Papstreise nach GB: 4. Tag
Bei einer Heiligen Messe in Birmingham hat Papst Benedikt XVI. den britischen Kardinal John Henry Newman selig gesprochen. Newman (1801-1890) war ein anglikanischer Theologe, der 1845 zur katholischen Kirche übertrat. Papst Leo XIII. erhob ihn in den Kardinalsstand. Benedikt würdigte den neuen Seligen bei dem Gottesdienst als großen Intellektuellen und Seelsorger. Mit seinen „heroischen Tugenden eines heiligen Engländers" stehe er in einer Reihe mit prägenden Heiligen und Gelehrten aus der Geschichte des Landes.
60.000 Menschen hatten sich zu dem Gottesdienst unter freiem Himmel in einem Park versammelt. Trotz des nasskalten Wetters hatten viele Pilger dort bereits die Nacht verbracht. Zu Beginn der Feier klarte aber der Himmel auf.
Mit bewegenden Worten gedachte der Papst abermals des Zweiten Weltkriegs, bei dem auch viele Briten ums Leben gekommen waren, um sich, so Benedikt, den „Kräften jener üblen Ideologie zu widersetzen"
„Meine Gedanken gehen besonders zum nahe gelegenen Coventry, das im November 1940 ein so schweres Bombardement erlitt und einen enormen Verlust an Menschenleben zu beklagen hatte. Siebzig Jahre danach erinnern wir uns beschämt und entsetzt an den furchtbaren Preis von Tod und Zerstörung, den der Krieg fordert, und wir erneuern unseren Entschluss, für Frieden und Versöhnung zu arbeiten, wo immer die Gefahr eines Krieges sich bedrohlich abzeichnet."
In der Predigt unterstrich der Papst vor allem das spirituelle Profil des neuen Seligen, das bis heute eine Faszination auf die Menschen ausübe.
„Newman lebte diese zutiefst menschliche Sicht des priesterlichen Dienstes in seiner treuen Fürsorge für die Menschen von Birmingham während der Jahre, die er in dem von ihm gegründeten Oratorium verbrachte, indem er die Kranken und die Armen besuchte, die Hinterbliebenen tröstete und sich um die Gefangenen kümmerte."
Außerdem habe Newman einen bleibenden Beitrag für die Pädagogik geleistet, die bis heute die katholischen Schulen präge. Newman sei ein Gegner eines rein zweckorientierten Bildungsansatzes gewesen und habe ein pädagogisches Umfeld gefordert, „in dem intellektuelle Übung, moralische Disziplin und religiöses Engagement miteinander verbunden sein sollten". Das fördere ein recht verstandenes Laienapostolat.
„Welches Ziel könnten Religionslehrer sich setzen, das besser wäre als der berühmte Appell des seligen John Henry für einen intelligenten, gut unterrichteten Laien: „Ich wünsche mir Laien, nicht arrogant, nicht vorlaut, nicht streitsüchtig, sondern Menschen, die ihre Religion kennen, die sich auf sie einlassen, die ihren eigenen Standpunkt kennen, die wissen, woran sie festhalten und was sie unterlassen, die ihr Glaubensbekenntnis so gut kennen, dass sie darüber Rechenschaft ablegen können, die über so viel geschichtliches Wissen verfügen, dass sie ihre Religion zu verteidigen wissen."
Beim abschließenden Angelusgebet betonte der Papst die marianische Frömmigkeit Newmans, der in vielfältigster Weise sein Priestertum „im Geist kindlicher Ergebenheit zur Muttergottes" gelebt habe. Außerdem wandte er sich mit einem Gruß an die Katholiken im südspanischen Sevilla, wo am Tag zuvor die Ordensfrau Mutter Maria de la Purisima de la Cruz seliggesprochen worden war.
Bei der Eucharistiefeier verwendete Benedikt einen Kelch aus dem Besitz Newmans. Als Gedenktag ist der 9. Oktober festgesetzt worden. Es ist der Tag, an dem Newman zum Katholizismus konvertierte.
Im Anschluss an den Gottesdienst besucht der Papst das Wohnhaus Newmans. Am Nachmittag steht ein Treffen mit den katholischen Bischöfen von England, Wales und Schottland auf dem Programm. Am Sonntagabend fliegt Benedikt XVI. nach Rom zurück. (rv)