Wer glaubt, sieht: Mit dieser Aussage beginnt Papst Franziskus seine erste Enzyklika. An diesem Freitag hat der Vatikan „Lumen fidei" vorgestellt. Unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord hat den Text für uns gelesen.
Nach der Liebe und der Hoffnung nun also die dritte der theologischen Tugenden: Der Glaube. Lange schon war die Enzyklika zu diesem Thema erwartet worden, schon im letzten Pontifikat war sie angekündigt und begonnen worden. Der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. hatte das Projekt erst einmal unterbrochen, mit seiner ersten Enzyklika nimmt es Papst Franziskus nun wieder auf und vollendet die Dreiergruppe von „Deus Caritas est" (2005) und „Spe salvi" (2007).
Worum geht es?
Licht und Weg: Diese beiden Begriffe leiten den Leser durch die Enzyklika. Sie beginnt damit, den Glauben als das Licht vorzustellen, dass weiter blicken lässt: „Wer glaubt, sieht". Es wird dann der Einwand zitiert, Glauben sei ganz im Gegenteil Illusion und damit nicht Licht, er verdunkle die Welt eher als dass er sie erleuchte. Gegen diese Einwände sei es deswegen nötig, den Licht-Charakter des Glaubens neu zu entdecken, betont der Papst. Wie genau das zu sehen ist, das entwickelt die Enzyklika in ihren vier Hauptkapiteln.
Benedikt oder Franziskus?
Zu der häufig gestellten Frage, wer denn nun der Autor des Textes sei, nimmt Papst Franziskus selbst Stellung: Im Jahr des Glaubens habe Benedikt XVI. bereits eine erste Version der Enzyklika unternommen, er – Franziskus – sei ihm zutiefst dankbar und in Brüderlichkeit nehme er die Arbeit auf und füge dem Text einige letzte eigene Beiträge hinzu, so der Papst.
Was ist Glauben?
Der Grundgedanke wird im ersten Kapitel vorgestellt: Was Glauben ist, kennt man von den Glaubenden. Beginnend mit Abraham und dem alten Bund könne man sehen, dass Glaube mit dem Hören verbunden sei und einen zutiefst persönlichen Charakter habe. Gegründet auf die Erinnerung führe er zur Treue, zur Treue des Menschen gegenüber Gott und der Treue Gottes gegenüber dem Menschen. Außerdem zeige der Blick auf die Glaubenden, dass der Glaube ins konkrete Leben hinein gehöre, wo die Gnade Gottes zu erkennen sei, und nicht getrennt vom Leben der Menschen zu verstehen sei.
Was ist falscher Glauben?
Papst Franziskus geht auf den fehlgeleiteten Glauben ein, die Vergötzung. Wie der Weg des Glaubenden von sich selbst weg führe, so blieben Menschen, die sich auf Götzen stützen, bei sich selber und gingen kein Risiko ein. Götzendienst biete keinen Weg, sondern nur eine Reihe von Pfaden, die letztlich ein Labyrinth bildeten. Der wahre Glauben hingegen lasse den Menschen aus der „Gravitation des isolierten Ich" herausbrechen, um sich der Liebe Gottes nähern zu können.
Wie geht das, ‚glauben’?
Sehr deutlich weist Papst Franziskus auf den Gemeinschaftscharakter des Glaubens hin, als Individualist könne man den Glauben nicht verstehen. Er sei kein privater Akt, keine subjektive Überzeugung, sondern komme aus dem Hören und dränge dazu, verkündet zu werden. Damit unterstreicht Papst Franziskus den dynamischen Charakter, den der Glaube hat. Er ist nichts, was man hat oder tut oder gar besitzt, sondern etwas, das die Christen bewegt. Und so ist das Glauben selber vor allem etwas, was den Glaubenden ergreift. Man kann ihn nicht mit dem Willen erreichen, der Glaube geht von Gott aus und formt die Menschen um.
Die Enzyklika spricht ferner über das Verhältnis von Glaube und Wahrheit und zur Liebe, beides unaufgebbare Teile des Glaubens. Ohne die Liebe zum Beispiel werde der Glaube trocken und erbarmungslos.
Resümee
Die erste Enzyklika des Papstes schließt den Kreis der päpstlichen Lehrschreiben zu den theologischen Tugenden ab. Es ist ein „vierhändig" geschriebener Text, wie Papst Franziskus ihn selber charakterisiert hat, zwei Päpste haben daran gearbeitet.
Es ist nicht ein Text des Theologen Joseph Ratzinger, der uns vorliegt. Die lebenslangen theologischen Studien Benedikt XVI. haben ihren Eindruck auch in seinen drei Enzykliken hinterlassen. Diese Enzyklika markiert ein weiteres Mal den Pontifikatswechsel: Es ist ein neuer Stil, der diesen Text prägt, weniger zum Studium geeignet als mehr zur Meditation. Papst Franziskus, der in Predigten und Ansprachen immer wieder darauf zu sprechen kommt, dass die innere Haltung des Glaubens das Tun prägen müsse, hat mit dieser Enzyklika nun die Grundlagen für sein weiteres Wirken dargelegt. (rv)