage geführt, heißt es darin. Im Fall einer weiteren Krise wären vor allem ärmere Schichten und Länder beeinträchtigt.
Dass Armut und Benachteiligung zu blutigen Konflikten führen können, zeigt der unerbittliche Kampf um Ressourcen in den ärmeren Ländern der Welt. Dabei ist es aber häufig kein Rohstoffmangel, der Krieg verursacht, sondern die Politik. Darauf weist Kardinal Peter Turkson hin, der Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden. Radio Vatikan sprach mit ihm am Rande der Präsentation des UN-Wirtschaftsberichtes in Rom. Der aus Ghana stammende Kurienkardinal sagte uns:
„Es sind Eigeninteressen, die Ressourcen in einen Grund für Konflikte verwandeln. Das passiert im Kongo, in der Region der Großen Seen. Durch die Bewegung von Kapital hat die Globalisierung zweifelsohne Entwicklung begünstigt. Innerhalb der Länder aber haben wir oft Situationen der Ungleichheit. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Es gibt Korruption und Vetternwirtschaft und eben auch schlechte Politik.“
Turkson spielt hier auf die Ausbeutung des rohstoffreichen Kongo an: Vom Verdienst aus dem Export an Holz und Bodenschätzen sieht die Bevölkerung des Landes kaum etwas, den Löwenanteil nehmen sich ausländische Firmen, die lukrative Geschäfte mit der Regierung machen. Kein Einzelfall, sondern eher die Regel für Afrika, so Kardinal Turkson:
„Ich kenne jemanden, der ein Buch darüber geschrieben hat, warum Afrika immer noch arm ist. Weil es eine gewählte Armut ist, ist seine Antwort. Seltsam, nicht wahr? Eine gewählte Armut heißt, dass die Regierungen Politiken anwenden, die in Wirklichkeit das Wachstum der Armut begünstigen. Es hängt also viel von den Regierungen ab: Man braucht eine gute Regierung, um Entwicklungsstrategien umzusetzen.“
Skeptisch äußert sich der Kardinal über Forderungen an Länder, „investorenfreundlich“ zu sein. Für die armen Länder der Welt bedeute dies in letzter Konsequenz nicht selten gnadenlose Ausbeutung, so Turkson:
„Das bedeutet, dass die Firmen, die in ein Land kommen, Handelsfreiheit und reduzierte Zölle erhalten. Das wird dann als ,investorenfreundliche Bedingungen‘ präsentiert. Ich denke aber, dass die Regierungen an dieser Stelle etwas Reife zeigen müssten: Wenn das Land danach arm zurückbleibt, ist das doch nicht ,investorenfreundlich‘. (…) In einigen Fällen haben wir es auch mit Verträgen zu tun, die vor langer Zeit geschlossen wurden und die immer noch gelten, obwohl die Lage heute anders ist.“
Ausbeutung und soziale Ungerechtigkeit führen unter extremen Bedingungen zu Zwist und Krieg – so liege der Schlüssel für den Frieden auch in der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung auf allen Ebenen, betont der Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, der hier Papst Franziskus‘ Vorgänger Benedikt zitiert:
„Um Entwicklung zu erleichtern, müssen wir der Logik des Gebens, einer Art Unentgeltlichkeit, folgen. Man kann keinen dauerhaften Frieden ohne Entwicklung verwirklichen. Man muss all das mit Ethik betrachten: Ethik nicht nur des Gemeinwohls der Völker, eine Ethik auch des Friedens für diese Länder, ohne nur an unseren Vorteil zu denken. Die Einladung von Benedikt XVI. zu einer Logik der Unentgeltlichkeit ist wirklich essentiell: sie lädt uns ein, auf das Wohl der anderen zu schauen, die von diesen Ressourcen abhängen, um zu überleben.“ (rv)