Kommentar: Der Krieg als Chance

BelgienBRÜSSEL – „Wir befinden uns im Krieg“. Damit hat Frankreichs Premier Manuel Valls gestern auf den Punkt gebracht, was nicht erst seit Brüssel bitterste Wahrheit ist. Es herrscht Krieg. Auch wenn viele unter uns — auch ich — es eigentlich nicht wahrhaben wollen. Und nun? Die Frage ist, wie wir ehrlich, sachlich und differenziert damit umgehen, und dann vor allem handeln. Ohne selbst-verordnete Scheuklappen oder emotionale Hysterie. Als Christen, als Bürger, als Gesellschaft. Was also tun? Drei Dinge würde ich vorschlagen:

  1. Die Opfer beim Namen nennen, für sie beten — und ihren Hinterbliebenen beistehen. Christen, aber auch Jesiden, Atheisten, Juden, Muslime; alle, die den Terroristen zum Opfer fallen, egal ob in Brüssel, auf dem Sinai oder in Istanbul. Gedenken wir ihrer, und helfen wir den Überlebenden; auch mit Asyl.
  2. Den Gegner beim Namen nennen, für ihn beten — und sich seiner wehren. Wie wir uns vor andere stellen würden, welche uns und unserer Freiheit an die Kehle wollen. Das ist auch Christenpflicht. Der selbst-ernannte Islamische Staat lebt eine mörderische Ideologie, die weder uns respektiert noch unsere Demokratie und Werte, noch die meisten anderen, inklusive dem übrigen Islam. Völlig egal, ob er sich IS nennt, oder als Takfirismus, Salafismus etikettiert wird: Diese Ideologie hat keinen Platz in unserer Gesellschaft. Nicht in unseren Flüchtlingsheimen, nicht an unseren Schulen, in unseren Fußgängerzonen, den sozialen Medien — und schon gar nicht in unseren Moscheen und Kulturvereinen. Ein Islamgesetz, robuster Schutz sowie eine rationelle Migrationspolitik wären ein Anfang.
  3. Diese Bedrohung, dieser Krieg, ist auch eine Gelegenheit, die „doppelte tiefgreifende Krise“ des Glaubens in Europa zu überwinden, die Papst emeritus Benedikt XVI. unlängst diagnostiziert hat und auch Franziskus tadelt. Auch der – endlich anerkannte – Völkermord des IS und sein Terror sind ein Aufruf zur Umkehr und zum Zeugnis seiner Liebe. (CNA Deutsch)

Neuer Bericht dokumentiert den Völkermord an Christen im Irak und Syrien

USAWASHINGTON, D.C. – Auf 278 Seiten belegt dieser Bericht die Vernichtung von Christen und anderen religiösen Minderheiten durch die Kämpfer des Islamischen Staates: Eine Woche vor der Entscheidung des US-Außenministeriums, ob der Völkermord des IS offiziell anerkannt wird, haben die katholischen Kolumbusritter zusammen mit anderen einen umfangreichen Bericht vorgelegt, der die neuesten Beweise des Genozids dokumentiert.

„Wir stehen nun vor einer historischen Entscheidung”, sagte Carl Anderson, oberster Ritter der „Knights of Columbus”. Die weltgrößte Laien-Vereinigung katholischer Männer veröffentlichte den Bericht zusammen mit der Gruppe In Defense of Christians – „Zur Verteidigung von Christen” im Nationalen Presse-Klub in Washington.

„Die Beweise in diesem Bericht, zusammen mit den Beweisen, die dem Europäischen Parlament vorgelegt wurden, unterstützen gänzlich, und ich würde sogar sagen, beweisen zwingend, dass es vernünftige Gründe gibt davon auszugehen, dass das Verbrechen des Völkermords gegen Christen in der Region verübt worden ist”, sagte er am 10. März.

„Die Geschichte wird die Gräueltaten gegen religiöse Minderheiten im Nahen Osten als Völkermord aufzeichnen”, fügte er hinzu.

