Die Papstreise steht auch im Zeichen der Unabhängigkeitsfeiern in Lateinamerika. Aus kirchlicher Sicht stand die Unabhängigkeitserklärung Mexikos im Jahr 1821 ja zunächst unter einem ungünstigen Stern: So unterstützte die katholische Kirche die Kolonialmacht Spanien und exkommunizierte mit dem Priester Miguel Hidalgo und Jose Maria Morelos zwei führende Gestalten der Unabhängigkeitsbewegung. Vor diesem Hintergund dürfte es für die mexikanischen Katholiken besondere Symbolkraft haben, dass der Papst seine Visite im Dezember bei einem Gottesdienst ankündigte, der dem Gedenken an die Unabhängigkeit der lateinamerikanischen Staaten gewidemet war.
Der mexikanische Kurienkardinal und emeritierte Präsident des Päpstlichen Gesundheitsrates, Javier Lozano Barragán, sagte dazu im Interview mit Radio Vatikan:
„Der Papstbesuch richtet sich an ganz Lateinamerika, nicht nur an das mexikanische Volk, denn der Papst ist ja auch wegen den Unabhängigkeitsfeiern der Völker dort vor Ort. Benedikt kommt, um unsere Identität zu bestärken und uns der Zukunft zu öffnen."
Der „Parque Guanajuato Bicentenario", in dem Benedikt XVI. in wenigen Stunden die große Messe mit Gläubigen feiert, wurde eigens für die Jubiläumsfeiern angelegt. Der geistliche Höhepunkt der Mexiko-Station des Papstes findet in Mexiko am Morgen statt, nach europäischer Zeit ist dann Sonntagabend.
Neben der spirituellen Stärkung des ganzen Kontinentes kann der Papstbesuch in Mexiko auch Anstoß dazu sein, die internationale Verflechtung des Landes hervorzuheben und einmal „genauer" hinzusehen, meint Kardinal Barragán. Er nennt Beispiele:
„Was die sozialen Probleme Mexikos betrifft, die mit der Weltwirtschaftskrise zu tun haben: die sind nicht geringer als die in Europa. Unser Wirtschaftswachstum lag im Jahr 2011 allerdings bei 2,5 Prozent, das ist in keinem Land in Europa so passiert. Es wäre also falsch zu sagen, soziale Probleme und Mexiko gehören zwangsläufig zusammen. Unser Problem ist die weltweite Drogenmafia, die sich in Mexiko konzentriert. Mexiko hat eine 3.500 Kilometer lange Grenze mit den Vereinigten Staaten, es gibt ungefähr 20 Millionen Drogenkonsumenten. Hier kommen die wichtigsten Drogenbosse der Welt hin, mit denen leider auch der Waffenhandel erblüht ist. Das ist ein sehr ernstes Problem, wie auch die Geldwäsche in den Vereinigten Staaten und der Menschenhandel. All das ist gegen das menschliche Leben, gegen die nationale Souveränität. Der Papstbesuch ist also ein Anlass, unsere internationalen Beziehungen grundlegend zu prüfen, um auf dem Weg des Lebens zu bleiben." (rv)