Papst Benedikt XVI. hat an diesem Donnerstag den Rücktritt des Erzbischofs von Berlin, Kardinal Georg Maximilian Sterzinsky, angenommen. Als Grund gab der Vatikan das fortgeschrittene Alter des Kardinals an. Der gesundheitlich schwer angeschlagene Kardinal hatte sein Rücktrittsgesuch ordnungsgemäß zu seinem 75. Geburtstag am vergangenen 9. Februar im Vatikan eingereicht. Kardinal Sterzinsky hätte Papst Benedikt XVI. auf seiner Deutschlandreise im kommenden September als Gastgeber im Erzbistum Berlin empfangen sollen. Welcher katholische Würdenträger den Papst nun beim Besuch in der Hauptstadt empfängt, steht noch nicht fest.
Sterzinsky, geboren 1936 im ostpreußischen Warlack, wurde 1960 in Erfurt zum Priester geweiht. Von 1966 bis 1981 arbeitete er als Gemeindepfarrer in Jena, einer der größten katholischen Gemeinden in der ehemaligen DDR. Als Mitglied der Ökumenischen Kommission der Berliner Bischofskonferenz und der Katholisch-Evangelischen Konsultativgruppe in der DDR musste der Geistliche den Umgang im SED-Staat am eigenen Leib erfahren. Am 24. Juni 1989, nur wenige Monate vor dem Berliner Mauerfall, wurde Sterzinsky zum Berliner Bischof ernannt. In Berlin löste er seinen Studienkollegen, Joachim Meisner, im Amt ab; der heutige Kardinal und Erzbischof von Köln wechselte damals an den Rhein. Am 28. Juni 1991 ernannte Papst Johannes Paul II. Sterzinsky zum Kardinal. Der Geistliche mit dem Wahlspruch „Deus semper maior“, „Gott ist immer größer“, meldete sich regelmäßig zu gesellschaftlichen Fragen zur Wort – so zuletzt zu den Hartz-IV-Sätzen. Diese sollten nach Sterzinsky so hoch bemessen sein, dass niemand betteln müsse. Nach Angaben des Erzbistums Berlin liegt Kardinal Sterzinky derzeit liegt immernoch im Krankenhaus.(rv)
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D: Von Menschen und Göttern – und Kardinälen
„Von Menschen und Göttern" – so heißt ein Film über Mönche in Algerien, der jetzt auch in Deutschland angelaufen ist. Der Streifen des französischen Regisseurs Xavier Beauvois bekam beim Filmfestival in Cannes den „Großen Preis" der Jury; in Frankreich haben ihn schon über drei Millionen Menschen im Kino gesehen. Sehr angetan von dem „schlichten, aber eindringlichen" Film ist auch der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky. Er sagte dem Kölner Domradio:
„Der Film erzählt die Geschichte von neun Mönchen, die in einem kleinen Kloster in den Bergen Algeriens friedlich ein asketisches Leben führen, nur ihrem Glauben und der Hilfe anderer hingegeben. Aus den unwegsamen Berghängen vor den Klostermauern haben sie blühende Gärten geschaffen. Die Menschen aus den umliegenden Dörfern finden bei ihnen stets Hilfe. In medizinischen Fragen wie in anderen Nöten. Doch dann geraten die Ordensleute zwischen die Fronten. Islamistische Rebellen, im Kampf gegen die Regierung, bringen Gewalt und Zerstörung in die Region."
Eine wahre Geschichte – sie basiert auf der Entführung und Ermordung von neun Trappistenmönchen im Jahr 1996.
„Die Mönche spüren, dass der Terror vor ihrem Kloster nicht Halt machen wird. Ihr christlicher Glaube kann sie in große Gefahr bringen. Man legt ihnen nahe, das Kloster zu verlassen, doch sie zögern. Die gemeinsamen Jahre haben sie nicht nur zu einer Gebetsgemeinschaft gemacht. Sie sind Freunde, eine Familie mit einer bleibenden Aufgabe geworden. Die Menschen ihrer Umgebung verlassen sich auf sie und ihre Hilfe. Die Mönche diskutieren, zweifeln, kämpfen mit sich, schließlich entscheiden sie, dass sie gerade in der Gefährdung bleiben wollen. Jetzt und hier, an diesem Ort werden sie am meisten gebraucht, ungeachtet der Gefahr der sie sich persönlich aussetzen."
Der Film habe kein „happy end", so Kardinal Sterzinsky – die Mönche kämen, wie 1996 wirklich geschehen, ums Leben – übrigens unter bis heute nicht geklärten Umständen.
„Unwillkürlich will man meinen, nichts deutet hier darauf hin, dass Warten auf eine Erlösung aus dem Elend zum gewünschten Erfolg führt. Es kommt kein Erlöser, dennoch sagt der Film viel über Advent und Weihnachten. Er zeigt dass Solidarität mit den Armen wahre Größe ist und dem Leben Sinn gibt. Wir erleben in dem Film Menschen, die aus einem tiefen Glauben heraus mit ihrer Angst und ihrer Unsicherheit ringen. Und den Weg der Solidarität mit den Mitmenschen gehen, auch wenn es schier unmenschliche Kraft kostet und sogar die Hingabe des eigenen Lebens einschließt."
