Papst Benedikt XVI. hat am Freitagabend am Kolosseum den Kreuzweg gebetet. Zusammen mit mehreren zehntausend Gläubigen gedachte er im Fackelschein der 14 Stationen des Leidensweges Jesu von der Verurteilung bis zum Begräbnis. Die stimmungsvolle Andacht am antiken Amphitheater ist einer der Höhepunkte der römischen Osterfeierlichkeiten. Die Meditationstexte stammten in diesem Jahr vom ehemaligen römischen Kardinalvikar Camillo Ruini. In den Betrachtungen und in Benedikts Ansprache fehlten – anders als in früheren Jahren – Bezüge zu aktuellen Begebenheiten.
Die Gläubigen sollen einen „klaren Blick“ bewahren angesichts des Bösen und der Sünde, die in den Menschen wohnen. Das sagte der Papst in der Betrachtung zum Kreuzweg. Viele gäben vor, das Böse nicht zu kennen, so Benedikt XVI. am Kolosseum. In seiner Eröffnungsrede sagte der Papst wörtlich:
„Mach unser inneres Auge durchdringend und ehrlich, damit wir ohne Heuchelei das Schlechte erkennen, das in uns ist. Aber gib uns auch im Licht des Kreuzes und der Auferstehung Deines Sohnes die Sicherheit, dass auch wir, wenn wir mit ihm vereint sind und er uns hilft, das Böse besiegen können durch das Gute.“
Wie der Kreuzweg müsse der Lebensweg eines jeden Menschen deshalb auch „ein Weg der Reue, des Schmerzes und der Umkehr“ sein. Und in der Betrachtung hieß es weiter, dass vielfach das „Licht des Guten“ im Menschen verdunkelt sei, „durch schändliche Begierden, durch Perversion des Herzens“. Im Blick auf die Sünden der Menschheit beteten der Papst und die Gläubigen darum, „das Kreuz Jesu nicht noch schwerer zu machen“. Das leidende Antlitz Jesu fordere dazu heraus, „auf die zu schauen, die leiden, auf Nahe und Ferne, und nicht nur zu schauen, sondern zu helfen“. Benedikt XVI. sagte in seinen Schlussworten, der Karfreitag sei der Tag der höchsten Hoffnung. Christen betrachteten das Antlitz des geschundenen Herrn in der Gewissheit, ihn am Ostertage im vollen Glanz seiner Auferstehung zu sehen. In den Meditationstexten wurde auch an den fünften Todestag von Johannes Paul II. erinnert.
Der heutige römische Kardinalvikar Agostino Vallini eröffnete die Prozession im Innern des Kolosseums. Das schlichte schwarze Holzkreuz trugen auch – stellvertretend für die Leidenden dieser Welt – Christen aus Haiti, dem Irak, dem Kongo und Vietnam. Wie üblich begleiteten auch eine kranke Person und Helfer aus dem Bistum Rom sowie zwei Franziskaner aus dem Heiligen Land den Papst auf dem symbolischen Weg des Kreuzes. (rv)