Nach Chile könnte es in Bolivien zu einem weiteren Skandal für die katholische Kirche kommen.
Vaticanhistory – Martin Marker
Der neue Skandal betrifft einen bolivianischen Kirchenmann, der am 28. Juni zum Kardinal ernannt werden soll. Gemeint ist der emeritierte Bischof von Corocoro, Toribio Ticona Porco (81). Ticona Porco stammt aus einer indigenen Bauernfamilie und pflegt enge Kontakte zu dem bolivianischen Präsidenten Evo Morales. Morales selbst stammt ebenfalls aus einem indigenen Umfeld.
Die katholische Onlineseite „One Peter Five“ berichtete gestern über die Probleme um den designierten Kardinal ToribioTicona Porco und beruft sich hierbei auf einen Artikel der Nachrichtenagentur „ACI Prensa“ vom 13. Juni.
Präsident Evo Morales und Bischof Ticona Porco
In dem Interview hatte Ticona Porco ermutigende Bemerkungen über Evo Morales gemacht und gesagt, er hoffe auf die kirchliche Hierarchie von Bolivien und würde mit Morales aus bestimmten Gründen zusammenarbeiten. Morales hatte 2016 mithilfe eines Referendums versucht, die Erlaubnis der Bolivianer zu erhalten, 2019 als Präsident wiedergewählt zu werden, aber das Volk lehnte seine Idee ab. Allerdings hat Morales kürzlich angedeutet, dass er dennoch versuchen könnte, zum vierten Mal wiedergewählt zu werden.
Über diese Konfliktsituation in Bezug auf Morales betonte Ticona Porco, dass er es vorziehen würde, sich nicht zu äußern, ob Morales wiedergewählt werden sollte oder nicht, weil „wir Freunde sind“.
Da Ticona Porco bald zum Kardinal erhoben wird, stellen einige Medien dieses Interview als die Meinung der höchsten kirchlichen Autorität in Bolivien dar und untergraben damit den offiziellen Widerstand gegen Morales, der von der ´Bolivianischen Bischofskonferenz kommt.
Da die Bolivianische Bischofskonferenz Morales Versuch abgelehnt hatte, wiedergewählt zu werden, reagierten sie bald nach diesem Ticona Porco-Interview. In ihrer Erklärung vom 13. Juni beziehen sie sich auf
„Fehlinterpretationen einiger Aussagen des Kardinals“, die „in der Öffentlichkeit Verwirrung stiften konnten“.
Die Bischöfe verweisen die Öffentlichkeit auf die verschiedenen Medienaussagen und Hirtenbriefe, die sie zuvor veröffentlicht haben.
„Wir lehnen jeden Versuch ab, die katholische Kirche [in Bolivien] zu spalten oder zu manipulieren“.
Ferner verwies die Bolivianische Bischofskonferenz darauf, dass Ticona Porco zwar seine eigene Meinung als Mitglied der Bischofskonferenz und emeritierter Bischof in Übereinstimmung mit den eigenen Statuten der Bischofskonferenz äußern könne, aber nicht als die höchste Autorität der Kirche von Bolivien.
Dass Evo Morales und Ticona Porco sich nahe stehen, beweist auch die Tatsache, dass der Präsident dem designierten Kardinal zu seiner Ernennung beglückwünschte und umgehend verkündete, er werde Ticona Porco für die Zeremonie nach Rom begleiten.
Konkubinatsvorwurf gegen Bischof Ticona Porco
Neben dem Konflikt der Bolivianischen Bischofskonferenz mit Ticona Porco stehen Vorwürfe eines möglichen Konkubinats des designierten Kardinals im Raum.
Ticona Porco steht unter massivem Druck, nachdem die spanischsprachige Website „ADELANTE LA FE“ Vorwürfe erhoben hatte, der Bischof habe auch eine „Ehefrau“ und Kinder. Während er selbst solche Vorwürfe zurückwies, bestätigten „ADELANTE LA FE“ sowie andere Websites wie „LifeSiteNews“ die Richtigkeit dieses ersten Berichts.
In einem weiteren Bericht vom 18. Juni hat Miguel Ángel Yáñez von „ADELANTE LA FE“ zusätzliche Informationen über die Aussagen von „direkten Zeugen“ veröffentlicht, die Ticona Porco und seine Begleiterin – welche nur als „Leonor RG“ bekannt ist – berichtet. Die bolivianische Zeitung „Página siete“ hat einen Untersuchungsbericht veröffentlicht, in dem es heißt, dass Ticona Porco kircheneigenes Land an die bereits erwähnte „Leonor RG“ verkauft habe, die sich „öffentlich“ als „Ehefrau des Kardinals“ bezeichnet.
Ferner behauptet Yáñez in seinem neuen Bericht,
„dass Ticona seinen Namen in verschiedenen Kombinationen für verschiedene Zwecke verwendet hat. Während er im ursprünglichen Dekret zum vatikanischen Konsistorium als „HE Mons. Toribio Ticona Porco“ bezeichnet wird, in seinem offizieller Ausweis aber steht“ Toribio Porco Ticona“. Wir haben uns mit verschiedenen Rechtsquellen in Bolivien beraten, und alle bestätigen, dass diese Praxis nicht nur im Land nicht üblich ist, sondern höchst unregelmäßig und charakteristisch für Menschen ist, die Dinge verstecken und mit Verwirrung spielen wollen“.
Yáñez verweist in dem Bericht auf Zeugnisse und Anschuldigungen aus erster Hand, darunter ein Priester und andere Personen aus der Stadt Oruro, wo Ticona angeblich mit seiner „Ehefrau“ gelebt hat.
Bisher keine Reaktion des Vatikans
Vonseiten des Vatikans gab es bisher keine Reaktion zu den Vorwürfen um Bischof Ticona Porco. Es bleit abzuwarten, ob und wie, Papst Franziskus auf die öffentlichen Anschuldigungen zwischen Bischof Ticona Porco und der gesamten Bolivianischen Bischofskonferenz reagieren wird. Ebenso steht der Skandal eines möglichen Doppellebens ungeklärt im Raum.
Besonders nachdem die Krise in der chilenischen Kirche tiefe Wunden unter den Gläubigen und in der gesamten Weltkirche gerissen hat, sollte die Römische Kurie in Rom und das Kirchenoberhaupt die Verwirrungen und Anschuldigungen aus Bolivien sehr ernst nehmen und hier eine klare Position beziehen, und das, bevor Bischof Ticona Porco in den Kardinalsstand erhoben wird. Viel Zeit bleibt dem Heiligen Vater nicht mehr, dass Konsistorium findet am 28. Juni statt. (vh – mm)