Interviewbuch: Kardinal Beniamino Stella und „Viri probati“

Neben Kardinal Hummes und Bischof Kräutler meldet sich jetzt auch der Kurienkardinal Stella als Wegbereiter für „Viri probati“ zu Wort.

Benjamino Kardinal Stella hält es für sinnvoll, über die Weihe von Priestern für ältere verheiratete Männer nachzudenken. In einem Interviewbuch mit dem Titel „Tutti gli uomini di Francesco“ (Alle Männer von Franziskus) des italienischen Vatikanjournalisten Fabio Marchese Ragona sagte er:

„Die sogenannten „Viri probati“ seien eine Hypothese, die aufmerksam zu bewerten ist, durchaus offen und ohne Engstirnigkeit“.

Ferner ermahnt Stella die Kirche:

„Den richtigen Moment zu erkennen, in dem der Geist ihr so etwas empfiehlt“.

Kardinal Stella, seit 2013 Präfekt der Kongregation für den Klerus und vorher Apostolischer Nuntius in Kuba und Kolumbien ist eine Kreatur von Papst Franziskus. Im Jahr 2014 hatte ihn der Papst in den Kardinalsstand erhoben. Bisher ist Stella kaum in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten. Nun stellt er sich offen auf die Seite von Papst Franziskus und unterstützt dessen Vorhaben, das Zölibat in der katholischen Kirche zu verändern. Anfang 2017 mit der Ankündigung der http://www.vaticanhistory.de/wordpress/?p=13347Amazonassynode 2019 hatte Franziskus geäußert:

“Wir müssen darüber nachdenken, ob „Viri probati“ eine Möglichkeit sind. Dann müssen wir auch bestimmen, welche Aufgaben sie übernehmen können, zum Beispiel in weit entlegenen Gemeinden.”

Somit hat der Papst einen weiteren Unterstützer neben Kardinal Hummes und Bischof Kräutler für sein Vorhaben in Lateinamerika erhalten. Kräutler war Co-Autor der zweiter Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus aus dem Jahr 2015. Seither ist er zusammen mit Kardinal Hummes, der einer der Vorgänger von Kardinal Stella im Amt des Präfekten der Kleruskongregation war, ein Verfechter das Zölibat für das Amazonasgebiet außer Kraft zu setzen. In der Vergangenheit und Gegenwart haben sich auch in Deutschland Kardinäle wie Walter Kasper, Reinhard Marx und Karl Lehmann für eine Diskussion darüber stark gemacht.

Der jüngste Papstbesuch in Chile und Peru hat durchblicken lassen, das Franziskus durchaus willens ist beim Zölibat einen neuen Weg zu beschreiten. (vh)

Brasilien: Es fehlen Missionare im Amazonasgebiet

Kardinal Claudio HummesInsbesondere die Region Amazonien hat dringenden Bedarf an Missionaren. Das berichtet der brasilianische Kardinal Claudio Hummes, Präsident des pan-amazonischen Kirchennetzwerkes REPAM, gegenüber Radio Vatikan. Die Region, die neun südamerikanische Länder umfasst, sieht sich immer größeren Schwierigkeiten gegenüber, die auch durch die Ausbeutungspolitik multinationaler Konzerne weiter gefördert werden und das Überleben der indigenen Bevölkerung gefährdet. Kardinal Hummes:

„Die Amazonasregion ist nach wie vor eine große Herausforderung für die Kirche. Der Papst begleitet und bestärkt uns hier. Er sagt uns immer, wir sollen mutig sein, und auch riskieren, mal neue Wege zu beschreiten und neue Lösungen zu finden. Wir haben wirklich wenige Missionare für unsere indigenen Gemeinschaften – und derer gibt es viele – die so wie es scheint in der Vergangenheit mehr Hilfestellung hatten als heute.“

Zwar gebe es in Amazonien durchaus viele Missionare, doch keine, die es aus den vielen Städten in die unzugänglichen Gebiete der Ureinwohner ziehe. Doch gerade diese hätten nach ihrer Evangelisierung nun Betreuung durch Missionare nötig. Eine weitere Herausforderung, vor der sich die Kirche vor Ort sehe, sei auch die nachhaltige Entwicklung der Region, so der Kardinal: „Das betrifft den Umweltschutz, die Nachhaltigkeit, und welche Art von Entwicklung wir für das Gebiet wollen. Der Papst begleitet alles das und ist sehr informiert. Er leitet uns auch mit seiner Enzyklika Laudato sí, die so etwas wie die Magna Charta für unsere Arbeit als Kirche ist, sei es für die Kommission der brasilianischen Bischöfe für Amazonien, sei es für REPAM, die alle neun Länder einschließt, die eine Amazonasregion haben. Laudato sí, so wie die großen Klimakonferenzen, nimmt sich der großen Themen unserer Zeit an und steht für die Arbeit, die wir als Kirche dort verrichten.“ (rv)

