In Venezuela geht das sozialistische Regime aufs Ganze: Gegen alle Proteste im In- und Ausland lässt Präsident Nicolas Maduro an diesem Sonntag die Wahlen zu einer Verfassungsgebenden Versammlung stattfinden. Dahinter steht der durchsichtige Plan, das Parlament zu entmachten, weil in ihm die Opposition dominiert.
Seit Wochen demonstrieren auf Venezuelas Straßen und Plätzen Hunderttausende von Menschen gegen das Regime, das das Land in eine schwere Wirtschafts- und Versorgungskrise geführt hat. Maduro regiert seit Jahren mit Hilfe von Ausnahmezustand und Dekreten am Parlament vorbei; fällige Regional- und Kommunalwahlen fallen aus, weil der Autokrat (wohl zu Recht) eine Blamage an den Urnen befürchtet, und damit einen weiteren Verlust an Legitimität.
„Leiden der Menschen muss Priorität haben“
Der Ordensobere der Jesuiten, Pater Arturo Sosa, ruft Maduro von Rom aus eindringlich zum Umdenken auf. Sosa ist Venezolaner und hat lange Politikwissenschaften in Caracas gelehrt; einer seiner Schüler war Hugo Chavez, Gründer des jetzigen Regimes und politischer Ziehvater Maduros.
„Ich schließe mich den Stimmen, Absichten und Positionen der Bischöfe von Venezuela an“, sagt Sosa in einem über Radio Vatikan lancierten Appell. „Die Bischöfe sind sehr einig untereinander und auf einer Linie mit den Jesuiten Venezuelas und den anderen Ordensleuten im Land. Sie haben sehr mutige Positionen geäußert und betont, dass die Priorität jetzt das Leiden der Menschen sein muss.“
Die Bischofskonferenz hat in dem Appell, auf den sich der Jesuitengeneral bezieht, auch Maduros Projekt einer Verfassungsgebenden Versammlung eine deutliche Absage erteilt. In ihrem Statement warnt sie außerdem davor, der Präsident wolle eine Art marxistisches Regime in Venezuela einführen.
Pater Sosa betont zunächst nicht so sehr das Politische, sondern weist vor allem auf die immer schwierigere Lage der Bevölkerung hin. „Die Menschen leiden im Moment, weil es an den grundlegenden Lebensbedingungen mangelt. Sie haben weder Nahrung noch Sicherheit, keine Medizin, keine funktionierende Schule – nichts, was zu einem normalen Leben gehört.“
Für einen „wirklichen“ Dialog
Dann wird der Ordensmann aus Venezuela aber doch politisch. „Es geht darum, das Leiden der Menschen zu teilen, damit aus der Politik ein echtes Werkzeug wird, um die Probleme der Bevölkerung zu lösen, und nicht ein Ort des Kampfes um Macht oder Privilegien, die die Macht der einen oder anderen Gruppe verschaffen kann. Darum ist es nötig, einen wirklichen Dialog aufzunehmen. Einen Dialog, der in erster Linie das Leiden der Bevölkerung wahrnimmt und auch die verschiedenen Positionen in dieser Krisensituation.“
An Versuchen, einen nationalen Dialog zur Lösung der verknäuelten Probleme Venezuelas in Gang zu bringen, hat es nicht gefehlt, auch der Vatikan hat sich da um eine Vermittlung bemüht. Doch alle sind bislang an Maduros Starrköpfigkeit gescheitert.
„Es ist nötig, durch eine ehrliche und wahrhaftige Vermittlung zu einem Programm der nationalen Einigung zu finden, damit man wirklich prioritär die Probleme angeht, wegen denen Millionen von Venezolanern heute leiden. Schluss mit der Gewalt! Wir sollten doch dazu imstande sein, miteinander zu reden und zu Übereinkünften zu kommen, die zum Nutzen aller sind.“
Nach Angaben einer venezolanischen NGO sind in den letzten Wochen über hundert Menschen bei Protesten ums Leben gekommen. (rv)