Er könne diesen Film nur empfehlen, so der Berliner Erzbischof. Er lasse die Botschaft von Weihnachten auf eine neue, aktuelle Weise verstehen. Gott zeige „einen Weg auf, wie das Elend der Menschen ertragen und überwunden werden kann". (rv)
Erzbischof Sterzinsky zum Papstbesuch: „Ich würde mir wünschen, dass er vor dem Bundestag reden darf“
Der Papst wird im September 2011 Deutschland besuchen. Während des Konsistoriums am vergangenen Wochenende hielt sich auch der Erzbischof von Berlin in Rom auf: Kardinal Georg Sterzinsky. Pater Bernd Hagenkord hat ihn im Interview gefragt, wie es zu diesem Papstbesuch gekommen ist:
„Ich habe den Papst anlässlich meines Besuches 2007 hier in Rom in aller Form eingeladen, nach Deutschland zu kommen. Das schien nicht nicht zu beeindrucken, weil er schon zwei mal in Deutschland gewesen ist. Später lies er wissen: ‚Wie soll ich der Öffentlichkeit klar machen, ein drittes mal nach Deutschland zu reisen, wenn ich schon zwei mal dort war?’ Wie das wird, weiß ich nicht, denn ich bin auch ein wenig überrascht, dass das jetzt kommt, denn bisher war von Rom aus eher Zurückhaltung zu spüren, wenn ich auf den Besuch zu sprechen kam. Der Papst habe so viel vor, Deutschland ist noch nicht dran und Berlin ist noch nicht dran. Deswegen ist die Freude sehr groß."
Es ist also noch nichts geplant, etwa ein Besuch am Brandenburger Tor oder etwas in der Art?
„Nein, gar nichts."
Berlin ist ja nicht unbedingt eine katholilsche Stadt, vielleicht noch nicht einmal mehr eine christliche Stadt. Was für ein Katholizismus erwartet den Papst, der ja ein bayrischer Katholik ist?
„Berlin ist ganz anders. Berlin ist keine christliche Stadt, es ist eine sehr säkularistische Stadt. Man ist da nicht unreligiös, aber nicht christlich. Und wenn christlich, dann will man das nicht in der kirchlichen Form haben und schon gar nicht katholisch. Deswegen wird er ein ganz anderes Milieu vorfinden. Aber man merkt natürlich auch, dass in Berlin sehr viel an Kräften zusammen kommt. Wenn wir das im nächsten Jahr gut vorbereiten können – ich weiß nicht, ob ich selber noch im Amt bin, ich werde im Februar 75 Jahre alt – dann wird das sicherlich seine positive Wirkung bekommen."
Wenn Sie einen perslönlichen Wunsch äußern dürften, was würden Sie dem Papst in Berlin gerne zeigen?
„Ich würde ihm wünschen, dass er vor dem Bundestag reden darf. Ob das gelingt, weiß ich nicht. Aber was ich ihm zeigen möchte? Vielleicht die eine oder andere Schule. Aber wie gesagt, ich bin überrascht, dass dieser Besuch zu Stande kommt und der Papst wird ja wahrscheinlich auch nicht lange in Berlin bleiben, da wird nicht viel Zeit sein."
Sie haben also in diesen Tagen in Rom auch noch nicht mit ihm darüber sprechen können?
„Nein, ich habe einige Worte gewechselt und auch davon gesprochen, ‚Im nächsten Jahr werden Sie ja zu uns kommen’, aber bei dieser Gelegenheit wollte er offensichtlich nicht über den Besuch sprechen." (rv)
D: Quo vadis Kirchenzeitung?
Der Erzbischof von Berlin, Kardinal Georg Sterzinsky, will die Herausgeberschaft für die Kirchenzeitung des Bistums zum Ende des Jahres aufgeben. Damit wird ein Konflikt sichtbar, der schon länger zwischen dem Verlag der Zeitung und dem Bistum besteht. 2003 hatte der Erzbischof die bestehenden Kirchenzeitungen eingestellt und den Kölner Verlag Christliche Familie beauftragt, die „Katholische Sonntagszeitung für das Erzbistum Berlin“ herauszugeben. Dieses Konstrukt führt nun zu einem Streit – und dies nicht zum ersten Mal. Berliner Katholiken, vertreten vom Diözesanrat, kritisieren den Macher des Mantelteils; er polemisiere in seinen Kolumnen gegen das Konzil und missbrauche die Zeitung für seine eigenen theologischen Ansichten, etwa in anti-israelischen Kommentaren während des Gaza-Krieges vor einem Jahr. Über die Aktivitäten des Diözesanrates werde seit dem Konflikt schon gar nicht mehr berichtet. Wolfgang Klose, Vorsitzender des Diözesanrates Berlin und damit des höchsten Laiengremiums des Bistums:
„Es ist unsere Einschätzung, dass es da wirklich um eine politische Richtung geht, die bei uns im Bistum nicht mitgetragen wird, und weniger um die Berichterstattung.“
Kardinal Sterzinsky will die Vereinbarung mit dem Kölner Verlag nun beenden.
