Papst-Interview mit italienischer Zeitung

La RepubblicaMit Vorsicht zu genießen – und trotzdem interessant: Papst Franziskus hat der italienischen Tageszeitung La Repubblica wieder ein großes Interview gegeben. Es erschien in der Ausgabe von diesem Freitag. Allerdings hat sich herumgesprochen, dass der historische Repubblica-Herausgeber Eugenio Scalfari, ein Herr von mittlerweile 92 Jahren, bei solchen Interviews keine Aufnahmegeräte einsetzt – aus Prinzip nicht. Stattdessen rekonstruiert er sie hinterher aus seinem Kopf. Trotzdem: Interessant, was Scalfari Papst Franziskus diesmal sagen lässt.

Am letzten Montag habe er sich „über eine Stunde lang“ mit dem Papst unterhalten können, so Scalfari. Dabei habe ihm Franziskus anvertraut, er wolle über Donald Trump und generell über Politiker „kein Urteil abgeben“. „Ich will nur verstehen, welche Leiden ihr Vorgehen den Armen und Ausgeschlossenen bereiten kann.“ Wohlgemerkt: Zum Zeitpunkt des Interviews hatte Trump noch nicht die US-Präsidentenwahlen gewonnen.

Seine Hauptsorge gelte derzeit „den Flüchtlingen und Einwanderern“, so der Papst weiter. Leider gebe es gegen sie häufig „gesetzliche Maßnahmen“, weil „Bevölkerungen“ fürchteten, dass Migranten ihnen „ihren Arbeitsplatz wegnehmen und ihre Gehälter deswegen sinken“. „Das Geld ist gegen die Armen, und auch gegen die Einwanderer und Flüchtlinge, aber da sind auch die Armen in den reichen Ländern, denen die Aufnahme von Menschen in ähnlicher Lage aus armen Ländern Sorgen macht. Das ist ein perverser Kreislauf, der durchbrochen werden muss. Wir müssen die Mauern niederreißen, die spalten.“

Es seien „Ungleichheiten“, die dazu führten, dass „viele Völker von einem Land ins andere, von einem Kontinent zum anderen“ zögen. Diese Ungleichheiten gelte es zu bekämpfen, „das ist das größte Übel, das es auf der Welt gibt“. Und weiter: „Es ist das Geld, das sie herbeiführt.“ Einmal mehr wehrt sich Franziskus in dem Gespräch gegen den Vorwurf, im Grund seines Herzens Kommunist zu sein. Eher verhalte es sich so, „dass Kommunisten wie Christen denken“. „Christus hat von einer Gesellschaft gesprochen, in der die Armen, Schwachen und an den Rand Gedrängten die sind, die entscheiden. Nicht die Demagogen, sondern das Volk, die Armen… Ihnen müssen wir helfen, um Gleichheit und Freiheit zu erreichen.“

Der Papst bejaht die Frage Scalfaris, ob er wünsche, dass die Armen direkt „in die eigentliche Politik eintreten“ sollten: „Ja, so ist das. Nicht in die Machtkämpfe, den Egoismus, die Demagogie, das Geld, sondern in die hohe, kreative Politik, in die großen Visionen.“ Scalfari fragt nach: Ob Franziskus ein „wenn auch politischer Krieg“ vorschwebe, mit dem die Volksbewegungen die Macht ergreifen könnten? Antwort des Papstes: „Ich habe nie an Krieg und Waffen gedacht.“ Wenn Blut vergossen werde, dann seien das häufig „die Christen, die zu Märtyrern werden“ – ein Sprung zur katastrophalen Lage in Nahost.

Die Männer des „Islamischen Staates“ seien „furchtbare Schlächter“, und Christen seien ihre Opfer. Scalfari versetzt, dass viele Länder derzeit mit Waffengewalt gegen den IS vorgingen. Daraufhin Franziskus: „Nun, das ist nicht die Art von Konflikt, den christliche Volksbewegungen austragen. Wir Christen sind immer Märtyrer gewesen, und doch hat unser Glaube im Lauf der Jahrhunderte große Teile der Welt erobert.“ Leider sei es immer wieder zu Religionskriegen gekommen – „aber das geschah immer dann, wenn die einzelnen Religionen und auch unsere Religion die Macht über den Glauben und die Barmherzigkeit gestellt haben.“

