Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone ist an diesem Dienstag offiziell aus dem Amt verabschiedet worden. Papst Franziskus dankte der bisherigen „Nummer zwei" im Vatikan in einer Ansprache vor Vertretern des Staatssekretariates. Neben Kardinal Bertone hätte hier auch sein Nachfolger Erzbischof Pietro Parolin an seinem ersten Arbeitstag anwesend sein sollen. Dies war aber nicht der Fall. Papst Franziskus erklärte, warum:
„Wir sind hier zusammengekommen, um Kardinal Tarcisio Bertone zu danken, der heute das Amt des Staatssekretärs niederlegt, und um Erzbischof Parolin zu begrüßen, doch es wird ein Willkommen ,in Abwesenheit‘ sein, weil Parolin seinen neuen Dienst erst einige Woche später als heute antreten wird, aufgrund eines kleinen chirurgischen Eingriffes, den er vornehmen lassen musste."
Der Papst hatte Parolin am 31. August ernannt, der Erzbischof tritt das Amt mit diesem Dienstag trotz Abwesenheit an. Dem scheidenden Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone dankte der Papst in seiner Ansprache in der Bibliothek des Staatssekretariates auch im Namen Benedikt XVI., unter dem der ehemalige Erzbischof von Genua am 15. September 2006 sein Amt aufgenommen hatte:
„In diesem Moment möchte ich mit euch allen ein Gefühl der Dankbarkeit teilen. Lieber Kardinal Bertone, ich denke, ich greife auch den Gedanken meines geliebten Vorgängers Benedikt XVI. auf, wenn ich Ihnen für den in diesen Jahren geleisteten Dienst herzlich danke."
Mit Unternehmungslust und Liebe dem Papst gegenüber
Besonders würdigte Franziskus die Verbundenheit des Salesianers mit „dem Geiste Don Boscos" – „trotz der vielfältigen Verpflichtungen", die mit dem Dienst des Staatssekretärs verbunden sind, habe Bertone den Geist des Ordensgründers und Sozialpioniers „zu bewahren und zu bezeugen" verstanden, so der Papst in seiner Grußbotschaft:
„Mit Unternehmungslust und Liebe dem Papst gegenüber, welche die Kinder des Heiligen Johannes Bosco kennzeichnen, haben Sie immer mit Hingabe Ihre Leitungsaufgabe in den internationalen Beziehungen des Heiligen Stuhles ausgeübt, die so wichtig für die Amtsausübung des Bischofs von Rom ist. Gleichzeitig haben Sie sich nicht zurückgehalten, das päpstliche Amt und den apostolischen Segen überall hinzutragen: in Länder, Diözesen, Gemeinden, Universitäten, Institutionen, Verbände."
Bertone habe mit „Mut" und „Geduld" „vielen Widrigkeiten" die Stirn bieten müssen, so der Papst anerkennend – wie der Heilige Don Bosco, der es im Traum mit den Tücken einer Gartenlaube voll von Rosen aufnehmen musste:
„Wer von außen schaut, sieht nur die Rosen, während Don Bosco und seine Jünger, die in den Rosen wandeln, die Dornen spüren: viele verlässt der Mut, doch die Jungfrau Maria redet allen zu, beharrlich zu sein, und am Ende findet der Heilige mit seinem Gefolge einen wunderschönen Garten. Der Traum will die Mühen des Erziehers veranschaulichen, doch ich denke, man kann ihn auch auf jedes Amt von Verantwortung in der Kirche anwenden."
Die drei großen Tugenden des Don Bosco – „die Anwesenheit des eucharistischen Jesus, die Fürsprache der Gottesmutter und die Freundschaft des Papstes" – gab Franziskus dann auch Bertones Nachfolger als Wunsch mit auf den Weg:
„Mit diesen drei Gedanken heißen wir den neuen Staatssekretär, auch wenn er heute abwesend ist, herzlich willkommen. Er kennt die Familie des Staatssekretariates sehr gut, hat dort für viele Jahre gearbeitet, mit Leidenschaft und Kompetenz und der Fähigkeit zu Dialog und Menschlichkeit, die ein Merkmal seiner sind. In gewissem Sinne ist das wie eine Rückkehr nach Hause."
