IOR-Jahresbilanz: Unser Interview mit E. von Freyberg

Ernst_von_FreybergDie „Vatikanbank" IOR sorgt für eine Premiere: An diesem Dienstag hat sie auf einer neuen Homepage erstmals in ihrer über hundertjährigen Geschichte eine Jahresbilanz veröffentlicht. Damit will der deutsche Präsident des Instituts, Ernst von Freyberg, „Verschwörungstheorien" entgegentreten, wie er in einem Interview mit unserem Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord erläuterte. Hier lesen Sie eine genaue Abschrift des Gesprächs.

Sie haben ein langes und komplexes Dokument vorgelegt; wenige werden es lesen, wahrscheinlich noch weniger genau verstehen. In wenigen Worten: Was steht da drin?

„Unser Jahresbericht enthält eine Einführung durch die Kardinalskommission, vom Präsidenten, Aufsichtsrat und Prälaten (des IOR). Er stellt unser Geschäftsjahr 2012 dar, die ersten acht Monate des Geschäftsjahres 2013, und was natürlich ganz wichtig ist: Er enthält den detaillierten Jahresabschluss des Jahres 2012 im Vergleich mit dem Jahresabschluss 2011. Das sind über zwei Drittel des Jahresberichtes."

Muss ich selber Buchhalter sein, um das verstehen zu können?

„Nein, müssen Sie nicht. Wenn Sie den Bericht des Präsidenten lesen und die Ausführungen zu den Jahren 2012 und 2013, haben Sie einen guten Überblick über das, was wir machen."

Für wen ist das Dokument geschrieben? Für uns, die Medien? Oder für Ihre Partnerbanken, oder für die gesamte Öffentlichkeit?

„Zunächst mal haben wir das Dokument für die Kirche verfasst! Es gibt über eine Milliarde Katholiken in der Welt, die haben ein Recht darauf zu wissen, was das „Istituto per le Opere di Religione" macht und wie es die Kirche in der Welt unterstützt. Es ist geschrieben für unsere Korrespondenzbanken, für die breite Öffentlichkeit, für die Medien und für Finanzanalysten, die sich für uns interessieren."

„Verschwörungstheorien aus der Welt schaffen"

Enthält das Dokument Neues? Das IOR zieht ja geradezu Verschwörungstheorien und Geschichten in den Medien an, gibt es da Neues, aus dem hervorgeht, was das IOR genau macht und ist?

„Es gibt nichts Neues über das hinaus, was wir schon in den letzten sechs Monaten erklärt haben, was unsere Aktivitäten anbelangt. Es gibt wahnsinnig viel Neues, wenn es zu den Details kommt: Wir erklären jede einzelne Bilanzposition, jede einzelne Position in der Gewinn- und Verlustrechnung, gerade um die Verschwörungstheorien aus der Welt zu schaffen."

Sie haben hinten einen Prüfbericht angehängt – ist das etwas Neues für Sie, dass Sie jetzt auch sagen, es gab ein internationales Audit, und wir veröffentlichen das ebenfalls?

„Das Institut wird seit vielen Jahren von renommierten internationalen Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaften geprüft; neu ist, dass wir das jetzt zum ersten Mal in 125 Jahren veröffentlichen."

Sie sagen: Dass es den Bericht gibt, ist nichts Neues; dass Sie ihn veröffentlichen, schon. Das ist Teil Ihrer Transparenzpolitik für das Institut, nicht wahr?

„Seit März diesen Jahres haben wir drei Säulen unserer Transparenzpolitik. Die erste ist: Wir sind in einen systematischen Dialog mit den Medien eingetreten, wir haben das Büro eines Pressesprechers geschaffen. Wir sind zuverlässiger Partner für die Medien, wir stehen für Fragen zur Verfügung und beantworten sie detailliert und faktisch richtig. Das Zweite ist: Wir haben eine Webseite geschaffen, die vor allem dazu dienen soll, dass sich jeder informieren kann über das IOR, so dass es eine autoritative Quelle gibt und man nicht auf die Verschwörungstheorien angewiesen ist. Und das dritte Element ist jetzt die Veröffentlichung des Jahresberichts, der Kunden der Kirche, Korrespondenzbanken und der Öffentlichkeit einen kompletten Überblick über die wirtschaftliche Lage geben soll."

„Wir können jederzeit inspiziert werden"

Was Sie „nebenbei" ja auch noch tun (also neben dem Veröffentlichen und der Kommunikation), ist ja, dass Sie sich das IOR genau ansehen: Sie kontrollieren u.a. alle einzelnen Konten. Wie geht das? Welche Fortschritte machen Sie damit im Augenblick?

„Wir haben damit im Mai diesen Jahres angefangen und einen Spezialisten aus den USA dafür eingestellt. Diese Firma „Promontory" ist hier mit zwanzig bis 25 Mann und geht durch jedes Konto durch; sie überarbeitet mit uns zusammen unsere Prozesse, und wir haben ein neues Handbuch – das ist also schon abgeschlossen. Wir sind heute so, dass wir jederzeit von einer dritten Partei, z.B. von Moneyval, inspiziert werden können und dass Moneyval hier das findet, was es von einem Finanzinstitut unserer Art erwartet an Kontrollen und Aufsicht."

Wie wichtig ist das für Sie persönlich, aber auch für das Institut, externe Hilfe wie „Promontory" hier im Institut zu haben?

„Wir brauchen externe Hilfe aus zwei Gründen. Das Erste ist: Ein Externer wie „Promontory" macht das jeden Tag rund um die Welt bei vielen Finanzinstituten und hat demgemäß ein ganz anderes Know-how, als wir das intern haben könnten. Das Zweite ist: Es ist sehr viel Arbeit, und zwanzig bis 25 Leute, die „Promontory" hier jeden Tag einsetzt, hätten wir intern gar nicht, um diese Arbeit zu machen."

„Papst entscheidet über IOR-Zukunft"

Die Medien suchen nach großen Worten und den scharfen Kontrasten; „neue Zeiten brechen beim IOR an", habe ich gelesen, und eine andere Zeitung spricht von „Revolution". Wie würden Sie das, was vorgeht, in Ihren eigenen Worten beschreiben?

„Wir gehen unseren Weg weiter, und die Veröffentlichung des Jahresberichts ist ein wichtiger weiterer Schritt. Ziel ist es, dass wir dem Heiligen Vater die Option geben, dass er entscheiden kann, wohin es mit dem Institut weitergehen soll."

Und was ist für Sie und das IOR der nächste Schritt?

„Wir haben uns in den ersten sechs Monaten sehr stark mit den Themen Compliance und Transparenz beschäftigt. Jetzt wird der Kunde in den Vordergrund rücken; wir müssen uns genau anschauen, ob wir den Kunden, das heißt die Orden und den Heiligen Stuhl, gut bedienen, ob unsere Dienstleistung gut ist – und was wir verbessern können, um der Kirche noch mehr zu dienen, als wir es heute tun!" (rv)