Ohne Macht könne man nun aber nicht gewinnen, so Scalfari, ohne Macht könnten auch Arme und Ausgeschlossene ihre Stimme nicht in der Politik hörbar machen. Woraufhin Franziskus erklärt: „Jetzt vergessen Sie, dass es auch die Liebe gibt.“ Es lebten mittlerweile mehr als zweieinhalb Milliarden Christen auf der Welt – ob es dazu Waffen und Kriege gebraucht habe? Nein. Aber Märtyrer, „ja, und zwar viele“. „Wir haben den Glauben verbreitet, indem wir an Jesus Christus Mass genommen haben. Er war der Märtyrer der Märtyrer…“

Der Journalist schließt mit dem Eindruck, dass Papst Franziskus „viele Gegner“ in seiner eigenen Kirche habe. „Gegner würde ich nicht sagen“, antwortet der Papst: „Der Glaube eint uns alle. Natürlich sind wir Individuen und sehen dieselben Dinge jeder in einer anderen Weise…“

Ein etwas seltsames Gespräch: Schöne Papstzitate, gewiss, doch immer mit dem Verdacht des Fiktiven behaftet. (rv)

Offenbar Terror-Angriff auf Vatikan vereitelt

IS FahneROM – Die italienische Polizei hat vier Personen verhaftet und fahndet nach zwei weiteren, die verdächtigt werden, Kollaborateure des Islamischen Staates zu sein. Mindestens einer davon soll einen Bomben-Anschlag in Rom geplant haben.

Ziel des Verdächtigen sei offenbar der Vatikan und die Israelische Botschaft in Rom gewesen, hieß es. Unter anderem sei eine WhatsApp-Nachricht abgefangen worden, die den gebürtigen Marokkaner, der sich zu der Zeit auch in Rom aufhielt, zu dem Bombenanschlag aufforderte.

Einem weiteren Marokkaner soll er wörtlich mitgeteilt haben: „Ich will Israel in Rom angreifen“ — so die Nachrichtenagentur Reuters mit Verweis auf abgehörte Telefongespräche zwischen den Verdächtigen und einer dritten Person. Dabei wurde auch über einen Anschlag auf den Vatikan gesprochen.

„Ich schwöre, ich werde der erste sein, der sie in diesem Italien der Kreuzritter angreift, im Vatikan, so Allah will,“ zitiert das Abhörprotokoll einen weiteren Festgenommenen im Gespräch mit einer Person, die noch auf der Flucht ist.

Eine spezifische Form der Bedrohung

Auch ein italienisch-marokkanisches Ehepaar wird gesucht: Der Ehemann soll Befehlsempfänger des Terror-Planers gewesen sein, vermuten die Behörden.

Der zuständige Staatsanwalt teilte der italienischen Agentur ANSA mit, dass die neuesten Untersuchungen zeigten, dass es statt allgemeiner Drohungen nun spezifische Planungen eines Anschlags gegeben habe, von Individuen auf italienischem und vatikanischen Boden. Gleichzeitig betonte er, dass die Bedrohung nicht akut gewesen sei und die Autoritäten schnell die Verdächtigen zu verhaften suchten.

Rom sei eine Zielscheibe, weil es ein christliches Pilgerziel ist, so der Staatsanwalt.

In Italien hat es noch keine größeren islamistischen Terror-Angriffwie etwa in Spanien, Frankreich, Belgien und anderen Ländern gegeben. Im vergangenen Monat wurde ein Asylbewerber und Imam aus Somalia verhaftet, dem zur Last gelegt wird, einen Terror-Anschlag in Rom geplant zu haben.

Der italienische Premierminister Matteo Renzi dankte den Behörden per Tiwtter für ihren Einsatz und dafür, einem Angriff vorgebeugt zu haben. (CNA Deutsch)

Irak: Christen wünschen sich Besuch von Papst Franziskus

Patriarch SakoDie Christen im Irak erwarten einen Besuch von Papst Franziskus. Das sagt der chaldäische Patriarch von Bagdad, Louis Raphaël I. Sako. Radio Vatikan interviewte ihn in der süditalienischen Stadt Jelsi, Region Molise, wo der irakische Patriarch am Montagabend einen internationalen Preis zur Verteidigung von Minderheiten entgegennahm. Papst Franziskus hatte im vergangenen Jahr angekündigt, er wäre dazu bereit, an die Ränder des „Islamischen Staates“ zu reisen, um mit den verfolgten Christen dort zu beten. Patriarch Sako:

