Es wird die achte Auslandsreise von Papst Franziskus: Am Samstag, 6. Juni, besucht er für einen Tag Sarajewo, die Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina. Zwanzig Jahre nach dem Bruderkrieg des zerfallenen Jugoslawien will der Papst zu Frieden und Versöhnung ermutigen, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi an diesem Donnerstag vor Journalisten. Franziskus reist auf den Spuren des heiligen Johannes Paul II., der insgesamt zweimal nach Bosnien reiste: 1997, kurz nach dem Friedensabkommen von Dayton, war Sarajewo das Ziel, ein paar Jahre darauf dann Banja Luka im serbischen Teil der bosnischen Föderation.
„Die jetzige Lage des Landes ist immer noch schwierig; es hat einen dramatischen Krieg und viele Spannungen zwischen den muslimischen, orthodoxen und katholischen Bevölkerungsgruppen hinter sich. Die Wirtschaft liegt am Boden, viel Wiederaufbau muss noch geleistet werden, die sozialen Konflikte brechen immer wieder auf. Dem interreligiösen Dialog kommt sehr große Bedeutung zu, weil er für eine Sprachfähigkeit zwischen den einzelnen Bevölkerungsgruppen sorgt. Darum wird auch die interreligiöse Begegnung ein besonderer Schwerpunkt während dieser Papstreise.“
Das Motto der Visite lässt an Kürze und Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Der Friede sei mit euch.“ Das Logo zeigt ein Kreuz und den stilisierten Umriss Bosnien-Herzegowinas. Im Gefolge des Papstes reisen die Kardinäle Tauran und Koch, Verantwortliche für das interreligiöse bzw. für das ökumenische Gespräch. „Und wie üblich reist auch ein einfacher Vatikanangestellter mit, dem keine spezifische Funktion zukommt. Der Papst hat ihn eingeladen, um sozusagen die Arbeitsgemeinschaft im Vatikan zu repräsentieren.“
Um 7.30 Uhr wird Franziskus von Rom aufbrechen und gegen neun Uhr in Sarajewo landen. Empfangen wird ihn dort das kroatisch-katholische Mitglied der Dreier-Präsidentschaft von Bosnien-Herzegowina. Vor dem Präsidentenpalast will der Papst, nachdem die offiziellen Hymnen gespielt worden sind, Friedenstauben aufsteigen lassen, dann trifft er die drei Präsidenten, die für die einzelnen Bevölkerungsgruppen stehen, und hält eine Rede an ausgewählte Repräsentanten der bosnischen Gesellschaft – auf Italienisch, übrigens, mit Übersetzung. „Nach dem Treffen mit den Institutionen fährt der Papst direkt zu dem Stadion, in dem Johannes Paul II. 1997 eine Messe feierte und das etwa 60.000 Menschen fasst. Auf dem Weg zum Stadion wird Franziskus die ganzen Gräberfelder der Toten des Bürgerkriegs und der Belagerung sehen; während der Belagerung bestatteten die Menschen ihre Toten in den öffentlichen Parkanlagen und wo immer gerade Platz war… Die Messe hat zum Thema Frieden und Gerechtigkeit; Hauptsprache wird Kroatisch sein. Im Anschluss stößt der Papst in der Nuntiatur auf die sechs Bischöfe von Bosnien-Herzegowina.“ Dabei werden allerdings keine Reden gehalten: „ein freier Meinungsaustausch“ werde das, kündigte Pater Lombardi an.
Um vier Uhr nachmittags geht es dann weiter im Papstprogramm: In der Kathedrale im Stadtzentrum erwarten Kleriker, Ordensleute und Priesteramtskandidaten den Gast aus Rom. „Und hier wird es wohl zu einem wichtigen, emotionalen Augenblick kommen, weil zwei Priester und eine Ordensfrau vor dem Papst einige dramatische Erlebnisse der Vergangenheit berichten werden. Das wird wohl ein intensiver Moment.“ Ähnlich wie letztes Jahr in der albanischen Hauptstadt Tirana, wo Zeugen während einer Papstvesper von der Christenverfolgung zu kommunistischer Zeit berichteten und den Papst mit ihren Schilderungen sichtlich bewegten.
Um 17.30 Uhr folgt dann im franziskanischen Studienzentrum die Begegnung von Franziskus mit Vertretern der christlichen Konfessionen und der Religionen. Mit dabei ist auch ein Repräsentant der kleinen jüdischen Gemeinde. 45 Minuten später trifft er in der Turnhalle eines neugebauten Jugendzentrums, das nach Johannes Paul II. benannt ist, auf junge Leute; dabei werden zwei Jugendliche – ein Katholik und eine orthodoxe Christin – auch das Wort ergreifen. Letzte Station ist dann wieder der Flughafen, wo Franziskus – „auf ganz einfache Weise“, wie Lombardi ankündigt – verabschiedet werden wird. Um zwanzig nach neun Uhr abends soll der Papst schon wieder in Rom sein.
„Das Papamobil wird das sein, das er normalerweise auf dem Petersplatz benutzt: ein offener Jeep. Es gibt keine besonderen Befürchtungen, was die Sicherheit betrifft, wir sind in dieser Hinsicht ruhig… Dass Franziskus nach seiner Reise nach Albanien sich nun in Europa Sarajewo als Reiseziel aussucht, hat aus meiner Sicht große Bedeutung. Sarajewo ist ein Ort, an dem der Erste Weltkrieg ausgelöst wurde; hier von Krieg und Frieden zu sprechen, ist von großer Aktualität.“
Lombardi verriet aber nicht nur, worüber der Papst in Bosnien sprechen, sondern auch worüber er schweigen wird. Das Thema Medjugorje wird in den Ansprachen von Franziskus nicht auftauchen, so der Jesuit. Das Dorf Medjugorje ist seit vielen Jahren Schauplatz angeblicher Marienerscheinungen; das Phänomen wird vom Vatikan geprüft. (rv)