Das Abschlussdokument der Bischofssynode über Ehe und Familie ist fertig. Wie Vatikansprecher Federico Lombardi am Samstag mitteilte, wurde der Text am Vormittag vor den Mitgliedern der Bischofssynode verlesen. Er umfasse 94 Punkte und sei von den zehn Mitgliedern des Redaktionsteams einstimmig verabschiedet worden, so Lombardi. Dieses habe zuvor „einige“ der insgesamt 248 Änderungswünsche eingefügt, die nach der Vorstellung des Entwurfs am Freitag eingereicht worden seien. Lombardi stellte die Veröffentlichung des Dokuments für Samstagabend in Aussicht. Zum Inhalt des Papiers äußerte sich bei der Pressekonferenz am Samstagnachmittag der Wiener Kardinal Christoph Schönborn. Er erinnerte daran, dass das Abschlussdokument keinen Beschlusscharakter habe, sondern lediglich eine Empfehlung an den Papst darstelle. Schönborn betonte auch, dass in dem Dokument Aussagen zu den besonders kontroversen Themen wie dem Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen eher allgemein gehalten werden. Die Synodenväter hätten vor allem definiert, was Familien seien: „Das ist ein Mann, eine Frau und ihr gemeinsames Leben, das offen ist für das Leben. Wenn sich zwei finden, dann entstehen zwei Schwiegermütter, also zwei Familien sind dann miteinbezogen, sagt der Papst. Diese Definition schließt Patchwork-Familien nicht aus, aber der Kern bleibt immer die Verbindung zwischen Mann und Frau, die das Leben weiterreicht.“
Neue Arbeitsmethode gewürdigt
Schönborn würdigte vor allem die neue Arbeitsmethode bei der Synode. Sie sei zukunftsweisend, weil mehr miteinander gesprochen werde. Das sei deshalb der eigentliche Erfolg dieses Treffens gewesen, fügte er an. Ebenfalls eine Besonderheit seien die Umfragen bei den Gläubigen im Vorfeld sowie die Konsistorien gewesen, was die „neue Gesprächskultur“ bei Synoden bestätige. Deshalb sei es falsch zu behaupten, die Synode werde nur einen Kompromiss hervorbringen. „Nein, die Hauptbotschaft dieser Synode ist das behandelte Thema. Denn die Kirche mit ihren 1,2 Milliarden Gläubigen hat zwei Jahre lang über die positiven und schwierigen Seiten der Familien gesprochen. Die Kirche sagt ein großes Ja, das ist das Fazit dieser Synode. Die Familie ist kein Modell der Vergangenheit, sondern eine fundamentale Realität unserer Gesellschaft. Der verstorbene atheistische Journalist, Frank Schirrmacher hatte vor ein paar Jahren ein Buch geschrieben mit dem Titel ,Minimum‘ und darin sagt er ein formidables Ja für die Familie, denn sie ist eine Stütze zu jeder Zeit. Dem schließe ich mich an. Das gilt sogar für Patchwork-Familien!“
Homosexualität kommt nicht vor
Die beiden Synoden hätten „eine ganze Bibliothek zum Thema Familie hervorgebracht“, so Schönborn weiter. Zu den „heiklen Themen“ fügte er an, dass sie in das Abschlussdokument nicht näher eingehen. „Es wird nichts zur Homosexualität darin stehen, weil wir auf die Familien eingehen und auf Homosexualität wird darin nur soweit eingegangen, dass wir auf homosexuelle Familienmitglieder eingehen. Es gibt ja verschiedene kulturelle und politische Unterschiede und es gibt Regionen auf der Welt, wo dieses Thema sehr gefährlich ist. Doch die Kirche muss darüber sprechen und das haben wir getan. Es gab einige Synodenväter, die sagten, dass diese Frage bei ihnen kein Thema sei. Aber aus einer synodalen Sicht müssen auch sie darüber sprechen. Umgekehrt galt es für Themen, die bei uns in Europa nicht zentral sind.“ Zu Homosexualität gelte weiterhin der Katechismus der Katholischen Kirche: Jeder Mensch muss berücksichtigt werden und seine Würde muss gewahrt werden, betonte Schönborn. „Das Lehramt ist klar und muss diesbezüglich nicht neu erfunden werden“, fügte er an.
Unterscheidungsvermögen bei Wiederverheirateten Geschiedenen
Bei der Frage nach den wiederverheirateten Geschiedenen solle man das Stichwort „Unterscheidungsvermögen“ in den Vordergrund nehmen, so Schönborn. „Es gibt kein weiß und schwarz, man muss jede Situation unterscheiden und dieses Anliegen finden wir auch bei Johannes Paul II. in ,Familiaris consortio‘.“ Auf den Zugang zu den Sakramenten für wiederverheiratete Geschiedene gehe das Abschlussdokument nicht direkt ein, sondern gebe die fundamentalen Kriterien, wie man damit umgehen soll und das heißt vor allen Dingen, wie man solche Paare seelsorgerlich begleiten soll. „Bei der Sakramentenfrage für wiederverheiratete Geschiedene geht es nicht um Ja oder Nein. Das ist eine falsche Frage, denn die Situation ist immer sehr unterschiedlich. Auch der Schweizer Kurienkardinal Georges Cottier sagte einmal in einem Interview, dass man nicht von wiederverheirateten Geschiedenen sprechen soll, weil es da Unterschiede gibt. Das Abschlussdokument spricht von ,nichtregulären Ehen‘. Übrigens auch die Politik muss sich ändern: es kann nicht sein, dass verheiratete Paare gegenüber nicht-verheirateten Paaren sogar fiskalpolitisch benachteiligt sind.“
Ausgleich zwischen Orts- und Weltkirche
Zum Stichwort „Dezentralisierung“ sagte der Wiener Erzbischof: „Es braucht einen Ausgleich zwischen Ortskirche und Universalkirche. Das ist ein altes Anliegen. Es geht nicht darum, die Kirchen zu nationalisieren. Die Verbindung zum Papst ist ausschlaggebend. Es wäre tragisch, wenn es eine österreichische Kirche oder sonst eine nationale katholische Kirche gäbe. Es ist schön, zusammenzuarbeiten, aber man muss natürlich die kulturellen Unterschiede beachten, damit ist Dezentralisierung gemeint.“ (rv)