„Die Frage ist, ob Amerika als mutiges Land erinnert werden wird, so wie im Falle Darfurs, oder als weniger mutig, so wie im Falle Ruandas.”

Wie CNA berichtete, haben das Europa-Parlament und andere Einrichtungen den Genozid an Christen und weitere Minderheiten anerkannt. In den USA hatte das Holocaust Museum jedoch einen Bericht vorgelegt, der nur die Jesiden im Nordirak als Opfer eines Genozids bezeichnete. Nun wird darum gerungen, dass auch die Vernichtung, Vertreibung und Verfolgung von Christen und anderer ethno-religiöse Minderheiten in der gesamten Region anerkannt wird.

Das Außenministerium hat nun sechs Tage Zeit, um dem Kongress Bericht zu erstatten über die Verfolgung religiöser Minderheiten im Nahen Osten durch „islamische Extremisten”. Dabei muss es auch um die Frage gehen, ob die Verfolgung „massive Gräueltaten oder Genozid” darstelle. (CNA Deutsch)

D/Irak: Erzbischof Schick, „Waffenlieferungen ja, aber „

Erzbischof Schick Deutschland liefert ab diesem Donnerstag Rüstungsgüter in den Irak. Panzerabwehrraketen, andere Waffenarten und Ausrüstung sind Teil der Lieferungen, die an die kurdischen Peschmerga-Kämpfer gehen sollen. Diese verteidigen Hunderttausende Menschen, die vor den bestialischen Taten des „Islamischen Staates“ ins nordirakische Kurdengebiet flüchten konnten. „Der ungerechte Aggressor muss gestoppt werden“ – das hatte auch Papst Franziskus erklärt. Dennoch sieht die katholische Kirche Waffenlieferungen grundsätzlich kritisch. Erzbischof Ludwig Schick von Bamberg ist in der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen der Weltkirche zuständig. Er sagte im Gespräch mit Radio Vatikan:

„Wir als Kirche sind grundsätzlich gegen Krieg und deshalb sind wir auch grundsätzlich gegen Aufrüstung. Aber wir müssen auch dafür sein, dass Menschen geschützt werden, wenn sie bedroht sind. Das ist im Irak der Fall. Wenn diese Menschen nicht anders geschützt werden können als mit Waffengewalt, dann muss man dazu, auch wenn man es nicht will, leider Gottes Ja sagen.“

Die katholische Kirche knüpfe ihr Ja zu Waffenlieferungen aber an bestimmte Bedingungen, sagte Erzbischof Schick:

„Es dürfen nur Waffen sein, die die Waffen des „Islamischen Staates“ zerstören und die die Menschen beschützen. Es darf keine Aufrüstung geben durch die Waffenlieferung, sondern eigentlich muss es dahin gehen, dass Waffen zerstört werden, dass es weniger Waffen im Irak werden, zumindest auf Zukunft hin.“

Eine besondere Form von Solidarität mit den Bedrängten im Irak hatte Papst Franziskus ins Spiel gebracht. Er wäre dazu bereit, persönlich in den Nordirak zu reisen, um mit den Menschen zu beten, erklärte Franziskus auf dem Rückflug von Korea. Ob das Vorhaben realistisch ist oder nicht – die Worte des Papstes allein sind ein wichtiges Zeichen, sagt Erzbischof Schick.

„Das ist ein sehr starkes Wort, ein sehr bewegendes Wort, und es hat auch viele Menschen bewegt. Vor allem die Christen im Irak und die Jesiden und viele andere, die dort sehr bedrückt sind. Ob der Papst dorthin gehen kann, ist noch einmal etwas anderes. Da muss wegen der Sicherheit noch gesprochen werden. Aber dass er das gesagt hat, ist eine große Bestärkung für die, die dort leiden, und auch ein Warnsignal an jene, die die Bedrängen dort noch mehr bedrängen. Ich fand diese Aussage sehr gut. Sie muss nicht realisiert werden, aber indem sie gesagt ist, hat sie sicher Wirkung.“

Amnesty International stuft die Vorgänge im Irak als „systematischen Völkermord“ ein. Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge wurden allein im August 600.000 Menschen im Irak vertrieben. Mehrmals hat Papst Franziskus öffentlich dazu aufgerufen, Solidarität mit den Opfern des „Islamischen Staates“ zu zeigen, auch über den Weg der Aufnahme im eigenen Land. Deutschland tut da noch nicht genug, meint Erzbischof Schick.