Brasilien: Kardinal Hummes feiert 80. Geburtstag

Kardinal Claudio Hummes Der brasilianische Kardinal Cláudio Hummes feiert heute seinen 80. Geburtstag. Hummes war von 1998 bis 2006 Erzbischof von Sao Paulo und anschließend bis Oktober 2010 Präfekt der Kongregation für den Klerus in Rom. Mit seinem Geburtstag verliert er seine Mitgliedschaften in drei Kongregationen und fünf Päpstlichen Räten der vatianischen Kurie. Hummes wurde im Jahr 2001 durch Papst Johannes Paul II. in den Kardinalsstand erhoben und erhielt als Titelkirche „S. Antonio da Padova in Via Merulana“. Zudem verliert er heute sein aktives Wahlrecht in einem künftigen Konklave. Insgesamt umfasst das Kollegium somit noch 117 wahlberechtigte und 94 nicht wahlberechtigte Kardinäle für eine künftige Papstwahl. (vh)

 

Kardinal Hummes: „Amazonien steht am Scheideweg“

Gegen Entwicklungspläne der brasilianischen Regierung über die Köpfe der Völker im Amazonasgebiet hinweg stemmen sich die katholischen Bischöfe in der Region, die auch als „grüne Lunge" des Planeten bekannt ist. Bei Brasiliens Plänen, etwa durch Staudämme im Amazonasgebiet Energie aus Wasserkraft zu gewinnen, dürften Umwelt und Mensch nicht vergessen werden, mahnt der Vorsitzende der Bischofskommission für Amazonien, Kardinal Cláudio Hummes. Radio Vatikan traf ihn im brasilianischen Manaus, wo an diesem Montag eine Konferenz der katholischen Bischofskonferenz Brasiliens (CNBB) startet. Auf dem bis Donnerstag dauernden Treffen kommen zum ersten Mal Bischöfe, Laien und Verantwortliche von Institutionen aus sechs Regionen zusammen, um über Amazoniens Zukunft zu beraten.

„Entwicklung ist auch für die Volksgruppen wichtig, die entlang der Flüsse im Amazonasgebiet leben. Die Frage ist jedoch die: Wie kann man es anstellen, dass diese Entwicklung nicht zerstörerisch für Kultur und Geschichte ist? Es stimmt, dass Brasilien elektrische Energie benötigt; es stimmt, dass Wasserenergie sauberer ist als andere Formen der Energiegewinnung. Doch all das muss zunächst mit allen Menschen besprochen und geteilt werden, die in der Region leben. Und dies muss auf intelligente Weise geschehen, denn der Mensch muss immer ins Zentrum großer Entwicklungsziele gestellt werden."

Vor Entscheidungen über Köpfe hinweg brauche es also eine breite Debatte, so der Kardinal, wie sich das für eine Demokratie gehört. Tatsächlich aber ist es schon lange Realität, dass Streiter für die Rechte der Menschen im Amazonasgebiet und Umweltschützer immer wieder Probleme bekommen. Viele Kirchenvertreter dort müssen auch heute noch um ihr Leben fürchten, bestätigt Kardinal Hummes im Gespräch mit Radio Vatikan:

„Es war immer schon so, dass besondere Interessen von Unternehmen oder von anderer Seite Bischöfe, Priester, Schwestern und engagierte Laien bedroht haben, die Anführer der Indigenen wie auch der übrigen Bevölkerung Amazoniens, die das Recht der Region einfordern, als solche geschützt, gepflegt und nicht zerstört zu werden."

Eben für diesen Schutz der ökologischen und ethnologischen Vielfalt in der Region tritt die katholische Kirche ein – Papst Franziskus hatte Amazonien bei seinem Brasilienbesuch im Rahmen des Weltjugendtages als „Bewährungsprobe" für Brasiliens Kirche bezeichnet und daran erinnert, dass es hier um die Bewahrung gesamten Schöpfung gehe: die Arbeit der Kirche in dieser weiten Region müsse intensiviert und gefördert werden, so Franziskus. Angesichts der Entwicklungspläne der Regierung und privater Unternehmen für Amazonien befinde sich die Region aktuell am Scheideweg, so Kardinal Hummes. Um Mensch und Umwelt zu schützen müsse jetzt gehandelt werden. Hummes denkt da besonders an die Indios und die Ureinwohner, die chronisch diskriminiert werden:

„Es stimmt, dass in den letzten Jahren Fortschritte zu ihren Gunsten gemacht wurden, doch sie sind immer noch verstoßen. Die Kirche stellt deshalb die Frage ihrer Mission dort, sie war ist in der Geschichte Amazoniens von Anfang an präsent. Das bedeutet, dass sie hier eine Geschichte, Erfahrung und Wissen hat. Es ist auch wahr, dass Missionare und Bischöfe von anderen Orten herkommen, viele von ihnen haben nicht diese lange historische Erfahrung. Auch für sie ist es wichtig, an unserem Treffen teilzunehmen, um gemeinsam zu lernen und nachzudenken."

