Wenn die Kardinäle in strenger Abgeschiedenheit in der Sixtinischen Kapelle einen neuen Papst wählen, dann hat Kardinal Giovanni Battista Re die Leitung der Versammlung inne. Eigentlich wäre es der der ranghöchste Kardinal, der so genannte Kardinaldekan, dem diese Aufgabe zufiele, aber Kardinal Angelo Sodano darf wegen seines Alters – er ist 85 Jahre alt und deswegen über das Wahlalter von 80 Jahren hinaus – nicht am Konklave selbst teilnehmen. Deswegen fällt diese Aufgabe nun an den ältesten der Kardinalbischöfe, eben Kardinal Re.
Er gilt unter Vatikan-Journalisten als erfahrener Diplomat, aber auch als Kenner der inneren Abläufe im Vatikan, als fleißig und intelligent. Er hat den Ruf eines unermüdlichen Arbeiters. Man schätzt im Vatikan auch seine Konsequenz, hat er doch 2004 dafür gesorgt, dass der Bischof von Sankt Pölten, Kurt Krenn, im Zusammenhang mit mangelhafter Aufklärung zweifelhafter Verhaltensweisen von Klerusmitgliedern in seinem Bistum seinen Rücktritt einreichte, der dann auch angenommen wurde.
Im deutschen Sprachraum weitläufiger bekannt wurde Re, als er 2009 in seiner Eigenschaft als Präfekt der Kongregation das Dekret unterzeichnete, das die Exkommunikation der Bischöfe schismatisch orientierten Piusbruderschaft aufhob. Nach Bekanntwerden des Dekretes und vor allem der Holocaustleugnung durch einen dieser Bischöfe zeigte sich Re irritiert über die mangelnde Recherche im Fall Williamson.
Biographie
Geboren 1934 in Norditalien hat er wie viele andere Kardinäle auch einen Doktorgrad an der Päpstlichen Universität Gregoriana erworben, und zwar in Kirchenrecht. Nach einigen pastoralen Jahren ist er in den diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhles eingetreten und wurde nach Stationen in Panama und Iran persönlicher Sekretär von Erzbischof Giovanni Benelli, zu dieser Zeit Substitut und enger Mitarbeiter von Papst Paul VI.. Nach zwei Jahren als Sekretär in der Bischofskongregation wechselte er zurück ins Staatssekretariat, wo er nun selbst für elf Jahre den Posten des Substituten bekleidete. Er leitet die Abteilung für allgemeine Angelegenheiten, die am ehesten mit einem Kanzleramt oder dem britischen Cabinet-Office vergleichbar ist: Die Aufgabe liegt vor allem darin, die Entscheidungen des Papstes in die Praxis umzusetzen und umgekehrt den Papst über alles Wesentliche auf dem Laufen zu halten. 2000 wechselte Re zurück in die Bischofskongregation, nun als Präfekt und als Präsident der Päpstlichen Lateinamerikakommission. 2001 wurde er zum Kardinal erhoben.
2010 wurde Re aus Altersgründen emeritiert. (rv)