„In Deutschland, überhaupt in Europa gibt es auch eine Angst, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, weil man sich in seiner eigenen Existenz bedroht fühlt. Das ist eigentlich eine irrationale Angst. Wenn wir Menschen aufnehmen, müssen wir das erst einmal aus humanitären Gründen tun. Wir wissen aber auch, dass viele Christen und auch andere, die aus dem Irak oder Syrien zu uns gekommen sind, inzwischen auch gute Arbeitskräfte sind und zum Gemeinwohl beitragen. Ich glaube, hier braucht es Sensibilisierung und ein Stück Rationalisierung, damit man aus diesen unreflektierten Ängsten herauskommt und Ja sagt zu den Menschen, die zu uns kommen. Aber da muss viel mehr gemacht werden. Allein mit schockierenden Bildern geht das jedenfalls nicht.“
(rv)

Vatikan/Irak: Aufruf zum Gewaltstopp an IS-Kämpfer

Kardinal Rodriguez MaradiagaCaritas Internationalis appelliert an die IS-Kämpfer im Irak, Gewaltakte gegen die Bevölkerung unverzüglich einzustellen. In einem Solidaritätsschreiben an die chaldäische Kirche und die Caritas im Irak wendet sich der Präsident von Caritas Internationalis, Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, an die Islamisten, die dabei sind, in dem Land ein Kalifat zu installieren: „Wir rufen die Kämpfer des Islamischen Staates dazu auf, die folgenschweren Gräueltaten an ihren Brüdern und Schwestern einzustellen und auf eine friedliche Gesellschaft hinzuarbeiten, in der alle Menschen – ob Mehrheits- oder Minderheitsgemeinschaften zugehörig – zusammen in Frieden und fruchtbringend leben können“, schreibt der Kardinal in dem Brief, der auf den 15. August datiert ist.

Angst vor Rückschritten im Dialog
In dem Schreiben bringt der Präsident von Caritas Internationalis seine Sorge zum Ausdruck, dass die jüngste Gewaltwelle zu Rückschritten im christlich-muslimischen Dialog führen und die friedliche Koexistenz der beiden Religionsgruppen weltweit und „vor allem im Nahen Osten“ beeinträchtigen könne. Der Kardinal hält jedoch fest, dass die Gewalt im Irak alle Volks- und Religionsgruppen – Christen, Jesiden, Kurden, Shabaks und Mandäer. Die durch Islamisten erzwungene Markierung christlicher Häuser im Irak erinnere freilich an die Judenverfolgung im Nationalsozialismus, deutet der Kardinal an.

Solidarität mit den leidenden Menschen
Kirchen- und Ordensleuten, Caritasmitarbeitern und allen bedrängten Menschen im Irak drückt der Caritas Internationalis-Präsident im Namen des vatikanischen Dachverbandes Solidarität und Nähe aus. Caritas Internationalis arbeite „auf lokaler, nationaler, regionaler und globaler Ebene“ für die Wiederherstellung der Sicherheit, die Wahrung der Menschenrechte und die Unterbindung von Gewalt im Irak, versichert Rodriguez Maradiaga weiter. Der Brief ist an den chaldäischen Patriarchen, Louis Raphael Sako, und den Präsidenten von Caritas Irak, Schlemon Warduni, adressiert. (rv)

Vatikan: Anklageschrift gegen islamistischen Terror im Irak

Kardinal Tauran Die Vatikanbehörde, die für den Dialog mit den Muslimen zuständig ist, hat sich erstmals zur Errichtung des „Kalifates“ durch die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ geäußert. Mit äußerster Entschiedenheit weist der von Kardinal Jean-Louis Tauran geleitete Päpstliche Rat für den interreligiösen Dialog die Praktiken des „Islamischen Staates“ zurück. Die „religiösen Verantwortlichen, besonders die muslimischen“, werden zu einer „klaren und mutigen Stellungnahme“ zu den Vorgängen im Irak aufgefordert. Das „Kalifat“ ist Ende Juni 2014 ausgerufen worden.