„Der Erzbischof hat gesagt, dass er diese Konstellation verlässt und dass die Herausgeberschaft zukünftig wieder bei ihm liegt. Wir überlegen jetzt gemeinsam mit dem Generalvikar und mit der Arbeitsstelle Medien im Generalvikariat, was wir künftig an Medienpräsenz im Erzbistum Berlin auf die Beine stellen können. Wir brauchen neben einer Kirchenzeitung in gedruckter Form natürlich auch das Internet, wir brauchen auch andere Kommunikationswege, und ich habe bei meinen Besuchen in den Dekanaten und Gemeinden festgestellt, dass gerade die Sonntagszeitung ein Medium ist, bei dem man mitbekommt, was sonst noch im Bistum läuft.“
Damit ist innerhalb kürzester Zeit – wenn auch aus ganz verschiedenen Gründen – bereits die zweite Kirchenzeitung in die Schlagzeilen gekommen. Erst kurz vor Weihnachten hatte der Bischof von Paderborn, Hans-Josef Becker, entschieden, den Bistumsteil seiner Kirchenzeitung „Der Dom“ zukünftig nicht mehr von einer eigenen Redaktion, sondern von der Nachrichtenagentur KNA machen zu lassen. Der Redaktion war gekündigt worden. Der Geschäftsführer der Verlagsgruppe Bistumspresse, eines Zusammenschlusses von fünf Kirchenzeitungsverlagen im Norden von Deutschland, Theo Mönch-Tegener, benennt einen Grund für die momentanen Konflikte:
„Meines Erachtens nach ist das zunächst mal Orientierungslosigkeit, Sich-nicht-vorbereitet-haben auf die Situation, die eigentlich seit einigen Jahren zu erwarten gewesen ist, denn die Umbrüche sowohl in der Kirche als auch in der Medienlandschaft sind ja nicht gerade erst gestern erfolgt.“
Aber auch wenn viele kirchliche Institutionen und auch viele Kirchenzeitungen vor allem aus finanziellen, wie in Berlin aber manchmal auch aus inhaltlichen Gründen in Frage gestellt sind, sollte man an ihnen festhalten.
„Ich bin jedenfalls überzeugt, dass es der Kirche bald leid tun würde, wenn es sie nicht mehr gäbe. Wir brauchen Kirchenzeitungen vor allen Dingen für die interne Kommunikation, die Kommunikation der Katholiken untereinander. Dort sind sie nach wie vor trotz aller Probleme relativ erfolgreich und meiner Meinung nach bisher noch das Effizienteste, das Kirche überhaupt hat, um regelmäßig mit den Katholiken in Kontakt zu treten.“
Damit stellt sich natürlich die Frage, wie bei abnehmender Leserschaft und zunehmendem finanziellen Druck die Zukunft der Kirchenzeitungen aussehen könnte. Oder können die Zeitungen so weitermachen, wie bisher?
„Nein, auf keinen Fall. Mir scheint, dass die Kirchenzeitungen sich entscheidend verändern müssen, und zwar in dreierlei Richtungen. Zum einen müssen sie sich mehr in Richtung Magazine entwickeln, in denen man Kirche erleben kann. Das Zweite ist, dass sie den Menschen aus dem Glauben begründete Lebenshilfe anbieten müssen. Zum Beispiel, wie wir es hier in Osnabrück tun, bei der Erziehung der Kinder, aber auch bei der Bewältigung des Lebens. Ich glaube auch, dass durch die Gestaltung der Kirche durch Ehrenamtliche sie ein wesentliches Kommunikationsinstrument sein kann. Und das dritte ist, dass wir sehr viel stärker diejenigen in den Blick nehmen müssen, die zwar nicht mehr regelmäßig zur Kirche gehen, aber doch einen erkennbaren Wunsch haben, der Kirche weiter anzugehören. Ich glaube, auch denen müssen wir mehr bieten, als das wenige, das bisher von Kirche dort in der Kommunikation getan wird.“
Keine Option könne sein, mit einer zu starken Profilierung eines Blattes die Lösung für den Konflikt zu finden.
„Meine Meinung ist, dass es nicht vernünftig wäre, Kirchenzeitungen ideologisch inhaltlich einseitig auszurichten. Egal, ob man sie stark sozial, stark liberal oder stark konservativ ausrichten würde, man würde in jedem Fall einen Teil der Leserschaft – und zwar keinen geringen – ausschließen. Das kann nicht vernünftig sein. Deswegen sollte man sich bei Kirchenzeitungen an den Slogan halten ‚auch in der Kirche gehen die Meinungen manchmal auseinander, aber bei uns fließen sie zusammen’.“ (rv)