Man wolle in Manaus die „großen gemeinsamen Aktionslinien" festlegen und eine Perspektive für das Amazonasgebiet entwickeln, gibt der emeritierter Erzbischof von Sao Paulo das Anliegen des Bischofstreffens wider. Hier fühle man sich auch durch Papst Franziskus’ Aufmerksamkeit für die Region ermutigt und nehme seine Anregungen auf:

„Wir haben die Verantwortung, der Kirche in Amazonien ein ,amazonisches Gesicht‘ zu geben, wie es der Papst sagte. Das meint eine Inkulturation, deren Zentrum die Indios sind."

Franziskus hatte bei seinem Brasilienbesuch nicht nur die ökologischen Forderungen des Grundsatzpapiers der Bischofsversammlung von Aparecida aufgegriffen, an dem er selbst maßgeblich mitgewirkt hatte. Das Dokument, das 2007 entstand, geißelte damals schon den „zunehmend aggressiven Umgang" mit der Artenvielfalt und den Ressourcen des größten Ökosystems der Welt – unter anderem durch internationale Konzerne. Der Papst hatte auf seiner ersten apostolischen Auslandsreise auch dazu aufgerufen, dass die Kirche in Brasilien einen einheimischen Klerus heranbilden müsse, der der spezifischen Kultur der Region gerecht werden könne. (rv)

Erste Audienz Papst Franziskus: „Nicht der Papst, sondern Jesus Christus ist das Haupt“

B_Franziskus3.„Vergiss die Armen nicht“: Als die Stimmenzahl im Konklave die zwei Drittel Mehrheit erreicht hatte und Applaus aufkam, wandte sich der brasilianische Kardinal Claudio Hummes an seinen neben ihn sitzenden Freund Kardinal Jorge Mario Bergoglio, umarmte ihn und sprach diese Worte. So erzählte an diesem Samstag bei einer Audienz für Journalisten und Medienvertreter Papst Franziskus den Moment seiner Wahl.

In diesem Augenblick sei auch die Idee des Namens in ihm wach geworden: Franziskus, ein Mann der Demut und Einfachheit. Darüber hinaus stehe er aber auch für die Liebe zur Schöpfung, was gerade heute wichtig sei, wo die Menschen eine „nicht gute“ Beziehung zur Natur hätten. Franziskus stehe auch für den Frieden, woran der Papst die restliche Zeit der Auszählung der Stimmen lang habe denken müssen.

Papst Franziskus bedankte sich bei dieser Audienz für die Arbeit der Journalisten und Medien. „Ihr habt ganz schön gearbeitet“ rief er ihnen mit einem ironischen Augenzwinkern zu.

Er erinnerte in seiner Ansprache daran, dass für die Kirche Christus das Zentrum sei. Nicht er, der Papst, sondern Christus sei der Referenzpunkt für das Verstehen von Glaube und Kirche. Die Kirche sei keine politische, sondern eine geistliche Wirklichkeit. Sie sei „das Volk Gottes, das auf dem Weg sei zur Begegnung mit Jesus Christus“.

„Christus ist der Hirt der Kirche, aber seine Anwesenheit geschieht in der Geschichte durch die Freiheit der Menschen. Von diesen wird einer ausgewählt, als sein Stellvertreter zu dienen, als Nachfolger des Apostels Petrus. Aber Christus ist das Zentrum, nicht der Nachfolger Petri, Christus.“

Um die Ereignisse der Kirche verstehen zu können, müsse man die Dimension des Glaubens einbeziehen. Die Kirche sei nicht komplizierter zu berichten als politische oder ökonomische Ereignisse, „sie folgt aber nicht einer Logik, die sozusagen weltlichen Kategorien folgt. Deswegen ist es nicht einfach, sie zu verstehen und an eine weite und sehr verschiedene Öffentlichkeit zu kommunizieren.“

Die Arbeit der Journalisten brauche Ausbildung und Erfahrung wie andere Berufe auch, aber sie wende sich in ganz besonderer Weise der Wahrheit, der Güte und der Schönheit zu. „Das lässt uns einander nahe sein, denn auch die Kirche besteht, um genau das zu verkünden: Die Wahrheit, die Güte und die Schönheit. Wir sind alle dazu berufen, nicht uns selbst zu verkünden, sondern diese Dreiheit an Wesentlichem, die von Wahrheit, Güte und Schönheit gebildet wird.“ (rv)

Vatikan: Präfekt der Kongregation für die Kleriker tritt ab

Der Papst hat am 07.10.2010 das Rücktrittsgesuch von Claudio Kardinal Hummes O.F.M. angenommen. Hummes hatte aus Altergründen sein Rücktrittsgesuch als Präfekt der Klerikerkongregation gemäß CIC Can. 354 angeboten. Der brasilianische Kurienkardinal war von 2006 bis heute Leiter dieses Dikasteriums. Da er in verschiedenen Kongregationen und Päpstlichen Räten Mitglied ist, geht Hummes der Römischen Kurie jedoch nicht verloren. (vh)