Ein oft verborgener und anonymer Dienst
Der Papst dankte im Anschluss allen Mitarbeitern des Staatssekretariates für ihren täglichen „oft verborgenen und anonymen" Dienst, der für den Dienst des Papstes jedoch sehr „kostbar" sei. Und er rief seine Zuhörer dazu auf, für ihn zu beten.
Kardinal Tarcisio Bertone blickte in seiner Dankesrede auf seinen siebenjährigen Dienst unter Benedikt XVI. und seine sieben Monate währende Amtszeit unter Papst Franziskus zurück. Eine „vollständige Bilanz" falle ihm schwer, so Bertone. Er und seine Mitarbeiter hätten auch so „manches Opfer" gebracht. Benedikt XVI. würdigte der langjährige Staatssekretär des deutschen Papstes als „"Reformator des Gewissens und des Klerus":
„Sein Pontifikat ist durch starke pastorale Projekte gekennzeichnet gewesen: das Paulus-Jahr , das Priesterjahr und das zu Ende gehende Glaubensjahr. Er hat schwer an den Krankheiten gelitten, die das Gesicht der Kirche verunstalten und hat sie deshalb mit einer neuen Gesetzgebung ausgestattet, die mit Entschiedenheit das schändliche Phänomen der Pädophilie im Klerus bekämpft. Und er hat dabei nicht vergessen, neue wirtschaftlich-administrative Normen auf den Weg zu bringen."
Benedikt XVI.: Ein pastorales Pontifikat
Benedikt habe der Kirche ein tiefes Verständnis als Gemeinschaft vermittelt, so Bertone weiter, und sie zugleich befähigt, „zur Welt zu sprechen", „zum Herzen und zum Intellekt eines jeden Menschen mit doktrineller Klarheit und gedanklicher Größe", so Bertone mit Verweis unter anderem auf die großen Reden und Enzykliken des deutschen Papstes. Franziskus führt laut Bertone den begonnenen Weg weiter:
„Heute sehe ich in Papst Franziskus nicht so sehr eine Revolution, sondern eine Kontinuität mit Papst Benedikt XVI., wenn auch die Akzente und die Abschnitte des persönlichen Lebens unterschiedlich sind (…) Das Zuhören, die Zärtlichkeit, die Barmherzigkeit und das Vertrauen sind wunderbare Eigenschaften, die ich persönlich mit Ihnen, Heiliger Vater, erfahren durfte, in den vielen Unterredungen, Gesten, Überraschungen am Telefon und den Aufgaben, die Sie mir auftrugen. Danke Papst Franziskus für Ihr Wohlwollen!"
Dem Papst und dem neuen Staatssekretär wünschte Bertone viel Erfolg bei der Bewältigung ihrer Aufgaben:
„Maria helfe Papst Franziskus und dem neuen Staatssekretär, Seiner Exzellenz Erzbischof Pietro Parolin, dem wir wünschen, dass er bald kommen kann, die Knoten zu lösen, die die Kirche immer noch behindern, in Christus im Herzen der Welt zu sein, dem erhofften und ständig angerufenen Horizont. Das ist unser inbrünstiges Gebet. Danke, Heiliger Vater!"
Der neue Staatssekretär
Erzbischof Pietro Parolin stammt aus der italienischen Provinz Vicenza in Norditalien, wo er 1955 in der Stadt Schiavon geboren wurde. Sein Theologiestudium absolvierte er in Mailand, nach seiner Priesterweihe war er zunächst als Kaplan tätig, bevor er 1984 zum Weiterstudium an die päpstliche Diplomatenakademie wechselte. 1986 promovierte er an der Päpstlichen Universität Gregoriana im Fach Kirchenrecht. Erste diplomatische Stationen waren Nigeria und Mexiko, danach wechselte er zurück in das Staatssekretariat, wo er zwischen 2002 und 2009 das Amt des Untersekretärs inne hatte. Seit 2009 war er Nuntius in Venezuela, im selben Jahr wurde er von Papst Benedikt XVI. zum Bischof geweiht. (rv)
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