Nicht nachlassen im Kampf gegen Antisemitismus – und nicht nur den offenen Hass bekämpfen, sondern auch schon die Gleichgültigkeit: Dazu hat Papst Franziskus aufgerufen. Auch Einzelne, nicht nur Staaten, trügen Verantwortung dafür, dass es nicht zu „Verbrechen aus antisemitischem Hass“ komme.
Stefan von Kempis – Vatikanstadt.
„Verantwortung tragen bedeutet imstande sein, zu antworten.“ Das sagte der Papst vor den Teilnehmern einer internationalen Konferenz gegen Antisemitismus der OSZE, die er zwei Tage nach dem Holocaust-Gedenktag im Vatikan empfing.
„Es geht nicht nur darum, die Gründe für Gewalt zu analysieren und die perverse Logik, die dahintersteht, zurückzuweisen, sondern auch darum, schnell und aktiv dagegenzuhalten. Der Feind, gegen den wir kämpfen, ist nicht nur der Hass in all seinen Formen, sondern – noch stärker an der Wurzel liegend – die Gleichgültigkeit. Sie ist es, die Menschen lähmt und daran hindert, das zu tun, was sie für gerecht erkennen.“
„Wo ist dein Bruder?“ Das habe Gott nach Angaben des Buches Genesis den Kain gefragt, nachdem dieser seinen Bruder Abel erschlagen hatte (vgl. Gen 4,7). Und Kain habe keine Antwort auf die Frage gegeben, sondern stattdessen versetzt: „Bin ich der Hüter meines Bruders?“ (V. 9) „Sein Bruder ist ihm egal – hier ist die perverse Wurzel, die Wurzel des Todes, die zu Verzweiflung und Schweigen führt! Ich erinnere mich von meinem Besuch in Auschwitz-Birkenau her an dieses betäubende Schweigen. Ein beunruhigendes Schweigen, das nur Raum lässt für Tränen, für Gebet und für die Bitte um Vergebung.“
“ Impfstoff der Erinnerung ”
Gegen das „Virus der Gleichgültigkeit“ empfahl Papst Franziskus den „Impfstoff der Erinnerung“. Entscheidend sei dabei, dass man sich nicht nur an das Glorreiche und Angenehme erinnere, sondern an „alles“ – auch das Schmerzliche und Unangenehme. „Wir haben vor kurzem den Tag der Erinnerung (an den Holocaust) begangen. Um unsere Menschlichkeit wiederzugewinnen, um ein menschliches Verständnis der Wirklichkeit wiederzugewinnen und so viele Formen der Apathie gegenüber unserem Nächsten zu überwinden, brauchen wir diese Erinnerung, diese Fähigkeit, uns gemeinsam zu erinnern. Erinnerung ist der Schlüssel zur Zukunft. Es liegt in unserer Verantwortung, ihn auf würdige Weise an die kommenden Generationen zu übergeben.“
Die eintägige Konferenz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) findet unter hochrangiger Teilnahme am Montag in Rom statt. Anwesend sind unter anderem der Präsident des Jüdischen Weltkongresses Ronald Lauder und der Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses Moshe Kantor.
Aus Österreich ist Außenministerin Karin Kneissl angereist, die auf einem FPÖ-Ticket in der Regierung sitzt. In den vergangenen Tagen wurde bekannt, dass der hochrangige FPÖ-Politiker Udo Landbauer Vizechef einer Burschenschaft war, die in einem Liederbuch eindeutig antisemitisches und nationalsozialistisches Gedankengut verbreitete. Kneissl sagte gegenüber der österreichischen Presseagentur APA, man müsse alles unternehmen, um zu verhindern, dass Antisemitismus in Österreich wieder Fuß fasse. Sie regte eine ähnliche Konferenz wie die in Rom auch in Österreich an. (vatican news)