„Wir brauchen seine Anwesenheit unter uns, damit er uns Kraft und Hoffnung gibt, nicht nur den Christen, sondern allen. Der Papst ist ein Symbol nicht nur für die Christen. Er ist internationale eine spirituelle und moralische Autorität, und alle warten auf seine Anwesenheit unter uns. Das könnte uns so viel Kraft geben, auszuharren und nicht aufzugeben.“

Der internationalen Staatengemeinschaft hingegen wirft der Patriarch von Bagdad Versagen und Egoismus vor. Die westlichen Länder betrieben „eine Politik, die nur ihr wirtschaftliches Interesse sucht und nicht das Wohl der Menschen“, so Sako. „Sie suchen nicht den Frieden“. Ein Grundübel ist aus seiner Sicht der internationale Waffenhandel. „Waffen herzustellen, heißt auch, Krieg herzustellen.“ Um den Terror des sogenannten „Islamischen Staates“ zu bekämpfen, brauche es freilich eine breite internationale Allianz. Der „IS“ sei tatsächlich ein Staat, erklärte der chaldäische Patriarch: „Er hat Geld, verkauft Öl, hat Waffen und viele Dschihadisten, die immer mehr werden.“

Es brauche aber nicht nur eine Erneuerung der Politik und der Wirtschaft, sondern auch eine Erneuerung des Islam, verdeutlichte Sako. „Die Muslime müssen eine neue Lesart des Islam finden, um die positive Botschaft für das menschliche Leben zu entdecken, den Respekt der Würde des Menschen.“ (rv)

Irak: Dominikaner als „christliche Hoffnung“

IrakSie sind ein wichtiges Zeichen der Hoffnung für die geplagte Bevölkerung im Irak: die Ordensleute, die inmitten von Chaos, Leid und Verfolgung an der Seite der Menschen ausharren. Davon berichteten auch zwei Dominikaner, die vor kurzem in Bagdad und Erbil waren, der Hauptstadt der kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak. Eingeladen hatten Dominikaner, die aufgrund des IS-Terrors um ihr Leben fürchten müssen, aber dennoch bleiben. Über hunderttausend Menschen flohen, viele Christen, vor allem aber Jesiden, als die Kämpfer der Terrormiliz des sogenannten „Islamischen Staates" Erbil im Juni vergangenen Jahres eroberten.

Pater Timothy Radcliffe ist der ehemalige Obere des Dominikanerordens. Er erzählt im Gespräch mit Radio Vatikan, warum der Westen Verantwortung übernehmen und alles tun muss, um den Konflikt zu beenden:

„Eine der Sachen, die wir sahen, als wir dort waren, war, dass das keine lokale Krise ist. Sondern das ist die Folge des Eingriffs des Westens. Ich denke auch, dass der brutale Fundamentalismus, den wir dort vorfinden, aus der schrecklichen Armut geboren wurde, aus der ständig wachsenden Ungleichheit in dieser Welt; das wirtschaftliche System produziert die Quelle der Gewalt. Die Menschen sind zerrissen. Und eine der Reaktionen ist Terrorismus."

Ein Dialog mit dem „Islamischen Staat" sei derzeit nicht vorstellbar, unterstreicht Radcliffe. Aber es gebe viele Muslime in Bagdad, die sich einen konstruktiven Dialog und eine Auseinandersetzung mit dem Westen wünschen. Die Dominikaner gründeten in Bagdad eine Akademie, die genau diesem Dialog Raum geben würde. Die Akademie der Humanwissenschaften hat 5.000 Studenten, 4.000 davon seien Muslime. Dennoch sieht er eine große Gefahr daran, dass eine der ältesten christlichen Gemeinschaften dort einfach untergeht.

„Wenn die Leute aus diesem Land fliehen, dann können wir das nur verstehen und wir müssen sie willkommen heißen. Aber wir können zeitgleich nur hoffen und beten, dass die Gemeinschaft auch eine Möglichkeit findet, dort zu bleiben, auch in sehr reduzierten Lebensumstände. Einige Christen hoffen, dass sie im Zentrum von Kurdistan bleiben können. Dort eine Siedlung aufbauen können. Das wird derzeit diskutiert. Ob das möglich ist oder nicht, werden wir sehen." (rv)