Die Erklärung aus dem Vatikan, die an diesem Dienstag veröffentlich wurde, listet zahlreiche und „unsägliche kriminelle Handlungen“ durch die Dschihadisten des „Islamischen Staates“ auf: Massaker an Menschen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit, die „grauenhafte Praxis der Enthauptung, der Kreuzigung und des Aufhängens von Leichen an öffentlichen Plätzen“, die erzwungene Wahl für Christen und Jesiden, zu konvertieren, eine bestimmte Steuer zu zahlen oder zu flüchten; die Vertreibung „zehntausender Menschen“, darunter Kinder, Alte, Schwangere und Kranke; die Entführung christlicher und jesidischer Frauen und Mädchen „als Kriegsbeute“; die Auferlegung der „barbarischen Praxis“ der Genitalverstümmelung an Frauen; die Zerstörung christlicher und muslimischer Kultorte; die Besetzung und Entweihung von Kirchen und Klöstern; die Zerstörung christlicher und anderer religiöser Symbole; und schließlich die „niederträchtige Gewalt mit dem Ziel, die Menschen zu terrorisieren und sie zu zwingen, sich auszuliefern oder zu flüchten“.

„Kein Grund“, erst recht kein religiöser, könne „eine solche Barbarei rechtfertigen“, heißt es weiter in der ungewöhnlich deutlich formulierten Mitteilung aus dem Vatikan. Christen und Muslime hätten über Jahrhunderte nebeneinander gelebt, „mit Höhen und Tiefen“, aber sie hätten eine Zivilisation geschafften, „auf die sie stolz sind“. Auf dieser Grundlage habe sich nicht zuletzt der christlich-muslimische Dialog in den vergangenen Jahren entwickelt.

Angesichts der dramatischen Lage der Christen, Jesiden und anderen Religionsgemeinschaften im Irak brauche es eine einstimmige Verurteilung der Vorgänge im „Kalifat“, heißt es in der Mitteilung aus dem Vatikan weiter. Religionsvertreter, „besonders muslimische“, Exponenten des interreligiösen Dialogs und „alle Menschen guten Willens“ müssten „einmütig und ohne Zweideutigkeiten“ die Verbrechen der islamistischen Terrorgruppe im Irak verurteilen und ihre Berufung auf religiöse Motive zurückweisen. Auf dem Spiel stehe geradewegs die Glaubwürdigkeit der Religionen, ihrer Anhänger und ihrer Oberhäupter. Der Vatikan verweist auch darauf, dass die Mehrheit der islamischen Institutionen in Religion und Politik die Wiedererrichtung des Kalifats durch die Dschihadisten der Organisation „Islamischer Staat“ ablehne.

Die Religionsvertreter müssten auch ihren Einfluss bei den Regierungen geltend machen, damit die Verbrechen aufhören, die Täter bestraft werden und ein Rechtsstaat in dem Krisengebiet entstehe, damit die Vertriebenen zurückkehren können. Auch einen neuerlichen Appell gegen den Waffenhandel beinhaltet die Erklärung des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog: „Die religiösen Führer werden nicht verabsäumen zu unterstreichen, dass die Unterstützung, Finanzierung und Bewaffnung des Terrorismus moralisch verwerflich sind.“ Die Erklärung endet mit dem Appell von Papst Franziskus von Ende Juli: „Der Gott des Friedens erwecke in allen ein echtes Verlangen nach Dialog und Versöhnung. Gewalt besiegt man nie mit Gewalt. Gewalt besiegt man mit dem Frieden!“ (rv)